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1. Einleitung
Für eine sichere Winterdienstdurchführung unter der Maßgabe, „Erhalt und Wiederherstellung der Verkehrssicherheit“ bei gleichzeitiger Beachtung eines wirtschaftlichen und umweltschonenden Winterdienstes, ist eine umfassende Qualitätssicherung im Winterdienst erforderlich. Die Qualitätssicherung ist in allen Teilbereichen des Winterdienstes umzusetzen.
Folgende wesentliche Teilbereiche des Winterdienstes sind zu nennen:
- Organisation
- Technik
- Personal
- Steuerung
Im Folgenden werden die Aspekte der Qualitätssicherung aus dem Teilbereich „Technik“ im Bezug auf das technische Hilfsmittel „Streumaschine“ beleuchtet. Die Streumaschine ist das wichtigste Werkzeug im Straßenwinterdienst zur Erhaltung und Wiederherstellung der Verkehrssicherheit. Die Notwendigkeit der Qualitätssicherung ist einleuchtend, denn nur so kann gewährleistet werden, dass die gestellten Anforderungen erfüllt und eingehalten werden.
2. Qualität und Qualitätssicherung
Qualität ist nach DIN 55350-11, 1987-05, die „Gesamtheit von Merkmalen einer Einheit bezüglich ihrer Eignung, festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen“.
„Qualitätssicherung ist die Summe aller Maßnahmen, um konstante Produktqualität sicherzustellen“[1].
In Bezug auf das Produkt „Streumaschine“ ergibt sich, dass vom Hersteller neben den vielfältigen technischen Qualitätsanforderungen, die sich z. B. aus der Maschinenrichtlinie, den Unfallverhütungsvorschriften usw. ergeben, zusätzlich die Anforderungen des Straßenwinterdienstes zu erfüllen sind. Aber auch die Winterdienstorganisation muss sich bei der Produkterstellung „Straßenwinterdienst“ den Qualitätsanforderungen stellen, die sich aus den gesetzlichen Bestimmungen und einschlägigen Merkblättern, z. B. dem „Anforderungsniveau Winterdienst“[2], ergeben.
Um die jeweilige Produktqualität in dem gewünschten Maße zu erhalten und auf Dauer auch beizubehalten, ist eine auf dem jeweiligen Produkt abzustellende Qualitätssicherung vorzunehmen.
2.1 Qualität und Qualitätssicherung Streumaschine
Zur Beschreibung der Produktqualität und zur geforderten Qualitätssicherung „Streumaschine“ standen bisher Werkzeuge zur Verfügung, die bei der Beschaffung, Abnahme und Betrieb der Streumaschine zur Sicherstellung der Einhaltung der Anforderungen angewandt werden konnten.
Dieses sind die
- „Technischen Lieferbedingungen für Geräte des Straßenunterhaltungs- und -betriebsdienstes (TLG), Teil B 3; Streugeräte“, Ausgabe 1991 und das
- „Merkblatt für die Überprüfung von Streugeräten für den Straßenwinterdienst“, Ausgabe 1989 in der ergänzten Fassung aus 1993.
Die TLG und das Merkblatt wurden im Arbeitskreis „Fahrzeuge und Geräte“ der FGSV erarbeitet. Die Bezeichnung „Streugerät“ ist im Rahmen der europäischen Normierung durch die Bezeichnung „Streumaschine“ ersetzt worden.
Mit der TLG, Teil B 3, wurden den Beschaffungsstellen Produktanforderungen an die Hand gegeben, die zur Grundlage bei der Beschaffung im Rahmen der Leistungsbeschreibung genutzt werden konnten. Durch die vereinheitlichten Produktanforderungen konnten die Hersteller ihre Maschinenproduktion auf diese Anforderungen einstellen. Die Einhaltung der Produktanforderungen wurde in der Regel durch eine Grundprüfung, die auch als Typprüfung zu verstehen ist, nach einem vorgegebenen Verfahren durch eine Prüfstelle, z. B. durch die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), überprüft und dokumentiert. Der Hersteller des geprüften Produktes erhielt bei Erfüllung der Anforderungen ein Zertifikat, womit die Einhaltung der Anforderungen belegt werden konnte. Dieses Verfahren ist und war vorteilhaft, da hierdurch aufwendige Einzelprüfungen nicht mehr notwendig sind und wurden.
Mit dem Merkblatt für die „Überprüfung von Streugeräten“ in Verbindung mit den Vorgaben des Herstellers zur Wartung und Instandsetzung erhielten die Nutzer der Streumaschinen einen Handlungsrahmen zur dauerhaften Sicherstellung der Produktqualität. Somit konnte auf der Basis der vorliegenden TLG, Teil B 3, und dem Merkblatt für die Überprüfung von Streumaschinen eine „Qualitätssicherung Streumaschine“ gewährleistet werden, die dem vorliegenden Stand der Erkenntnisse, Technologien und Prüfvoraussetzungen entsprach.
3. Erfahrungen aus der Winterdienstpraxis
Erkenntnisse aus der Winterdienstpraxis zeigen auf, dass die Anforderungen an Streumaschinen nicht immer eingehalten werden. Als Gründe sind hierzu die nicht vorhandene konsequente Umsetzung der Vorgaben zur Justierung der Streumaschinen beim Anwender aber auch die technischen Ausführungen der Maschinen zu nennen. Obwohl typgeprüfte Maschinen, also von einer Prüfstelle abgenommene Streumaschinen eingesetzt wurden, konnten trotz aufwändiger Justierungsversuche die Vorgaben der TLG, Teil B 3, nicht immer in allen Belangen erreicht werden.
Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die in der TLG, Teil B 3, formulierten Vorgaben nicht mehr ausreichen, um den heutigen Anforderungen zu genügen und somit ergänzt bzw. überarbeitet werden sollten.
3.1 Erkenntnisse aus Abnahmeprüfungen
Bei Abnahmeprüfungen von neuen Streumaschinen sind vermehrt Abweichungen von den Vorgaben der TLG, Teil B 3, festgestellt worden, obwohl die Einhaltung der Anforderungen im Rahmen einer Typprüfung durch ein Prüfinstitut belegt und bestätigt wurden.
Folgende Abweichungen sind zu nennen:
- die Streustoffdosierung entsprach nicht den Einstellwerten am Bedienpult,
- die Streubreiten wichen von der jeweiligen Vorgabe – Sollstreubreite - am Bedienpult ab,
- die Verteilung der Streusalze innerhalb der Streulage entsprach nicht der TLG, Teil B 3,
- die Anfeuchtung der Tausalze beim FS 30 war unvollständig und
- die nicht an das Trockensalz gebundene Salzlösung wurde unzureichend verteilt.
Die Abweichungen, vor allem bei der Streustoffdosierung und der Streubreite, sind eindeutig auf die nicht erfolgten oder unzureichenden Justierungen der Streumaschinen bei Auslieferung zurückzuführen. Justierungen der Streumaschinen auf der Basis von Erfahrungs- oder Vorgabewertewerte der Hersteller müssen fehlschlagen, da der Einfluss der physikalischen Kennwerte des Streustoffes auf Dosierung und Verteilung zu berücksichtigen ist. Die wichtigsten Kennwerte sind hierbei die Schüttdichte, die Eigenfeuchte und die Sieblinie des Streusalzes. Die Streumaschinen müssen daher grundsätzlich mit dem und auf das zum Einsatz kommende Streustoff einjustiert werden.
Die Abweichungen bei der Anfeuchtung konnten nicht quantitativ ermittelt werden. Es liegen hierzu nur qualitative Vorgaben aus den TLG, Teil B 3, vor, da keine geeigneten Prüfverfahren vorhanden sind. Die Prüfung erfolgt daher visuell und ist somit subjektiven Einschätzungen unterworfen. Festzuhalten bleibt allerdings, dass große Unterschiede zwischen verschiedenen Streumaschinen auftreten. Diese Unterschiede sind sicherlich in der jeweiligen technischen Ausführung, der Vermischungstechnik für Trockenstoff und Salzlösung sowie den jeweiligen Einstellungen begründet.
3.2 Erkenntnisse über Streulage und Streustoffverteilung
Trotz vorhergehender erfolgreicher Justierungen der Streumaschinen nach Merkblatt- und Herstellervorgaben ist in der Praxis des Straßenwinterdienstes immer wieder festzustellen, dass zum Teil nicht unwesentliche Abweichungen bei der Streulage auftreten. Diese Erkenntnisse ergaben und ergeben sich bei Alt- wie auch bei Neumaschinen. Die Abweichungen sind nicht konstant, sondern treten in Abhängigkeit der Einsatzgeschwindigkeit unterschiedlich stark auf. Die Verlagerung ist bei Beobachtung einer realen Streufahrt mit steigender Einsatzgeschwindigkeit von 0 bis 60 km/h sehr gut erkennbar (Bild 1 und 2).
Bild 1 und 2: Beschleunigungsfahrt mit Sollstreubreite von 8 m; Bild links: ca. 30 km/h, Bild rechts: ca. 50 km/h
Die Abhängigkeit von der Einsatzgeschwindigkeit ist offensichtlich nicht nur auf den Fahrtwindeinfluss zurück zu führen, der ab 40 km/h verstärkt zur Wirkung kommt, sondern nach vorliegenden Erkenntnissen auf den Streustoffdurchsatz am Streustoffverteiler. Dieser steht in Abhängigkeit der Streudichte, der Streubreite und variiert bei Konstanthaltung der zuvor genannten Parameter mit der Einsatzgeschwindigkeit.
Die Beobachtungen ergaben, dass die Verlagerung der Streulage mit zunehmender Einsatzgeschwindigkeit – vor allem bei größeren Streubreiten - in Fahrtrichtung nach rechts (Bild 3) erfolgt.
Bild 3: Verlagerung der Streulage in Abhängigkeit der Einsatzgeschwindigkeit
Diese Erkenntnisse müssen in der Winterdienstpraxis wie auch bei der Ausführung der Streumaschinensteuerung Beachtung finden, da ohne Kompensation der Abweichungen die geforderte Verkehrssicherheit nicht überall erhalten bzw. wiederhergestellt wird. Zusätzlich ist nicht auszuschließen, dass versucht wird, die Abweichungen durch einen erhöhten Streustoffeinsatz zu kompensieren.
Bisher sind keine Anforderungen zur Konstanthaltung der Streulage in der TLG, Teil B 3, enthalten und ist somit auch kein Prüfkriterium bei einer Typprüfung. Bei einer Abnahmeprüfung konnte die Konstanthaltung nur dann als zusätzliches Prüfkriterium eingebracht werden, wenn eine entsprechende Vorgabe zusätzlich in der Leistungsbeschreibung enthalten war. Solange diese Problematik besteht - das ist zumindest bei Altgeräten häufig gegeben – müssen dem Einsatzpersonal die wesentlichen Abhängigkeiten aufgezeigt werden, damit die Verlagerungen durch Fernverstellung des Streustoffverteilers wirksam kompensiert werden können. Das Einsatzpersonal ist daher gefordert, der Streustoffverteilung eine erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen.
Zusätzlich ist festzustellen, dass die Streustoffverteilung nicht immer den Anforderungen entspricht. Die TLB, Teil B 3, lässt bei der Streustoffverteilung große Toleranzen - zwischen – 50 und + 90 % vom Mittelwert der Streudichte - zu. Trotz dieser zulässigen Toleranzen können diese zum Teil nicht eingehalten bzw. bei Justierungen nicht erreicht werden.
4. Arbeitsgruppe „Qualitätssicherung Streumaschinen“
Die Straßenbauverwaltungen der Länder haben in 2004 aufgrund dieser Erkenntnisse im Länderfachausschuss Straßenbetriebsdienst beschlossen, eine Arbeitsgruppe „Qualitätssicherung Streumaschinen“ einzurichten. Diese sollte die Gesamtproblematik der Streustoffausbringung und -verteilung analysieren und Vorschläge zur Erhöhung der Qualität erarbeiten. In der Arbeitsgruppe waren der Landesbetrieb Straßen und Verkehr Rheinland-Pfalz (Federführung), die Bundesanstalt für Straßenwesen (BAST), der Landesbetrieb Straßenbau NRW und das Straßenbauamt Traunstein des Freistaates Bayern vertreten.
Der Länderfachausschuss beauftragte die Arbeitsgruppe mit folgenden konkreten Aufgaben:
- Erarbeitung von Hinweisen für die Streumaschinennutzer über Praxiserkenntnisse zur Streustoffverteilung mit Angaben zur Problemerkennung und Empfehlungen zur Problembehandlung,
- Beschreibung eines „Praxisorientierten Prüfverfahrens für die Überprüfung der Streustoffverteilung mit Streumaschinen“,
- Empfehlungen und Hinweise für die Beschaffungsstellen über zusätzliche, über die TLG, Teil B 3, hinausgehende Anforderungen an Streumaschinen.
Die Bearbeitung der Aufgaben erforderte umfangreiche Streumaschinentests unter verschiedenen Prüfbedingungen und die Ermittlung der hierbei relevanten Randbedingungen. Diese wurden unter Hinzuziehung und mit Unterstützung der deutschen Streumaschinenhersteller und Salzindustrie durchgeführt.
4.1 Erkenntnisse der Arbeitsgruppe
Im Rahmen der Untersuchungen wurden mit unterschiedlichen Streumaschinentypen von verschiedenen Herstellern Prüfungen durchgeführt. Diese erfolgten gemäß dem „Merkblatt für die Überprüfung von Streugeräten“ und mit abgewandelten Prüfverfahren z. B. mit realen Einsatzgeschwindigkeiten. Hierbei konnten weitere Erkenntnisse gewonnen werden.
4.1.1 Verlagerung der Streustoffverteilung
Die unter 3.2 beschriebene Problematik der Streustoffverteilung wurde bei den Untersuchungen nachgewiesen. Hierbei ergab sich, dass diese ebenfalls in Abhängigkeit der Geschwindigkeit – wie auch die Verlagerung der Streulage – erfolgt.
Im Bild 4 [3] ist die im Rahmen der Untersuchungen ermittelte Streustoffverteilung innerhalb der Streulage bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten dargestellt.
Bild 4: Geschätzte prozentuale Verteilung der Tausalze bei Ausbringung mit gleichen Einstellungen, aber unterschiedlichen Fahrgeschwindigkeiten (Einstellungen: 12 m Streubreite, symmetrische Streustofflage, 20 g/m² Streudichte)
Bei näherer Beobachtung des Streustoffflusses auf dem Streustoffverteiler in Abhängigkeit des Streustoffdurchsatzes werden die Einflüsse, die zur Verlagerung der Streulage und der Streustoffverteilung führen, deutlich. Bei einem geringen Streustoffdurchsatz werden die Körner des Streustoffes von dem auf dem Streuteller zentral vorhandenen Mischkegel mit gerissen und gelangen somit erst später durch die Schwer- und Zentrifugalkraft zu den Auswurfflügeln und somit zum Auswurf. Die Streulage ist hierbei in Fahrtrichtung stark linkslastig. Mit zunehmendem Streustoffdurchsatz, z. B. durch Erhöhung der Geschwindigkeit, gelangt ein größerer Teil der Körner aufgrund der Platzverhältnisse nicht mehr an den Mischkegel, sondern sofort zu den Auswurfflügeln des Streustoffverteilers. Es kommt hierdurch zu einem fast unmittelbaren Auswurf größerer Anteile des Streustoffes und somit im oberen Geschwindigkeitsbereich zu einer Verlagerung der Streustoffverteilung nach rechts. Dieser Effekt ist sehr deutlich mit Standstreubildern (Bild 5) bei unterschiedlichen simulierten Geschwindigkeiten zu erkennen. Zu beachten ist hierbei, dass ein Fahrtwindeinfluss nicht gegeben ist. Bei asymmetrischer Streulage nach links ist bei höheren Geschwindigkeiten von > 40 km/h ein zusätzlicher Verlagerungseffekt in Fahrtrichtung nach rechts zu erwarten.
Bild 5: Standstreubilder [3] bei unterschiedlichen simulierten Geschwindigkeiten, konstanten Streubreiten, Streudichten und Gesamtausstreumengen
4.1.2 Prüfvorschriften nach TLG, Teil B 3 und Merkblatt
Die TLG, Teil B 3, enthält die Prüfvorschriften, die im Wesentlichen bei einer so genannten „Grund- oder Typprüfung“ einer Streumaschine durch ein Prüfinstitut zu berücksichtigen sind und die hierbei zu erfüllenden Anforderungen.
Das „Merkblatt zur Überprüfung der Streugeräte“ ist für die Praxis erstellt, um sachgerechte Abnahme- und Wiederholungsprüfungen beim Anwender sicherzustellen.
Die Ergebnisse der Tests im Rahmen der Untersuchungen belegen, dass die Prüfvorschriften nach TLG, Teil B 3, und die Vorgaben des Merkblattes für die Überprüfung der Einhaltung der Streustofflage und Streustoffverteilung nicht ausreichend sind, da wesentliche Bedingungen der Praxis nicht berücksichtigt werden. Dieses sind die variable Einsatzgeschwindigkeit und der einhergehende Einfluss des Fahrtwindes. Lediglich die Prüfung der Dosiergenauigkeit stellt in der Praxis kein Problem dar und kann nach den beschriebenen Verfahren unter Beachtung bestimmter Voraussetzungen erfolgen.
Im Bild 6 sind die Prüfverfahren nach den TLG, Teil B 3, und dem „Merkblatt für die Überprüfung von Streugeräten“ gegenübergestellt.
Bild 6: Gegenüberstellung der Prüfverfahren nach TLG, Teil B 3 und dem Merkblatt für die Überprüfung von Streugeräten für den Straßenwinterdienst
Aus der Gegenüberstellung ergibt sich, dass die Prüfung nach TLG, Teil B 3, zur quantitativen Beurteilung der Streustoffverteilung und somit auch der Streustofflage nur bei konstanter Geschwindigkeit von 20 km/h und nur mit Trockenstoff erfolgt. Alle anderen Prüfungen zur Streustoffverteilung und -lage werden qualitativ durch visuelle Einschätzungen vorgenommen. Es ist somit dringend erforderlich, die bestehenden Anforderungen an Streumaschinen zu ergänzen, ggf. in Teilbereichen anzupassen und Prüfverfahren zu entwickeln, die der Praxis der Winterdienstdurchführung entsprechen.
4.1.3 Entwicklung von praxisgerechten Prüfmethoden
Wie zuvor dargestellt, sind neue Prüfmethoden zur Qualitätssicherung der Streumaschinen im Winterdienst zu entwickeln. Dieses gilt für die Grundprüfung, die im Regelfall von einem Prüfinstitut durchgeführt wird und für Abnahme- und Wiederholungsprüfungen, die von den Maschinennutzern ohne größeren Aufwand aber mit ausreichenden Aussagen über die Qualität der Streustoffverteilung und -dosierung durchführbar sind.
Für die Entwicklung eines Prüfverfahrens zur Grundprüfung wurde ein Versuchsprogramm festgelegt. Die Versuche wurden unter der Regie der BASt, die das erforderliche Equipment vorhält und die notwendigen Erfahrungen mit der Entwicklung von Prüfverfahren besitzen, durchgeführt.
Es erfolgten Prüfungen mit simulierten und realen Geschwindigkeiten auf unterschiedlichen Flächen. Hierbei wurde ermittelt, ob die Ergebnisse der Streustoffverteilung vergleichbar sind und die Aufnahme des ausgebrachten Streustoffes von unterschiedlichen Prüffeldoberflächen (Asphalt und strukturierte Gummimatten) ohne Quantitätseinbußen möglich ist. Die Ergebnisse sind im Bild 7 [3] dargestellt.
Bild 7: Prozentuale Abweichung der auf 1m breiten und 5 m langen Streustreifen ausgebrachten Tausalze vom Mittelwert (8 m Streubreite, asymmetrische Streulage, 6 m links, 2 m rechts, 40 g/m² Streudichte, 40 km/h)
Aus den Ergebnissen wird ersichtlich, dass Abweichungen zwischen den Prüfmethoden auftreten. Aus weiteren Versuchen ist ableitbar, dass die Prüfungen zur Streustoffverteilung und Einhaltung der Streulage nur mit realer Geschwindigkeit erfolgen sollte. Die Ergebnisse aus den Versuchen mit den strukturierten Gummimatten sind nicht zufrieden stellend, da diese nicht den Oberflächen der Fahrbahnen entspricht. Daher sollte die Prüfoberfläche entsprechend den bisherigen Vorgaben der TLG, Teil B 3, gewählt werden. Die Versuche zur Prüfmethode waren zum Zeitpunkt der Berichtserstellung noch nicht abgeschlossen.
5. Empfehlungen zur Qualitätssicherung Streumaschineneinsatz
Die Qualitätssicherung Streumaschineneinsatz beinhaltet die technische Komponente „Qualitätssicherung Streumaschine“ und die organisatorische Komponente „Qualitätssicherung durch Personalschulung“. Beide Komponenten haben eine gleichgewichtige Bedeutung zur Einhaltung der Anforderungen bei der Winterdienstdurchführung und können auch nur zusammen zu entsprechenden Ergebnissen führen.
Aus den Erfahrungen der Winterdienstpraxis und den Versuchen der Arbeitsgruppe ergeben sich Empfehlungen zur Qualitätssicherung. Bei Beachtung dieser Empfehlungen ist eine hohe Zuverlässigkeit in der Qualität und damit Effektivität in der Winterdienstdurchführung zu erzielen.
5.1 Beschaffung von Streumaschinen
Die Qualitätssicherung beginnt bei der Beschaffung der Streumaschine. Die bestehenden Anforderungen der TLG, Teil B 3, können weiterhin als Grundlage für eine Leistungsbeschreibung genutzt werden. Zur Sicherstellung einer optimierten Streustoffverteilung über das gesamte Einsatzspektrum sollten folgende Anforderungen zusätzlich in die Leistungsbeschreibung aufgenommen werden [4]:
- Die Streumaschine muss im Bereich von 7 kg/min und 250 kg/min Streustoffdurchsatz die Querverteilung des Streustoffes gemäß TLG B 3 gewährleisten.
- Die Anforderungen der TLG, Teil B 3, zur Streustoffdosierung, Streubreite, Streustreifenlage und Querverteilung der Streustoffe müssen in dem variablen Geschwindigkeitsbereich von 10 bis 60 km/h eingehalten werden.
Die Beschränkung auf den angegebenen Streustoffdurchsatz ergibt sich aus den allgemein vorhandenen technischen Grenzwerten des hydraulischen Antriebs- und Streustofffördersystems der Streumaschine. Der vorgegebene Geschwindigkeitsbereich 10 bis 60 km/h kann den örtlichen Einsatzgegebenheiten angepasst werden.
Die Einhaltung der Vorgaben sollte mittels einer Eignungsprüfung von einem geeigneten Prüfinstitut überprüft und das Prüfergebnis der ausschreibenden Stelle vorgelegt werden.
5.2 Abnahme- und Wiederholungsprüfungen
Maschinen können nur abgenommen werden, wenn die Anforderungen der Leistungsbeschreibung erfüllt sind. Die Abnahme ist daher ein wesentlicher Bestandteil der Qualitätssicherung. Die Anforderungen müssen aber nicht nur bei der Abnahme eingehalten werden, sondern über den gesamten Einsatzzeitraum der Streumaschine. Dieses kann nur sichergestellt werden, indem regelmäßig Wiederholungsprüfungen durchgeführt werden. Alle Prüfungen sollten mit Prüfprotokollen dokumentiert werden.
5.2.1 Abnahmeprüfung
Die Abnahmeprüfung erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Lieferanten bzw. Hersteller, der die abzunehmende Streumaschine mit dem an der Einsatzstelle (Meisterei, Bauhof) vorhandenen Streustoff einjustiert. Dieses Vorgehen ist unbedingt einzuhalten, da nur mit dem zum Einsatz kommenden Streustoff die richtigen Einstellungen vorgenommen werden können.
Die Abnahmeprüfung kann wie folgt vorgenommen werden:
- Prüfung der Dosiergenauigkeit
Die Prüfung der Dosierung erfolgt gemäß dem Merkblatt für die Überprüfung von Streugeräten (siehe 2.1).
Die Prüfung des Streubildes kann in der Regel an der Einsatzstelle nicht unter den Bedingungen einer Prüfstelle erfolgen, da die Voraussetzungen hierzu im Regelfall nicht vorhanden und auch der Aufwand für eine Abnahmeprüfung nicht gerechtfertigt sind. Hier ist folgendes Vorgehen zu empfehlen:
a) Prüfung durch Hinterherfahrt
Diese Prüfung berücksichtigt alle relevanten Einflüsse, die auf das Streubild bzw. auf die Streustoffverteilung einwirken und ist somit zu empfehlen (Bild 8). Bei der Prüffahrt wird die Einsatzgeschwindigkeit von 0 bis ca. 60 km/h variiert. Hierbei darf sich bei gleichen Einstellwerten die Streulage nicht verändern, der Streustoffauswurf nicht pulsieren und die eingestellte Streubreite muss eingehalten werden. Die Prüffahrten werden mit den am meisten zum Einsatz kommenden Streubreiten durchgeführt.
Bild 8: Streubildbeurteilung bei Hinterherfahrt
b) Legen von Streubildern in Stand
Diese Methode ist eine alternative Prüfmethode zur schnellen Prüfung der geforderten Konstanthaltung der Streulage bei variablen Einsatzgeschwindigkeiten. Diese Prüfung ist ebenfalls im Merkblatt unter Punkt A 4 (Prüfung „B“) beschrieben, wird aber mit unterschiedlichen simulierten Prüfgeschwindigkeiten durchgeführt (siehe auch Bild 5 unter 4.1.1).
Bild 9: Beispiele für auf Linie gekehrte Streubänder
c) Legen von Streubändern
Dieses Prüfverfahren ist aufwendig und daher nur dann durchzuführen, wenn es bei dem zuvor beschriebenen Prüfverfahren zu keinem eindeutigen Ergebnis und zu unterschiedlichen Auffassungen bei der Beurteilung der Streubilder zwischen den Vertragspartnern kommt. Hierbei wird mit realer Geschwindigkeit auf einem Streckenabschnitt mit einem integrierten Prüffeld von 20 m Länge der Streustoff ausgebracht und anschließend zur Beurteilung auf eine Linie zusammengeschoben bzw. gekehrt (Bild 9).
5.2.2 Wiederholungsprüfungen
Die Wiederholungsprüfungen sind für die dauerhafte Sicherstellung der Streuqualität unerlässlich. Diese sollten jeweils vor dem Winter erfolgen bzw. immer zusätzlich, wenn eine geänderte Streustofflieferung – z. B. eine andere Sieblinie - erfolgt. Vorrangig sind hierbei die Dosierprüfung und die Prüfung durch Hinterherfahrt (siehe 5.2.1) vorzunehmen.
5.3 Einsatz von Streumaschinen mit und ohne automatische Konstanthaltung der Streulage
Der vorhandene Streumaschinenbestand hält die Forderung zur Konstanthaltung der Streulage über einen größeren Einsatzbereich im Regelfall nicht ein. Diese Anforderung ist nach den vorliegenden Erkenntnissen nur mit einer entsprechenden Steuerungslogik für die Einstellung des Streustoffverteilers einzuhalten. Ein System wurde bereits hierzu vorgestellt und wird angeboten. Im Rahmen der von der Arbeitsgruppe durchgeführten Tests konnte gezeigt werden, dass mit der automatischen Streukopfnachführung in Abhängigkeit des Streustoffdurchsatzes eine konstante Streulage und die geforderte Streustoffverteilung gemäß TLG, Teil B 3, eingehalten werden konnten.
Sofern diese Technologie nicht vorhanden ist und bei Prüfungen eine Verlagerung der Streulage festgestellt wird, muss ggf. zur Kompensation während der Einsatzfahrt eine Korrektur an der Einstellung des Streukopfverteilers erfolgen. Dieses ist nur möglich, indem beim Einsatz die Streulage - soweit möglich - über Rückspiegel oder Rückfahrkamera beobachtet und bei Bedarf über die Bedienpultsteuerung eine Korrektur herbeigeführt wird. Es ist daher notwendig, das Einsatzpersonal über diesen möglichen Effekt – der vor allem bei sehr niedrigen und hohen Einsatzgeschwindigkeiten gegeben ist - zu informieren.
5.4 Qualitätssicherung durch Personalschulung
Der Personalschulung kommt eine hohe Bedeutung zur Qualitätssicherung des Winterdienstes [5] zu. Aus den zuvor dargestellten Praxiserfahrungen und Untersuchungsergebnissen wird sehr deutlich, dass die zur Verfügung gestellte Technik nur den Anforderungen genügt, wenn durch die notwendigen Überwachungen, Prüfungen und Wartungen sichergestellt ist, dass die geforderten Eigenschaften eingehalten und erhalten werden. Die Überwachungen, Prüfungen und Wartungen können nur durch sachkundiges Personal, welches durch regelmäßige Schulungen auf den jeweils aktuellen Stand der Technik gehalten wird, erfolgen. Nur hierdurch kann gewährleistet werden, dass die Anforderungen an den Straßenwinterdienst effektiv, wirtschaftlich und ökologisch umgesetzt werden.
6. Zusammenfassung
Die in der Winterdienstpraxis aufgetretenen Probleme bei der Streustoffverteilung mit Streumaschinen wurden von einer Länderarbeitsgruppe untersucht und die Abhängigkeiten ermittelt [4]. Für eine sichere Glättebekämpfung ist unter Beachtung der wirtschaftlichen und umweltschonenden Durchführung eine „Qualitätssicherung Streumaschineneinsatz“ unerlässlich. Hierzu müssen und können die Hersteller von Streumaschinen, die Beschaffungsstellen und die Winterdienstorganisation als Maschinennutzer ihren Beitrag leisten. Die erforderlichen Maßnahmen und die zusätzlichen Anforderungen an Streumaschinen wurden hier dargestellt. Diese Anforderungen müssen in den Normen, Merkblättern und Anweisungen eingebracht werden. Vorhandene Prüfvorschriften müssen überarbeitet und ergänzt werden. Erste Vorschläge, die in der Winterdienstpraxis genutzt werden können, liegen mit den erarbeiteten Arbeitspapieren der Länderarbeitsgruppe hierzu vor. Zur „Qualitätssicherung Streumaschinen“ wird empfohlen, diese Vorschläge in der Praxis zur Anwendung zu bringen.
Prüfverfahren für Eignungsprüfungen von Streumaschinen zur Berücksichtigung der vorliegenden Erkenntnisse müssen noch erarbeitet werden. Hierzu sind weitere Untersuchungen notwendig. Diese werden von der BASt durchgeführt. Im Rahmen der europäischen Normierung von Winterdienstmaschinen wurden bereits die Erkenntnisse in den bestehenden Arbeitsgruppen eingebracht. Zielsetzung ist hierbei, den hohen technischen Standard weiterhin zu erhalten und den Winterdienstorganisationen eine den Anforderungen entsprechende Winterdiensttechnik zur Verfügung zu stellen.
Literaturverzeichnis
Internet
1 www.quality.de; Lexikon zur Qualitätssicherung
Allgemeines Rundschreiben Straßenbau
2 BMVBW (2004). Maßnahmenkatalog Straßenbetriebsdienst (MK 6 a); „Optimierung von Einsatzverfahren – Empfehlungen für die Organisation des Winterdienstes bei Autobahn- und Straßenmeistereien –“; ARS Nr. 27/2004, MK 6 a/Anhang
Zeitschriftenartikel
3 NIEBRÜGGE, ; BADELT, H. (2005). „Qualitätssicherung im Winterdienst – Beschaffung und Betrieb von Streumaschinen –“, VKS-NEWS, 98. Ausgabe, 7 – 11.
Berichte
4 Abschlussberichte der Länderarbeitsgruppe zur „Überprüfung der Streuqualität an Streumaschinen“ des Länderfachausschusses Straßenbetriebsdienst (2005). „Qualitätssicherung Streustoffverteilung im Winterdienst“ und „Praxisorientiertes Prüfverfahren für die Abnahme und die Überprüfung der Streustoffverteilung von Streumaschinen beim Anwender“. Unveröffentlichte Berichte.
Schriftenreihe
5 VKS-INFORMATION 62 (2005). „Schulung für den Winterdienst“ |