FGSV-Nr. FGSV 002/84
Ort Karlsruhe
Datum 27.09.2005
Titel Nutzen-Kosten-Bewertung von Maßnahmen zur Effizienzsteigerung des Straßenwinterdienstes auf Bundesautobahnen
Autoren Prof. Dr.-Ing. Thorsten Cypra
Kategorien Straßenbetrieb, Winterdienst
Einleitung

1  Einleitung

Beim Straßenbetriebsdienst im Allgemeinen wie auch beim Straßenwinterdienst im Speziellen ist bei der Organisation und Durchführung von Maßnahmen das Gebot der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Gemäß dem ökonomischen Prinzip können Unternehmen bzw. Entscheidungsträger das Maximalprinzip, d.h. mit einem gegebenen Input einen möglichst hohen Output zu erzielen, oder das Minimalprinzip, d.h. einen vorgegebenen Output mit einem möglichst kleinen Input zu realisieren, verfolgen, um wirtschaftlich zu handeln (THOMMEN 1991). Ziel des Wirtschaftlichkeitsprinzips ist es demnach, das Verhältnis von Mitteleinsatz und Nutzen zu optimieren. Nach BERNHARDT (2000) kann Wirtschaftlichkeit in drei Ausprägungen unterschieden werden: Effektivität, Effizienz und Wirtschaftlichkeit im engeren Sinne. Effektivität beschreibt das Verhältnis zwischen Zielerreichung und Zielvorgabe, d. h. inwieweit die angestrebten Ziele, z.B. Wahrung der Verkehrssicherheit, durch Maßnahmen tatsächlich erreicht wurden. Die Effizienz stellt das Verhältnis von Output zu Input dar und vergleicht damit das Produktionsergebnis mit den benötigten Ressourcen. Die Wirtschaftlichkeit im engeren Sinne wird letztendlich durch die Relation von tatsächlichen Kosten und den geplanten minimalen Kosten operationalisiert. Während sich der Begriff der Wirtschaftlichkeit, wie BERNHARDT (2000) ausführt, nur auf ökonomische Aspekte bezieht, kann die Effizienz auch politische, soziale oder kulturelle Gesichtspunkte beinhalten.

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1 Einleitung

Beim Straßenbetriebsdienst im Allgemeinen wie auch beim Straßenwinterdienst im speziellen ist bei der Organisation und Durchführung von Maßnahmen das Gebot der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Gemäß dem ökonomischen Prinzip können Unternehmen bzw. Entscheidungsträger das Maximalprinzip, d. h. mit einem gegebenen Input einen möglichst hohen Output zu erzielen, oder das Minimalprinzip, d. h. einen vorgegebenen Output mit einem möglichst kleinen Input zu realisieren, verfolgen, um wirtschaftlich zu handeln (THOMMEN 1991). Ziel des Wirtschaftlichkeitsprinzips ist es demnach, das Verhältnis von Mitteleinsatz und Nutzen zu optimieren. Nach BERNHARDT (2000) kann Wirtschaftlichkeit in drei Ausprägungen unterschieden werden: Effektivität, Effizienz und Wirtschaftlichkeit im engeren Sinne. Effektivität beschreibt das Verhältnis zwischen Zielerreichung und Zielvorgabe, d. h. inwieweit die angestrebten Ziele, z. B. Wahrung der Verkehrssicherheit, durch Maßnahmen tatsächlich erreicht wurden. Die Effizienz stellt das Verhältnis von Output zu Input dar und vergleicht damit das Produktionsergebnis mit den benötigten Ressourcen. Die Wirtschaftlichkeit im engeren Sinne wird letztendlich durch die Relation von tatsächlichen Kosten und den geplanten minimalen Kosten operationalisiert. Während sich der Begriff der Wirtschaftlichkeit, wie BERNHARDT (2000) ausführt, nur auf ökonomische Aspekte bezieht, kann die Effizienz auch politische, soziale oder kulturelle Gesichtspunkte beinhalten.

Bild 1: Ebenen des Wirtschaftlichkeitsbegriffs nach BERNHARDT (2000)

Im Rahmen der im Straßenbetriebsdienst gestellten Entscheidungsfragen erscheint es auf Grund der zur Verfügung stehenden Daten in der Regel sinnvoll, die Effizienz als Kriterium der Wirtschaftlichkeit heranzuziehen. Auch die Ziele von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen im Sinne der EWS (Empfehlungen für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen an Straßen) verdeutlichen, dass bei Nutzen-Kosten-Betrachtungen die gesamtwirtschaftliche Effizienz von Investitionen bzw. Maßnahmen insbesondere vor dem Hintergrund beschränkter finanzieller Spielräume überprüft werden soll (FGSV 1997b). Die Wohlfahrtsökonomik sieht den Zweck allen wirtschaftlichen Handelns letztlich in der Bedürfnisbefriedigung der Individuen. Die Aggregation aller Nutzen der Bürger ergibt nach HARTWIG / ARMBRECHT (2005) die gesellschaftliche Wohlfahrt bzw. den volkswirtschaftlichen Nutzen. Der Output bzw. der Nutzen bei gesamtwirtschaftlicher Betrachtung zeigt sich z. B. in Veränderungen von Fahrzeiten, Unfallgeschehen, Lärmbelastung, Schadstoffbelastung etc. (FGSV 1997a).

Nutzen-Kosten-Betrachtungen im Straßenwinterdienst haben entweder die Aufgabe, die Notwendigkeit des Straßenwinterdienstes an sich zu überprüfen oder aber die volkswirtschaftlichen Auswirkungen konkreter Änderungen bei Winterdienstmaßnahmen abzuschätzen, was den Regelfall darstellt (DURTH et al. 1987). Der Straßenwinterdienst erzeugt durch Räumen und Streuen von Fahrbahnen einen beachtlichen volkswirtschaftlichen Nutzen, der sich vor allem in der Reduktion winterbedingter Unfälle und Reisezeitverluste widerspiegelt. Die Wirksamkeit des Straßenwinterdienstes auf die Verkehrssicherheit und die Wirtschaftlichkeit des Verkehrsablaufs auf Bundesautobahnen sind bereits in den Untersuchungen von DURTH et al. (1996) dargelegt und quantitativ ermittelt worden. So führt die Beschleunigung eines Winterdiensteinsatzes in einer Autobahnmeisterei um 10 Minuten schon zu erheblichem Nutzen durch reduzierte Kosten aus winterbedingten Unfällen und Straßennutzerkosten (Zeitverlust und erhöhte Betriebskosten). Der Winterdienst verursacht demgegenüber auch direkte Ausgaben durch Investitionen und Kosten für das Betreiben von Fahrzeugen und Geräten, Verbrauchsstoffe sowie Personal. Weiterhin entstehen auch externe Kosten, die nicht vom Verursacher, sondern von anderen getragen werden, wie z. B. Korrosionsschäden an Fahrzeugen und Bauwerken. Allerdings sind die externen Kosten allein auf Grund des Winterdienstes in der Regel nur schwer in geeigneter Form zu monetarisieren.

Zusammenfassend stellt DURTH et al. (1996) fest, dass „der Winterdienst trotz seines Aufwandes in seiner heutigen Form volkswirtschaftlich sinnvoll ist.“ Es bestehen aber immer noch Möglichkeiten und unter Berücksichtigung der sich verändernden Randbedingungen auch Notwendigkeiten, den Winterdienst durch Maßnahmen noch effizienter zu gestalten, die umlaufzeitverkürzend bzw. arbeitsgeschwindigkeitserhöhend wirken und den Verkehrsablauf positiv beeinflussen. Auch aktuelle schweizer Untersuchungen zur Wirksamkeit des Winterdienstes bestätigen diese Ergebnisse.

2 Nutzen-Kosten-Bewertung von Maßnahmen im Winterdienst auf Autobahnen

Nutzen-Kosten-Analysen sind wie oben beschrieben auf der Wohlfahrtstheorie beruhende Verfahren, die vor allem in öffentlichen Haushaltswirtschaften zur vergleichenden Bewertung von Objekten bzw. Handlungsalternativen angewendet werden.

Im Rahmen des Forschungsprojektes „Optimierung des Winterdienstes auf hochbelasteten Autobahnen“ wurden vom Institut für Straßen- und Eisenbahnwesen der Universität Karlsruhe (TH) im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen ausgewählte Pilotmaßnahmen zur Unterstützung des Winterdienstes bei der Praxiserprobung wissenschaftlich begleitet und bewertet. In diesem Projekt wurde der Einsatz eines Hochleistungsfahrzeugs mit Schneepflug und Kehrblasaggregat für den Winterdienst, der Einsatz einer Mobilen Taumittelsprühanlage im Bereich einer Baustelle, die Benutzung von blauem Blinklicht mit Einsatzhorn bei Winterdienstfahrzeugen, die Verstärkung des Winterdienstes durch Einsatz eines zusätzlichen Winterdienstfahrzeuges, die Reduktion der Beladungszeiten durch verschiedene Beladungssysteme, die Möglichkeiten einer optimierten Winterdienststeuerung durch eine Winterdienstzentrale, die Nutzung von Betriebsumfahrten im Winterdienst sowie Möglichkeiten der Durchsetzung von temporären Fahrverboten bei extremen Winterereignissen untersucht. Im Zuge dessen wurden auch Nutzen-Kosten-Betrachtungen der effizienzsteigernden Maßnahmen durchgeführt. Die Wirtschaftlichkeit des Winterdienstes auf Autobahnen in einer vereinfachten Nutzen-Kosten-Rechnung nachzuweisen, ist allerdings sehr schwierig, wie auch DURTH / HANKE (2004) zusammenfassend feststellen, da „die volkswirtschaftlichen Kosten des Fehlens von Winterdienst durch seine hohe Qualität unter normalen Verkehrs- und Witterungsverhältnissen in Mitteleuropa gar nicht erst in Erscheinung treten, in extremen Situationen aber offenkundig sind“. So konnten im Rahmen dieses Forschungsprojektes zwar nicht alle Aspekte monetär nachgewiesen werden, aber es konnten in jedem Fall differenziert qualitative Aussagen für einen Entscheidungsprozess erarbeitet sowie Empfehlungen abgeleitet werden. Der volkswirtschaftliche Nutzen wurde im Fall des beschleunigten Winterdienstes bei den einzelnen Maßnahmen nach dem Verfahren von DURTH et al. (1996) mit aktualisierten Daten bewertet.

Im Rahmen dieses Beitrags werden beispielhaft Nutzen-Kosten-Bewertungen von Maßnahmen zur Reduktion der Beladungszeiten, des Einsatzes einer Mobilen Taumittelsprühanlage sowie von Wendemöglichkeiten bei Winterdiensteinsätzen näher betrachtet.

2.1 Reduktion der Beladungszeiten

Die Beladung der Winterdienstfahrzeuge mit Trockensalz bzw. die Betankung mit Salzlösung stellen während eines Winterdiensteinsatzes Verlustzeiten dar. Daher ist es notwendig, die Beladungszeiten auf ein praxistaugliches Minimum zu beschränken. Ziel dieser Untersuchung war der Vergleich der verschiedenen Beladungssysteme unter Berücksichtigung der systembedingten Beladungszeiten in der Winterdienstpraxis, um hiermit Optimierungspotenziale zur Reduktion der Beladungszeiten zu erarbeiten.

Die Beladung mit Trockensalz kann mit folgenden Systemen erfolgen:

  • Streustoffförderband
  • Radlader
  • Streugutsilo
  • Brückenkran (selten).

Bild 2: Beispiele zur Beladung von Winterdienstfahrzeugen mit Radlader oder Streustoffsilos

Die Salzlösungstankanlagen sind Anlagen zur Lagerung, Aufbereitung und Betankung von Salzlösungen für die Feuchtsalztechnik. Die Betankungsgeschwindigkeit ist im Wesentlichen abhängig von der Pumpenleistung und dem Schlauchdurchmesser.

Im Rahmen des Forschungsprojektes wurden die Beladungszeiten für Trockensalz und Salzlösung während der Winterdiensteinsätze in Abhängigkeit des Beladungssystems und der örtlichen Gegebenheiten gemessen und untersucht. Weiterhin wurden die Einsatzvorgänge erfasst, ob Trockensalz und Salzlösung gleichzeitig oder nacheinander geladen wurden sowie, ob zusätzliche Wartezeiten entstanden, wenn zwei oder mehr Lkw am Gehöft bzw. Stützpunkt gleichzeitig laden mussten, aber die gleichzeitig verfügbaren Ladekapazitäten nicht ausreichten.

Ziel eines optimierten Einsatzes der bestehenden Beladungssysteme und deren Anordnung ist die Reduktion der Beladungszeiten. Der dadurch beschleunigte Winterdienst (z. B. durch Verkürzung der Umlaufzeiten) schlägt sich insbesondere in der Vermeidung bzw. Verringerung von winterbedingten Störungen wie Stauereignissen und Unfällen auf dem hochbelasteten Autobahnnetz nieder.

Anhand einer standardisierten Autobahnmeisterei mit einer zu betreuenden Streckenlänge von 70 km wird im Folgenden beispielhaft der volkswirtschaftliche Nutzen durch eine Optimierung der eingesetzten Beladungssysteme sowie des Beladungsablaufs auf Basis der Auswertungsergebnisse der untersuchten Pilotmeistereien dargestellt.

Die Analyse der Beladungsvorgänge und die Auswertung der Messergebnisse zeigen drei Bereiche, in denen die Beladungszeiten weiter reduziert werden können:

  • Beladen der Winterdienstfahrzeuge mit Radlader oder Silotechnik
  • Zeitgleiches Beladen von Trockensalz und Salzlösung
  • Ermöglichen des gleichzeitigen Beladens von zwei Winterdienstfahrzeugen.

Die einzelnen Optimierungspotenziale können in den Autobahnmeistereien in Abhängigkeit von den örtlichen Randbedingungen stark unterschiedlich ausfallen. Die hier zur Berechnung des volkswirtschaftlichen Nutzens herangezogenen Potenziale sind Durchschnittswerte der untersuchten Autobahnmeistereien.

Im Durchschnitt wurden 23 % der Beladungsvorgänge mit Trockensalz per Salzladeband durchgeführt. Eine deutliche Beschleunigung der Beladung kann durch Umstellung von Salzladeband zu Radlader bzw. Streustoffsilo erreicht werden. Beide Systeme sind im Mittel gleich schnell.

Das größte Optimierungspotenzial ist durch ein zeitgleiches Beladen von Trockensalz und Betanken mit Salzlösung zu erreichen. 30 % der Beladungsvorgänge laufen noch nacheinander ab.

Weiterhin trat in durchschnittlich 15 % der Fälle bei den untersuchten Autobahnmeistereien der Fall ein, dass mindestens zwei Winterdienstfahrzeuge gleichzeitig zum Laden am Gehöft bzw. am Stützpunkt ankamen und die verfügbare Ladekapazitäten nicht ausreichten. Dies trat insbesondere an Stützpunkten auf, die von mehreren Straßen- und Autobahnmeistereien angefahren werden.

Unter der Annahme einer durchschnittlichen Verkehrsstärke von 2.500 Kfz/h ergibt sich mit aktualisierten Werten von DURTH et al. (1996) der in der Tabelle 1 aufgeführte volkswirtschaftliche Nutzen. Der anteilige Nutzen errechnet sich aus den o.g. durchschnittlichen Vorfallshäufigkeiten. Er bewegt sich zwischen rund 21.500 und 61.000 EUR pro Winter und Meisterei. Der ermittelte volkswirtschaftliche Nutzen befindet sich hier allerdings auf Grund der getroffenen Annahmen im unteren Skalenbereich. Es ist davon auszugehen, dass der Nutzen in der Regel weit höher liegt. Dem volkswirtschaftlichen Nutzen sind jährliche Kosten für ein Streustoffsilo (150 m³) bzw. einen Radlader in Höhe von rund 8.300 EUR bis 10.500 EUR gegenüberzustellen (vgl. Tabelle 2). Es zeigt sich, dass eine Optimierung bei den Beladungsvorgängen aus gesamtwirtschaftlicher Sicht sinnvoll ist.

Tabelle 1: Volkswirtschaftlicher Nutzen durch reduzierte Beladungszeiten pro Autobahnmeisterei (Annahme: 2 Umläufe pro Einsatz und Winterdiensttag)

Tabelle 2: Jährliche Kosten für Radlader und 150 m³-Silo

Zusammenfassend können damit folgende Empfehlungen formuliert werden. Im Winterdienstbetrieb zeichnet sich die Beladung per Radlader bzw. mit der Silotechnik auf Grund der kurzen Beladungszeiten und des Einmannbetriebes aus. Die Beladung durch Streustoffförderbänder kann als Zusatz- und Ersatzsystem eingesetzt werden, falls die Kapazität der vorhandenen Beladungssysteme nicht ausreicht.

Zur Beladung der Winterdienstfahrzeuge lagern die Autobahnmeistereien die Streustoffe auf dem Gehöft und in den bis zu drei Stützpunkten. Aus verschiedenen Gründen kann für die Autobahnmeistereien nur ein Mix der verschieden Beladungssysteme, im wesentlichen Radlader und Silotechnik, in ausreichenden Kapazitäten für mehrtägige Volleinsätze empfehlenswert sein. Die Silotechnik kann insbesondere bei abgängigen Salzhallen der Stützpunkte eingesetzt werden, da die Streustoffsilos sowohl als Lager- als auch als Beladungssystem dienen. Da Stützpunkte häufig auch gemeinschaftlich von mehreren Autobahn- und Straßenmeistereien genutzt werden, bieten die Streustoffsilos die Möglichkeit der gleichzeitigen Beladung mehrerer Winterdienstfahrzeuge. Dies gilt auch für das zeitgleiche Wiederbeladen der Fahrzeuge nach Staffelräumeinsätzen. Insbesondere bei Nutzung der Silotechnik von mehreren Meistereien sind Funktionsfähigkeit, Befüllstandsprüfung und Planung der Silobefüllung in die Winterdienstorganisation der zuständigen Meisterei einzuplanen. Die jeweilige Ausstattung mit Beladungssystemen ist für die einzelne Autobahnmeisterei unter Berücksichtigung der örtlichen Randbedingungen und der vorhandenen Systeme zu erarbeiten.

Weiterhin sollten alle Stützpunkte mit Salzlösungstankanlagen ausgestattet werden, um beim flexiblen Einsatz der Winterdienstfahrzeuge in Volllast grundsätzlich die Anwendung von Feuchtsalz gewährleisten zu können.

Eine erhebliche Minimierung der Beladungszeiten kann, wie auch schon HANKE (2001) empfiehlt, durch ein verstärktes gleichzeitiges Beladen von Trockensalz und Salzlösung erreicht werden. Damit sind dann reine Beladungszeiten von 7 Minuten – maßgeblich ist hier die Leistung der Salzlösungstankanlage – möglich. Kleine Optimierungsreserven liegen letztendlich noch in der Erhöhung der Pumpenleistung und durchflussstarken Schläuchen.

2.2 Mobile Taumittelsprühanlage

Taumittelsprühanlagen (TMS) sollen bei Streckenabschnitten, die besonders frühzeitig zur Glättebildung neigen, für eine erhöhte Verkehrssicherheit sorgen. Im Fall einer Mobilen Taumittelsprühanlage handelt es sich um eine Anlage, die ohne größeren technischen Aufwand und mit geringen finanziellen Aufwendungen für kurze Zeitabschnitte installiert werden kann. Geeignet sind solche mobilen Anlagen zum einen für kurze Straßenabschnitte mit vorübergehender Änderung der Verkehrsführung und gleichzeitiger hoher Glättegefahr (z. B. Winterbaustellen) und zum anderen für glättegefährdete Abschnitte, bei denen der Einsatz einer stationären Taumittelsprühanlage vorab provisorisch überprüft werden soll.

Die Verkehrsführungen und teilweise engen Fahrstreifenbreiten innerhalb einer Baustelle stellen sich bei winterlichen Fahrbahnbedingungen sowohl für die Verkehrsteilnehmer als auch für die Winterdienstfahrzeuge als sehr problematisch dar. Mit Hilfe einer kostengünstigen und leicht installierbaren Mobilen Taumittelsprühanlage könnten derartige kritische Bereiche entschärft werden. Im Laufe des Winters 2003/04 wurde eine derartige mobile Pilotanlage auf der A 4 in westlicher Richtung zwischen TR Herleshausen und AS Wommen im Verschwenkungsbereich einer Baustelle eingerichtet. Bei dieser Verschwenkung wurde von einer 4+0- auf eine 0+4-Verkehrsführung gewechselt.

Die Mobile Taumittelsprühanlage hatte im Rahmen der Pilotanlage eine Gesamteinsatzlänge von ca. 110 m. In einem auslaufsicheren, doppelwandigen Streugutbehälter mit integrierter Pumpstation befand sich ein 550-Liter-Tank für die Salzlösung. Das Taumittel wurde über Druckrohre zu den Kompaktventilen transportiert und über 11 Sprühköpfe, die an der Stahlschutzwand ohne zusätzliche Bohrungen etc. befestigt werden konnten (siehe Bild 3), auf die 6,25 m breite Fahrbahn aufgebracht. Die Sprühköpfe haben dabei nicht in den Fahrraum hineingereicht. Die Anlage wurde durch eine Funkfernsteuerung ausgelöst.

Wie die Einsatzuntersuchungen bereits in Tendenzen zeigen, kann eine Mobile Taumittelsprühanlage in kritischen Abschnitten innerhalb von Baustellen entstehender Fahrbahnglätte frühzeitiger entgegenwirken und damit wesentlich zur Verkehrssicherheit beitragen. Auswirkungen auf das Geschwindigkeitsverhalten zeigen sich erst bei Änderungen der Umfeldbedingungen wie beispielsweise Schnee, der Nutzen einer Taumittelsprühanlage beginnt aber bereits viel früher. Es konnte weiterhin festgestellt werden, dass Sprühvorgänge das Fahrverhalten nicht negativ beeinflussten. Im Rahmen dieser Untersuchungen sind verschiedene Einsatzvarianten (4+0- und 3+1-Verkehrsführung von Baustellen) für eine Mobile Taumittelsprühanlage erarbeitet worden.

Bild 3: Übersicht der Mobilen Taumittelsprühanlage im Verschwenkungsbereich der Baustelle sowie Befestigung eines Sprühkopfes der Pilotanlage an einer Stahlschutzwand

Wie schon KUTTER (1993) formulierte, sind Taumittelsprühanlagen dazu konzipiert, kurzfristig erforderliche, lokal begrenzte Winterdiensteinsätze an kritischen Punkten des Straßennetzes zu ersetzen bzw. durch den frühzeitigen Einsatz der TMS den Winterdienst erheblich unterstützen. Die frühzeitige Glättebekämpfung spiegelt sich in einer erhöhten Verkehrssicherheit wider, wie aktuelle Untersuchungen der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) bestätigen (siehe Beitrag MORITZ: Wirtschaftlichkeit von Taumittelsprühanlagen). Es ist davon auszugehen, dass eine Mobile Taumittelsprühanlage auf Grund einer frühzeitigeren Glättebekämpfung auch in kritischen Baustellenabschnitten positive Effekte auf die Verkehrssicherheit hat. Diese sind umso höher zu bewerten, da in Baustellenbereichen grundsätzlich mit einer erhöhten Unfallzahl zu rechnen ist. Weiterhin ist durch die stark eingeengten Querschnitte sowohl aus betriebsdienstlicher als auch aus verkehrstechnischer Sicht die Notwendigkeit in besonderem Maße gegeben, winterlich bedingte Verkehrsstörungen bzw. Blockaden zu verhindern und unterstützende Maßnahmen für den Winterdienst zu schaffen.

Im Rahmen der Glättebekämpfung können durch den Einsatz von Mobilen Taumittelsprühanlagen auch zeitintensive Leerfahrten vermieden werden. Insbesondere würden Mobile Taumittelsprühanlagen eine wesentliche Unterstützung für den Winterdienst bei Baustellen mit einer 3+1-Verkehrsführung darstellen. Vor allem die Betreuung der beiden einzeln geführten Fahrstreifen bedeutet für den Betriebsdienst häufig zusätzlichen Aufwand und besonders in diesen Abschnitten sind Verkehrsstörungen in jedem Fall zu verhindern, da keine Vorbeifahrmöglichkeiten bestehen. Bei Streueinsätzen müssen bei dieser Verkehrsführung die Fahrstreifen der aufgetrennten Fahrtrichtung zweimal bzw. mit zwei Winterdienstfahrzeugen abgestreut werden. Daher könnte insbesondere in Regionen mit überwiegender Glättebildung und wenigen Schneefällen (z. B. norddeutsches Flachland) ein Großteil dieser Streueinsätze abgedeckt und der zusätzliche Einsatz von Lkw bzw. Geräteträgern (notwendig bei schmaler Durchfahrtsbreite) vermieden werden.

Der jeweilige Nutzen einer Mobilen Taumittelsprühanlage ist abhängig von der Lage der Baustelle im zu betreuenden Streckennetz, dem Abstand zu den nächsten Wendemöglichkeiten und der Verkehrsführung innerhalb der Baustelle. Der Einsatz der Mobilen Taumittelsprühanlage kann in Zukunft auf Grund der wahrscheinlich vermehrt notwendigen Winterbaustellen verstärkt an Bedeutung gewinnen.

Für eine Mobile Taumittelsprühanlage zum Einsatz in Baustellen (Länge: 200 m; Sprühbreite: 5 m) können jährliche Kosten von rund 9.000 EUR (siehe Tabelle 3) angenommen werden. Der volkswirtschaftliche Nutzen wird aber, wie erläutert, die hieraus resultierenden jährlichen Kosten weit überschreiten.

Tabelle 3: Kosten pro Winter für eine Mobile Taumittelsprühanlage

Im Rahmen der Untersuchungen sind verschiedene Einsatzvarianten für eine Mobile Taumittelsprühanlage erarbeitet worden. Mobile Taumittelsprühanlagen haben spezielle Einsatzbereiche (z. B. kurze Baustellenabschnitte mit 4+0 oder 3+1-Verkehrsführung). Sie nutzen dem Winterdienst hauptsächlich bei Streueinsätzen zur präventiven Glättebekämpfung; durch ihren Einsatz können einzelne Einsatzfahrten sowie Leerwege eingespart und der Winterdienst beschleunigt werden.

2.3 Wendemöglichkeiten

Bei Räum- und Streueinsätzen sind naheliegende Wendemöglichkeiten insbesondere im Bereich von neuralgischen Steigungs- und Gefällestrecken sowie bei Autobahnkreuzen und -dreiecken von hoher Bedeutung, da Leerwegen während der Einsätze verkürzt bzw. vermieden werden können. Solche Wendemöglichkeiten, die vom Winterdienst genutzt werden können, sind Anschlussstellen und Betriebsumfahrten. Die reduzierten Verlustzeiten pro Winterdiensteinsatz schlagen sich in einem beschleunigten Winterdienst nieder, der volkswirtschaftlich nach dem Vorgehen von DURTH et al. (1996), wiederum mit aktualisierten Daten, bewertet werden kann. Besonders deutlich wird der volkswirtschaftliche Nutzen beim Streuen und Räumen der Rampen von Autobahnkreuzen und -dreiecken.

Beispielhaft wird an dieser Stelle der volkswirtschaftliche Nutzen durch die Anlage von Betriebsumfahrten an einem Autobahnkreuz im Bereich einer Standardmeisterei dargestellt. Die hier zugrundeliegende Autobahnmeisterei hat ein Streckennetz von 70 km zu betreuen. Sowohl die durchgehenden Fahrbahnen als auch die Rampen haben bei Autobahnkreuzen eine hohe verkehrliche Bedeutung, winterlich bedingte Störungen führen zu erheblichen Verkehrsbeeinträchtigungen. Rampen von Anschlussstellen werden in der Regel erst im zweiten Umlauf innerhalb eines Räum- bzw. Streueinsatzes bzw. durch entsprechende Geräteträger bedient. Auf Grund der verkehrlichen Bedeutung der Verbindungsrampen des Autobahnkreuzes sollten diese bei der Routenplanung vordringlich berücksichtigt werden.

Für das gewählte Beispiel wird angenommen, dass das Autobahnkreuz außerhalb von Ballungsgebieten liegt und somit nicht mit einer dichten Folge von Anschlussstellen zu rechnen ist. Der Abstand zu den nächsten Wendemöglichkeiten für die Fahrzeuge des Straßenbetriebsdienstes beträgt jeweils 5 km.

Bild 4: Skizze eines Räumplans der Rampen und Parallelfahrbahnen eines Autobahnkreuzes

Handelt es sich bei den Wendemöglichkeiten um Anschlussstellen, muss (vgl. Bild 4) beim Räumen und Streuen der Rampen und Parallelfahrbahnen des Autobahnkreuzes das hierfür eingesetzte Winterdienstfahrzeug zum Wenden drei Mal zusätzlich bis zur nächsten Anschlussstelle fahren. Damit ergeben sich in diesem Rechenbeispiel insgesamt 30 km Leerfahrten (3 * 10 km), welches auf der Basis einer Geschwindigkeit bei Leer- und Lastfahrten im Winterdienst von 60 km/h einer Verlustzeit von 30 Minuten entspricht. Durch die Anlage von Wendemöglichkeiten in unmittelbarer Nähe zum Autobahnkreuz können diese Leerfahrten erheblich reduziert werden. Unter der Annahme einer durchschnittlichen Verkehrsstärke von 2.500 Kfz/h ergibt sich mit aktualisierten Werten von DURTH et al. (1996) ein volkswirtschaftlicher Nutzen aus dem beschleunigten Winterdienst (vgl. Tabelle 4). Hochgerechnet auf einen Winter mit einem Einsatz pro Winterdiensttag errechnet sich dieser zu rund 34.000 EUR bezogen auf einen beschleunigten Winterdienst im Autobahnkreuz lediglich selbst. Nachfolgende Winterdiensteinsätze wirken sich dann mit einem erheblichen volkswirtschaftlichen Nutzen auf das gesamte zu betreuende Netz aus.

Tabelle 4: Volkswirtschaftlicher Nutzen pro Winter durch beschleunigten Winterdienst

Strenge Winter mit einer hohen Anzahl erforderlicher Winterdiensteinsätze oder höhere Verkehrsbelastungen steigern den volkswirtschaftlichen Nutzen weiter. Neben dem Nutzen durch den beschleunigten Winterdienst ergeben sich auch betriebswirtschaftliche Vorteile durch die eingesparten Leerfahrten. Für eine Übertragung auf die Praxis sind die Randbedingungen zur Bewertung des volkswirtschaftlichen Nutzens jeweils anzupassen.

Durch eine optimierte Standortwahl und Anlage von Betriebsumfahrten kann der Straßenbetriebsdienst insgesamt flexibler gestaltet werden. Insbesondere beim Winterdienst können erhebliche Verlustzeiten aufgrund langer Wende- und Leerfahrten und damit Kosten eingespart werden.

3 Resümee

Im Rahmen des Forschungsprojektes „Optimierung des Winterdienstes auf hochbelasteten Autobahnen“ wurden ausgewählte Pilotprojekte in einzelnen Autobahnmeistereien im Hinblick auf eine Optimierung der Winterdiensteinsätze untersucht und bei der Praxiserprobung wissenschaftlich begleitet, um damit mögliche Empfehlungen für die Winterdienstpraxis geben zu können. Weiterhin wurden Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen der einzelnen Maßnahmen durchgeführt. In diesem Beitrag wurden die aus dieser Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse vorgestellt und einzelne Nutzen-Kosten-Bewertungen von Maßnahmen zur Effizienzsteigerung des Straßenwinterdienstes auf Bundesautobahnen diskutiert. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es unter bestimmten streckenspezifischen und verkehrlichen Randbedingungen sinnvoll bzw. notwendig ist, effizienzsteigernde Maßnahmen trotz der zum Teil erheblichen betriebswirtschaftlichen Kosten durchzuführen, da bei gesamtwirtschaftlicher Betrachtungsweise der volkswirtschaftliche Nutzen (Verringerung der Unfallkosten, Reisezeitverluste etc.) die betriebswirtschaftlichen Kosten weit übersteigt.

Literaturverzeichnis

  1. Bernhardt, B.: Neuorganisation der staatlichen Aufgabenerfüllung – Anspruch und Leistungsfähigkeit des New Public Management dargestellt am Beispiel des Straßenunterhaltungs- und Betriebsdienstes Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden, 2000
  2. Cypra, T.; Roos, R.; Zimmermann, M.: Optimierung des Winterdienstes auf hochbelasteten Autobahnen, Schlussbericht zum FE-Vorhaben 03.343/2001/HGB, Karlsruhe, 2005
  3. Durth, W.; Hanke, H.: Handbuch Straßenwinterdienst, Kirschbaum Verlag, Bonn, 2004
  4. Durth, W.; Bark, A.; Levin, C.; Mattheß, V.: Wirksamkeit des Straßenwinterdienstes auf die Verkehrssicherheit und die Wirtschaftlichkeit des Verkehrsablaufes auf Bundesautobahnen, Forschung Straßenbau und Straßenverkehrstechnik, Heft 719, Bonn, 1996
  5. Durth, W.; Hanke, H.; Levin, C.: Wirksamkeit des Straßenwinterdienstes auf die Verkehrssicherheit und die Wirtschaftlichkeit des Verkehrsablaufes, Forschung Straßenbau und Straßenverkehrstechnik, Heft 550, Bonn, 1987
  6. Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen (FGSV): Entwurf – Empfehlungen von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen an Straßen (EWS) – Aktualisierung der RAS-W 86, Köln 1997a (FGSV 132)
  7. Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen (FGSV): Kommentar zum Entwurf – Empfehlungen von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen an Straßen (EWS), Köln 1997b (FGSV 132/1)
  8. Hanke, H.: Strategien zur Erhöhung der Wirksamkeit des Straßenwinterdienstes auf Autobahnen, Straße und Autobahn, Nr. 1, 2001
  9. Hartwig, K.-H.; Armbrecht, H.: Volkswirtschaftliche Effekte unterlassener Infrastrukturleistungen, Hauptverband der Deutschen Bauindustrie, Berlin, 2005
  10. Kutter, M.: Erfahrungen mit Taumittelsprühanlagen, Tagungsband zum Straßenbetriebsdienst-Kolloquium 1993 der FGSV, Darmstadt, 1993
  11. Thommen, J.-P.:Allgemeine Betriebswirtschaftslehre – Umfassende Einführung aus managementorientierter Sicht, Gabler Verlag, Wiesbaden, 1991