Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.
1 Einleitung
Als Mitte der 80er Jahre der Einsatz von Herbiziden im Bereich der klassifizierten Straßen komplett verboten wurde, begann für den Straßenunterhaltungsdienst die Suche nach Alternativlösungen.
Beim Landesbetrieb Straßen und Verkehr Rheinland-Pfalz entschied man sich überwiegend für die mechanische Reinigung mit der Wildkrautbürste. Da hierfür Geräteträger wie z. B. der Unimog eingesetzt wurden, war der Einsatzbereich der Wildkrautbürste auf Flächen begrenzt, die in der Reichweite dieser Fahrzeuge lagen. Pflasterflächen in Böschungsbereichen konnten so nicht gereinigt werden. Dort wo der Wildkrautbesen wirken konnte, wurden allerdings nur die oberirdischen Pflanzenteile und nicht die Wurzeln der Pflanzen erreicht, so dass einige Wochen nach der Behandlung Gräser und Kräuter wieder nachgewachsen waren und der Arbeitsgang erneut durchgeführt werden musste.
Wollte man auch schräge Pflasterflächen z. B. unter Brücken (Bild 1) reinigen, so konnte man hierfür nur ein handgeführtes Freischneidegerät oder die Gartenhacke nehmen. Da mit diesen Arbeitsmethoden kein wirtschaftliches Arbeiten möglich war, unterließ man häufig die Reinigung dieser Flächen. Als Folge davon breiteten sich an diesen Stellen Gräser und Wildkräuter immer weiter aus und es entstanden schon die ersten Holzgewächse. Dies alles führte in Teilbereichen auch bereits zum Zerstören der Bausubstanz der Pflasterflächen.
Bild 1: Bewachsene Pflasterflächen unter einem Brückenbauwerk
2 Suche nach Alternativen
Der Unterhaltungsdienst suchte in den letzten Jahren ständig nach Alternativen um diese Probleme lösen zu können. Dabei wurde auch immer wieder über den Einsatz von Herbiziden diskutiert wobei das Straßenunterhaltungspersonal häufig Verständnisprobleme mit der Tatsache hatte, dass auf den befestigten Nebenflächen der Strasse kein Herbizid ausgebracht werden durfte, während z. B. der Weinberg unmittelbar neben der Strasse vom Winzer mit einem Herbizid unkrautfrei gespritzt, und dies auch noch vom Gesetz getragen wurde.
Der Unterschied ist darin begründet, dass die Herbizide sich in einem Boden innerhalb kurzer Zeit abbauen, während die befestigten Flächen vom Regen abgespült werden und somit das Herbizid ins Oberflächenwasser gelangt, in dem es nicht abgebaut werden kann.
Ein für befestigte Flächen geeignetes Ausbringverfahren für Herbizide wurde mit dem am Markt befindlichen Walzenstreichgerät Rotofix inzwischen entwickelt und auch von der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft zugelassen (Bilder 2 und 3).
Bilder 2 und 3: Das Rotofixgerät hat eine Arbeitsbreite von 60 cm und eine Arbeitshöhe der Walze von mindestens 10mm. Durch Düsen wird auf der Walze ein Schaumauftrag eines 10%igen Roundup Ultra Wassergemisches mit Spülmittel erzeugt, der beim Überrollen an die Pflanzen abgegeben wird. Die ungewollte Kontamination des Bodens wird nach aktuellen Untersuchungen dadurch um 96 % reduziert
3 Genehmigungsverfahren
Die Genehmigung der Herbizidanwendung auf Nichtkulturland liegt generell in der Hoheit der einzelnen Bundesländer.
Im Bundesland Rheinland-Pfalz haben wir für das Jahr 2004 erstmals für zwei Autobahnmeistereien und zwei Straßenmeistereien eine Genehmigung für die Ausbringung eines Herbizides (Roundup Ultra) bei der zuständigen Behörde beantragt.
Die Ausbringung von Roundup Ultra wurde mit folgenden Auflagen genehmigt:
- Unter Verwendung des Rotofixgerätes aus Verkehr- und Betriebssicherheitsgründen für
- gepflasterte Park- und Rastanlagen, einschließlich der Geh- und Radwege sowie sonstige gepflasterte oder in ähnlicher Weise oberflächenbefestigte Flächen
- gepflasterte Mittelstreifen
- unter Vorbehalt: gepflasterte Entwässerungsrinnen.
- Im Spritzverfahren auf gepflasterten oder anderweitig befestigten Flächen, deren Oberflächenentwässerung weder in ein Oberflächengewässer/Vorfluter noch in das Kanalsystem, sondern ausschließlich in das umgebende Erdreich erfolgt, und wo aus Gründen zu großer Unebenheit oder zu starker Neigung der Oberfläche das Rotofixgerät aus rein technischen Gründen nicht zum Einsatz kommen kann.
- Zur Einzelpflanzenbehandlung des Riesenbärenklaus.
4 Einsatzbeispiele für Rotofixgerät und Handspritze
Die Bilder 4 bis 11 zeigen den Einsatz des Rotofixgerätes auf Gehwegen und den Spritzeinsatz von Herbiziden.
Bild 4: Gehweg vor dem Einsatz des Rotofixgerätes
Bild 5: Drei Tage nach dem Herbizideinsatz mit Roundup Ultra
Bild 6: Zehn Tage nach dem Herbizideinsatz
Bild 7: Gehweg nach dem Abkehren des trockenen Grases
Bild 8: Rotofixgerät beim Einsatz an einer Muldenrinne
Bild 9: Durch die höhenverstellbare Walze gelangt kein Herbizid auf das Pflaster
Bilder 10 und 11: Spritzen von Herbiziden im Bereich von Pflasterflächen unterhalb oder neben einem Bauwerk. Die Flächen entwässern nicht in die Oberflächenentwässerung
5 Probleme beim Spritzen von Herbiziden durch Muldenabläufe z. B. unterhalb von Überführungsbauwerken
Die gepflasterten Böschungsflächen unterhalb von Überführungsbauwerken entwässern häufig in eine gepflasterte Mulde. Diese ist an die Rasenmulde der Strecke angeschlossen. Manchmal findet man in den Pflastermulden unter den Bauwerken noch zusätzlich einen Muldenablauf. In solchen Fällen haben wir die Notwendigkeit der einzelnen Muldenabläufe geprüft und kamen in den meisten Fällen zu der Entscheidung, dass dieser nicht zwingend notwendig sei. In diesen Fällen wurde der Muldenablauf gegen einen normalen Schachtdeckel ausgetauscht und dieser an der Oberfläche abgedichtet (Bilder 12 und 13). Somit konnte auch unter diesen Bauwerken mit der Spritze gearbeitet werden, denn durch den abgedichteten Schachtdeckel kann kein herbizidbelastetes Oberflächenwasser in die Entwässerungsleitung gelangen.
Bilder 12 und 13: Muldenabläufe, die aus entwässerungstechnischer Sicht nicht benötigt werden, können gegen abdichtbare Deckel ausgetauscht werden. Damit ist dann in diesem Bereich auch ein Spritzeinsatz von Herbiziden möglich
6 Problemlösung für Sonderfälle
An den Stellen wo weder mit dem Rotofixgerät noch mit der Spritze gearbeitet werden kann ist noch die Möglichkeit einer Einzelpflanzenbehandlung mit einem Unkrauttupferstab gegeben. Dieser besteht aus einem Stab mit ca. 450ml Füllvolumen für ein Herbizid. Am unteren Stabende ist ein Ventil und ein Schwamm. Der Schwamm wird nun auf die zu behandelnde Pflanze aufgesetzt. Durch Druckausübung öffnet sich das Ventil und benetzt den Schwamm und damit auch die Pflanze mit dem Herbizid (Bilder 14 und 15).
Bild 14: Unkrauttupferstab
Bild 15: Schwamm mit Herbizid an Pflanze
7 Ausblick
Für das Jahr 2005 haben wir die erforderlichen Genehmigungen zur Herbizidausbringung für alle Autobahnmeistereien des Landes beantragt und auch erhalten. Im Bereich der Bundes-, Landes- und Kreisstraßen (Straßenmeistereien) führt der LSV Rheinland-Pfalz noch eine Testphase bis zum Ende der diesjährigen Saison durch. Anschließend soll dann über weitere Genehmigungsanträge für das nächste Jahr entschieden werden.
Da beim Umgang mit Pflanzenschutzmittel nur sachkundiges Personal eingesetzt werden darf, haben wir bei allen Autobahnmeistereien jeweils zwei Anwender pro Meisterei einer Sachkundigenschulung unterzogen. Weiterhin wird über jeden Herbizideinsatz Buch geführt.
Die beschriebenen Arbeiten der Herbizidausbringung mit der Rückenspritze oder dem Rotofixgerät sind Arbeiten, die von einer Person erledigt werden können. Der Gesamtaufwand der Wildkrautbeseitigung in den Meistereien wird sich durch den Einsatz der Herbizide nach ersten Erfahrungen drastisch reduzieren. Wir gehen davon aus, dass in den Folgejahren auch das Nachwachsen der Wildkräuter minimiert wird, da durch die Anwendungen die Pflanzen absterben und nur noch durch Samenflug neue Pflanzen entstehen können.
Literaturverzeichnis
- Standortverwaltung Münster, Landwirtschaftskammer Westfalen Lippe, Staatliches Umweltamt Münster: „Erprobung verschiedener Verfahren zur Wildkrautbeseitigung in der Sportschule der Bundeswehr Warendorf“
- Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen „Nichtchemische Verfahren zur Unkrautbekämpfung auf befestigten Wegen und Plätzen“
- Internetseite der Biologischen Bundesanstalt: www.bba.de
- Augustin, B.: Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinhessen – Nahe – Hunsrück „Möglichkeiten der Vegetationskontrolle auf Nicht-Kulturland“
- Augustin, B.: Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinhessen – Nahe – Hunsrück „Ökonomische Aspekte unterschiedlicher Methoden der Wildkrautkontrolle in der Stadt“
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