FGSV-Nr. FGSV 002/94
Ort Karlsruhe
Datum 15.09.2009
Titel Erfahrungen mit dem Einsatz von Warnschwellen in Nordrhein-Westfalen
Autoren Dipl.-Ing. Bernd Vasmer
Kategorien Straßenbetrieb, Winterdienst
Einleitung

Jedes Jahr werden im Bereich des Landesbetriees Straßenbau NRW (Straßen.NRW) mehr als 20 Straßenwärter bei Verkehrsunfällen verletzt. Im Durchschnitt wird ein Straßenwärter pro Jahr getötet. Häufigste Unfallursache ist Unaufmerksamkeit von Verkehrsteilnehmern.

Seit Juni 2005 setzt der Landesbetrieb Warnschwellen in stationären Arbeitsstellen von kürzerer Dauer auf dem Seitenstreifen von Autobahnen ein. Drei Warnschwellen werden 100 m vor der Absperrtafel lose auf den befestigten Seitenstreifen ausgelegt und sollen Verkehrsteilnehmer beim Überfahren wachrütteln.

Aufgrund der positiven Erfahrungen wurden ab Ende 2007 Warnschwellen auch in stationären Arbeitsstellen von kürzerer Dauer auf dem rechten Fahrstreifen von Autobahnen eingesetzt. Der Abstand zwischen Warnschwellen und Absperrtafel betrug zunächst 150 m.

Den nach einiger Zeit aufgetretenen Problemen mit der Lagestabilität der Warnschwellen wurde durch eine Verringerung des Abstandes zwischen Warnschwellen und Absperrtafel von 150 m auf 100 m und dem Hinweis auf Warnschwellen in der Vorwarntafel begegnet.

Die Ursache für das Hochschleudern von Warnschwellen in zwei Fällen wurde in zusätzlichen Überfahrversuchen ermittelt. Durch eine Modifikation der Schwellen soll ein Hochschleudern verhindert werden. Zusätzlich hat der Bund-Länder-Fachausschuss StVO die BASt gebeten, zu überprüfen, ob durch eine verkehrsrechtliche Regelung das Überfahren der Schwellen verhindert werden kann.

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Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln. 

1  Sicherung gemäß RSA 1995

Arbeitsstellen von kürzerer Dauer (Tagesbaustellen) auf Autobahnen werden gemäß den „Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen“ (RSA) mit Absperrtafeln abgesichert. Vor Tagesbaustellen auf Fahrstreifen werden die Verkehrsteilnehmer zusätzlich durch eine bzw. zwei Vorwarneinrichtungen gewarnt (Bild 1).

Trotz dieser deutlich sichtbaren Verkehrszeichen, die durch Blink- bzw. Blitzleuchten besonders hervorgehoben werden, kommt es immer wieder vor, dass unaufmerksame oder abgelenkte Verkehrsteilnehmer die Hinweise übersehen und ungebremst in Absperrtafeln fahren und Personen in der Arbeitsstelle gefährden.

Jedes Jahr werden im Bereich des Landesbetriebs Straßenbau NRW mehr als 20 Straßenwärter bei Verkehrsunfällen verletzt. Im Durchschnitt wird ein Straßenwärter pro Jahr getötet. Im Jahr 2001 kam es zu einer Häufung derartiger Unfälle mit besonders schwerwiegenden Folgen für mehrere Mitarbeiter. Der Landesbetrieb Straßenbau NRW hat deshalb nach Mitteln gesucht, die Sicherheit des Betriebspersonals zu verbessern. Unter anderen wurden auch sogenannte „Andreasstreifen“ in die Auswahl einbezogen. Andreasstreifen sind 3 bis 4 cm dicke und 2 m lange Streifen aus Kunststoff, die lose auf die Fahrbahnoberfläche gelegt werden und unaufmerksame Verkehrsteilnehmer beim Überfahren wachrütteln sollen. Im Rahmen des Forschungsprojektes „Einsatz neuer Methoden zur Sicherung von Arbeitsstellen kürzerer Dauer“ [1] wurden auch Andreasstreifen untersucht. Im Schlussbericht des Forschungsprojektes wird ausgeführt, dass „durch den Einsatz von Andreasstreifen bei stationären Arbeitsstellen von kürzerer Dauer eine erhebliche Erhöhung der Verkehrssicherheit zu erwarten“ ist. Im Entwurf der Teilfortschreibung der RSA [2] sind Andreasstreifen mit der Bezeichnung Warnschwellen aufgenommen worden.

Bild 1: Musterplan 2a Straßen NRW – Stand 1/2003

2  Einsatz von Warnschwellen auf Seitenstreifen von Autobahnen

Seit Juni 2005 setzt der Landesbetrieb Straßenbau NRW Warnschwellen in stationären Arbeitsstellen von kürzerer Dauer auf dem Seitenstreifen von Autobahnen ein. Drei Warnschwellen werden 100 m vor der Absperrtafel lose auf dem befestigten Seitenstreifen ausgelegt (Bild 2).

Der Einsatz wurde zunächst auf die mit eigenen Mitteln abgesicherten Arbeitsstellen beschränkt. Hierzu wurden für die 29 Autobahnmeistereien 261 Warnschwellen beschafft und in einem Pressetermin vorgestellt.

Bild 2: Musterplan 7 Straßen NRW – Stand 10/2005

Die Erfahrungen nach einem Jahr waren übereinstimmend positiv. In wenigen Fällen kam es zu Verschiebungen der Warnschwellen. In Einzelfällen wurde beobachtet, dass Lkw nach Überfahren der Schwellen wieder zurück auf den rechten Fahrstreifen gelenkt wurden.

3  Einsatz von Warnschwellen auf dem rechten Fahrstreifen von Autobahnen

Aufgrund der positiven Erfahrungen wurden ab Ende 2007 Warnschwellen auch in stationären Arbeitsstellen von kürzerer Dauer auf dem rechten Fahrstreifen von Autobahnen eingesetzt. Der Abstand zwischen Warnschwellen und Absperrtafel betrug zunächst 150 m (Bild 3).

Im Rahmen von verkehrsrechtlichen Anordnungen wird der Einsatz von Warnschwellen auch für Dritte vorgeschrieben. Wieder wurden die Warnschwellen den Medien in mehreren Terminen im Einsatz vorgestellt.

Bild 3: Musterplan 2a Straßen NRW – Stand 9/2007

4  Modifizierter Einsatz von Warnschwellen

Nach einiger Zeit wurde von Autobahnmeistereien über Probleme berichtet:

  1. In einzelnen Fällen kam es zu starken Verschiebungen der
  2. In zwei Fällen (Bayern und NRW) wurde über Unfälle mit hoch geschleuderten Schwellen
  3. Verkehrsteilnehmer zeigten zum Teil unerwartete Reaktionen (Bremsen, plötzliche Fahrstreifenwechsel).
  4. Es gab Bedenken, weil die rechtliche Stellung von Warnschwellen nicht geklärt

In einem kurzfristig anberaumten Termin wurden mit Vertretern der Autobahnniederlassungen und Autobahnmeistereien die aufgetretenen Probleme diskutiert. Es bestand Einigkeit, dass auf den Einsatz von Warnschwellen auf dem rechten Fahrstreifen nicht verzichtet werden sollte. Folgendes Vorgehen wurde festgelegt:

a) Lagestabilität

  • Um die Anzahl der Überfahrten über die Warnschwellen und damit die aufgetretenen Verschiebungen zu reduzieren wurde der Abstand der Warnschwellen zur Absperrtafel von 150 m auf 100 m verringert.
  • Der Verkehrsteilnehmer wird durch die Darstellung der Warnschwellen in den Vorwarntafeln über die Schwellen informiert.

Bild 4: Modifizierte Vorwarntafel Straßen NRW – Stand 10/2008

  • Die Lage der Warnschwellen soll bei längeren Einsätzen überprüft
  • Verschiebungen der Schwellen traten insbesondere auf, wenn der Verkehr, bedingt durch hohes Aufkommen, langsamer wurde und viele Fahrstreifenwechsel erst kurz vor der Absperrtafel erfolgten. Durch häufiges Bremsen und Beschleunigen kommt es dann zu Es wurde deshalb festgelegt, dass Warnschwellen bei dichtem Verkehr oder Stau nicht ausgelegt werden.

b) Unfälle mit Warnschwellen

Die Ursache für das geschilderte Hochschleudern von Warnschwellen soll ermittelt und möglichst beseitigt werden. Gemeinsam mit der BASt und der RWTH Aachen wurden von Straßen NRW Versuche durchführt.

c) Unerwartete Reaktionen von Verkehrsteilnehmern

Durch verstärkte Öffentlichkeitsarbeit sollen die Warnschwellen bekannter werden. Es wurden Flyer erstellt, die auf allen Tank- und Rastanlagen im Zuständigkeitsbereich ausgelegt wurden. In Schwerpunktaktionen hat der Landesbetrieb Straßenbau NRW die Warnschwellen auf Tank- und Rastanlagen vorgestellt.

d) Rechtliche Situation

Durch die Aufnahme der Warnschwellen in die StVO [3] sind die rechtlichen Unsicherheiten inzwischen beseitigt.

5  Aktueller Stand

Gemeinsam mit der RWTH Aachen und der BASt wurde nach Ursachen für das Hochschleudern von Warnschwellen gesucht. Auf einem abgesperrten Autobahnabschnitt wurden 5 Felder mit Warnschwellen eingerichtet und mit insgesamt 5 Lkw zahlreiche Überfahrversuche mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten einschließlich Vollbremsungen auf den Warnschwellen durchgeführt. Bei einigen Bremsmanövern wurden Warnschwellen stark verschoben. In Einzelfällen wurden Warnschwellen umgedreht und kamen auf der Kopfseite zu liegen. Danach stand die abgeschrägte vordere Längsseite von der Fahrbahnoberfläche ab. Bei weiteren Überfahrten der Warnschwellen in umgedrehter Lage längs zur Fahrtrichtung konnte ein Hochschleudern der Warnschwellen provoziert werden. Die vermutliche Ursache für das Hochschleudern war gefunden [4].

Entsprechend dem Beschluss des Bund-Länder-Fachausschusses StVO vom 21. / 22. 1. 2009 [5] wurde die BASt gebeten, zu überprüfen, ob durch eine verkehrsrechtliche Regelung das Überfahren der Schwellen verhindert werden kann.

Zurzeit wird versucht die Warnschwellen so zu modifizieren, dass ein Hochschleudern verhindert wird. Gleichzeitig soll die Lagestabilität verbessert werden.

6  Fazit

Bei zahlreichen Einsätzen von Warnschwellen kam es bisher zu 2 Unfällen mit hoch geschleuderten Warnschwellen. Durch entsprechende Maßnahmen, insbesondere die Verkürzung des Abstandes der Warnschwellen zur Absperrtafel, wurde das Risiko minimiert. Angesichts der zahlreichen Unfälle in Arbeitsstellen von kürzerer Dauer auf Autobahnen setzt der Landesbetrieb Straßenbau NRW auch weiterhin Warnschwellen ein, um die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer und der Beschäftigten in stationären Arbeitsstellen kürzerer Dauer zu verbessern. Es gibt nach Auffassung des Landesbetriebs Straßenbau NRW zurzeit keine Alternative, um unaufmerksame Verkehrsteilnehmer wachzurütteln.

Literaturverzeichnis

  1. Einsatz neuer Methoden zur Sicherung von Arbeitsstellen kürzerer Dauer, FA 3.360, Institut für Straßenwesen Aachen, RWTH Aachen
  2. Entwurf der Teilfortschreibung der RSA, Teile A und D Stand 3/2007
  3. Verordnung zur Änderung der StVO vom 28. 11. 2007
  4. Begleituntersuchung zur Lagestabilität von Warnschwellen, Institut für Straßenwesen Aachen, RWTH Aachen
  5. Niederschrift über die Sitzung des Bund-Länder-Fachausschusses Straßenverkehrs-Ordnung/-Ordnungswidrigkeiten am /22. 1. 2009 in Bonn