FGSV-Nr. FGSV 002/126
Ort Karlsruhe
Datum 17.09.2019
Titel Koordination und Organisation von Arbeitsstellen kürzerer Dauer auf Autobahnen
Autoren Hon.Prof. Prof. Dr.-Ing. Rainer Hess, Dipl.-Ing. Martina Lohmeier
Kategorien Straßenbetrieb, Winterdienst
Einleitung

Unsere Verkehrsinfrastruktur ist die entscheidende Grundlage für gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung. Nachdem der Erhaltung über viele Jahre zu wenig Beachtung geschenkt wurde, müssen nun zahlreiche Fahrbahnbefestigungen und Ingenieurbauwerke erneuert werden. Erfreulicherweise stehen mit dem Investitionshochlauf dafür inzwischen auch entsprechende Finanzmittel zur Verfügung. Allerdings bedeuten mehr Investitionen, auch mehr Arbeitsstellen und diese wiederum mehr Eingriffe in den Verkehrsraum. Um die Auswirkungen der Baustellen auf den Verkehr zu begrenzen, ist eine Koordination der einzelnen Maßnahmen gefordert und umgesetzt.

Gleichzeitig haben die Verkehrsnachfrage und insbesondere der Schwerverkehrsanteil in der Verkehrszusammensetzung in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Dadurch haben die Zeitfenster verkehrsarmer Zeiten, in denen Arbeitsstellen kürzerer Dauer ohne größere Stauerscheinungen eingerichtet werden können, auch ohne Baustellen (Arbeitsstellen längerer Dauer) schon abgenommen. In Kombination mit der erhöhten Bautätigkeit wird die Auswahl von Zeiten für die erforderlichen Wartungs- und Reparaturleistungen sowie für die anderen Straßenbetriebsdiensttätigkeiten zunehmend zur Herausforderung.

Häufig sind Aufgaben in Wartungsverträgen für die verkehrstechnische Ausstattung enthalten oder Betriebsdiensttätigkeiten sind an Dienstleistungsunternehmen vergeben, die dann alle zusätzlich zu den Meistereien Arbeiten in oder am Verkehrsraum durchführen möchten. Und nicht zuletzt nehmen die Anfragen für Großraum- und Schwertransporte zu. Erfolgt keine aktive Koordination der verschiedenen Ansprüche an den Verkehrsraum und damit keine zentrale Verteilung von Zeitfenstern, kann das zu erheblichem Ärger in der Zusammenarbeit zwischen den zahlreichen Beteiligten führen.

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1 Einleitung

Unsere Verkehrsinfrastruktur ist die entscheidende Grundlage für gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung. Nachdem der Erhaltung über viele Jahre zu wenig Beachtung geschenkt wurde, müssen nun zahlreiche Fahrbahnbefestigungen und Ingenieurbauwerke erneuert werden. Erfreulicherweise stehen mit dem Investitionshochlauf dafür inzwischen auch entsprechende Finanzmittel zur Verfügung. Allerdings bedeuten mehr Investitionen, auch mehr Baustellen und diese wiederum mehr Eingriffe in den Verkehrsraum. Um die Auswirkungen der Baustellen auf den Verkehr zu begrenzen, ist eine Koordination der einzelnen Maßnahmen gefordert und umgesetzt.

Gleichzeitig haben die Verkehrsnachfrage und insbesondere der Schwerverkehrsanteil in der Verkehrszusammensetzung in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Dadurch haben die Zeitfenster verkehrsarmer Zeiten, in denen Arbeitsstellen kürzerer Dauer ohne größere Stauerscheinungen eingerichtet werden können, auch ohne Baustellen (Arbeitsstellen längerer Dauer) schon abgenommen. In Kombination mit der erhöhten Bautätigkeit wird die Auswahl von Zeiten für die erforderlichen Wartungs- und Reparaturleistungen sowie für die anderen Straßenbetriebsdiensttätigkeiten zunehmend zur Herausforderung.

2 Eingriffe in den Verkehrsraum

2.1 Baustellen

Nicht nur für den Ausbau von Strecken, sondern auch für die Erhaltung der Fahrbahnbefestigungen sind von Zeit zu Zeit Baumaßnahmen durchzuführen. Es ist offensichtlich, dass Maßnahmen am Fahrbahnaufbau, insbesondere Erhaltungs- oder Erneuerungsmaßnahmen der Fahrbahnbefestigung zwangsläufig zu einem Eingriff in den Verkehrsraum führen. Solche Arbeitsstellen lassen sich in der Regel weder abbrechen noch unterbrechen. Ihre Sicherung erfolgt gemäß den Regelplänen D I und D II in den „Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen“ (RSA) (BMV, 1995). Kürzere Erhaltungsmaßnahmen werden – wenn möglich – als „Wochenendmaßnahmen“ mit einer Dauer von 48 Stunden eingerichtet und dann wie eine Arbeitsstelle kürzerer Dauer mit den Regelplänen D III in den RSA abgesichert.

Die „Richtlinien für die Planung von Erhaltungsmaßnahmen an Straßenbefestigungen“ (RPE-Stra) (FGSV, 2001) sieht im Kapitel 7.3 eine „Koordinierte Baubetriebsplanung“ vor. In diesem Kapitel wird ausdrücklich eine Koordination der Arbeiten im Verkehrsraum gefordert und mögliche Abläufe beschrieben. Darüber hinaus wurde 2011 der Leitfaden zum Arbeitsstellenmanagement auf Bundesautobahnen (BMVI, 2011) durch die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) veröffentlicht. Der Leitfaden enthält Werkzeuge zur Einschätzung und Bewertung der verkehrlichen Auswirkungen von Arbeitsstellen und leitet daraus Vorgaben für die Planung und Koordination von Maßnahmen sowie der zugehörigen Verkehrsführung ab. Darüber hinaus werden im Kapitel 7 des Leitfadens Empfehlungen zur Information der Verkehrsteilnehmer gegeben (Bild 1).

Die Straßenbauverwaltungen haben verschiedene Abstimmungsprozesse eingerichtet, über die Baumaßnahmen im Autobahnnetz koordiniert werden. Die Straßenbaulastträger im nachgeordneten Netz werden über die geplanten Maßnahmen informiert und können ihre eigenen Maßnahmen an die Planungen auf den Autobahnen anpassen. Einige Bundesländer haben eigene Regelwerke für Arbeitsstellen erarbeitet, in denen weitere Vorgaben und Hinweise enthalten sind (z. B. in Hessen das Handbuch zum Baustellenmanagement). Neben Themen der Gestaltung, des Auf-/Abbaus sowie der Kontrolle der Absicherungen sind darin auch Empfehlungen zur Planung und Koordination von Arbeitsstellen enthalten. Verbreitet sind zeitliche Verschiebungen von Sperrungen und verschiedene Formen der Zusammenfassung von Arbeiten in einer größeren Sperrung bzw. beschleunigtes Arbeiten einer Vollsperrung.

Bild 1: Arbeitsstellen-Informationsschild (BMVI, 2011)

2.2 Arbeitsstellen kürzerer Dauer

Arbeitsstellen kürzerer Dauer sind „Arbeitsstellen, die nur über eine begrenzte Stundenzahl […] bestehen“ (BMV, 1995, Teil A 1.1 Satz (5)). Die Absicherung von Arbeitsstellen kürzerer Dauer ist weniger aufwändig und erfolgt gemäß den Regelplänen D III in den RSA (BMV, 1995).

Die begrenzte Dauer erlaubt es, zumindest für planbare Tätigkeiten die Zeiten mit hoher Verkehrsnachfrage zu meiden. Über die Definition der verkehrsarmen Zeiten ist ein Zeitrahmen vorgegeben, in dem eine Arbeitsstelle eingerichtet werden darf. Diese Zeiten werden vor dem Hintergrund von möglicherweise gerichteten Verkehren (z. B. Berufsverkehr) streckenspezifisch ermittelt und vorgegeben. An solche Zeitfenster müssen sich sowohl die Autobahnmeistereien der öffentlichen Straßenbaulastträger halten als auch Unternehmen, die im Rahmen von Wartungs- oder Dienstleistungsverträgen für diese Straßenbaulastträger tätig werden.

2.3 Schwer- und Großraumtransporte

Großraum- und Schwertransporte sind Transporte, die in ihren Abmessungen die zulässigen Grenzen der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) überschreiten oder deren Gewicht die nach StVZO zulässigen Achs- und/oder Gesamtlasten überschreiten oder Transporte, bei denen beides der Fall ist. Der Transport von Windradflügeln wird auch als Langtransport bezeichnet, ist im Prinzip aber dasselbe, nämlich die Überschreitung der nach Straßenverkehrszulassungsordnung festgelegten maximalen Abmessungen.

Solche Transporte sind nur mit einer Genehmigung über die Nutzung des Verkehrsweges mit Fahrzeugen außerhalb der Grenzen der StVZO möglich. Die Genehmigung ist mit Angabe des Transportweges und unter Einhaltung der zugehörigen Auflagen zu beantragen. Das Verfahren hierzu ist in der „Richtlinie zum Antrags- und Genehmigungsverfahren für die Durchführung von Großraum- und/oder Schwertransporten“ (RGST) (BMVI, 2013) geregelt. Sie enthält einen Auflagenkatalog, in dem die Einschränkungen (z. B. zu meidende Zeiten) aufgeführt sind. Für die Beantragung wurde ein digitales System eingerichtet, das Verfahrensmanagement für Großraum- und Schwertransporte (VEMAGS). Hinweise zu dessen Benutzung bzw. zur Benutzung der enthaltenen Formatvorlagen sind in der Richtlinie enthalten.

Der Antrag wird vom Ordnungsamt der unteren Verwaltungsbehörde als führende Behörde im Genehmigungsverfahren bearbeitet. Die Behörde prüft, ob der Weg und die Zeiten aus verkehrlicher Sicht genehmigungsfähig sind. Sie bindet auch die Straßenbaulastträger, in der Regel die zuständigen Autobahn- und Straßenmeistereien ein, die prüfen, ob der beantragte Transport aus Gründen der Geometrie und der Lasten (insbesondere auf Brücken) genehmigt werden kann. Sind Weg und Zeit möglich, erfolgt eine Genehmigung mit den zutreffenden Auflagen.

3 Koordination

3.1 Anforderungen

Auch wenn größere Baumaßnahmen, Arbeitsstellen kürzerer Dauer und die Großraum- und Schwertransporte sehr unterschiedliche Charakteristiken in Aufgabe und Ablauf aufweisen, greifen sie alle in denselben Verkehrsraum ein. In der Regel schließen sich bestimmte Eingriffe in den Verkehrsraum gegenseitig aus. Vor diesem Hintergrund ist eine Koordination zwingend erforderlich. Diese Koordination kann kurzfristig für die aktuelle Anforderung erfolgen. Wenn dann allerdings mehrere, sich gegenseitig ausschließende Anfragen zeitgleich eintreffen, muss jemand seinen Plan aufgeben und abwarten.

Das lässt sich vermeiden, wenn eine vorausschauende Koordination erfolgt. Bereits im Vorfeld lassen sich verschiedene Anfragen sammeln, priorisieren oder abstimmen und den jeweils Anfragenden ein Zeitfenster zuweisen. Sofern sich dann alle Beteiligten an die abgestimmten Zeitfenster halten, dürfte es keine gleichzeitigen Anfragen mehr geben.

Sowohl bei der kurzfristigen Koordination als auch bei einer vorausschauenden Abstimmung muss bei sich gegenseitig ausschließende Anfragen entschieden werden, welche Anfrage verschoben wird. Damit sind die systematischen Anforderungen alle genannt:

  • Einbindung aller Betroffenen,
  • Kenntnis aller Anfragenden,
  • Verfahren zur Priorisierung und
  • Bereitstellung der Information.

3.2 Ablauf der Koordination

3.2.1 Baustellen

Der Ablauf der Koordination bei Arbeitsstellen längerer Dauer ist in der Regel hierarchisch gegliedert. Maßnahmen im Autobahnnetz werden in regelmäßigen zeitlich untereinander abgestimmt. Der Planungshorizont beträgt mindestens ein Jahr, kann aber auch länger sein. In den Abstimmungsrunden haben diejenigen Behörden den Vortritt deren Planungen schon am weitesten gediehen sind. Daraus entstehen Pläne mit Orten und Zeiten der geplanten Baumaßnahmen, Arbeitsstellen längerer Dauer. Diese Pläne werden auch an die Straßenbaulastträger im nachgeordneten Streckennetz weitergegeben, sodass diese ihre Baumaßnahmen auf die geplanten Arbeiten abstimmen können. Je nach Straßenbaulastträger werden diese Pläne auch weiteren Betroffenen zugänglich gemacht. In Niedersachsen beispielsweise den Verkehrsteilnehmern bzw. jedem Interessierten (Bild 2).

Bild 2: Bildschirmfoto aus der Baustellenvorschau der Niedersächsischen Verkehrsmanagementzentrale (NLStBV, 2019)

3.2.2 Arbeitsstellen kürzerer Dauer

Die Koordination der Arbeitsstellen kürzerer Dauer erfolgt in der Regel in den Autobahn- und Straßenmeistereien oder – sofern Strecken-/Verkehrsbeeinflussungsanlagen vorhanden sind – auch in den Schaltzentralen oder Verkehrszentralen. Die Schaltung einer Netzbeeinflussung wird für Arbeitsstellen kürzerer Dauer in der Regel nicht vorgesehen. Spätestens wenn eine Arbeitsgruppe in den Verkehrsraum eingreifen möchte, muss eine Anmeldung erfolgen, damit die Verkehrszeichen entsprechend geschaltet werden können. Dabei erfolgt auch die Prüfung, ob die vorgesehenen Arbeiten bzw. der mit ihnen einhergehende Eingriff in den Verkehrsraum mit anderen Arbeitsstellen kürzerer oder längerer Dauer kollidiert.

Häufig sind Aufgaben in Wartungsverträgen für die verkehrstechnische Ausstattung enthalten oder Betriebsdiensttätigkeiten sind an Dienstleistungsunternehmen vergeben. In den Rahmenverträgen für Wartungsarbeiten und Dienstleistungen wird darauf hingewiesen, dass bei der zeitlichen Planung der Arbeiten auf die verkehrlichen Belange Rücksicht genommen werden muss. Bisweilen ist eine Voranmeldung 24 Stunden vorher, also am Vortag der eigentlichen Arbeiten enthalten. Mindestens aber ist die Anmeldung der Arbeiten vor dem aktuellen Beginn erforderlich.

Eine vorausschauende Zeitfenstervergabe erfolgt bei Arbeitsstellen kürzerer Dauer in der Regel nicht. In Verbindung mit Rahmenverträgen ist eine Ankündigung der konkreten Arbeiten 24 Stunden vorher gefordert. Wenn sich zwischen der Voranmeldung und dem Arbeitsbeginn Änderungen ergeben haben, kann es aber trotzdem sein, dass der Eingriff in den Verkehrsraum abgelehnt wird und Arbeiten verschoben werden müssen. Die Straßen- und Autobahnmeistereien müssen sich mit ihren Arbeiten nach allen anderen Arbeitsstellen richten.

3.2.3 Großraum- und Schwertransporte

Die Zahl der Großraum- und Schwertransporte hat deutlich zugenommen. Sie stellen eine besondere Herausforderung dar. Einerseits sollen diese Transporte möglichst auf den Bundesautobahnen gehalten werden, andererseits verhindern Baustellen bestimmte Wegebeziehungen. In der Genehmigung sind die Auflagen für den Transport enthalten. Trotzdem muss sich ein solcher Transport in der Regel auch direkt bei Fahrtbeginn anmelden. Die Anmeldung wird nicht nur für die Schaltung einer Streckenbeeinflussungsanlage gefordert sondern insbesondere für die Information der Verkehrsteilnehmer genutzt.

Eine direkte Berücksichtigung der Belange von Großraum- und Schwerlasttransporten bei der Planung oder Absicherung von Arbeitsstellen erfolgt bisher nicht. Wo das Problem erkannt wurde, werden die Verkehrsführungen so eingerichtet, dass die Arbeitsstellen für Schwertransporte nachts befahrbar bleiben. Der Informationsfluss ist derzeit aber einseitig, das heißt, die Planung von Transporten muss sich an die gegebene Arbeitsstellensituation anpassen.

3.3 Herausforderung

Die Kaskade der Zulassung von Eingriffen in den Verkehrsraum führt dazu, dass sich die für Eingriffe in den Verkehrsraum möglichen Zeiten füllen. Zunächst werden die Arbeitsstellen längerer Dauer für die Baumaßnahmen geplant. Diese Koordination ist bereits verbreitet und erlaubt eine frühzeitige Einbindung der verschiedenen Maßnahmen.

Der Leitfaden zum Arbeitsstellenmanagement auf Bundesautobahnen (BMVI, 2011) fordert zwar auch eine Koordination der Arbeitsstellen kürzerer Dauer, umgesetzt ist das aber noch nicht flächendeckend. In den Rahmenverträgen für Wartungsarbeiten und Dienstleistungen wird darauf hingewiesen, dass bei der zeitlichen Planung der Arbeiten auf die verkehrlichen Belange Rücksicht genommen werden muss. Trotz der Voranmeldung 24 Stunden vorher, kann es vorkommen, dass der Eingriff in den Verkehrsraum abgelehnt werden muss und die Arbeiten nicht durchgeführt werden können. Da die Voranmeldungen nicht nachgehalten werden, existiert in diesem Sinne keine Reservierung auf ein Zeitfenster und ein Unternehmen muss unter Umständen unverrichteter Dinge wieder abreisen. Eine vergebliche Anreise stellt eine wirtschaftliche Belastung für die Dienstleistungsunternehmen dar. Wenn solche vergeblichen Anreisen sich wiederholen oder häufiger auftreten, wird auch der Hinweis im Vertrag nicht mehr ausreichen bzw. als angemessen betrachtet werden müssen. Die Straßen- und Autobahnmeistereien müssen sich mit ihren Arbeiten nach allen anderen Arbeitsstellen richten. Gerade in hoch belasteten Streckenabschnitten kann das dazu führen, dass sich nicht mehr genügend Zeitfenster für das Arbeiten in verkehrsschwachen Zeiten finden lassen.

Für Großraum- und Schwertransporte ist die Konsequenz noch deutlicher. Wenn Unternehmen die Baustellenplanung zu spät für ihre Produktionsplanung erhalten, ist der Auslieferungsweg für ein hergestelltes Produkt unter Umständen für mehrere Wochen oder Monate versperrt. Auch wenn bestimmte Industrien, wie beispielsweise Windradhersteller, regelmäßig mit übergroßen Transporten bestimmte Strecken in der Umgebung ihrer Produktionsstandorte befahren möchten, erfolgt keine Einbindung in die Planung von Baumaßnahmen.

Erfolgt keine aktive Koordination der verschiedenen Ansprüche an den Verkehrsraum und damit keine zentrale Verteilung von Zeitfenstern kann das insbesondere in Streckennetzen mit hoher Verkehrsbelastung zu erheblichem Ärger in der Zusammenarbeit zwischen den zahlreichen Beteiligten führen.

4 Lösungsansatz

4.1 Koordinierungsstelle

Dem nahe liegende Lösungsansatz ist eine erweiterte Arbeitsstellenkoordination vorzuhalten, z. B. in den Meistereien oder den Verkehrszentralen, die Eingriffe in den Verkehrsraum systematisch plant, koordiniert und für alle Arten von Eingriffen in den Verkehrsraum Zeitfenster vergibt. Auf eine aktuelle Koordination kann nicht verzichtet werden, da mit Unfällen oder ähnlichen Ereignisse immer auch nicht planbare Eingriffe in den Verkehrsraum auftreten können. Darüber hinaus kann mit der aktuellen Anmeldung einer Arbeitsstelle auch eine letzte Überprüfung der verkehrsrechtlichen Anordnung verbunden werden. In der Regel werden sich hierfür vorhandene Strukturen ausbauen lassen.

4.2 Personalbesetzung

Mit der Benennung einer entsprechenden Koordinationsstelle ist die Lösung noch nicht umgesetzt. Wird die Anzahl der Eingriffe in den Verkehrsraum zum Problem, so ist deren Zahl auch entsprechend groß. Jede Arbeitsstelle muss angemeldet und dann eingeplant werden. Darüber hinaus erfolgt die konkrete Anmeldung bei Arbeitsbeginn, um die Absicherung der Arbeiten und die Verkehrsführung vollständig aufbauen zu können. Damit auch die Verkehrsinformationen aktuell gehalten werden, müssen die Arbeitsstellen auch wieder abgemeldet werden, wenn die Arbeiten abgeschlossen sind.

Daraus folgt, dass pro Eingriff in den Verkehrsraum drei Meldevorgänge erforderlich sind, die jeweils mit einem Abgleich der hinterlegten Situation verbunden sind. Darüber hinaus muss die Berichtigung zum Eingriff in den Verkehrsraum überprüft werden. Es lässt sich leicht hochrechnen, dass eine wirksame Koordination zwangsläufig mit einer entsprechenden personellen Besetzung der Arbeitsstellenkoordination verbunden ist.

4.3 Werkzeuge

Wenn Zeitfenster in dieser großen Anzahl vergeben und im Sinne einer Reservierung für bestimmte Arbeiten vorgehalten werden sollen, ist dafür eine digitale Unterstützung erforderlich. Dabei ist systemtechnisch zwischen den Bausteinen „Informationsbereitstellung“ und „Management der Abläufe“ zu unterscheiden.

Eine Funktionalität ist die Informationsbereitstellung, das An- und Abmelden von Arbeitsstellen längerer und kürzerer Dauer sowie der Großraum- und Schwertransporte. Dabei werden idealerweise sowohl Informationen zu geplanten als auch zu laufenden Arbeitsstellen sowie zu der aktuellen Verkehrslage im und vor dem Arbeitsstellenbereich zur Verfügung gestellt werden. Einerseits ist die Weitergabe der Baustellenmeldungen an das Baustelleninformationssystem des Bundes (Bild 3) gefordert und andererseits ist eine Verknüpfung mit Verkehrsinformationen, z. B. der Austausch mit dem Mobilitäts Daten Marktplatz (MDM) sinnvoll.

Bild 3: Bildschirmfoto aus dem Baustelleninformationssystem des Bundes und der Länder (BASt, 2019)

5 Fazit und Ausblick

Eine Koordination von Arbeitsstellen kürzerer Dauer und der mit ihnen verbunden Eingriffe in den Verkehrsraum werden noch als unnötig und lästig empfunden. Darüber hinaus möchten sich alle Beteiligten in der Regel nicht in dem erforderlichen Maß binden und festlegen. Die Anzahl solcher Arbeitsstellen ist groß. Den Straßenbauverwaltungen stehen derzeit weder genügend Personal noch Softwarewerkzeuge für das Nachhalten von Arbeitsstellen zur Verfügung.

Allerdings erfordert schon der Anspruch, der auch im Leitfaden zum Arbeitsstellenmanagement auf Bundesautobahnen (BMVI, 2011) formuliert wird, bestehende Arbeitsstellen als Verkehrsinformationen bereitzustellen, die Meldung, Weitergabe und Aktualisierung von Informationen über solche Sperrungen.

Die Zahl der Streckenabschnitte wird größer, in denen die Zahl der Eingriffe in den Verkehrsraum so groß wird, dass sie sich gegenseitig behindern werden. Schon heute sind die Autobahnringe großer Städte wie Berlin, Köln oder München betroffen. Auch das Frankfurter Kreuz oder Strecken um Hamburg und Hannover sind so hoch belastet, dass die gestiegene Bautätigkeit in Kombination mit den zahlreichen Arbeitsstellen kürzerer Dauer in Konflikt gerät. Insofern wird der Bedarf steigen und geeignete Lösungen willkommen sein.

Darüber hinaus wird auch der Nutzen überzeugen, denn neben einer reibungsloseren Koordination werden die Arbeiten effizienter und damit kostengünstiger ausgeführt werden können. Die Zeitspanne, in der in den Verkehrsraum eingegriffen und der Verkehr behindert werden muss reduziert sich. Die Information der Verkehrsteilnehmer kann weiter verbessert werden. Die Verkehrsteilnehmer können bei anstehenden Arbeiten ausweichen und die Information über Arbeiten kann darüber hinaus helfen, durch zutreffende Warnungen Unfälle an den Arbeitsstellen zu reduzieren.

Literaturverzeichnis

Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) (2019): Baustelleninformationssystem des Bundes und der Länder (BIS), https://www.bast.de/BASt_2017/DE/Fahrzeugtechnik/Fachthemen/Baustelleninformation/baustelleninformation_hidden_node.html, abgerufen am 25.08.2019

Bundesministerium für Verkehr (BMV) (1995): Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (RSA), FGSV, Köln (FGSV 370)

Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) (2011): Leitfaden zum Arbeitsstellenmanagement auf Bundesautobahnen. Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), Bergisch Gladbach

Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) (2013): Richtlinie zum Antrags- und Genehmigungsverfahren für die Durchführung von Großraum- und/oder Schwertransporten (RGST), BMVI, Bonn/Berlin

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) (2001): Richtlinien für die Planung von Erhaltungsmaßnahmen an Straßenbefestigungen (RPE-Stra), FGSV, Köln (FGSV 488)

Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) (2019): Baustellenvorschau der Verkehrsmanagementzentrale (VMZ), https://www.vmz-niedersachsen.de/niedersachsen/baustellen-vorschau/, abgerufen am 28.08.2019