FGSV-Nr. FGSV 002/120
Ort Karlsruhe
Datum 19.09.2017
Titel Aufbau eines Winterdienst-Management-Systems in Bayern
Autoren Ltd. BDir. Dipl.-Ing. Michael Kordon
Kategorien Straßenbetrieb, Winterdienst
Einleitung

Für den Straßenbetriebsdienst in Bayern stellen die Wintermonate aufgrund der extremen Witterungsverhältnisse eine besondere Herausforderung dar. Entscheidend für die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Straßen ist die Organisation eines vorrausschauenden, effektiven Winterdienstes. Eine der Hauptaufgaben besteht darin, die 600 Einsatzfahrzeuge der Autobahnmeistereien sowie 700 private Unternehmerfahrzeuge so zu koordinieren, dass ein möglichst reibungsloser Verkehrsfluss auf den 25.500 zu betreuenden Straßenkilometern sichergestellt wird. Die Bayerische Straßenbauverwaltung unternimmt alle Anstrengungen, den Winterdienst laufend zu optimieren, um die Verkehrssicherheit und den Verkehrsfluss bestmöglich zu gewährleisten. Entsprechend hoch waren die Anforderungen an ein neues digitales Winterdienstmanagementsystem (WDMS-BY), das in der Winterdienstperiode 2015/16 erstmalig in den Probebetreib ging. Unter anderem galt es eine Vielzahl relevanter Daten aus unterschiedlichen Quellen zusammenzuführen, zu analysieren und darzustellen. Das Prognose-Modul sollte – möglichst präzise und in die Zukunft – Auskunft darüber geben, auf welchen Streckenabschnitten mit Glätte zu rechnen ist. Zudem musste ein Rechte- und Rollenkonzept etabliert und leicht bedienbare Komponenten, sowohl für die Einsatzzentrale als auch für die Bordcomputer der Fahrzeuge, entwickelt werden. Mit der Einführung des WDMS-BY waren die folgenden Ziele verbunden:

  • Optimierung des Winterdiensteinsatzes insbesondere bei nasskalten Wetterlagen um 0 °C durch eine effektivere Einsatzplanung der Streu- und Räumfahrzeuge insbesondere über Nacht und an Wochenenden mit zielgenauem Streusalzeinsatz.
  • Umsetzung einer Geodienste-basierten Web-Architektur mit Integration gemessener und prognostizierter Wetterdaten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) über zeitvariante Dienste.
  • Prototypische Entwicklung eines Streckenprognosemodells für Reifglätte auf dem zu betreuenden Streckennetz unter Berücksichtigung von Thermalkartierungen.
  • Verwendung eines nachhaltigen und zukunftsfähigen Technologiestack auf Basis der ArcGIS-Plattform und komplementären Softwarebausteinen für verschiedene Datentransformationsprozesse sowie GeoClient-Frameworks für die Entwicklung von Web-Apps.
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Volltext

Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Rahmenbedingungen

Bayern ist an der Fläche gemessen mit über 70.500 km² das größte Bundesland der Bundesrepublik Deutschland. Geografisch vereinigt Bayern Anteile am Hochgebirge der Alpen im Süden mit Ausläufern der Rheinischen Tiefebene im nord-westlichen Grenzgebiet zu Hessen. Dazwischen erstrecken sich abwechslungsreiche Mittelgebirgszüge und flache bis hügelige Geländeformen durchzogen von unterschiedlich gestalten Flusstälern. Klimatisch kann der Norden noch einem ausgeglichenen Seeklima zugeordnet werden während im Süden kontinentales Klima vorherrscht. Durchschnittlich muss in Bayern mit ca. 100 Frosttagen im Jahr gerechnet werden. Auch die prognostizierte Klimaveränderung des Deutschen Wetterdienstes mit einer durchschnittlichen Lufttemperaturerhöhung um +1 °C bis +2 °C bei konstantem Niederschlag lässt für die Zukunft erwarten, dass häufigere Frost-Tau-Wechsel, erhöhte Niederschläge im 0 °C-Bereich sowie allgemein unstetigere Winter auftreten.

Diese topografisch und klimatisch stark unterschiedlichen Bedingungen sind eine Herausforderung für den Winterdienst auf rund 2.500 km Bundesautobahnen, 6.000 km Bundesstraßen und über 17.000 km Staats- und Kreisstraßen in Betreuung der Bayerischen Straßenbauverwaltung. Die große Fläche und die extremen Witterungsverhältnisse erfordern einen wirkungsvollen und gleichzeitig wirtschaftlichen Winterdienst, um die Verkehrssicherheit und den Verkehrsfluss bestmöglich zu gewährleisten. Zur Bewältigung dieser Aufgabe setzt die staatliche Straßenbauverwaltung in Bayern rund 600 eigene und 700 private Einsatzfahrzeuge ein. Die höchsten Anforderungen bestehen dabei für die Bundesautobahnen, die rund um die Uhr betreut werden. Das übrige Netz wird vorrangig zwischen 6:00 Uhr und 22:00 Uhr in einem befahrbaren Zustand gehalten.

In der Regel wird in den Straßenmeistereien der Winterdiensteinsatz von mehreren Personen betreut; meistens von drei bis vier Straßenwärtern, die wiederum mehrere Winterdienstfahrzeuge koordinieren. Jeder dieser Winterdiensteinsatzleiter muss sich selbstständig über die

Bild 1: Deutscher Klimaatlas des Deutschen Wetterdienstes; Erwartete Klimaveränderung

Wettersituation informieren und eigenständig die ihm zugeordneten Winterdienstfahrzeuge alarmieren. Der Nachteil dieser Methode ist der hohe Personalaufwand, die subjektive Interpretation der Straßenverhältnisse, die Schwierigkeit, Dispositionen bei Fahrzeugausfällen ohne Abstimmungen mit den anderen Winterdiensteinsatzleitern vornehmen zu können sowie das Fehlen eines zentralen Ansprechpartners, der für das gesamte Straßenmeistereigebiet einen Überblick über den Winterdienst hat. 

2 Projektmotivation

Um die Personaleinteilung für Schichten und Rufbereitschaft, die Alarmierung der beauftragten Fremdunternehmer und die Leitung der laufenden Einsätze zielgerichtet und wirtschaftlich durchführen zu können, ist eine zentrale Software erforderlich, die das aktuelle Wettergeschehen intensiv beobachtet, eine möglichst zuverlässige Vorhersage erstellt und einen zentralen Winterdiensteinsatzleiter in die Lage versetzt, alle relevanten Wettersituationen sowie den laufenden Winterdiensteinsatz auf einen Blick übersichtlich zur Verfügung zu haben. Bislang stehen den Einsatzkräften im Winterdienst unterschiedliche Informationsquellen und Programmsysteme zur Verfügung wie z. B. das Straßenwetterinformationssystem des Deutschen Wetterdienstes (SWIS), die Messwerte der Straßenwetterstationen (SWS) und Bilder von Web-Cams an den SWS sowie zusätzlich Vorhersagen diverser privater Wetterdienstleister. Die einzelnen Informationen bieten sehr vielschichtige Informationen, deren Abruf jedoch umfangreiche Kenntnisse hinsichtlich der Programmbedienung als auch der Interpretation der erhaltenen Daten verlangen. Die bestehenden Systeme bieten viele Möglichkeiten, sind jedoch teilweise umständlich zu bedienen und stoßen in der inzwischen stark veränderten EDV-Landschaft an technische Grenzen. Daher wurde das Projekt „Winterdienstmanagementsystem Bayern (WDMS-BY)“ angestoßen, mit dem Ziel, alle bedeutsamen Inhalte für die Einsatzplanung und Einsatzsteuerung im Winterdienst in leicht nachvollziehbarer Form mit einer zukunftsfähigen Technologie auf einer kartenbasierten Oberfläche darzustellen.

Zur Koordinierung der Winterdiensteinsätze sollen die Einsatzfahrzeuge mit ihren aktuellen Tätigkeiten in Echtzeit angezeigt werden. Darüber hinaus sollten Tools entwickelt werden, mit denen die erforderlichen Einsatzkräfte und Dritte (z. B. Polizei) automatisch informiert und wichtige Ereignisse während des Einsatzes dokumentiert werden können. 

3 Projektumsetzung

In den Jahren 2010 bis 2013 erarbeitete eine Projektgruppe mit unzähligen Workshops, Besprechungen und Testanwendungen die Anforderungen an ein Winterdienstinformationssystem. Hierbei mussten die unterschiedlichen Organisationsstrukturen der Straßenmeistereien und der Autobahnmeistereien sowie die überregionalen Sichtweisen der Verkehrs- und Betriebszentralen (VBZ) berücksichtigt werden. Nach der mehrjährigen Testphase mit verschiedenen Ansätzen fiel die Entscheidung auf ein Geographisches Informations-System (GIS). Da alle im WDMS-BY benötigten Daten über einen Raumbezug verfügen und diese somit als Geofachdaten bezeichnet werden können, sollte als Basissoftware das bereits von der bayerischen Straßeninformationsdatenbank (BAYSIS) verwendete Geoinformationssystem der Firma ESRI genutzt werden. Durch eine einheitliche Datenbeschreibung und -vorhaltung, sowie deren Bereitstellung im Internet/Intranet, mit Diensten für Suche, Visualisierung und Download für berechtigte Nutzer gemäß der INSPIRE Richtlinie 2007/2/EG sollte weiterhin der Datenaustausch zwischen den am Projekt beteiligten Fachprogrammen über GeoWeb Dienste erfolgen.

Die zur Verfügung stehenden Daten können über Geoinformationssysteme (GIS) z. B. der Firma ESRI miteinander vernetzt werden. Die in einem GIS erzeugten Themenkarten (z. B. Meistereigrenzen; Karten der bayerischen Vermessungsverwaltung) können dann ohne eine weitere Softwarebearbeitung direkt in einem anderen GIS – hier das WDMS-BY – dargestellt werden. Dieser Austausch von Themenkarten vermeidet redundante Datenhaltungen und reduziert die Programmieraufwendungen durch Mehrfachnutzung gleicher Daten.

Das von der Projektgruppe abschließend erstellte Lastenheft bildete die Basis für die anschließende intensive Zusammenarbeit mit dem Deutschen Wetterdienst und den Nutzern aus den Straßen- und Autobahnmeistereien. In mehreren Machbarkeitsstudien wurde überprüft, ob die Nutzung der Geo-Web-Dienste den Anforderungen der Anwender hinsichtlich einer hohen Datenverfügbarkeit entspricht. Eng abgestimmt auf die Bedürfnisse der künftigen Nutze – die Winterdiensteinsatzleiter der Straßen- und Autobahnmeistereien – wurde das modulare System Zug um Zug aufgebaut und erweitert. Das Programm greift auf die unterschiedlichen Datenquellen zurück und stellt sie auf einer zoomfähigen Landkarte lagegetreu dar. Ein erster Probebetrieb mit ausgewählten Meistereien konnte in der Winterdienstsaison 2015/2016 aufgenommen werden. Weitere Meistereien sowie Kommunen der Metropolregion Nürnberg wurden im Winter 2016/2017 in das Projekt aufgenommen. Die kommende Winterdienstsaison 2017/2018 soll als letzte Testphase genutzt werden, bevor das Programm WDMS-BY voraussichtlich zur Winterdienst-Saison 2018/19 allen Nutzern in Bayern zur Verfügung steht. 

4 Programmaufbau

WDMS-BY besteht aus mehreren Modulen, die unabhängig voneinander nutzbar sind. Die Grundeinheit ist das Prognosemodul, das die Wetterdaten mit einem Rückblick von zwei Stunden, mit den aktuellen Messwerten und mit einer Vorhersage vereint. Dargestellt werden das Niederschlagsradar des Deutschenwetterdienstes sowie folgende Messwerte der Straßenwetterstationen: Boden-, Luft- und Taupunkttemperatur sowie Niederschlagsmenge, Straßenzustand, Windstärke und Windrichtung.

Über das Hinzu- und Wegschalten von Layern kann der Anwender selbst entscheiden, welche Informationen für ihn relevant sind. Somit können beispielsweise Wetterradar, Straßenwetterstationen, Streckenprognosen, sowie Räum- und Streupläne beliebig ein- und ausgeblendet werden. Durch einfache Klicks auf die Symbole und Darstellungen in der Karte können zudem detaillierte Informationen zu den jeweiligen Icons aufgerufen werden. Zum Beispiel können bei den Räum- und Streuplänen Information zu den zugeordneten Fahrzeugen, Streckenlängen, Salzbedarf und Umlaufzeit abgerufen werden. Frei konfigurierbare Diagramm- und Webcam-Galerien bieten dem Nutzer die Möglichkeit, die für seinen Bereich relevanten Daten und Bilder bequem mit einem Mausklick individuell in einer Übersicht anzeigen zu lassen.

Bild 2: WDMS-BY für einen effektiven Winterdienst

Zudem werden im WDMS-BY je nach Wetterlage Alarmierungen ausgegeben. Diese liefern eine Aussage darüber, an welchen Straßenwetterstationen und Streckenabschnitten in den nächsten Stunden mit Gefahren durch Glätte und Schnee zu rechnen ist. Mittels eines Zeitschiebers können die Meistereien sich somit erstmalig die erwarteten Wetterentwicklungen, bezogen auf das zu betreuende Streckennetz für die nächsten 18 Stunden, grafisch anzeigen lassen.

Bild 3: Beispiel für eine streckenbezogene Reifglättewarnung; WDMS-BY

Mit der Streckenprognose wurde eine komplett neue Funktion für das WDMS-BY umgesetzt. Berechnet und dargestellt wird die stündlich aktualisierte Reifglättegefährdung der betreuten Strecken für die kommenden 18 Stunden.

Bild 4: Prinzipskizze einer Thermalkartierung

Im Rahmen von Thermalkartierungskampagnen wurden die Straßen hinsichtlich der Fahrbahnoberflächentemperatur kartiert und anschließend mit den Sensordaten der vorhandenen Straßenwetterstationen in Bezug gesetzt. Hierzu wurden Infrarot-Messsensoren am Fahrzeug angebracht, die jede Sekunde 10 Temperaturmessungen der Fahrbahnoberfläche durchführen. Anschließend wurden die Messstrecken in 500 Meter-Abschnitte aufgeteilt und der höchste Absolut-Wert aus den Einzeltemperaturmessungen dem jeweiligen Einzelabschnitt zugeordnet. Durch mehrmaliges Überfahren von Straßenwetterstationen (SWS) während der Befahrungskampagne können eventuell vorhandene Abweichungen zu den SWS-Referenzstationen ermittelt und rechnerisch korrigiert werden. Anschließend werden die Ergebnisse der Befahrungen mit den Prognosedaten des DWD für die einzelnen Straßenwetterstationen verschnitten.

Mit den Prognosedaten des DWD für die SWS lässt sich hieraus die zu erwartende Glättegefährdung einzelner Streckenabschnitte ableiten, obwohl weder Sensoren an den kritischen Stellen installiert sind noch Einsatzkräfte der Meistereien die Strecken befahren haben.

Ob die Aufnahme der Fahrbahnoberfläche als einziges Kriterium im Rahmen der Thermalkartierungen ausreichend ist oder ob weitere Umfelddaten wie Niederschlag, Bewölkungsgrad, Lufttemperatur oder Wind weitere maßgebliche kleinklimatische Einflüsse für eine Streckenprognose bilden, ist bisher wissenschaftlich noch nicht abschließend untersucht worden. Vor diesem Hintergrund wurde entschieden, während der Pilotphase ein umfangreiches Monitoring zur Systemvalidierung durchzuführen. Dieses erfolgt in drei Schritten durch die Überprüfung der Punktprognosen der SWS, den Abgleich der streckenbezogenen Prognose mit Befahrungen durch Winterdienst-Fahrzeuge, die mit Infrarot-Temperatursensoren ausgestattet wurden (Thermomaten an den Streumaschinen), sowie dem manuellen Abgleich durch den Einsatzleiter der Pilotmeistereien. Aufgrund der Validierungsergebnisse werden im WDMS-BY die Kenngrößen für die Auslösung einer Alarmmeldung am Ende der Pilotphase nochmals überarbeitet.

Ein zweiter großer Programmteil ist die Echtzeitdarstellung der Winterdiensteinsätze. Hier werden die Daten, die die Winterdienstfahrzeuge alle zwei Minuten kontinuierlich an zentrale Server übermitteln, auf der Karte des WDMS-BY als Symbolbild dargestellt. Über das verwendete Piktogramm erhält der Winterdiensteinsatzleiter folgende Informationen:

– Tätigkeit des Fahrzeuges (Räumen, Streuen),

– Richtung des Fahrzeuges auf seiner Route,

– Streckenabschnitte, die bereits betreut wurden.

Da bei der Echtzeitdarstellung personalrelevante Daten dargestellt werden, wurde in Zusammenarbeit mit der Personalvertretung ein umfangreiches Rechte- und Rollenkonzept entwickelt, das sicherstellt, dass die Daten nur innerhalb der eigenen Organisationseinheit eingesehen werden können. Nachbarmeistereien werden nur aggregierte Daten über die Einsatztätigkeit und deren Umfang zur Verfügung gestellt.

Bild 5: Darstellung Einsatzdaten aggregiert und in Echtzeit

Auch in der Echtzeitdarstellung können die vor der Saison aufgestellten Räum- und Streupläne bei Bedarf eingeblendet werden.

Die dritte Säule des WDMS-BY sind Zusatzinformationen wie detaillierte Wetterberichte des Deutschen Wetterdienstes in Textform und Unwetterwarnungen, die über einen Link beim Wetterdienst abgefragt werden können. 

5 Aktueller Projektstand

Mit der Version WDMS-BY 1.0 wurde im Herbst 2016/2017 die erste Vollversion des Programmes eingesetzt, in der alle gewünschten Funktionen einsatzbereit waren. Das System läuft stabil und hat breiten Anklang gefunden. In Abstimmung mit dem Hauptpersonalrat werden Echtzeitdarstellungen der Fahrzeuge nur nach vorheriger interner Absprache mit dem örtlichen Personalrat freigeschaltet.

WDMS-BY ist als Webanwendung von allen zugangsberechtigten Nutzern innerhalb des Intranets der Staatsbauverwaltung erreichbar. Über geschützte Mobilfunkverbindungen ist der Zugriff auch von mobilen Geräten aus möglich. Die Zugangsberechtigungen können formlos bei den Systemadministratoren beantragt werden.

In verwaltungsinternen und individuellen Veranstaltungen, die auch in einzelnen Meistereien stattfinden, können die Winterdienstverantwortlichen das Programm kennenlernen und sich in der Bedienung schulen lassen. Für die vorgesehene flächendeckende Einführung in der Winterdienstsaison 2018/2019 ist eine umfangreiche Schulungskampagne geplant, um alle Straßenmeister und Winterdiensteinsatzleiter einweisen zu können. In den Folgejahren wird WDMS-BY als fester Bestandteil in die turnusgemäßen Fortbildungsmaßnahmen aufgenommen.

Die Nutzergruppe des WDMS-BY sind ausschließlich Angehörige der Bayerischen Staatsbauverwaltung, die mit Winterdienstaufgaben betraut sind. Um weitere Kollegen und die Kraftfahrer mit bestmöglichen Wetterwarnungen und Straßenzustandsinformationen zu versorgen, werden in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Wetterdienst Wetterdaten aufbereitet und in das System Bayern-Info eingestellt. Dies stellt sicher, dass alle Nutzer einheitliche Daten erhalten. Die Kamera-Bilder, die an den bayerischen Straßen an verschiedensten Anlagen entstehen, werden in Kürze auf einem gemeinsamen Bild-Server zentral vorgehalten und entsprechend der datenschutzrechtlichen Vorgaben an die verschiedenen Abnehmer verteilt. So können netzwerkübergreifend Bilder ausgetauscht und redundante Datenhaltungen vermieden werden. Beide Projekte stehen aktuell kurz vor dem Abschluss und liefern voraussichtlich in der nächsten Winterdienstsaison die gewünschten Daten an die jeweiligen Stellen.

Bild 6: Galerieansicht Web-Cam-Bilder von vier Straßenwetterstationen

Folgende Funktionalitäten für das WDMS-BY werden aktuell umgesetzt:

– Einbindung des zentralen Bildservers der Straßenbauverwaltung, um im WDMS-BY-Datennetz übergreifend Zugriff auf alle Kameras an Straßenwetterstationen zu gewährleisten.

– 12-Stunden-Rückblick auf die durchgeführten Winterdiensteinsätze als Kartendarstellung mit Unterscheidung der Winterdienst-Tätigkeiten (Räumen, Streuen, Fahren) bzw. in tabellarischer Form der Winterdienst-Einsätze der letzten 3 Tage.

– Bereitstellung des WDMS-BY auf Tablet-PC.

Mit der Nutzung von Tablett-PC durch die Winterdiensteinsatzleiter können diese künftig auch von zu Hause aus den Winterdienst erfolgreich lenken. Mit der Umstellung des bereits bestehenden, intern entwickelten Programms „Winterdienstkoordinator“ (WDK) auf die App-Technologie wird es zudem möglich sein, Schichtpläne mit Zuordnungen zu den Fahrzeugen komfortabel einzupflegen. Je nach Datum und Uhrzeit steht dann der jeweilige Fahrer bzw. Ansprechpartner im Telefonmodul zur Verfügung. Die Verständigung des Winterdienstpersonals erfolgt mit einem Handy oder den Tablett-PC. Der Wählvorgang für die im Bereitschaftsplan eingetragene Person wird per Mausklick vom Tablett-PC eingeleitet. Somit entfällt die Rufnummerneingabe per Hand. Der angeforderte Winterdiensteinsatz wird als „verständigt“ gekennzeichnet und das Erscheinen des Fahrzeuges auf der Karte (Echtzeitfunktionalität) löst den Einsatz aus. Wie sich im Praxistest bereits gezeigt hat, ist die Dokumentation besonderer Ereignisse im Winterdienst hilfreich. Besondere Ereignisse sollen daher zukünftig per App dokumentiert werden. Vorbelegte Texte erleichtern die Eingabe. Mit der Zuordnung einer „Wichtigkeitsstufe“ wird das Ereignis je nach Bedeutung mit einer definierten Farbe gekennzeichnet. Das Berichtsmodul dient der Auswertung und Dokumentation von Winterdiensteinsätzen. 

6 Zukünftige Entwicklung

Die Akzeptanz von Winterdienstmanagementsystemen hängt in hohem Maße von der Zuverlässigkeit der Wetterprognosen ab. Hieran kann die Straßenbauverwaltung entscheidend mitwirken, indem die dem Deutschen Wetterdienst bereitgestellten Daten der Straßenwetterstationen (SWS) von hoher Qualität sind. Aktuelle Auswertungen der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) zu den SWS auf deren Prüffeld und im Labor zeigen, dass das Hinweispapier „Plausibilitätskontrolle von SWS-Meldungen“; veröffentlicht 2010 durch die AG SWIS.net einer Ergänzung der Plausibilitätsregeln (auch anlagenübergreifend) bedarf, um die Datenqualität der SWS-Messdaten zu verbessern. Die Überarbeitung des Hinweispapiers wurde bereits initiiert.

Darüber hinaus wurden im Rahmen der Qualitätskontrolle der SWS-Punktprognosen im WDMS-BY in der Winterdienstperiode 2015/16 die Daten an den Straßenwetterstationen (SWS) um 16:00 Uhr für die Zeitpunkte 02:00 Uhr, 04:00 Uhr und 06:00 Uhr des Folgetages aufgezeichnet und mit den gemessenen Sensorwerten der SWS zu den entsprechenden Zeitpunkten verglichen. Viele Ergebnisse zeigen eine gute Übereinstimmung, einige Vorhersagewerte wichen aber zum Teil sehr stark von den gemessenen Werten ab. Durch eine Optimierung des Berechnungsverfahrens durch den DWD ist mit einer verbesserten Prognose in den kommenden Wintern zu rechnen.

Bild 7: Auswertung an einer SWS im Zeitraum 1. 12. 2015 bis 1. 2. 2016 

7 Zusammenfassung

Mit WDMS-BY ist es der bayerischen Straßenbauverwaltung gelungen, innerhalb weniger Jahre ein effizientes Werkzeug zur Planung und Durchführung von Winterdiensteinsätzen zu schaffen. Durch die Verwendung der geeigneten Technologie stehen den Winterdiensteinsatzleitern nun erstmalig alle für die Einsatzauslösung und dessen Steuerung relevanten Daten auf einer, trotz der komplexen Fragestellung und der Vielzahl der Daten, leicht zu bedienenden Oberfläche zur Verfügung. Durch die Integration des Einsatzmoduls können erstmalig Einsatzfahrzeuge in Echtzeit dargestellt werden. Dies ermöglicht den Winterdiensteinsatzleitern eine schnelle Lageübersicht über den laufenden Einsatz. Plötzlich auftretende Wetterereignisse können an die Winterdienst-Fahrer weitergegeben werden. Hierdurch ist eine effektivere Steuerung und Lenkung des Winterdienstes möglich.