FGSV-Nr. FGSV 002/120
Ort Karlsruhe
Datum 19.09.2017
Titel Beschaffung einer automatischen Datenerfassung im Betriebsdienst – Wie bekomme ich, was ich möchte?
Autoren Prof. Dr.-Ing. Rainer Hess, Dipl.-Ing. Martina Lohmeier, Dipl.-Ing. Frank Willuhn
Kategorien Straßenbetrieb, Winterdienst
Einleitung

Im Betriebsdienst fallen neben den originären Tätigkeiten auf und an der Straße immer mehr Aufgaben zur Dokumentation für die Beweissicherung, zur Aufwandserfassung für die Kosten- und Leistungsrechnung, zur Einsatzsteuerung und zur Protokollierung der Arbeiten an. Die händische Erfassung der Tagesleistungen ist einerseits sehr zeitaufwändig und führt anderer-seits durch die oft nachträgliche Dokumentation zu Informationsverlusten, die eine konstante, hohe Datenqualität verhindern. Moderne Systeme für die automatische Einsatzdatenerfassung entlasten die Mitarbeiter von den Schreibtätigkeiten, generieren dadurch wieder mehr Arbeitszeit, die den primären Betriebsdienstaufgaben gewidmet werden kann und erhöhen die Datenqualität maßgeblich. Grundlage einer automatischen Einsatzdatenerfassung ist die Aufzeichnung des Fahrtverlaufs anhand satellitengestützter Positionsbestimmung. Diese Datensätze werden um eine Zeitangabe und den Gerätestatus ergänzt. Solche Systeme sind hoch komplex und erlauben zahlreiche Konfigurationen. Die genaue Definition der Anforderungen ist oftmals bereits intern eine Herausforderung, da die Vorstellungen und Wünsche hinsichtlich der Beweissicherung und Tätigkeitserfassung auf der operativen Ebene und die Anforderungen an eine lückenlose, gute Datenqualität zum Zwecke der Kosten- und Leistungsrechnung auf der strategischen Ebene aufgrund der unterschiedlichen Schwerpunkte nicht immer miteinander korrelieren. Sich über den gewünschten Funktionsumfang und die gewünschte Gestaltung klar zu werden, ist der erste und wichtigste Schritt, um konkrete Anforderungen in Ausschreibung und Vergabe sowie schlussendlich im Vertrag abbilden zu können.

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1 Einleitung

Grundsätzlich werden Einsatzdaten für die Nachweisführung und zu Zwecken der Kosten- und Leistungsrechnung erfasst und verwendet. Die wesentlichen Einsatzbereiche einer automatischen Einsatzdatenerfassung sind daher:

Einsatzdokumentation für die Beweissicherung,

Leistungsdokumentation zu Abrechnungszwecken und

– Auswertung für die betriebswirtschaftliche Steuerung.

Zu Beginn entwickelten sich die Systeme zur automatischen Einsatzdatenerfassung aus zwei verschiedenen Richtungen. Einerseits handelte es sich bei den Anbietern um Unternehmen aus der Logistikbranche, die neben Fahrtenbuch und Fahrwegen mit der Erfassung zusätzlicher Daten wie beispielsweise der Kühltemperatur im Transportraum begannen. Andererseits handelte es sich bei den Anbietern um Gerätehersteller, die zusätzlich zur Steuerung der An- und Aufbaugeräte damit begannen, die Einsatzdokumentation mit Zeit- und Wegedaten zu vervollständigen. In den letzten Jahren wagten sich auch reine IT-Unternehmen, beispielsweise aus der Kosten- und Leistungsabrechnung, in den Bereich der Einsatzdatenerfassung vor. Inzwischen sind mehrere zuverlässige Systeme am Markt verfügbar, sodass die Auswahl eines auf die eigenen Bedürfnisse ausgerichteten Systems sowie eine Ausschreibung im Wettbewerb problemlos möglich sind.

Alle am Markt befindlichen Systeme weisen Stärken, aber auch Schwächen auf, die sich in Abhängigkeit von der Aufgabenstellung bzw. der Nutzungsschwerpunkte unterschiedlich auswirken. Für die Beschaffung des passenden Systems im Betriebsdienst der eigenen Organisationseinheit muss daher im Vorfeld Klarheit über den Funktionsumfang sowie die konkreten, internen Ziele hergestellt werden. Ein systematisches, schrittweises Vorgehen bei der Durchführung der Beschaffung ist wichtig, um die erarbeiteten Ziele nicht aus den Augen zu verlieren. 

2 Funktionalitäten

2.1 System

Für die Aufzeichnung des Fahrtverlaufs bestimmt das System im Fahrzeug mit Hilfe des Global Positioning System (GPS) die eigene Position und verbindet diese Information in definierbaren Intervallen mit der Uhrzeit und dem aktuellen Gerätestatus (vgl. Bild 1). Dabei handelt es sich um einen passiven Vorgang: Das Fahrzeug selbst kann seine eigene Position bestimmen, aber niemand von außen kann das Fahrzeug suchen. Die generierten Datensätze werden entweder im Fahrzeug gespeichert und zu einem späteren Zeitpunkt, beispielsweise auf dem Gehöft, übertragen oder direkt über eine Mobilfunkverbindung an einen zentralen Rechner weitergeleitet. In letzterem Fall stehen die Daten nahezu in Echtzeit für die Auswertung zur Verfügung, was dann die Suche nach einem Fahrzeug ermöglicht. In der Regel bestehen die Systeme aus einer Erfassungseinheit im Fahrzeug, einer GPS-Antenne und der Software, um auf die erfassten Daten zugreifen und diese auswerten zu können.

Bild 1: Systemskizze zur automatischen Datenerfassung (Hess 2010)

2.2 Parameter

In Abhängigkeit der Zielstellung sind verschiedene Funktionalitäten zwingend erforderlich und andere nur wünschenswert. Unter Umständen werden bestimmte Funktionalitäten auch abgelehnt und sollen daher schon bei den erfassten Parametern unterdrückt werden. Grundsätzlich müssen die Ziele bzw. Ergebnisse genau definiert werden. Eine Unterscheidung der verschiedenen Auswertebereiche mit ihren unterschiedlichen Anforderungen ist im Vorfeld sinnvoll und für eine Beschaffung des auf die eigenen Bedürfnisse passenden Systems unumgänglich. Die Unterscheidung in die Bereiche

Einsatzberichte,

– Abrechnung, inklusive Kosten- und Leistungsrechnung sowie

Steuerung hat sich bewährt.

In der Tabelle 1 sind Beispiele für die zugehörigen Parameter aufgelistet.

Tabelle 1: Funktionalitäten

Für alle Auswertungen gilt, dass eine Archivierung über einen längeren Zeitraum sowie der Export der aggregierten Auswertungen möglich sein müssen.

2.3 Auswahl

Für die Auswahl des passenden Systems zur Erfüllung der eigenen Zielstellungen sollte eine Prioritätenreihung für die Funktionalitäten erstellt werden. Die Erfassung einzelner Parameter kann wichtig für die Auswertung in einzelnen oder allen Bereichen sein, aber auch Informationen enthalten, deren weitere Verwendung unter Umständen nicht erwünscht ist. Insbesondere, wenn aus aufgenommenen Daten eine personenbezogene Leistungs-auswertung erstellt werden kann, ist die Aufnahme der Parameter als sehr sensibel einzustufen. Da sich Parameter häufig sowohl für notwendige als auch für unerwünschte Auswertungen benutzen lassen, muss sorgfältig abgewogen werden.

Neben der Festlegung von einzurichtenden Funktionalitäten und aufzunehmenden Parametern ist darüber hinaus eine Entscheidung über die Architektur des Systems zu treffen. Es kann sich anbieten, neben der Lieferung der Erfassungstechnik auch die Datenübertragung, -haltung, -verarbeitung und -auswertung als Gesamtpaket an den Anbieter des Erfassungssystems zu vergeben. Der Zugriff auf Berichte und Auswertungen erfolgt dann über ein Portal, das durch den Auftragnehmer betrieben wird. In einem solchen Fall handelt es sich um die Beschaffung von Technik und Dienstleistungen. Daher sind zusätzlich Regelungen zur Sicherheit von Servern, zur Archivierung von Informationen und zur Übergabe der Daten an den Auftraggeber zu treffen. 

3 Ausschreibung und Vergabe

3.1 Wahl des Verfahrens

In Abhängigkeit des Auftragsvolumens ist nach nationalen oder europäischen Regelungen auszuschreiben. Dabei stehen im Bereich oberhalb der Schwellenwerte neben dem offenen Verfahren weitere Verfahrensarten zur Verfügung, z. B.:

Nicht offenes Verfahren,

Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb,

Wettbewerblicher Dialog.

Insbesondere das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb, das in der hier vorgestellten Beschaffung gewählt wurde, eröffnet Gestaltungsspielräume. Letztere sind insbesondere dann wichtig und gerechtfertigt, wenn es der ausschreibenden Stelle schwerfällt, ihre Anforderungen im Vorfeld vollständig und umfassend zu klären sowie damit die zu beschaffende Leistung erschöpfend und eindeutig zu beschreiben. Die Vergabe erfolgte in einem mehrstufigen Verfahren (Bild 2), welches einen Zeitraum von knapp zwei Jahren umfasste.

Bild 2: Ablauf des Verhandlungsverfahrens mit Erprobung

Für die Beschaffung einer automatischen Einsatzdatenerfassung bieten die Ergänzenden Vertragsbedingungen für die Beschaffung von Informationstechnik (EVB-IT) hilfreiche Hinweise zur Vertragsgestaltung sowie Musterdokumente. Sie können die Vertragsgrundlage bilden und sind um Leistungsverzeichnis, Anforderungen und individuelle Vorlagedokumente des Auftraggebers (z. B. Berichte) zu ergänzen.

Um die Möglichkeit zu erhalten, die Anforderungen im Rahmen der Ausschreibung überarbeiten, konkretisieren oder ergänzen zu können, hat sich die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) bei der Beschaffung der automatischen Einsatzdatenerfassung für die großfahrzeuggebundenen Tätigkeiten im Betriebsdienst für ein Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb sowie einer Erprobungsphase entschieden. Die Erprobungsphase diente dabei in erster Linie der Überarbeitung der Leistungsbeschreibung. Zielstellung des Gesamtsystems sind die Ausstattung von über 400 verwaltungseigenen Großfahrzeugen mit den zugehörigen An- und Aufbaugeräten sowie noch einmal genauso vielen Fremdunternehmerfahrzeugen. Neben der vergleichsweise großen Fahrzeuganzahl stellt auch das Vorhandensein von An- und Aufbaugeräten unterschiedlicher Hersteller und unterschiedlichen Alters eine Herausforderung dar. Daneben wurde besonderer Wert auf den Schutz personenbezogener Daten gelegt. Die Leistung wurde als Gesamtpaket, also inklusive der Dienstleistung für den Betrieb des Berichts- und Auswerteportals ausgeschrieben. 

3.2 Ablauf des Verfahrens

3.2.1 Teilnahmewettbewerb

Nach einer internen Abstimmung über den gewünschten Leistungsumfang und die dafür notwendigen Anforderungen an ein Gesamtsystem zur ganzjährigen, automatischen Einsatzdatenerfassung aller großfahrzeuggebundenen Betriebsdiensttätigkeiten im Land Niedersachsen erfolgte die europaweite Bekanntmachung der geplanten Vergabe. Anhand der mit dem Teilnahmeantrag eingereichten Erklärungen und Nachweise, insbesondere auch der Referenzen, wurde die grundsätzliche Eignung von Unternehmen und Systemen für den vorgesehenen Auftrag beurteilt.

3.2.2   Indikative Angebote

Entsprechend der Ankündigung in der Bekanntmachung wurden die besten sechs Bewerber auf der Grundlage der vorläufigen Leistungsbeschreibung aufgefordert, ein indikatives Angebot abzugeben. Die so genannten indikativen Angebote wurden auf Grundlage des vorläufigen, bereits sehr ausführlichen Leistungsverzeichnisses und den zugehörigen Anforderungs- bzw. Wertungskriterien durch die potenziellen Auftragnehmer (Bieter) erstellt und bei der Vergabestelle eingereicht. Bereits in dieser Phase des Vergabeverfahrens eröffnete sich ein Spannungsfeld zwischen augenscheinlicher Eignung der Bieter und individuellem Anpassungsbedarf an den Systemen.

3.2.3   Erprobung

Die Phase der Erprobung gab der NLStBV im Rahmen des Vergabeverfahrens die Chance, in der Zusammenarbeit mit den ausgewählten Bietern ganz konkret herauszufinden, welche Anforderungen in der Umsetzung praktikabel und von den angebotenen Systemen gegebenenfalls mit wirtschaftlich vertretbarem Anpassungsaufwand erfüllbar sind.

Dafür wurde nach der Auswertung der indikativen Angebote eine Auswahl an Bietern für eine sechsmonatige Erprobungsphase eingeladen. Jeder Bieter erhielt zu diesem Zweck ein Paar, bestehend aus einer Autobahn- und einer Straßenmeisterei, von der NLStBV als Pilotmeistereien zugewiesen. Die Auswahl der Pilotmeistereien aus dem gesamten Bundesland erfolgte mit dem Ziel, einen repräsentativen Querschnitt der zu erwartenden Einsatzschwerpunkte abzubilden. Sowohl der Ausstattungsprozess als auch der Portalbetrieb wurden über den gesamten Erprobungszeitraum unter enger Einbindung der Mitarbeiter auf der operativen wie auch auf der strategischen Ebene bei der NLStBV sowie der Mitarbeiter der Bieter begleitet.

3.3 Abgabe der Angebote

Die Erkenntnisse aus der Erprobung und den zugehörigen Verhandlungsrunden gaben Anlass, einige Anforderungen zu überarbeiten, zu spezifizieren, zu ergänzen und ihre Verbindlichkeiten festzulegen. Eine Herausforderung stellte dabei die Thematik der Aktualität der Technik dar. Sofern erhebliche technische Neuerungen während der Vertragslaufzeit verfügbar werden, sollten diese auch in das Gesamtsystem implementiert werden können. Dafür wurde in das Vertragswerk ein so genannter Technologie-Refresh aufgenommen. Ein überarbeitetes Leistungsverzeichnis und eine angepasste Kriterienliste waren das Ergebnis der Erprobungsphase.

Alle Bieter, die zur Abgabe eines indikativen Angebotes aufgefordert worden waren, konnten –   unabhängig von einer Teilnahme in der Erprobungsphase – auf der Grundlage der überarbeiteten Leistungsbeschreibung ein finales Angebot (best and final offer – BAFO) abgeben. 

4 Implementierung

4.1 Ausstattung

Die Ausstattung der großen Anzahl von Fahrzeugen sowie An- und Aufbaugeräten ist sehr zeitintensiv und erfordert eine sehr gute Vorbereitung. Insbesondere die Aktualität von Fahrzeug- und Gerätelisten wird dabei zwangsläufig auf die Probe gestellt und erfordert eine enge Begleitung des Auftragnehmers durch den Auftraggeber. Dabei ist im direkten Vorlauf zur Ausstattung durch den Auftragnehmer beim Auftraggeber zu beantworten:

Welche Fahrzeuge werden ausgestattet?

– Welche An-/Aufbaugeräte werden ausgestattet?

Werden Anhänger ausgestattet?

– Wann (zu welchem Zeitpunkt) werden die Fahrzeuge ausgestattet?

– In welcher Reihenfolge erfolgt die Ausstattung?

Fahrzeuge oder Geräte auszustatten, die bereits für eine Ersatzbeschaffung vorgesehen sind, ist wirtschaftlich nicht sinnvoll. Während der Ausstattung stehen einzelne Fahrzeuge der jeweiligen Meisterei für einen begrenzten Zeitpunkt nicht für die Betriebsdiensttätigkeiten zur Verfügung. Die Sicherstellung der Verfügbarkeit der auszustattenden Fahrzeuge und Geräte für die Montage vor Ort hat besondere Bedeutung, damit die Fahrzeuge rechtzeitig zur Verfügung stehen; also weder beim Auftraggeber noch beim Auftragnehmer unnötige Wartezeiten auftreten.

Bei einem Gesamtsystem zur automatischen Einsatzdatenerfassung im Ganzjahreseinsatz muss darüber hinaus zwischen der reinen Hardwareausstattung und der Umsetzung der Anforderungen an die Software differenziert werden. Die Planung und Umsetzung dieses Prozesses erfordert eine gute und zeitnahe Information aller Beteiligten sowie gute Feedbackmechanismen. Dass nach einer erfolgreichen Ausstattung der Fahrzeuge und Geräte einer Meisterei möglicherweise trotzdem nicht sofort alle Funktionalitäten des Portals zur Verfügung stehen, ist nicht selbsterklärend und muss den Anwendern aktiv vermittelt werden. Andernfalls ist zu befürchten, dass auf operativer Ebene die Akzeptanz des Systems beeinträchtigt wird und zum Ende der Implementierungsphase nur schwer wiederaufgebaut werden kann. 

4.2 Auswertung

Auch für die Auswertung der erfassten Daten werden die Herausforderungen oft erst im Verlauf der Umsetzung deutlich. Die Umsetzung eines Arbeitsprozesses in einem IT-System erfordert konkrete Festlegungen zur Konfiguration und ggf. Programmierung. Tatsächlich sind die Abläufe vorher aber in der Regel weder so genau dokumentiert noch in einer so großen Verwaltung wie der NLStBV bisher einheitlich gelebt worden. Die NLStBV hat sich klar für eine individuelle Lösung entschieden und begleitet die Konfiguration unter Einbeziehung aller Anwendergruppen mit Workshops. Deren Ziel ist die Konkretisierung der umzusetzenden Anforderungen und die Festlegung der zugehörigen Arbeitsabläufe.

Sämtliche Festlegungen wurden und werden mit der Personalvertretung und dem Datenschutzbeauftragten abgestimmt. Für die Einführung der automatischen Datenerfassung im Betriebsdienst wurde eine eigene Dienstvereinbarung geschlossen, die im Rahmen der Umsetzung weiterentwickelt wird. Neben dem Leistungsverzeichnis und dem EVB-IT-Vertrag bilden daher die Prozessdokumentationen und die Dienstvereinbarung wichtige Grundlagen für Installation und Konfiguration des Systems durch den Auftragnehmer. 

4.3 Verfügbarkeit

Da der Bedarf für viele der beschriebenen, konkreten Festlegungen erst während der Implementierung erkannt wird, ist die Abnahme in mehrere Teilabnahmen untergliedert. Auf diese Weise können noch innerhalb der Implementierungsphase erkannte Unklarheiten beseitigt und gegebenenfalls geänderte Anforderungen mit dem Auftragnehmer vereinbart werden.

Insgesamt werden über 800 Fahrzeuge mit ihren An- und Aufbaugeräten ausgestattet sein. Durch die regelmäßige Ersatzbeschaffungen und auftretende Wechsel der Fremdunternehmer werden ständig Fahrzeuge und Geräte umgerüstet werden. Bei so vielen Fahrzeugen und Geräten ist es unwahrscheinlich, dass immer alles funktioniert. Darüber hinaus hat der Auftraggeber keinen direkten Zugriff auf die Daten, sondern ist in den eigenen Arbeitsprozessen auf die Nutzung des Portals angewiesen. Daher wurden für den späteren Regelbetrieb in den Vertrag Vereinbarungen zur Systemverfügbarkeit sowohl hinsichtlich der Erfassungstechnik als auch für die Portalnutzung aufgenommen.

5 Fazit und Ausblick

Bei der Beschaffung eines derart komplexen und spezifischen Systems wie der automatischen Einsatzdatenerfassung sind die Erwartungen auf allen Seiten hoch. Für das Gelingen der Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer sowie für die Sicherstellung der Ergebnisse, die durch die Einsatzdatenerfassung seitens des Auftraggebers erwartet werden, müssen die internen Anforderungen sehr klar definiert werden. Nur unter dieser Voraussetzung kann ein Auftragnehmer die individuellen Wünsche des Auftraggebers erfolgreich erfüllen.

Die Vorbereitung eines Vergabeverfahrens für die Auswahl eines geeigneten Auftragnehmers ist zeitintensiv und setzt eine übergreifende Zusammenarbeit der einzelnen Organisationseinheiten innerhalb der Straßenbauverwaltung voraus. Entsprechende Entscheidungsfindungen zur Aufbauorganisation, den Arbeitsabläufen und den daraus folgenden Darstellungsanforderungen müssen daher zugelassen und intern gelebt werden. Darüber hinaus müssen partnerschaftliche Elemente zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer im Vergabeverfahren und der späteren Implementierung vorgesehen sein, damit das System den eigenen Bedürfnissen gerecht werden kann.

Wichtig ist insbesondere bei größeren Organisationseinheiten wie den Straßenbauverwaltungen der Flächenländer, dass Anbieter nicht nur in der Lage sind, die Wünsche und Anforderungen des Auftragnehmers zu erfüllen, sondern zusätzlich auch über eine ausreichende Leistungsfähigkeit verfügen, um die Fahrzeuge und Geräte des Auftraggeber in einem realistischen Zeitrahmen auszustatten. Der höhere, vor allem zeitliche Aufwand bei Ausschreibung und Vergabe sowie der Implementierung solcher Systeme lohnt sich.

Darüber hinaus sollten die Mitarbeiter bereits in die Auswahlprozesse im Rahmen der Beschaffung involviert werden. Dieses Vorgehen steigert die Akzeptanz, die eine Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Anwendung eines solchen Systems ist. Wenn die Beschaffung von den Mitarbeitern positiv aufgenommen und das System motiviert genutzt wird, erleichtert es die Arbeit und erhöht die Datenqualität für die Nachweise im Rahmen der Beweissicherung, die Abrechnungen und die Steuerung der Betriebsdiensttätigkeiten erheblich.

Literaturverzeichnis

DIN EN 15430-1 (2015): Winterdienst- und Straßenbetriebsdienstausstattung – Datenerfassung und -übertragung, Teil 1: Datenerfassung im Fahrzeug, Deutsches Institut für Normung, Beuth Verlag, Berlin

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2010): Merkblatt für den Winterdienst auf Straßen, Köln, FGSV 416

Hess, R. (2010): Potential of Automatic Field Data Capture in Winter Maintenance on Roads. XIIIrd International Winter Road Congress, 8-11 February 2010, Québec, Canada

Hüffmeier, N.; Hess, R. (2007): Automatische Einsatzdatenerfassung im Straßenbetriebsdienst, Machbarkeitsstudie im Auftrag der Hessischen Straßenbauverwaltung, unveröffentlicht, Darmstadt