FGSV-Nr. FGSV 002/125
Ort Koblenz
Datum 09.05.2019
Titel Neue Anforderungen an die UVP für Straßenbauvorhaben
Autoren Dr.-Ing. Stefan Balla
Kategorien Landschaftstagung
Einleitung

Im Jahr 2017 wurde das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) auf der Basis der UVP-Änderungsrichtlinie 2014/52/EU inhaltlich deutlich erweitert, komplett neu gegliedert und sprachlich erheblich überarbeitet. Eine wesentliche Änderung betrifft die Unterlagen des Vorhabenträgers zur UVP. Während bisher keine spezifische Berichtsform für die Unterlagen des Vorhabenträgers zur UVP gesetzlich vorgegeben war, ist zukünftig vom Vorhabenträger gemäß § 16 UVPG ein UVP-Bericht zu erstellen. Zudem werden in der neuen Anlage 4 zum UVPG umfassende und detaillierte Anforderungen an die Inhalte des UVP-Berichtes formuliert. Dieser detaillierte Anforderungskatalog enthält aber nur punktuell tatsächlich neue Inhalte. Zu nennen sind insbesondere Auswirkungen infolge von schweren Unfällen und Katastrophen, Auswirkungen auf das globale Klima (Treibhausgasemissionen und Treibhausgassenken), Aspekte der Klimaanpassung sowie die Überwachung von Umweltauswirkungen. Dies macht eine Überarbeitung des Regelwerkes zur UVP im Straßenbau erforderlich. Auf der Basis des neuen UVPG wurde im September 2017 von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) ein FE-Vorhaben zur „Weiterentwicklung und Konsolidierung des Regelwerks zur Umweltverträglichkeitsprüfung im Straßenbau“ vergeben. Ziel des FE-Vorhabens ist die Neufassung einer Richtlinie Umweltverträglichkeitsprüfung (RUVP) für den Straßenbau. Diese neue Richtlinie soll einerseits Arbeitshilfen zur Anwendung der neuen Regelungen des UVPG liefern, andererseits soll sie die bisher vorliegenden Richtlinien für die UVP im Straßenbau aktualisieren und zusammenführen. Die Bearbeitung des FE-Vorhabens erfolgt durch die Planungsbüros Bosch & Partner sowie Froelich & Sporbeck. Der Vortrag basiert unter anderem auf dem aktuellen Arbeitsstand zur RUVP. Das FE-Vorhaben wird voraussichtlich Mitte 2020 abgeschlossen.

PDF
Volltext

Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Einleitung

Am 15. Mai 2014 ist die UVP-Änderungsrichtlinie in Kraft getreten. Das bundesdeutsche UVP-Recht ist mit dem am 28. Juli 2017 in Kraft getretenen Gesetz zur Modernisierung des Rechts der Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechend aktualisiert worden. Dabei wurde vor allem das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) umfassend geändert und erweitert.

Die neue Anlage 4 zum UVPG enthält zahlreiche detaillierte Anforderungen, die ein UVP-Bericht enthalten muss, soweit sie für das Vorhaben von Bedeutung sind. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass viele Punkte bereits nach altem Recht gefordert waren, nun allerdings per Gesetz verlangt sind. Zukünftig ist daher besondere Sorgfalt geboten, um einen aus gesetzlicher Sicht vollständigen UVP-Bericht zu erstellen. Entsprechend fordert § 17 Abs. 7 UVPG spezifische Maßnahmen zur Gewährleistung einer ausreichenden fachlichen Qualität des UVP-Berichtes.
Neue Anforderungen ergeben sich insbesondere in Bezug auf schwere Unfälle und Katastrophen, Auswirkungen auf das globale Klima (Treibhausgasemissionen und Treibhausgassenken), Aspekte der Klimaanpassung sowie die Überwachung von Umweltauswirkungen. Hier muss sich zukünftig ein Stand der guten fachlichen Praxis entwickeln.

Die Neuregelungen des UVPG sollen für den Bereich des Straßenbaus in einem aktuellen und konsolidierten Regelwerk zur UVP berücksichtigt werden. Dazu wurde von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) ein FE-Vorhaben zur „Weiterentwicklung und Konsolidierung des Regelwerks zur Umweltverträglichkeitsprüfung im Straßenbau“ vergeben. Ziel des FE-Vorhabens ist die Neufassung einer Richtlinie Umweltverträglichkeitsprüfung (RUVP) für den Straßenbau. Diese neue Richtlinie soll aber nicht nur Arbeitshilfen zur Anwendung der neuen Regelungen des UVPG liefern, sondern auch die bisher vorliegenden Richtlinien für die UVP im Straßenbau aktualisieren und zusammenführen. Die Bearbeitung des FE-Vorhabens erfolgt durch die Planungsbüros Bosch & Partner sowie Froelich & Sporbeck. Der Vortrag basiert unter anderem auf dem Arbeitsstand in diesem Projekt. Ein Endbericht ist für Mitte 2020 zu erwarten.

2 Zielsetzung und Umfang der neuen Richtlinie Umweltverträglichkeitsprüfung (RUVP)

Die geplante Richtlinie Umweltverträglichkeitsprüfung (RUVP) für Bundesfernstraßen soll umfassend Hinweise und Erläuterungen für die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) in Planungs- und Zulassungsverfahren zu Bundesfernstraßen geben. Sie soll dabei alle Verfahrensebenen und Prüfschritte der UVP einschließlich der UVP-Vorprüfung erfassen. Dies schließt auch die Variantenuntersuchung im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) ein. Somit beziehen sich die RUVP sowohl auf die Ebene der Vorplanung als auch auf die Ebene der Genehmigungsplanung. Maßgeblich ist dabei die Perspektive der Straßenbauverwaltung als Vorhabenträger, so dass sich die RUVP primär auf die Erstellung der Antragsunterlagen zur UVP beziehen.

Die RUVP baut auf den bestehenden Regelwerken mit UVP-bezogenem Inhalt auf. Gleichzeitig berücksichtigt die RUVP den aktuellen Stand des UVPG sowie die aktuelle Rechtsprechung. Damit sollen die bisher auf verschiedene Regelwerke verstreuten Vorgaben für die UVP in einem Regelwerk gebündelt, gestrafft und harmonisiert werden. Den Vorgaben der RE (derzeitige Fassung 2012) wird soweit möglich Rechnung getragen. Die RUVP soll insbesondere folgende Regelwerke aktualisieren und ersetzen:

  • FGSV (1990): Merkblatt über die Umweltverträglichkeitsstudie (M UVS),
  • FGSV (2005): Hinweise zur Prüfung der UVP-Pflicht von Bundesfernstraßenvorhaben,
  • BMVBS (2009): Richtlinien für die Erstellung von Umweltverträglichkeitsstudien im Straßenbau (RUVS) mit Musterkarten UVS (Entwurf),
  • FGSV (2015): Hinweise für die UVP-Unterlagen zum straßenrechtlichen Genehmigungsverfahren (Entwurf).

Die RUVP ist dazu nach derzeitigem Stand in folgende inhaltliche Abschnitte gegliedert:
(Tabelle in PDF)

3 Verhältnis von UVP-Bericht und Umweltverträglichkeitsstudie

UVP-Bericht und Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) sind die wesentlichen Dokumente der inhaltlichen Umweltverträglichkeitsprüfung. Dabei erfüllen beide Dokumente im Rahmen der Entwurfsunterlagen unterschiedliche Funktionen. Daher wird mit den neuen RUVP angestrebt, beide Dokumente nicht miteinander zu verschränken, sondern getrennt zu erstellen.

Der UVP-Bericht dient der Erfüllung der vom Vorhabenträger im Rahmen der UVP zu erbringenden formalen Dokumentationspflichten, die sich aktuell aus § 16 UVPG in Verbindung mit Anlage 4 zum UVPG ergeben. Es geht dabei im Kern darum, alle relevanten Informationen zu den Umweltauswirkungen des geplanten Vorhabens einerseits gebündelt und andererseits klar getrennt von den anderen Belangen in das Verfahren einzubringen. Dazu sind insbesondere relevante Angaben zum Vorhaben, zur betroffenen Umwelt, zu Maßnahmen, die Umweltauswirkungen vermeiden, vermindern oder kompensieren und zu geprüften Alternativen zu machen. Der UVP-Bericht hat eine Dokumentations- und Informationsfunktion, die alle relevanten UVP-Belange erfasst und besitzt bei umfangreichen Antragsunterlagen mit zahlreichen fachspezifischen Gutachten vor allem auch einen synoptischen Charakter. Der UVP-Bericht soll der Zulassungsbehörde die Bewertung der Umweltauswirkungen gemäß

§ 25 UVPG ermöglichen und gegenüber der Öffentlichkeit Anstoßfunktion dahingehend haben, dass sie ihre Betroffenheit durch das Vorhaben erkennen kann (§ 16 Abs. 5 UVPG). Der UVP-Bericht ist immer dann erforderlich, wenn das Raumordnungs-, Linienbestimmungs- oder Zulassungsverfahren UVP-pflichtig ist.

Die Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) ist dem gegenüber im Kern ein Planungsinstrument zur Identifizierung einer möglichst umweltverträglichen Trassenführung eines Straßenbauvorhabens. Der Fokus liegt auf einem räumlichen Trassen-Alternativenvergleich auf der Ebene der Voruntersuchung. Für die Ebene der Planfeststellung wird dem gegenüber keine erneute Umweltverträglichkeitsstudie erstellt. Bei Straßenplanungen mit mehreren Planfeststellungsabschnitten bezieht sich die Umweltverträglichkeitsstudie häufig übergreifend auf alle Abschnitte. Die UVS ist normiert über das in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) in Anlage 1 Nr. 1.1 definierte Leistungsbild. Eine UVS ist immer dann erforderlich, wenn sich die planerische Aufgabe stellt, räumliche Trassenvarianten umfassend aus Umweltsicht miteinander zu vergleichen. Dies kann bei UVP-pflichtigen oder nicht UVP-pflichtigen Straßenbauvorhaben relevant sein.

Neben den skizzierten Unterschieden gibt es eine inhaltliche Schnittmenge. Die UVS deckt grundsätzlich die gleichen Schutzgüter ab wie der UVP-Bericht. Daher kann sich der UVP-Bericht bei Vorliegen einer UVS auf deren Inhalte beziehen. Gegenüber der UVS und weitergehenden umweltbezogen Fachbeiträgen – LBP, FFH-VP, Artenschutzbeitrag, Wassertechnische Untersuchung, Immissionstechnische Untersuchungen – soll der UVP-Bericht einen stärker synoptischen, zusammenfassenden Charakter haben. Inhaltliche Überschneidungen sollten auf ein Minimum reduziert werden. Im UVP-Bericht soll anknüpfend an eine komprimierte Ergebnisdarstellung systematisch auf vertiefende Angaben in den Fachbeiträgen verwiesen werden.

Die RUVP sieht als Standardmodell vor, den UVP-Bericht in den Erläuterungsbericht zu integrieren. Der UVP-Bericht ersetzt damit die bisher häufig sehr ausführlich gestaltete allgemein verständliche, nichttechnische Zusammenfassung (AVZ). Die AVZ im Sinne des § 16 UVPG wird in deutlich verkürzter Fassung als Zusammenfassung des UVP-Berichtes ergänzt.

Wahlweise kann der Erläuterungsbericht seine bisherige Struktur behalten und die Bausteine des UVP-Berichtes vollständig integrieren (Lösungsansatz der RE 2012) oder der Erläuterungsbericht erhält einen Teil 2 bzw. eine Anlage mit einem zusammenhängenden UVP-Bericht. Für beide Varianten werden in den RUVP Gliederungsvorschläge angeboten (Bild 1).

Bild 1: Verhältnis von UVP-Bericht und Umweltverträglichkeitsstudie in den Entwurfsunterlagen 

4 Feststellung der UVP-Pflicht

Die Feststellung der UVP-Pflicht hat verfahrenslenkenden Charakter und erfolgt dementsprechend zu Beginn des Raumordnungs-, Linienbestimmungs- oder Zulassungsverfahrens. Ist ein Bundesstraßenbauvorhaben UVP-pflichtig, ist als Zulassungsverfahren im Regelfall ein Planfeststellungsverfahren durchzuführen. Liegt keine UVP-Pflicht vor, ist eine Plangenehmigung oder – in Fällen des § 74 Abs. 7 und § 76 Abs. 2 VwVfG – ein Verzicht auf Plangenehmigung oder Planfeststellung möglich.

Die RUVP gibt Hinweise, in welchen Fällen von einer Unterhaltungsmaßnahme und damit grundsätzlich nicht von einem Projekt im Sinne des UVPG auszugehen ist.

Die Anlage 1 zum UVPG wurde mit der aktuellen Novellierung nicht geändert. Daher gibt die RUVP auch Hinweise, in welchen Fällen Ausbau- bzw. Änderungsvorhaben an Bundesfernstraßen nicht dem Begriff des Baus im Sinne der Nr. 14.3 der Anlage 1 zum UVPG entsprechen und damit als Änderungsvorhaben einer UVP-Vorprüfung im Sinne des § 9 UVPG unterliegen. Es wird vorgeschlagen, dies bei allen Projekten anzunehmen, die nicht im Bedarfsplan enthalten sind, da sie nicht kapazitätserweiternd sind. Um- und Ausbauprojekte ohne Kapazitätserhöhung in diesem Sinne sind z. B.

  • Umbau von Bauwerken,
  • zusätzliche Anschlussstellen,
  • Anbau von Seitenstreifen, Verflechtungsstreifen,
  • Neu- oder Ausbau von Parkplätzen, Tank- und Rastanlagen oder
  • räumlich begrenzte zusätzliche Fahrsteifen in Steigungsstrecken.

Standstreifenerweiterungen sollen nur als Bau im Sinne des UVPG gelten, wenn sie im Bedarfsplan enthalten sind.
Anknüpfend an die „Hinweise zur Prüfung der UVP-Pflicht von Bundesfernstraßenvorhaben“ der FGSV von 2005 soll in den neuen RUVP auch ein aktualisiertes Formblatt für die UVP-Vorprüfung angeboten werden. Das Formblatt soll Wert legen auf eine textliche Beschreibung bzw. Begründung der für die Vorprüfung relevanten Merkmale, denn § 5 Abs. 2 UVPG fordert entsprechende inhaltliche Ausführungen. Zudem werden in den RUVP grundsätzliche Hinweise zur UVP-Vorprüfung auf der Grundlage der erweiterten Regelungen des § 7 UVPG gegeben.

Neu ist die freiwillige UVP gemäß § 7 Abs. 3 UVPG, die bei Unsicherheiten über die Frage der Erheblichkeit von anzunehmenden Umweltauswirkungen auch bei Straßenbauvorhaben eine Rolle spielen kann. Die Vorprüfung entfällt, wenn der Vorhabenträger eine UVP beantragt und die zuständige Behörde das Entfallen der Vorprüfung als zweckmäßig erachtet.

Eine wichtige Rolle bei UVP-Vorprüfungen zu Straßenbauvorhaben spielen naturschutzrechtliche Belange. Dabei ist zu beachten, dass nach der einschlägigen Rechtsprechung des BVerwG die Frage, ob ein erheblicher Eingriff im Sinne des § 14 Abs. 1 BNatSchG auch erheblich im Sinne des § 3c UVPG ist, eine an dem Zweck der Vorprüfung und den Kriterien der Anlage 2 zum UVPG und dem maßgeblichen Fachrecht orientierte wertende Betrachtung möglicher Umweltauswirkungen voraussetzt. Geplante Kompensationsmaßnahmen spielen in der Vorprüfung nur im Hinblick auf die (gleichartige) Wiederherstellbarkeit/Ausgleichbarkeit von Funktionen des Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes keine Rolle. Die Möglichkeit des Eintretens von artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen gemäß § 44 Abs. 1 BNatSchG ist im Grundsatz als erhebliche Umweltauswirkung im Sinne des § 7 UVPG zu werten und bringt eine UVP-Pflicht mit sich. Vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF) im Sinne von § 44 Abs. 5 BNatSchG können Umweltauswirkungen im Sinne von § 7 Abs. 5 UVPG offensichtlich ausschließen. Die Bedingungen sind, dass die ökologische Funktionalität der Fortpflanzungs- und Ruhestätte im räumlichen Zusammenhang ohne zeitliche Unterbrechung gewahrt bleibt. Entsprechend hat das VGH Mannheim mit Urteil vom. 20.11.2018 (5 S 2138/16, Rn. 117) entschieden. Kann die Möglichkeit von erheblichen Beeinträchtigungen eines Natura-2000-Gebietes nicht ausgeschlossen werden, liegen im Grundsatz erhebliche Umweltauswirkungen im Sinne des § 7 UVPG vor und eine UVP muss durchgeführt werden. Dies ist auch so in der aktuellen Planfeststellungsrichtlinie Straße 2015 geregelt.

Kumulierende Vorhaben im Sinne des § 10 UVPG sind bei Straßenbauvorhaben nur in Ausnahmefällen Prüfgegenstand bei der Feststellung der UVP-Pflicht. Da das UVPG aber insbesondere die Regelungen zur Kumulation neu gefasst hat, soll die RUVP auch hierzu Hilfestellung leisten. Ein funktionaler und wirtschaftlicher Bezug sowie eine Verbindung mit baulichen oder betrieblichen Einrichtungen kann bei Straßenbauvorhaben im Netzzusammenhang in der Regel angenommen werden. Entscheidend für die Kumulation von Straßenbaumaßnahmen sind daher die Überschneidung der Einwirkungsbereiche im Sinne von § 10 Abs. 4 Nr. 1 UVPG sowie der zeitliche Zusammenhang im Sinne von § 10 Abs. 5 UVPG. Ein zeitlicher Zusammenhang besteht dann, wenn die Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch innerhalb der Frist erfolgt, nach deren Ablauf ein Planfeststellungsbeschluss außer Kraft treten würde, wenn nicht mit der Ausführung des Plans begonnen worden wäre. Gemäß § 75 Abs. 4 VwVfG und § 17c Nr. 1 FStrG ergibt sich daraus ein Zeitraum von 5 bis max. 15 Jahren. Gleichzeitig ist bei der Kumulation das Prioritätsprinzip nach Maßgabe des § 12 UVPG analog anzunehmen. Werden Vorhaben in mehrere Planfeststellungsabschnitte unterteilt, so ist von einer der Kumulation analogen Fallkonstellation auszugehen. Die UVP-Pflicht ist abschnittsübergreifend für das Gesamtvorhaben zu entscheiden.

5 Inhalte der Umweltverträglichkeitsstudie

Inhalte und Methodik der UVS werden in den neuen RUVP weitestgehend aus den vorliegenden Entwürfen der RUVS aus dem Jahr 2009 übernommen. Allerdings sind einige neue Inhalte, die gemäß UVPG neuerdings zum Standardprogramm der UVP gehören, auch in die UVS aufzunehmen, wenn sie für die Alternativenprüfung in der UVS aus inhaltich-fachlicher Sicht relevant sind. Dazu können insbesondere Ausführungen zum Klimawandel sowie zu Unfallrisiken gehören. Auch das neue Schutzgut Fläche kann eine Relevanz im Alternativenvergleich entfalten, so dass es in der UVS prominenter als bisher thematisiert werden sollte. Dabei ist allerdings auch das Problem der Doppelbewertung zu beachten, da Flächeninanspruchnahmen der aus Sicht anderer Schutzgüter funktional wertvollen Flächen in den Alternativenvergleich ebenfalls eingespeist werden.

Die generellen Anforderungen des UVPG an die Alternativenprüfung haben sich nicht verschärft. Aus rechtlicher Sicht maßgeblich bleiben die vom BVerwG entwickelten Grundsätze, die aus der Perspektive des planerischen Abwägungsgebotes an eine Alternativenprüfung zu stellen sind. Auch die Hauptarbeitsschritte der UVS, die im Entwurf der RUVS 2009 dargestellt sind, bleiben unverändert.

Bild 2: Arbeitsschritte der UVS im vorgelagerten Verfahren (gemäß RUVS)

6 Inhalte des UVP-Berichtes

Die Inhalte des UVP-Berichtes werden im UVPG auf zwei Ebenen beschrieben. § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 UVPG definieren diejenigen Gesichtspunkte eines UVP-Berichtes, die als Pflichtprogramm für jedes UVP-pflichtige Vorhaben thematisiert werden müssen. Darauf aufbauend definiert Anlage 4 zum UVPG weitere Angaben, die immer dann im UVP-Bericht enthalten sein müssen, wenn sie für das jeweilige Vorhaben von Bedeutung sind. Ob dies zutrifft, ist im Einzelfall zu prüfen. Daher sind die Anforderungen des § 16 Abs. 1 UVPG und der Anlage 4 zum UVPG im Grundsatz gemeinsam zu betrachten und lassen sich für die konkrete Anwendung nicht auftrennen. Der UVP-Bericht muss insbesondere die in § 16 Abs. 1 UVPG nachfolgend beschriebenen Inhalte abdecken:

  • eine Beschreibung des Vorhabens mit Angaben zum Standort, zur Art, zum Umfang und zur Ausgestaltung, zur Größe und zu anderen wesentlichen Merkmalen des Vorhabens,
  • eine Beschreibung der Umwelt und ihrer Bestandteile im Einwirkungsbereich des Vorhabens,
  • eine Beschreibung der Merkmale des Vorhabens und des Standorts, mit denen das Auftreten erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen des Vorhabens ausgeschlossen, vermindert oder ausgeglichen werden soll,
  • eine Beschreibung der geplanten Maßnahmen, mit denen das Auftreten erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen des Vorhabens ausgeschlossen, vermindert oder ausgeglichen werden soll, sowie eine Beschreibung geplanter Ersatzmaßnahmen,
  • eine Beschreibung der zu erwartenden erheblichen Umweltauswirkungen des Vorhabens,
  • eine Beschreibung der vernünftigen Alternativen, die für das Vorhaben und seine spezifischen Merkmale relevant und vom Vorhabenträger geprüft worden sind, und die Angabe der wesentlichen Gründe für die getroffene Wahl unter Berücksichtigung der jeweiligen Umweltauswirkungen sowie
  • eine allgemein verständliche, nichttechnische Zusammenfassung des UVP-Berichts.

Soweit relevant sind im UVP-Bericht in separaten Kapitel Angaben zur FFH-Verträglichkeit sowie zur artenschutzrechtlichen Verträglichkeit vorzunehmen. Soweit relevant, sollen im UVP-Bericht bereits Angaben zu Überwachungsmaßnahmen nach § 28 UVPG gemacht werden. Der UVP-Bericht hat nicht nur Ergebnisse, sondern auch methodische Grundlagen sowie eine Referenzliste der genutzten Quellen zu umfassen. Dazu gehören auch Hinweise auf Schwierigkeiten und Unsicherheiten, die bei der Zusammenstellung der Angaben aufgetreten sind.

Aufgrund der Aufgabe des UVP-Berichtes, das Beteiligungsverfahren der UVP inhaltlich zu qualifizieren und Dritten die Beurteilung zu ermöglichen, ob und in welchem Umfang sie von den Umweltauswirkungen des Vorhabens betroffen sein können, muss auch der UVP-Bericht für die Öffentlichkeit nachvollziehbar und für den gebildeten Laien verständlich sein. Dabei soll der UVP-Bericht durch Wiederholung der Ausführungen aus den einschlägigen Fachgutachten nicht zu allen Details der Umweltthemen ausführlich Auskunft geben. Vielmehr bleibt es wie auch bisher notwendig, die wichtigsten Umweltthemen in weitergehenden Fachgutachten LBP, Lärmtechnische Untersuchung, wassertechnische Untersuchung usw. – ausführlich zu behandeln. In den UVP-Bericht sind unter Berücksichtigung der Anforderungen des § 16 UVPG aber die wesentlichen Ergebnisse dieser Fachgutachten zu übernehmen bzw. unter dem Blickwinkel der UVP darzustellen. Für detailliertere Informationen kann und soll im UVP-Bericht auf diese ergänzenden Unterlagen verwiesen werden. Der UVP-Bericht hat insofern einen synoptischen Charakter und fasst alle wesentlichen Informationen, die die Auswirkungen des Vorhabens auf die Schutzgüter des § 2 Abs. 1 UVPG betreffen, zusammen. Zugleich übernimmt der UVP-Bericht die wichtige Aufgabe, die Umweltauswirkungen gesamthaft und unter Berücksichtigung der Schnittstellen und Wechselwirkungen zwischen den Schutzgütern darzustellen. Eine solche Gesamtschau soll gewährleisten, dass alle wichtigen Umweltauswirkungen von der Öffentlichkeit und der beteiligten Behörden ohne unzumutbaren Aufwand wahrgenommen werden können.

Der UVP-Bericht enthält nicht nur beschreibende Elemente, sondern auch bewertende Aussagen. Ohne bewertende Aussagen wäre keine Fokussierung auf die entscheidungserheblichen Sachverhalte und keine Variantenentscheidung oder eine Entscheidung für bestimmte Maßnahmen möglich. Zur Vorbereitung auf die behördliche Bewertung der Umweltauswirkungen gemäß § 25 UVPG soll der UVP-Bericht daher auch einen Bewertungsvorschlag für die Umweltauswirkungen im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge nach Maßgabe der geltenden Gesetze beinhalten.

Das in § 2 Abs. 1 UVPG neu eingeführte Schutzgut Fläche verlangt, dass im UVP-Bericht für Straßenbauvorhaben der Flächenverbrauch in der Bau- und in der Betriebsphase als Umweltauswirkung angegeben wird (Nr. 1 sowie Nr. 4 b) der Anlage 4 zum UVPG). Dabei ist auf der Wirkfaktorseite zunächst in versiegelte, teilversiegelte und unversiegelte Flächen sowie in dauerhafte und vorübergehende Flächeninanspruchnahme zu differenzieren. Die Bilanzierung erfolgt als Verlustflächenbetrachtung. Eine weitergehende Bewertung der Bedeutung/Empfindlichkeit ist beim Schutzgut Fläche nicht erforderlich.

Gemäß § 2 Abs. 2 S. 2 UVPG sind auch solche Auswirkungen des Vorhabens Gegenstand der UVP, die aufgrund von dessen Anfälligkeit für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind. Dieser Aspekt ist auch in den Nrn. 4c ee), hh) und ii) der Anlage 4 zum UVPG angesprochen. Eingeschlossen sind aus Störfällen und sonstigen schweren Unfällen und Katastrophen resultierende Risiken für die menschliche Gesundheit, für Natur und Landschaft sowie für das kulturelle Erbe.

Störfälle, schwere Unfälle oder Katastrophen können vom Vorhaben selbst ausgehen, z. B. als Unfall mit einem Gefahrguttransporter oder Unfälle/Störfälle im Bereich von Tunnelstrecken, oder durch Einwirkungen von außen auf ein Straßenbauvorhaben einwirken. Hierbei kommen theoretisch Störfälle in Industrieanlagen, in denen mit gefährlichen Stoffen umgegangen wird, in Frage oder extreme Wetterereignisse wie Starkregenereignisse und damit verbundene Überschwemmungen oder Erdrutsche sowie Hitzewellen, die sich z. B. auf die Fahrbahndecke einer Straße auswirken können.

Auch in Bezug auf Unfälle und Katastrophen gilt, dass die Sachverhaltsermittlung auf das vernünftigerweise Vorhersehbare begrenzt werden darf. Ein nach den gesetzlichen Bestimmungen und anerkannten Regeln der Technik errichtetes Straßenbauvorhaben ist in der Regel gegen schwere Unfälle und Katastrophen ausreichend geschützt. Im UVP-Bericht sollten allerdings vorgesehene besondere Vorsorge- und Notfallmaßnahmen beschrieben werden, insbesondere in Bezug auf Tunnelstrecken sowie Durchfahrungen von Überschwemmungsgebieten.

Gemäß Nr. 4c gg) der Anlage 4 zum UVPG schließen Auswirkungen des Vorhabens auf das Klima auch Art und Ausmaß der mit dem Vorhaben verbundenen Treibhausgasemissionen ein (Klimaschutz). Somit ist im UVP-Bericht auch auf eine direkte und indirekte Beeinflussung der Treibhausgasemissionsbilanz einzugehen. Im Straßensektor spielt insbesondere das aus Verbrennungsprozessen (Baumaschinen, Straßenverkehr) stammende Kohlendioxid eine Rolle.

Sowohl der Bau als auch der Betrieb von Straßenbauvorhaben verursachen Treibhausgasemissionen in Form von Kohlendioxid. Zudem nehmen Straßenbauvorhaben Vegetationsflächen und Bodenflächen in Anspruch, die als Treibhausgassenken fungieren. Dies betrifft insbesondere alte Wälder, feuchte bis nasse Grünlandflächen sowie Moorflächen und sonstige hydromorphe Böden. Beide Wirkpfade beeinflussen die Treibhausgasbilanz.

Das UVPG lässt offen, ob hierbei eine qualitative Aussage oder eine quantifizierte Prognose der Treibhausgasemissionen erforderlich ist. Inwieweit die von einem Straßenbauvorhaben direkt oder indirekt verursachten Treibhausgasemissionen quantitativ zu ermitteln sind, ist bisher noch Gegenstand der Fachdiskussion. Eine abschließende Position für die RUVP muss noch gefunden werden.

Insgesamt ist davon auszugehen, dass die Anforderungen, die bisher an die Unterlagen des Vorhabenträgers gemäß § 6 UVPG gestellt wurden, durch den neuen § 16 UVPG nicht grundsätzlich übertroffen werden. Daher kann die bisherige Systematik der Antragsunterlagen im Straßenbau beibehalten werden. Eine ausführliche allgemein verständliche Zusammenfassung gemäß § 6 UVPG nach alter Systematik kann durch einen entsprechend differenzierten UVP-Bericht ersetzt werden. Die neue AVZ wird entsprechend kurz gefasst (siehe oben im Abschnitt 3). Wird dieser Weg beschritten, wird der Umfang der Antragsunterlagen durch den neuen UVP-Bericht gerade nicht unnötig aufgebläht. Wichtig dabei ist, UVP und UVP-Bericht nicht als reinen Formalismus zu betrachten, sondern als Beitrag, Entscheidungen über umweltrelevante Vorhaben inhaltlich zu fundieren und damit im Ergebnis zu verbessern.