FGSV-Nr. FGSV 002/134
Ort Weimar
Datum 05.05.2022
Titel Anforderungen an Fachbeiträge zur Wasserrahmenrichtlinie im Straßenbau
Autoren Dr.-Ing. Ulrich Kasting
Kategorien Landschaftstagung
Einleitung

Die Europäische Union (EU) verfolgt mit der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) (2000/60/EG) aus dem Jahr 2000 ein ganzheitliches Schutz- und Nutzungskonzept für die europäischen Gewässer. Die Bundesländer erstellen Bewirtschaftungspläne, in denen Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerqualität festgelegt werden. Ziel ist die Erhaltung (Verschlechterungsverbot) und Herstellung (Zielerreichungsgebot) des guten Zustands natürlicher Fließgewässer. Das Urteil des EuGH vom 1.07.2015 hat klargestellt, dass jede Verschlechterung des Zustands eines Wasserkörpers zu vermeiden ist. Dabei ist die Genehmigung eines Vorhabens zu versagen, wenn es geeignet ist, den Zustand eines Wasserkörpers zu verschlechtern (Verschlechterungsverbot) oder die Erreichung eines guten Zustands der Oberflächenwasserkörper zu gefährden (Zielerreichungsgebot).

Bei Straßenbauvorhaben, die einer Planfeststellung bedürfen, soll nach den Planfeststellungsrichtlinien die Prüfung der Vereinbarkeit mit der WRRL in einem eigenständigen Fachbeitrag dargelegt werden. Von der FGSV wurde inzwischen das „Merkblatt zur Berücksichtigung der Wasserrahmenrichtlinie in der Straßenplanung“ (M WRRL) erstellt, dass Empfehlungen zum Inhalt und Aufbau dieser Fachbeiträge gibt. Der Fachbeitrag soll dokumentieren und belegen, dass das Vorhaben in seiner geplanten Form, einschließlich der getroffenen Vorkehrungen zur Vermeidung von Verschlechterungen, mit den Vorgaben der WRRL in Übereinstimmung steht. Einleitungen von Straßenabflüssen in Oberflächengewässer haben Auswirkungen auf die Konzentration von unterschiedlichen Stoffen im Gewässer. Die Planung der Straßenentwässerung erfolgt nach REwS. Ob aufgrund der Belange der Wasserrahmenrichtlinie zusätzliche, immissionsbezogene Maßnahmen erforderlich sind, kann mit einem stofflichen Nachweis überprüft werden. Weitere Wirkfaktoren (z. B. Gewässerquerungen und Verlegungen) sind in der Bewertung zu berücksichtigen.

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1 Einleitung

Die Europäische Union (EU) verfolgt mit der Wasserrahmenrichtlinie (2000/60/EG) aus dem Jahr 2000 ein ganzheitliches Schutz- und Nutzungskonzept für die europäischen Gewässer. Die Bundesländer erstellen Bewirtschaftungspläne, in denen Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerqualität festgelegt werden. Ziel ist die Erhaltung (Verschlechterungsverbot) und Herstellung (Zielerreichungsgebot) des guten Zustands natürlicher Fließgewässer.

Das Urteil des EuGH vom 1.07.2015 (C-461/13) hat klargestellt, dass jede Verschlechterung des Zustands eines Wasserkörpers zu vermeiden ist. Dabei ist die Genehmigung eines Vorhabens zu versagen, wenn es geeignet ist, den Zustand eines Wasserkörpers zu verschlechtern (Verschlechterungsverbot) oder die Erreichung eines guten Zustands der Oberflächenwasserkörper zu gefährden (Zielerreichungsgebot) (Rdnr. 49 und 50).

Seit einiger Zeit werden daher bei größeren Straßenbauvorhaben sogenannte Fachbeiträge Wasserrahmenrichtlinie erstellt (siehe auch Planfeststellungsrichtlinien). Von der FGSV wurde inzwischen das „Merkblatt zur Berücksichtigung der Wasserrahmenrichtlinie in der Straßenplanung“ (M WRRL) erstellt, dass Empfehlungen zum Inhalt und Aufbau dieser Fachbeiträge gibt. Diese sollen als Prüfbericht dokumentieren und belegen, dass das Vorhaben in seiner geplanten Form, einschließlich der getroffenen Vorkehrungen zur Vermeidung von Verschlechterungen, mit den Vorgaben der WRRL in Übereinstimmung steht. Beurteilungsmaßstab für die Bewirtschaftungsziele nach WRRL ist für die oberirdischen Fließgewässer der Oberflächenwasserkörper bzw. für das Grundwasser der Grundwasserkörper.

2 Aufbau Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie

Der Aufbau eines Fachbeitrags Wasserrahmenrichtlinie gliedert sich nach M WRRL in folgende Bearbeitungsschritte.

  1. Beschreibungen der Merkmale und Wirkungen des Vorhabens
  2. Identifizierung der durch das Vorhaben betroffenen Oberflächen- und Grundwasserkörper
  3. Beschreibung der betroffenen Wasserkörper
  4. Prognose und Bewertung der vorhabenbedingten Wirkfaktoren
  5. Gegebenenfalls Prüfung von Ausnahmen von den Bewirtschaftungszielen

Zeigt die Ermittlung der möglicherweise in Frage kommenden Wirkfaktoren, dass eine Verschlechterung der betroffenen Wasserkörper offensichtlich nicht zu besorgen ist, sollte dies dokumentiert werden. Die dann folgenden Bearbeitungsschritte sind dann nicht mehr notwendig. Diese Vorgehensweise kann insbesondere bei kleineren Maßnahmen gewählt werden.

Können Auswirkungen durch die Wirkfaktoren nicht ausgeschlossen werden, sind die weiteren Bearbeitungsschritte abzuarbeiten. Die durch ein Vorhaben betroffenen Oberflächen- und Grundwasserkörper lassen sich aufgrund der Lage der Straßenbaumaßnahme und anhand der Einteilung der Wasserkörper durch die Wasserwirtschaftsverwaltung ermitteln. Die dazu erforderlichen Daten sind häufig über das Internet veröffentlicht (z. B. https://www.umweltkartenniedersachsen.de) oder sind ansonsten von den zuständigen Stellen abzufragen.

Von der Wasserwirtschaftsverwaltung wird in der Regel eine Zustandsbeschreibung der Wasserkörper bereitgestellt. Für die Oberflächenwasserkörper sind dies u. a. die Angaben nach Tabelle 1. Die Daten können je nach Vorhaben in entscheidungserhebliche Daten und sonstige Daten eingeteilt werden. Dabei sind entscheidungserhebliche Daten die Daten, die für die Begründung, dass ein Vorhaben mit den Bewirtschaftungszielen des WHG vereinbar ist, benötigt werden. Liegen diese Daten nicht bzw. nicht in ausreichender Aktualität vor, so müssen diese Daten in der Regel erhoben werden.

Wesentlicher Inhalt eines Fachbeitrags Wasserrahmenrichtlinie ist die Beurteilung der Straßenbaumaßnahme mit seinen einzelnen Wirkfaktoren in Bezug auf die Wasserrahmenrichtlinie. Neben dem eigentlichen Straßenbau wird dabei auch bewertet, wie sich die Maßnahme unter Berücksichtigung der Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen des landschaftspflegerischen Begleitplans (LBP) und den Maßnahmen der Wassertechnik (Regenwasserbehandlungs- und Retentionsmaßnahmen) auswirkt. Maßstab für die Beurteilung ist dabei, ob durch die Maßnahme das Verschlechterungsverbot der WRRL eingehalten wird und die Maßnahme dem Zielerreichungsgebot der WRRL nicht entgegensteht.

Da die Aussagen einen Teil der UVP-Unterlagen darstellen, ist eine Auslegung des Fachbeitrages zur WRRL erforderlich (vgl. BVerwG 9 A 9.15 vom 28.04.2016).

Tabelle 1: Qualitätskomponenten nach OGewV, ohne Küsten- und Übergangsgewässer (M WRRL)

3 Wirkfaktoren bei Straßenbaumaßnahmen

Bei den Wirkfaktoren ist zunächst zu unterscheiden, ob diese sich auf die Oberflächen – bzw. Grundwasserkörper auswirken. Weiterhin wird nach M WRRL unterteilt, ob sich diese auf die Bauphase, die Anlage oder den Betrieb der Straße beziehen. In Tabelle 2 sind einige der üblichen Wirkfaktoren von Straßenbaumaßnahmen in Bezug auf die Oberflächenwasserkörper zusammengestellt.

Zur systematischen Betrachtung der potenziellen Wirkfaktoren und deren möglicher Relevanz für Verschlechterungen von Wasserkörpern wird nach M WRRL eine tabellarische Ergebnisdarstellung empfohlen (Auszug eines Beispiels; siehe Tabelle 3). Die Relevanz mancher Wirkfaktoren lässt sich aufgrund der jeweiligen Straßenbaumaßnahme einfach und abschließend in einer Kurzbeschreibung in der Tabelle bewerten. Bei einigen Wirkfaktoren wurden in der Wassertechnik bzw. im LBP gegebenenfalls schon Vermeidungsmaßnahmen geplant, um relevante Auswirkungen zu vermeiden (z. B. naturnahe Gewässerplanungen bei Gewässerverlegungen im LBP oder Regenwasserbehandlungsmaßnahmen in der Wassertechnik). In diesen Fällen muss auf diese Maßnahmen verwiesen werden. Jedoch gibt es auch Wirkfaktoren, bei denen die Auswirkungen nicht offensichtlich bewertet werden können. In diesen Fällen sind weitergehende Untersuchungen notwendig, wozu in der Regel auch die Einleitung von Straßenabflüssen oder die Gewässerverlegungen gehören.

Bei der Beurteilung der Frage, ob z. B. die Bauphase eine Verschlechterung darstellt, muss grundsätzlich das gesamte Vorhaben und dessen Auswirkungen nach der Vollendung auf die Oberflächenwasserkörper betrachtet werden. Nachteilige Veränderungen, die nach Fertigstellung wieder beseitigt sind (oder bei denen sogar eine Verbesserung eingetreten ist), stellen keine Verschlechterung dar (siehe LAWA 2017, S. 13). Dies gilt auch für kleinräumige Gewässerverlegungen, bei denen eine naturnahe Gewässergestaltung berücksichtigt wird. Die Planung der naturnahen Gewässerverlegung erfolgt dann aber nicht im Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie, sondern im landschaftspflegerischen Begleitplan (Maßnahmenblatt) bzw. der Wassertechnik.

Tabelle 2: Wirkfaktoren von Straßenbauvorhaben und deren potenzieller Wirkzusammenhang mit den Qualitätskomponenten (QK) und UQN für Oberflächenwasserkörper (OWK) (Auszug M WRRL)

Tabelle 3: Beispiel OWK: Prüfung der Vereinbarkeit einzelner Wirkfaktoren einer Straßenbaumaßnahme mit der WRRL, (Auszug M WRRL)

4 Einleitungen von Straßenabflüssen in Oberflächengewässer

Einleitungen von Straßenabflüssen in Oberflächengewässer haben Auswirkungen auf Abflussmenge und Abflussdynamik sowie auf die Konzentration von unterschiedlichen Stoffen im Gewässer. Die Planung der Straßenentwässerung erfolgt nach REwS (bislang RAS-Ew) im Rahmen der Wassertechnik (Unterlage 18 nach RE – Richtlinien zum Planungsprozess und für die einheitliche Gestaltung von Entwurfsunterlagen im Straßenbau). Dabei werden die notwendigen Maßnahmen zur Regenwasserbehandlung nach dem Emissionsprinzip (der Umfang der Maßnahmen ist abhängig vom DTV, jedoch nicht abhängig vom Gewässer, in das eingeleitet wird) festgelegt. In Wasserschutzgebieten sind zusätzlich die Vorgaben der RiStWag zu beachten.

Ob aufgrund der Belange der Wasserrahmenrichtlinie zusätzliche, immissionsbezogene Maßnahmen erforderlich sind, ist nach den Hinweisen des M WRRL mit einem stofflichen Nachweis im Rahmen des Fachbeitrag WRRL zu überprüfen, worauf nachfolgend etwas detaillierter eingegangen werden soll. Sind zusätzliche Maßnahmen erforderlich, muss in einem iterativen Prozess eine Ergänzung der Wassertechnik erfolgen.

In der Oberflächengewässerverordnung (OGewV) sind in den Anlagen 6 bis 8 die Umweltqualitätsnormen aufgeführt, die für den guten Zustand im Oberflächenwasserkörper eingehalten werden sollen. Beim stofflichen Nachweis wird zunächst über die an der Einleitungsstelle angeschlossene versiegelte Fläche und übliche stoffliche Abtragsfrachten die Menge der von der Straße abgespülten Schmutzstoffe bestimmt. Dann erfolgt in einer Mischungsrechnung im Gewässer eine Abschätzung, wie sich die Einleitung nach einer Regenwasserbehandlung auf das Gewässer auswirkt. Dabei muss die Ausgangsbelastung im Gewässer berücksichtigt werden.

Mit dem Nachweis kann somit geprüft werden, ob eine Regenwasserbehandlung mit Sedimentationsanlagen im Sinne der WRRL ausreichend ist, oder ob Filtrationsanlagen eingesetzt werden müssen. Auch kann mit einer Nachweisführung eine Bewertung erfolgen, wie sich die Restfracht aus einer Regenwasserbehandlungsanlage auf das Gewässer auswirkt.

Eine Abstimmung der Ergebnisse mit der zuständigen Wasserbehörde wird empfohlen. Folgende Punkte sind bei den stofflichen Nachweisen U. a. zu berücksichtigen:

  • Als angeschlossene Flächen an den Einleitungsstellen werden für die Frachtbetrachtungen nur die befestigten Straßenflächen berücksichtigt, die direkt über Abläufe und Kanäle in die Regenbecken entwässern.
  • Straßenabschnitte, die ausschließlich über Bankett und Böschung (bzw. über Versickerungsbecken) Richtung Grundwasser versickern, werden nicht berücksichtigt. Bei dränierten Mulden, bei denen Teile des gereinigten Straßenabflusswasser in die Vorflut eingeleitet werden, sind gesonderte Betrachtungen notwendig.
  • Wird ausschließlich filtriertes Straßenabflusswasser in die Oberflächenwasserkörper eingeleitet, reduziert sich die Anzahl der Parameter, für die noch ein stofflicher Nachweis erforderlich ist, da ein Großteil der Parameter keine Verschlechterung im Sinne der WRRL mehr hervorrufen können.
  • Bei der stofflichen Ausgangsbelastung im Oberflächenwasserkörper ist bei Einleitungen aus Sedimentationsanlagen auch die Wasserhärteklasse zu berücksichtigen, da die Umweltqualitätsnorm für Cadmium davon abhängig ist.
  • Bei den flussgebietsspezifischen Schadstoffen (Anage 6 OGewV) bezieht sich die Umweltqualitätsnorm auf den Schwebstoff/Sediment. Bei Einleitungen aus Sedimentationsanlagen muss daher die Einleitung auf die Konzentration im Schwebstoff/Sediment bezogen werden. Dazu müssen die Schwebstoffkonzentration und die Stoffkonzentration im Schwebstoff/Sediment im Gewässer bekannt sein.
  • Beim chemischen Zustand (Anlage 8 OGewV) ist die Umweltqualitätsnorm für Cadmium, Nickel und Blei nur für die gelösten Schwermetalle Daher müssen hier für den Straßenabfluss auch nur die gelösten Anteile angesetzt werden. Da gelöste Schwermetalle in Sedimentationsanlagen nicht zurückgehalten werden können, wird bei Sedimentationsanlagen als Behandlungsanlage keine Reinigungsleistung angesetzt.
  • Ob eine rechnerische Verschlechterung auch eine Verschlechterung im Sinne der WRRL darstellt, muss anhand der Messbarkeit einer Verschlechterung beurteilt werden.

Zu den allgemeinen physikalisch-chemischen Qualitätskomponenten gehört auch der Salzgehalt (Chlorid). Aufgrund der Besonderheit, dass Chloride über das Streusalz im Winterdienst regional in sehr unterschiedlichen Mengen auf die Straßen aufgebracht werden, müssen die stofflichen Auswirkungen in einer gesonderten Tausalzberechnung abgeschätzt werden.

4.1 Beispiel stofflicher Nachweis

Für ein fiktives Beispielgebiet wird ein grober Überblick über einen stofflichen Nachweis gegeben. Durch eine geplante Straßenbaumaßnahme kommt es in dem Beispielgebiet zu vier Einleitungen der Straßenentwässerung aus den Regenwasserbehandlungsanlagen (Retentionsbodenfilter) RBF 1-4 in den Oberflächenwasserkörper (OWK) A. Würde auch noch zusätzlich eine Einleitung in einen oberhalb gelegenen OWK erfolgen, so müsste für den Nachweis im OWK A auch noch die oberhalb gelegene Einleitung mitberücksichtigt werden. Die Lage der RBF mit den Einleitstellen sind im Bild 1 dargestellt.

Bild 1: Lage OWK und Einleitstellen

Die Ermittlung der Konzentration bezüglich der Umweltqualitätsnormen der OGewV erfolgt nach dem Vorgehen des M WRRL. Die stofflichen Nachweise werden dabei für die straßentypischen Parameter geführt, für die die Konzentration im Straßenabfluss über der Umweltqualitätsnorm liegt, so dass theoretisch eine Verschlechterung möglich wäre.

Die Zu- und Ablaufbelastung der Behandlungsanlagen und das Vorgehen für die Mischungsrechnungen im Gewässer werden nach M WRRL gewählt. Als repräsentativer Beurteilungspunkt (Nachweisstelle) wird in Abstimmung mit der zuständigen Wasserbehörde das Ende des OWK vor Einmündung in den nächsten OWK festgelegt. Das Ergebnis für eine Behandlung über Bodenfilteranlagen ist in der Tabelle 4 dargestellt. Zu erkennen ist bei diesem auszugsweise dargestellten Beispiel, dass bei einer Behandlug über Retentionsbodenfilter die resultierende Gewässerkonzentration nach der Einleitung geringer ist als die Umweltqualitätsnorm, so dass keine Verschlechterung zu erwarten ist.

Tabelle 4: Ermittlung der OWK-Konzentration nach Einleitung von Straßenabfluss über Retentionsbodenfilter in OWK A bezogen auf die JD-UQN

4.2 Tausalz

Neben den zuvor genannten Paramtern ist als straßenspezifische Auswirkung in der Betriebszeit der Straße auch der Chlorid-Eintrag in Gewässer über den Winterdienst zu berücksichtigen. Für Chlorid sind in Anlage 7 der OGewV (allgemein physikalisch-chemischen Qualitätskomponenten) Jahresmittelwerte von 200 mg/l für den überwiegenden Teil der Gewässertypen für den guten Zustand angegeben. In den Regenwasserbehandlungsanlagen kann Chlorid aufgrund seiner guten Löslichkeit nicht zurückgehlaten werden, so dass bei den Tausalzberechnungen eine Reinigungsleistung dieser Anlagen gegenüber dem Parameter Chlorid nicht angesetzt werden kann.

Bei geplanten Straßenbaumaßnahmen erfolgt über Tausalzberechnungen eine Abschätzung, wie sich die jährliche Chloridfracht auf die mittlere Chloridkonzentration im Gewässer auswirken wird. Vereinfachend wird dabei häufig von der Annahme ausgegangen, dass die gesamte ausgebrachte Chloridfracht langfristig in ein Oberflächengewässer gelangt (Annahme auf der sicheren Seite). Für die Abschätzung werden u. a. folgende Angaben benötigt:

  • mittlere ausgebrachte Tausalzmenge
  • gestreute Straßenfläche
  • Entwässerungssystem (Entwässerung über Bankett und Böschung in das Grundwasser bzw. über Ablauf und Kanal in die Oberflächengewässer)
  • Einzugsgebiet Oberflächenwasserkörper
  • Abflussdaten Oberflächenwasserkörper
  • Ausgangsbelastung Cl im Oberflächenwasserkörper.

Es wird davon ausgegangen, dass keine Verschlechterung eintritt, wenn die berechnete Erhöhung unter dem Jahresmittelwert von 200 mg/l liegt. Für kurzzeitige Belastungen mit Chlorid sind in der OGewV keine Qualitätsziele vorgegeben, so dass in der Regel nur der Nachweis für den Jahresmittelwert erfolgt.

Hinweis:

Der Auszug aus dem Regelwerk FGSV 513, Ausgabe 2021, ist mit Erlaubnis der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V. auszugsweise wiedergegeben worden. Maßgebend für das Anwenden des FGSV-Regelwerkes ist dessen Fassung mit dem neuesten Ausgabedatum, die beim FGSV Verlag, Wesselinger Str. 15-17, 50999 Köln, www.fgsv-verlag.de, erhältlich ist.

Literaturverzeichnis

LAWA 2017: Handlungsempfehlung Verschlechterungsverbot, Ständiger Ausschuss der LAWA Wasserrecht (LAWA-AR), LAWA Bund-/Länder Arbeitsgemeinschaft Wasser, 16./17. März 2017

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Merkblatt zur Berücksichtigung der Wasserrahmenrichtlinie in der Straßenplanung (M WRRL), Ausgabe 2021, Köln (FGSV 513)

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Richtlinien für die Entwässerung von Straßen (REwS), Ausgabe 2021, Köln (FGSV 539)

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Richtlinien für bautechnische Maßnahmen an Straßen in Wasserschutzgebieten (RiStWag), Ausgabe 2016, Köln (FGSV 514)