FGSV-Nr. | FGSV 001/29 |
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Ort | Bonn |
Datum | 23.10.2024 |
Titel | Zwischen Altbewährtem, aktuellen Anforderungen und zukünftigen Trends – Was macht einen guten Nahverkehrsplan aus? |
Autoren | Univ.-Prof. Dr.-Ing. Carsten Sommer, Dipl.-Ing., M. Sc. Natalie Schneider, Dr.-Ing. Timo Barwisch, Dr.-Ing. Wolfgang Wolf |
Kategorien | Kongress |
Einleitung | Nahverkehrspläne stellen die wesentliche Grundlage für die Planung, Organisation und Ausgestaltung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) dar. Für das Land Hessen wurden in diesem Zusammenhang die „Empfehlungen für die Fortschreibung lokaler Nahverkehrspläne in Hessen“ grundlegend überarbeitet. Mit dem Leitfaden soll zum einen den Aufgabenträgern im ÖPNV und zum anderen den bearbeitenden Ingenieur büros ein zeitgemäßes Hilfsmittel an die Hand gegeben werden, das mit Hinweisen und Empfehlungen zur Ausschreibung, zu formalen und gesetzlichen Vorgaben, zu Querschnittsthemen und zu den einzelnen Bearbeitungsschritten durch den gesamten Aufstellungsprozess führt. Die NVP-Empfehlungen rücken den NVP-Erstellungsprozess in den Fokus, da gerade dieser für die spätere erfolgreiche Umsetzung von ÖPNV-Projekten, basierend auf den Aussagen des NVP, ein bestimmender Faktor ist. Das heißt auch, dass die Empfehlungen insbesondere für Personen, die sich mit der Planung und Erstellung von Nahverkehrsplänen befassen, einen Orientierungsrahmen bieten. Die Empfehlungen beziehen sich zwar im Konkreten auf die Fortschreibung von NVP in Hessen, sie zeigen jedoch in einfachen Schritten auf, was einen guten NVP zwischen Altbewährtem, aktuellen Anforderungen und zukünftigen Trends ausmacht. Der nachfolgende Text basiert auf der Grundlage des Fachbeitrags „Hessen: Aktualisierte Empfehlungen für die Fortschreibung lokaler Nahverkehrspläne“, der im April 2024 in DER NAHVERKEHR erschienen ist (vgl. BARWISCH et al 2024). |
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Volltext | Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.1 Zur Einordnung: Der Nahverkehrsplan am Beispiel Hessen1.1 Der Nahverkehrsplan als RahmenplanDas Instrument Nahverkehrsplan (NVP) stellt die wesentliche Grundlage des Aufgabenträgers für die Planung, Organisation und Ausgestaltung des Öffentlichen Personennahverkehrs dar. Im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) § 8 Förderung der Verkehrsbedienung und Ausgleich der Verkehrsinteressen im öffentlichen Personennahverkehr Absatz 3 steht: „Für die Sicherstellung einer ausreichenden, den Grundsätzen des Klimaschutzes und der Nachhaltigkeit entsprechenden Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr, sind die von den Ländern benannten Behörden (Aufgabenträger) zuständig. Der Aufgabenträger definiert dazu die Anforderungen an Umfang und Qualität des Verkehrsangebotes, dessen Umweltqualität sowie die Vorgaben für die verkehrsmittelübergreifende Integration der Verkehrsleistungen in der Regel in einem Nahverkehrsplan. Der Nahverkehrsplan hat die Belange der in ihrer Mobilität oder sensorisch eingeschränkten Menschen mit dem Ziel zu berücksichtigen, für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs bis zum 1. Januar 2022 eine vollständige Barrierefreiheit zu erreichen. Die in Satz 3 genannte Frist gilt nicht, sofern in dem Nahverkehrsplan Ausnahmen konkret benannt und begründet werden. Im Nahverkehrsplan werden Aussagen über zeitliche Vorgaben und erforderliche Maßnahmen getroffen. Bei der Aufstellung des Nahverkehrsplans sind die vorhandenen Unternehmer frühzeitig zu beteiligen; soweit vorhanden sind Behindertenbeauftragte oder Behindertenbeiräte, Verbände der in ihrer Mobilität oder sensorisch eingeschränkten Fahrgäste und Fahrgastverbände anzuhören. Ihre Interessen sind angemessen und diskriminierungsfrei zu berücksichtigen. Der Nahverkehrsplan bildet den Rahmen für die Entwicklung des öffentlichen Personennahverkehrs. Die Länder können weitere Einzelheiten über die Aufstellung und den Inhalt der Nahverkehrspläne regeln.“ Mit dem Aufstellen bzw. der Fortschreibung des NVP sollen demnach die verkehrlichen, sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Ziele für die weitere Ausrichtung des ÖPNV in den nächsten Jahren überprüft und gegebenenfalls neu festgelegt werden. 1.2 Lokale und regionale Nahverkehrspläne in HessenDie Aufstellung und Fortschreibung von NVP in Hessen erfolgt auf Grundlage des oben genannten Personenbeförderungsgesetzes (§ 8 Abs. 3 PBefG) und des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Hessen (§ 14 ÖPNVG). Die Aufgabenträger – in Hessen die Landkreise, kreisfreien Städte und Sonderstatusstädte – haben die Verantwortung zur Ausgestaltung und Finanzierung des lokalen ÖPNV gesetzlich übertragen bekommen. Zu den Verpflichtungen der Aufgabenträgerschaft im ÖPNV gehört auch die Festschreibung der Rahmenplanung für die kontinuierliche Weiterentwicklung des ÖPNV, die im NVP ihren Ausdruck findet. Die NVP werden durch die Aufgabenträger oder auch die lokalen Aufgabenträgerorganisationen aufgestellt. Die Verkehrsverbünde (RMV, NVV und VRN) erarbeiten verbundweite Nahverkehrspläne (oder auch Regionale Nahverkehrspläne, kurz RNVP), die sich insbesondere auf den SPNV, regional bedeutsame Busangebote sowie übergeordnete Aussagen fokussieren. Im Rahmen des planerischen Gegenstromprinzips sind die lokalen NVP aus den RNVP zu entwickeln, genauso wie die RNVP die Inhalte der lokalen NVP zu berücksichtigen haben (§ 14 Abs. 6 ÖPNVG). In diesem Sinne können und sollen die lokalen NVP auch den SPNV betreffende Hinweise und Anliegen formulieren, weil dieser fast immer auch eine übergeordnete Verkehrsbedeutung auf lokaler Ebene übernimmt. Die Auseinandersetzung und Konkretisierung dieser Aspekte erfolgt dann im RNVP. 1.3 Empfehlungen für die Fortschreibung lokaler Nahverkehrspläne für das Land HessenIm Jahr 2002 wurden durch das Hessische Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen (heute Hessen Mobil) die Empfehlungen für die Fortschreibung von lokalen Nahverkehrsplänen (NVP) in Hessen herausgegeben. Die Empfehlungen bauten auf dem 1995 erschienenen „Leitfaden für die Aufstellung von Nahverkehrsplänen in den Landkreisen des Landes Hessen“ auf. Analysen und Gespräche mit den lokalen und regionalen Aufgabenträgern in Hessen haben ergeben, dass die Empfehlungen auch etwa 20 Jahre nach ihrem Erscheinen eine hohe Planungsrelevanz haben. Da sich jedoch verschiedene Rahmenbedingungen im ÖPNV über die Zeit geändert haben – so sind beispielsweise Gesetze und Verordnungen hinzugekommen und novelliert worden –, wurden die NVP-Empfehlungen von Hessen Mobil zusammen mit plan:mobil Verkehrskonzepte & Mobilitätsplanung und dem Fachgebiet Verkehrsplanung und Verkehrssysteme der Universität Kassel grundlegend überarbeitet. Im Rahmen der Überarbeitung wurden alle aktuell gültigen lokalen NVP in Hessen evaluiert, Interviews mit ausgewählten Aufgabenträgern geführt, Abstimmungen mit den Verkehrsverbünden vorgenommen sowie bundesweite Erfahrungen zum Themenkomplex der Bearbeitung von NVP aufgegriffen. Die aus diesen Arbeitsschritten abgeleiteten Erkenntnisse wurden vor dem Hintergrund globaler Trends und aktueller Anforderungen diskutiert und für die novellierten „Empfehlungen für die Fortschreibung lokaler Nahverkehrspläne in Hessen“ zusammengefasst (vgl. HESSEN MOBIL 2023). 2 Was macht einen guten Nahverkehrsplan aus?2.1 Anforderungen an einen NahverkehrsplanAls Rahmenplan für den ÖPNV ist ein NVP ein sektoraler Plan. Das PBefG eröffnet trotz eines darin klar definierten Auftrages flexible Ausgestaltungsmöglichkeiten für den NVP. Da sich der NVP im Spannungsfeld unterschiedlicher Anforderungen bewegt, die vor allem zeitlicher, aber auch inhaltlicher Natur sind, unter anderem kann die fachlich nachvollziehbare Forderung nach einer stärker integrierten und verkehrsträgerübergreifenden Planung den sektoralen Charakter des NVP aufweichen. Zusätzlich zu unterschiedlichen und teils widersprüchlichen Anforderungen kristallisieren sich oft auch weitere Funktionen bzw. Rollen, die ein NVP erfüllen soll, heraus:
Diese unterschiedlichen Anforderungen und Funktionen bedeuten auch, dass es Pflichtthemen gibt, die gemäß PBefG bzw. der ÖPNV-Gesetze der Länder (wenn vorhanden) festgelegt sind. Diese Anforderungen an den NVP als sektoralen Rahmenplan sind entsprechend „gesetzt“. Zu unterscheiden davon, auch im Erstellungs- und Beteiligungsprozess, sind Themen zur „Kür“, beispielsweise die von vielen Akteuren gewünschte Auseinandersetzung mit weitergehenden Mobilitätsthemen, die zum einen im oben genannten Widerspruch zum Fokus des NVP auf den ÖPNV stehen, und zum anderen auf Bearbeitungsebene zusätzliche, ggf. nicht leistbaren Aufgaben (z.B. fehlende Kapazitäten, Ressourcen, Zuständigkeiten und Kompetenzen) bedeuten. 2.2 Frühzeitige Vorbereitung als Grundlage für einen guten NahverkehrsplanWie oben beschrieben bewegt sich der NVP im Spannungsfeld unterschiedlicher Anforderungen, die vor allem zeitlicher, aber auch inhaltlicher Natur sind. Es ist daher hilfreich, frühzeitig wichtige Grundsatzentscheidungen zu fällen. Diese Grundsatzentscheidungen sollten schon im Vorfeld der eigentlichen NVP-Erarbeitung getroffen werden, weil sie maßgeblich den Prozess und das Ergebnis beeinflussen. Das betrifft vor allem folgende Fragestellungen:
Dabei ist für den Erfolg eines NVP weniger maßgeblich, zu welchen Gunsten die Entscheidung getroffen wurde, als vielmehr sich frühzeitig mit den hier aufgelisteten Themen auseinanderzusetzen und für die eigenen aufgabenträgerspezifischen Besonderheiten schon im Vorfeld der NVP-Erstellung zielgerichtete Entscheidungen zu fällen. Es sollte darauf Wert gelegt werden, dass zu lange Aufstellungsprozesse vermieden werden, da die Aktualität der Ereignisse oftmals die Planung einholt und im Erstellungsprozess zu weiteren Zeitverzügen führt. Gegebenenfalls sollte der Fokus im Sinne einer Dynamisierung des NVP stärker auf eine gezielte und themenbezogene Teilfortschreibung gelegt werden, so die Aktualität anderer Themenbereiche dies zulässt. Auch die Datensammlung, -gewinnung und -bereitstellung für die Erarbeitung des NVP kann im Vorfeld geschehen und führt zu einer schlankeren und effizienteren NVP-Erarbeitung. Bedeutend für den ÖPNV und seine Planung sind auch die Konzessionslaufzeiten der Verkehre und die damit verbundenen notwendigen zeitlichen Vorläufe für anstehende Vergabeverfahren. Dies ist im Zeitplan des NVP-Erarbeitungsprozesses zu beachten und bestimmt darüber hinaus maßgeblich den richtigen Zeitpunkt einer Neuaufstellung oder Fortschreibung. 2.3 Inhalte eines guten Nahverkehrsplans2.3.1 Umfang und SchwerpunktsetzungUmfang und inhaltliche Schwerpunktsetzung sollten sich an dem Ziel eines NVP orientieren, der als Rahmenkonzept wahrgenommen und genutzt wird. Das heißt zum einen, dass gegebenenfalls das sogenannte Anforderungsprofil und das Angebotskonzept eine größere Bedeutung haben und hierfür mehr Raum im NVP gegeben werden sollte als beispielsweise für die Bestandsaufnahme, auch wenn diese für den Erarbeitungsprozess ebenso wichtig und eventuell sogar arbeitsintensiver ist. Zum anderen sollten weniger relevante Inhalte in einen Anhang ausgelagert werden. 2.3.2 Empfehlungen zu Querschnittsthemen eines guten NVPDie Themen Barrierefreiheit, Klimaschutz sowie Intermodalität und Mobilitätsmanagement sind Querschnittsthemen, die sich nicht nur einem konkreten Arbeitsschritt der NVP-Erstellung zuordnen lassen, sondern in verschiedenen Kapiteln des NVP berücksichtigt werden müssen. Angesichts der seit dem Jahr 2013 geltenden Regelung des § 8 Abs. 3 PBefG zur Herstellung der vollständigen Barrierefreiheit gilt nach Ablauf der hierfür vorgesehenen Frist zum 1. Januar 2022 nunmehr als Maßstab für die NVP die schnellstmögliche Umsetzung der rechtlichen Vorgaben des § 8 Abs. 3 PBefG. Die Aufgabenträger müssen in Bezug auf die derzeitigen und zukünftigen Verkehrsleistungen evaluieren, ob diese den Anforderungen an die vollständige Barrierefreiheit genügen und falls nicht, wie diese ermöglicht werden kann. Als Thema von globaler Tragweite hat der Klimaschutz in den letzten Jahren ständig an Dringlichkeit gewonnen. Das Bundes-Klimaschutzgesetz und ggf. Klimaschutzgesetze der Länder legen Ziele zur Minderung der Treibhausgasemissionen fest, die bei der NVP-Erarbeitung zu berücksichtigen sind. Daraus folgt unter anderem, dass im NVP konkrete Zielwerte und Zeithorizonte zur Emissionsminderung festgelegt und im Rahmen der Maßnahmenuntersuchung beachtet werden müssen. Dies gilt auch für die Vorgaben des Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetz. Da die Bewältigung der sogenannten ersten und letzten Meile ein bekanntes Nutzungshemmnis des ÖPNV ist, kommt der Verknüpfung mit anderen Verkehrsmitteln eine wichtige Rolle bei der Attraktivitätssteigerung des ÖPNV zu. Auch kann die Verlagerung von Wegen auf den ÖPNV durch ein spezielles, auf die entsprechende Zielgruppe zugeschnittenes Mobilitätsmanagement erreicht werden. Die NVP-Empfehlungen greifen hier insbesondere das Spannungsverhältnis auf, dass mögliche Maßnahmen zur Verbesserung der geschilderten Situation auch außerhalb des klassischen ÖPNV zu suchen sind und somit de jure auch der Hoheitsrahmen des NVP verlassen wird. 2.3.3 Empfehlungen zu den Arbeitsschritten eines guten NVPDie nachfolgend dargelegten Arbeitsschritte des NVP-Planungsprozesses lehnen sich an die Empfehlungen für Verkehrsplanungsprozesse (EVP) der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen an (vgl. FGSV 2018). Diese wurden hier, unter Berücksichtigung der Mindestinhalte eines NVP gemäß ÖPNVG (dem ÖPNV-Gesetz in Hessen), auf die wesentlichen Aspekte der NVP-Erstellung reduziert. Nach diesem Verständnis ist Verkehrsplanung ein iterativer Prozess mit zahlreichen Rückkopplungen, der im Wesentlichen folgende Planungsphasen umfasst:
Die angestrebte Weiterentwicklung des ÖPNV sollte in Form eines hierarchischen Zielsystems (zum Beispiel Leitbild, Oberziele und Handlungsziele) definiert und über messbare Indikatoren quantifiziert werden. Angestrebte Entwicklungen können beispielsweise über die Veränderung des Modal Split, den Zugewinn an Fahrgästen oder über ein konkretes Zielszenario operationalisiert werden. Grundsätzlich sollten die Ziele im Rahmen (des Prozesses) der Nahverkehrsplanung kontinuierlich weiterentwickelt und an neue Rahmenbedingungen und übergeordnete Vorgaben angepasst werden. Die Qualitätsstandards sollen gemäß EVP auf Grundlage der zuvor definierten Ziele entwickelt werden. Zusätzlich zu einer zu definierenden und einzuhaltenden Mindestqualität sollte eine wünschenswerte Qualität gesondert dargestellt werden, um Raum für ambitioniertere Ziele zu geben, bei gleichzeitiger Berücksichtigung finanziell limitierter Handlungsspielräume. Die Mängelanalyse soll gemäß EVP an den Planungszielen ausgerichtet sein, zu allen Aspekten des Anforderungsprofils erfolgen und nicht nur auf die Bereiche beschränkt werden, die aktuell problematisch erscheinen. Es wird empfohlen, vor der Benennung konkreter Einzelmaßnahmen ein Grob- oder Rahmenkonzept zu entwickeln, das übergeordnete Maßnahmen beziehungsweise Handlungsfelder definiert. Für eine spätere Umsetzung der NVP-Maßnahmen empfiehlt es sich, die Einzelmaßnahmen in Steckbriefform zu entwickeln. Darin sollte neben einer Beschreibung der Maßnahme, deren Verortung und den zu erwartenden Wirkungen auch auf die Vereinbarkeit mit anderen (Rahmen‑) Plänen eingegangen und ein Umsetzungshorizont genannt werden. Bei der Wirkungsabschätzung von Maßnahmen sind Verkehrsmodelle ein wichtiges Instrument, insbesondere bei Maßnahmen im Verkehrsangebot. Liegt ein gut gepflegtes und aktuelles Verkehrsmodell im Geltungsgebiet des NVP vor, soll dieses auch für die NVP-Erstellung genutzt werden. Das Finanzierungskonzept soll alle Maßnahmen mit den geschätzten Kosten beziehungsweise Einnahmen und eine Priorisierung enthalten. Es wird empfohlen, grobe Kostenabschätzungen und Umsetzungshorizonte sowie gegebenenfalls die Beteiligten oder Verantwortlichen für Einzelmaßnahmen in die Maßnahmensteckbriefe zu integrieren. Im Sinne einer kontinuierlichen Nahverkehrsplanung soll gemäß EVP während der Umsetzungsphase in regelmäßigen Abständen eine Wirkungskontrolle für alle geplanten bzw. umgesetzten Maßnahmen stattfinden. Durch die dargestellte stufenweise Erarbeitung des NVP ist nicht nur die Nachvollziehbarkeit der Maßnahmen gegeben, sondern auch ein effizientes Werkzeug für eine spätere Wirkungskontrolle entstanden. Die Ergebnisse dieser Wirkungskontrolle sollten dann in die Evaluation im Rahmen der Bestandsaufnahme im nachfolgenden NVP einfließen. Es wird empfohlen, regelmäßig - zum Beispiel jährlich - in politischen Ausschüssen vom Umsetzungsstand des NVP zu berichten. 3 FazitDie „Empfehlungen für die Fortschreibung lokaler Nahverkehrspläne in Hessen“ dienen als umfassender Leitfaden für die Erstellung und Überprüfung des „eigenen“ NVP. Der Leitfaden adressiert primär die Personen, die als Aufgabenträger im ÖPNV bzw. als beauftragte Dienstleister bei der Erstellung bzw. Fortschreibung der NVP mitwirken. Ein guter NVP muss sowohl die ökologischen als auch die sozialen und wirtschaftlichen Ziele des ÖPNV und des Aufgabenträgers berücksichtigen und neu in Bezug setzen. Dabei spielen die Verknüpfung der Nahverkehrspläne mit weiteren Rahmenplänen, Konzepten und Querschnittsthemen sowie die Beachtung gesetzlicher Vorgaben eine zentrale Rolle. In Hessen etwa schreibt das PBefG und das hessische ÖPNVG die Erstellung solcher Pläne sowie die Pflichtthemen eines NVP vor. Die Erarbeitung eines guten NVP verlangt eine frühzeitige Auseinandersetzung mit wesentlichen Fragestellungen wie dem zeitlichen Horizont durch z. B. anstehende Vergaben, der Datenlage und der Dimensionierung von Beteiligung. Der Prozess sollte flexibel genug sein, um auf aktuelle Anforderungen reagieren zu können. Wesentlich bei der Erstellung ist eine klare Definition von Zielen und Qualitätsstandards (Anforderungsprofil) sowie einer dem Auswertungsbedarf angepassten Bestandsaufnahme, aus der sich eine Mängelanalyse ergibt. Die daraus abzuleitenden Handlungsbedarfe münden in ein Maßnahmenkonzept. Das schließt finanzielle Überlegungen und gegebenenfalls die Anpassung an übergeordnete Entwicklungspläne wie Lärmschutz- oder Klimaschutzpläne ein. Bei aller Empfehlung nach frühzeitigen Grundsatzentscheidungen und ausreichender Berücksichtigung von Zeithorizonten ist es trotzdem wichtig, dem NVP und der Erstellung dessen eine gewisse Dynamisierung zu erlauben, um flexibel auf rasch ändernde Rahmenbedingungen reagieren zu können; deshalb sollten themenspezifische Teilaktualisierungen in Betracht gezogen werden, um den NVP dynamisch, aktuell und relevant zu halten. LiteraturverzeichnisBarwisch, T; Schneider, N; Sommer, C; Wolf, W (2024): Hessen: Aktualisierte Empfehlungen für die Fortschreibung lokaler Nahverkehrspläne“. Der Nahverkehr, Heft 4/2024, DVV Media Group, Hamburg, S. 45 - 49. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2018): EVP – Empfehlungen für Verkehrsplanungsprozesse. FGSV Verlag, Köln. Hessen Mobil (2023): Empfehlungen für die Fortschreibung lokaler Nahverkehrspläne in Hessen. Online verfügbar unter: https://mobil.hessen.de/sites/mobil.hessen.de/files/2023-11/2023-11_NVP-Empfehlungen.pdf |