FGSV-Nr. FGSV 001/21
Ort Karlsruhe
Datum 11.10.2006
Titel Lärmarme Fahrbahnoberflächen: Betonbauweisen – Neuer Standard für die Oberfläche
Autoren RDir.‘in Dipl.-Ing. Beata Krieger, Dipl.-Ing. Nina Sliwa
Kategorien Kongress
Einleitung

Fahrbahndecken aus Beton bieten für stark belastete Bundesautobahnen eine dauerhafte Lösung. Weitere Vorteile liegen darin, dass nur einheimische Materialien benötigt werden und die Oberfläche frei gestaltet werden kann. Im Frischbeton kann die Fahrbahnoberfläche quer zur Fahrtrichtung mit Besen und in Fahrrichtung mit Jutetuch, Stahl- oder Piassava-Besen sowie Kunstrasen strukturiert werden, um nur einige gängige Strukturierungsmethoden zu benennen. Der frische Oberflächenmörtel kann aber auch entfernt werden, so dass das Gerüst der freigelegten groben Gesteinkörnungen eine Waschbetonstruktur bildet.

Im Hinblick auf die Verkehrssicherheit bietet zum Bespiel eine Betonoberfläche mit eingeprägter Besen-Struktur quer zur Fahrrichtung eine sehr griffige jedoch nicht lärmmindernde Texturvariante (DStrO=+1 dB(A)). Aus diesem Grund kann sie nur dort verwendet werden, wo keine besonderen Anforderungen hinsichtlich des Lärms vorhanden sind. In allen anderen Fällen durften bis Mitte 2006 nur lärmmindernde Beläge wie zum Beispiel mit Jutetuch strukturierter Beton (DStrO=-2 dB(A)) gebaut werden. Durch die jahrelangen Beobachtungen wurde jedoch deutlich, dass die Griffigkeit der Fahrbahnoberflächen mit Jutetuchtextur im Laufe der Nutzungsdauer signifikant abnimmt. Dies führte zu der Entscheidung, Betonoberflächen mit Jutetuchtextur durch eine andere dauerhaft griffige Oberfläche zu ersetzen. Die Wahl fiel auf den Waschbeton. Durch das Ausbürsten des Oberflächenmörtels wird das Korngerüst der Gesteinskörnungen freigelegt und damit der endgültige Zustand der Betonoberfläche hergestellt. Dabei gewährleisten hochwertige grobe Gesteinskörnungen (PSV > 53) eine dauerhafte Qualität der Griffigkeit. Gleichzeitig ist die Schallemission derartiger Oberflächen um 2 dB(A) niedriger (DStrO= -2 dB(A)) als für den Referenzbelag aus nicht geriffeltem Gussasphalt.

Mit Einführung der Allgemeinen Rundschreiben Straßenbau (ARS) Nr. 5/2006 „Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen“ (RLS-90) und ARS Nr. 14/2006 „Fahrbahndecken aus Beton mit Waschbetonoberflächen“ wurde diese Bauweise als neuer Standard für eine lärmmindernde Betonfahrbahnoberfläche etabliert.

Es ist zu erwarten, dass Waschbeton ab sofort verstärkt gebaut wird. Dabei kommt der Qualität der Ausführung eine besondere Bedeutung zu, da derartige Oberflächen gleichmäßig auszubürsten sind. Zwar legt das ARS Nr. 14/2006 die Ausbürsttiefe nicht fest, sie ist jedoch im Merkblatt für die Herstellung von Oberflächentexturen auf Fahrbahndecken aus Beton“ (M OB) mit 0,8 mm (Waschbeton 0/8) empfohlen. Bei der Ermittlung der optimalen Auswaschtiefe werden noch Potenziale für akustische Optimierung des Waschbetons gesehen. Mit der Inbetriebnahme des Prüfstandes Fahrbahn-Fahrzeug in der BASt eröffnet sich die Möglichkeit, diese Fragestellung weiter zu erforschen. Darüber hinaus besteht eine weitere Möglichkeit, mit dem Rechenmodell „SPERoN“ eine Vorhersage der Lärmemission in Abhängigkeit von der Auswaschtiefe vorzunehmen. Diese Forschungsarbeiten werden im Rahmen des Projektes „Leiser Straßenverkehr 2“ durchgeführt. Sollten sich hierbei erfolgversprechende Ergebnisse ergeben, wird im Jahre 2007 in Nordrhein-Westfalen eine erste Beobachtungsstrecke aus akustisch optimiertem Waschbeton gebaut.

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1  Einleitung

Dauerhafte Fahrbahndecken aus Beton werden seit vielen Jahren erfolgreich hergestellt. Nichts desto trotz ist eine Weiterentwicklung erforderlich, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden. Wesentliche Herausforderungen sind neben der zunehmenden Verkehrsbelastung die Verkehrssicherheit, die Umweltverträglichkeit sowie die Wirtschaftlichkeit. Der Optimierung der Oberflächeneigenschaften ist dabei besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Mit dem Ziel ausreichend griffige und lärmarme Betonfahrbahndecken zu entwickeln, wurden und werden in mehreren Forschungsprojekten Untersuchungen an verschiedenen Oberflächenausführungen durchgeführt. Das Herstellen der Betonoberflächentextur variiert zwischen dem Abziehen der frischen Betonoberfläche sowohl in Längsrichtung mit z. B. Jutetuch, Kunstrasen, Besen oder Jutetuch plus Kamm als auch quer zur Fahrtrichtung mit Besen und dem Abbürsten des frischen Oberflächenmörtels in Anlehnung an die Waschbetontechnik. Bis Anfang 2006 waren die Varianten der im frischen Zustand abgezogenen Betondecke sowohl quer zur Fahrtrichtung mit einem Stahlbesen als auch in Fahrtrichtung mit einem Jutetuch im Regelwerk verankert.

2  Gesetzliche Grundlage für den Lärmschutz an Straßen

Die gesetzliche Grundlage für den Lärmschutz beim Neu- und Ausbau von Straßen bildet die 16. Verkehrslärmschutzverordnung zusammen mit den „Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen“ (RLS-90), Ausgabe 1990 [1]. Im Vergleich zur Vorgängerregelung wurden die Immissionsgrenzwerte deutlich abgesenkt, so dass der aktive Lärmschutz an seine Grenzen stößt und die Reifen/Fahrbahn-Geräusche einen Beitrag zur Lärmminderung leisten müssen. Mit dem „Allgemeinen Rundschreiben Straßenbau (ARS) Nr. 14/1991“ wurde verschiedenen Fahrbahnoberflächenausführungen Korrekturwerte – DStrO – zuerkannt und damit die Tabelle 4 der RLS-90 ergänzt. Neben diesem Korrekturwert fließen in die Berechung des Beurteilungspegels einer Straße auch Parameter wie Verkehrsstärke, Lkw-Anteil und zulässige Höchstgeschwindigkeit ein.

Tabelle 1: Korrekturwerte DStrO gemäß Tabelle 4 der RLS-90

Die Ermittlung des Korrekturwertes für die Straßenoberfläche erfolgt nach der „Statistischen Vorbeifahrtmethode (SPB)“ gemäß DIN EN ISO 11819-1 [2]. Im Vergleich zu einem Referenzbelag aus nicht geriffeltem Gussasphalt erhält eine Fahrbahnoberfläche entweder einen Bonus oder einen Malus. Nach 1991 kamen verstärkt lärmmindernde Bauweisen wie Splittmastixasphalt und Beton mit Jutetuchlängstexturierung zur Anwendung. Anfang 2006 wurde die Bauweise Beton mit Jutetuchlängstexturierung gegen die ebenfalls lärmmindernde Bauweise Waschbeton ausgetauscht. Derzeit enthält die Tabelle 4 der RLS-90 sechs Oberflächenausführungen, die in der Tabelle 1 zusammengefasst sind.

Mit einem „Allgemeinen Rundschreiben“ führte das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Anfang 2001, die in den ZTV Beton-StB 01 festgelegten Griffigkeitsanforderungen ein [3]. Damit wurde erstmalig zum Zeitpunkt der Abnahme sowie nach Ablauf der Verjährungsfrist vertragrelevante Daten für die Griffigkeit von Fahrbahnoberflächen verbindlich. Über die Nutzungsdauer der Oberflächenausführung mit Jutetuch zeigte sich eine reduzierte Griffigkeit der Oberfläche im Vergleich zu einer Waschbetontextur (Bild 1). Basierend auf diesen Erfahrungen wurde mit dem ARS Nr. 5/2006 die Betonoberfläche in den RLS-90 ausgetauscht. Somit wurde eine neue Standardoberfläche für Betonfahrbahndecken eingeführt.

Bild 1: Verlauf der Griffigkeit nach Verkehrsfreigabe von Betonoberflächen aus Jutetuch, Kunstrasen und Waschbeton

 

3  Herstellung von Waschbetonoberflächen unter Berücksichtigung der Regelungen in den zukünftigen ZTV Beton-StB

Die Herstellung der Betondecke mit einer Waschbetonberfläche erfolgt in zweischichtiger Bauweise. Nach den zukünftigen ZTV Beton-StB [4] muss die Dicke des verdichteten Oberbetons mindestens 5 cm betragen. Die Zusammensetzung des Oberbetons ist für die spätere Oberflächengestalt entscheidend. Die Kornzusammensetzung kann stetig oder intermittierend sein. Nach österreichischen Untersuchungen wird mit einer intermittierenden Sieblinie eine dichtere Anordnung der groben Gesteinskörnungen an der Oberfläche erzielt als mit einer stetigen [5]. Die Auswirkungen einer dichteren Anordnung auf die Oberflächeneigenschaften ist bisher noch nicht untersucht. Eine regelmäßige Anordnung der kubisch gebrochenen Gesteinskörner des freigelegten Korngerüsts sowie eine Oberflächentexturtiefe (Rautiefe) ³ 0,6 mm gewährleisten ein sehr gutes Griffigkeitsniveau. Darüber hinaus trägt sie zum Abbau der infolge aerodynamischer Vorgänge in der Kontaktfläche Fahrzeug/Fahrbahn entstehenden Geräusche bei. Nach der zukünftigen ZTV Beton-StB muss die Rautiefe einer Waschbetonoberfläche zwischen 0,6 mm und 1,1 mm liegen. Die optimale Rautiefe hinsichtlich der Geräuschreduzierung liegt bei etwa 0,8 mm, für den Lkw-Reifen etwas darüber – für den Pkw-Reifen etwas darunter.

Die Dauerhaftigkeit der Oberflächeneigenschaften wird aufgrund der exponierten Lage der groben Gesteinskörnungen neben der Rautiefe vom PSV-Wert und der Bruchflächigkeit des Gesteins beeinflusst. In Deutschland wurden die Erprobungsstrecken der letzten 7 Jahre überwiegend mit Gesteinskörnungen aus gebrochenem Festgestein hergestellt, die einen PSV-Wert > 54 aufwiesen.

Wie im „Merkblatt für die Herstellung von Oberflächentexturen auf Fahrbahndecken aus Beton“ (M OB) [6] empfohlen, soll in der zukünftigen ZTV Beton-StB für gebrochene Gesteinskörnungen im Waschbeton ein PSV-Wert der Kategorie 53 und eine Bruchflächigkeit der Kategorie C100/0 gefordert werden. Ferner wird die Möglichkeit für den Auftraggeber angeboten, bei guten Erfahrungen auch ein Gestein der Bruchflächigkeitskategorie C90/1 zu verwenden. Neben den groben Gesteinskörnungen, die den Hauptanteil an Gestein im Waschbeton ausmachen, werden auch feine Gesteinskörnungen (Sand 0/1 mm oder 0/2 mm) eingesetzt. In österreichischen Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass bei Anwendung einer Korngruppe 0/1 mm eine dichtere Anordnung der groben Gesteinskörnungen an der Oberfläche erreicht werden kann. Ist die Waschbetonoberfläche fachgerecht ausgeführt, befinden sich in der Kontaktfläche Reifen/Fahrbahn ausschließlich grobe Gesteinskörner, die dauerhafte Griffigkeitseigenschaften gewährleisten.

Die zukünftige ZTV Beton-StB fordert einen Zementgehalt im Oberbeton von mindestens 420 kg/m³. Der w/z-Wert darf maximal 0,4 betragen, um die für die Einbindung der groben Gesteinskörner wichtige Mörtelfestigkeit zu erreichen. Derzeit laufen Untersuchungen u. a. zur Optimierung der Betonrezeptur. Ergebnisse werden 2008 erwartet. Zum Beispiel ein geringerer Zementgehalt böte in Bezug auf die geringere Hydratationswärme im Beton Vorzüge. Im Besonderen bei Betonagen im Sommer sind durch den hohen Zementgehalt und den niedrigen w/z-Wert die Regelungen der zukünftigen ZTV Beton-StB und TL Beton-StB hinsichtlich des Betonierens bei großer Wärme konsequent umzusetzen. Ebenso ist auf den sorgfältigen Schutz des jungen Betons gegen Austrocknen und Erwärmung zu achten, um temperaturbedingte Zugspannungsüberschreitungen zu verhindern. Wird hingegen in den Herbst- bzw. Wintermonaten betoniert, ist es unerlässlich, dass der Beton bei früher Verkehrsfreigabe einen ausreichenden Frost-Tausalz-Widerstand aufweist, damit Frostschäden, unterstützt durch dynamische Verkehrsbeanspruchungen, vermieden werden. Jüngste Untersuchungen zeigen auf, dass ein ausreichender Frost-Tausalz-Widerstand bei einer Druckfestigkeit von 26 N/mm² [7] gegeben ist. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass insbesondere der Oberflächenmörtel aufgrund seiner Zusammensetzung gegenüber Frosteinwirkungen am empfindlichsten ist. Beim Entfernen des Oberflächenmörtels wird jedoch der kritische Bereich entfernt.

Zum Entfernen des Oberflächenmörtels gibt es nach den zukünftigen ZTV Beton-StB zwei gleichwertige Möglichkeiten.

  • Zum einen wird von einer Arbeitsbühne aus ein kombiniertes Verzögerungs- und Nachbehandlungsmittel aufgesprüht, das die Hydratation des Zementes in der obersten Schicht verzögert und gleichzeitig ein Austrocknen des jungen Betons verhindert. In der Regel erfolgt der Fugenschnitt nach dem Ausbürsten. Anforderungen werden derzeit nur an reine Nachbehandlungsmittel gestellt. Im Rahmen der jetzt laufenden Überarbeitung der „Technischen Lieferbedingungen für flüssige Beton-Nachbehandlungsmittel“ (TL NBM-StB) sollen die oben genannten Kombinationsmittel mit in diese Lieferbedingungen mit aufgenommen und ein Richtwert für einen Sperrkoeffizienten festgelegt werden.
  • Zum anderen wird von einer Arbeitsbühne aus ein Verzögerer aufgesprüht und im Anschluss eine Folie, die das Austrocknen des Betons verhindert aufgelegt. Ein gleichmäßiger Auftrag des Oberflächenverzögerungs- bzw. Kombinationsmittel ist für das Gelingen einer Waschbetonoberfläche unabdingbar. Die Anwendung der Folie bietet den Vorteil, dass sie einen zusätzlichen Regenschutz bietet und damit ein Ablaufen des Oberflächenverzögerers verhindert. Darüber hinaus kann der Zeitpunkt des Ausbürstens in jedem Fall nach dem Fugenschnitt erfolgen, was insbesondere bei notwendigen frühen Fugenschnitten vorteilhaft ist. Großflächige Luftblasen unter der Folie sollten jedoch vermieden werden, um ein Austrocknen des Betons an dieser Stelle zu verhindern.

Sobald der Beton ausreichend erhärtet und befahrbar ist, wird das Korngerüst an der Oberfläche über den gesamten Querschnitt durch Ausbürsten freigelegt. Das Ausbürsten kann sowohl unter Zugabe von Wasser als auch trocken (Bild 2) erfolgen. Die Staubentwicklung beim Trockenbürsten ist begrenzt, da der abzubürstende Mörtel noch feucht ist.

Bild 2: Trockenes Ausbürsten des Oberflächenmörtels

Das zielsichere Erreichen einer Rautiefe der Waschbetonoberfläche ist von etlichen Faktoren abhängig. Neben dem Beton und seiner Festigkeitsentwicklung, der sich einstellenden Mörtelschichtdicke und deren Zusammensetzung spielen auch die Feuchte, die Temperatur, gegebenenfalls die Auftragsmenge des Verzögerers u. v. m. eine Rolle. Das Zusammenwirken der Faktoren ist derzeit noch nicht bekannt und muss auch im Hinblick auf eine weitere Optimierung der Lärmminderung von Waschbetonoberflächen untersucht werden.

Der Zeitpunkt des Bürstens ist wie das zielsichere Erreichen einer Rautiefe von vielen Faktoren abhängig. Es bedarf der Erfahrung der ausführenden Firma, das Zeitfenster des Bürstens zu ermitteln.

Nach zukünftiger ZTV Beton-StB muss der Auftraggeber im Rahmen der Eigenüberwachung die Rautiefe prüfen und dem Auftraggeber vorlegen. Es ist vorgesehen, die Ergebnisse der Prüfungen zusammenzustellen und auszuwerten.

4  Optimale Fahrbahnoberfläche im Hinblick auf Reduzierung von Reifen/Fahrbahngeräuschen

Spätestens nach dem Abschluss des Projektes „Einfluss der Fahrbahntextur auf das Reifen/Fahrbahngeräusch“ [8] bekannt auch als das „Sperenberg-Projekt“ wissen wir, dass die mit einem höheren Gestaltfaktor als „Plateau mit Schluchten“ ausgebildeten Fahrbahnoberflächen zur Minderung der Rollgeräuschemission beitragen. Diese Oberflächengestalt führt sowohl zu einer Reduzierung der mechanischen Reifen-Schwingungen als auch zu einer Minimierung des Air-pumping Effekts.

Waschbetonoberflächen werden grundsätzlich als „Plateau mit Schluchten“ hergestellt. Wie gut sie jedoch im Einzelnfall die optimale Geometrie erreichen, hängt unter anderem von der Betonzusammensetzung, der Kornform und der Rüttelenergie beim Einbau ab. Die Geometrie der Waschbetonoberfläche kann auch zusätzlich mechanisch nachgearbeitet werden, so dass z. T. die Gebrauchseigenschaften wie Griffigkeit oder Rollgeräuschemission positiv beeinflusst werden können. In der Bundesanstalt für Straßenwesen wurden dazu Tastuntersuchungen im Labor durchgeführt. Einige Ergebnisse sind hier zusammenfassend dargestellt:

Die Oberfläche eines Bohrkerns, entnommen aus einer Betondecke mit Waschbetontextur auf der A 4 bei Aachen, wurde unter Laborbedingungen durch Schleifen dahingehend verändert, dass eine möglichst planebene Oberfläche mit hohem Gestaltfaktor entsteht. Die Auswertung der dreidimensionalen Texturdaten mit dem Modell „SPERoN“ ergab den höchsten Gestaltfaktor sowie ein überwiegend gleichmäßiges Höhenbild bei einer 1 mm abgeschliffenen Oberfläche (mittleres Bild), die der Idealvorstellung sehr nahe kommt, so dass weitere Lärmminderung erwartet werden kann.

Bild 3: Optimierung des Gestaltfaktors

Zur Umsetzung dieser Laborergebnisse wurden drei verschiedene Fräsverfahren – Feinfräsen, Schleifen und Grinding – auf der Waschbetonoberfläche der Bundesstraße B 56 bei Düren angewandt. Dabei handelt sich um eine der ersten Versuchsstrecken mit Waschbetondecke in Deutschland. Dementsprechend weicht die Ausführung der Oberfläche von der Idealvorstellung „Plateau mit Schluchten“ ab.

Im Bild 4 ist die Feinfräse zu sehen. Sie arbeitet mit horizontal parallel zur Oberflächen drehenden Fräsköpfen, freidrehenden Lamellen, einer Arbeitsbreite von 70 cm und einem Aufsaugsystem, dass das Fräsgut direkt in die Kehrmaschine befördert. Das Fräsen kann sowohl trocken als auch nass ausgeführt werden. Das Bild 5 zeigt die Schleifmaschine. Beim Schleifen der Oberfläche werden Längsrillen in die Fahrbahnoberfläche eingeschnitten. Im integrierten Nachläufer werden die seitlich der Rillen verbleibenden Stege auf eine Höhe heruntergebrochen. Das Verfahren wird nass ausgeführt und erfordert eine zusätzliche Kehrmaschine, die Wasser und Fräsgut aufnimmt. Beim Grindingverfahren (Bild 6) werden wie beim Schleifen feine Längsrillen in die Oberfläche eingeschnitten. Bei diesem Verfahren können jedoch die Rillenbreiten beliebig variiert werden. Auch dieses Verfahren wird nass ausgeführt, das Kehrgut jedoch direkt aufgesaugt. Die durch die verschiedenen Bearbeitungsformen erzielen Waschbetonoberflächen sind im Bild 7 gegenübergestellt.

Bild 4: Feinfräsen

Bild 5: Schleifen

Bild 6: Grinden

Bild 7: Waschbetonoberflächen nach Feinfräsen, Schleifen und Grinden

Für die Beurteilung der Griffigkeit und akustischen Eigenschaften der verschiedenen Waschbetonoberflächen wurden Messungen mit dem Seitenkraft-Messverfahren (SKM) und nach der statistischer Vorbeifahrtmethode (SPB) durchgeführt. Die Ergebnisse sind in den folgenden Diagrammen (Bilder 8 und 9) dargestellt.

Bild 8: Ergebnisse Griffigkeit, SKM bei 60 km/h

Bild 9: Ergebnisse Geräuschemission, SPB bei 100 km/h

Das erste Diagramm (Bild 8) zeigt die Ergebnisse der Griffigkeitsmessungen nach Verkehrsfreigabe. Den verschiedenen Verfahren ist auf der Ordinate der Griffigkeits-Wert zugeordnet. Die Oberfläche vor der jeweiligen Bearbeitung wird im Diagramm als Standard bezeichnet. Alle drei Verfahren zeigen eine Verbesserung der Griffigkeit um 0,1 bis 0,25 gegenüber der Ausgangsoberfläche, wobei mit dem Grindingverfahren die höchste Verbesserung der Griffigkeit erzielt wurde.

Im zweiten Diagramm (Bild 9) sind die Ergebnisse der Geräuschmessungen nach der statistischen Vorbeifahrtmethode nach drei Jahren unter Verkehr dargestellt. Gegenüber der Ausgangsoberfläche zeigen alle drei Verfahren eine Reduzierung der Geräuschemission, wobei auch hier mit dem Grindingverfahren die Geräuschemission der Straßenoberfläche im Vergleich zu Ausgangsoberfläche um ca. 2 dB(A) (bei 100 km/h) reduziert werden konnte.

Die hier dargestellten Ergebnisse zeigen, dass es prinzipiell möglich ist, die Gebrauchseigenschaften der Waschbetonoberfläche nachträglich zu verbessern.

Da zur Zeit noch Optimierungspotenziale im Hinblick auf die Erhöhung der Griffigkeit und die Minderung der Lärmemission im Herstellungsprozess gesehen werden, werden sich Bemühungen die Waschbetone weiter zu verbessern, auf die zielsichere Ausbildung der Oberfläche als Plateau mit Schluchten mit hohen Gestaltfaktor konzentrieren.

5  Vorhersage des Rollgeräusches mit dem Modell SPERoN

Eine Möglichkeit die Straßenoberflächen darunter auch Waschbeton lärmtechnisch zu optimieren bietet das von der Firma Müller BBM entwickelte Modell „SPERoN“ [9]: Das Modell stellt eine Kombination eines physikalischen und eines statistischen Modells (Hybridmodell) zur Berechnung der Vorbeirollpegel von Pkw-Reifen in Abhängigkeit von den Oberflächeneigenschaften dichter Fahrbahnbeläge dar. Damit ist es erstmals möglich, Geräuschpegel unterschiedlicher Reifen-Fahrbahn-Kombinationen lediglich anhand von Fahrbahneigenschaften, die an Laborproben oder auf realen Fahrbahnen gemessen wurden, oder einfach nur „designed“ wurden, für beliebige Geschwindigkeiten quantitativ vorherzusagen.

Die Ergebnisse einer Berechnung zeigen, dass die Geräuschemission für PKW-Reifen auf einer Waschbetonoberfläche mit einer Auswaschtiefe von 0,5 mm um 0,6 bis 1,0 dB (je nach Rollgeschwindigkeit) niedriger ist, als wenn der Waschbeton eine Auswaschtiefe von 0,85 mm aufweist.

Im Prüfstand Fahrzeug/Fahrbahn der BASt (Bild 10) sollen diese Berechnungsergebnisse verifiziert werden. Das heißt es wird geprüft, ob Pkw-Reifen auf Waschbetonoberflächen 0/8 mit einer Auswaschtiefe von 0,5 bzw. von 0,6 mm niedrigere Reifen/Fahrbahngeräusche generieren als die Waschbetone 0/8 mit einer Auswaschtiefe von 0,8 mm.

Bild 10: Prüfstand Fahrzeug/Fahrbahn der BASt

Der Prüfstand Fahrzeug/Fahrbahn der BASt besteht aus einer halbseitig offenen Trommel mit Zentralwelle und Speichen. Auf der Innenseite der Trommel können 18 je 1m lange Kassetten mit einer Breite bis zu 90 cm eingebaut werden. Die Kassetten enthalten reale Fahrbahnbeläge aus Asphalt oder Beton mit einer Dicke von 4 bis 8 cm.

Neben einer Pkw-Radstation steht eine Lkw-Radstation, die für die Aufhängung von Einzel- und Zwillingsreifen geeignet ist, zur Verfügung. Die Geräuschmessungen können bis zu einer Geschwindigkeit von 280 km/h durchgeführt werden.

In dem beschriebenen Prüfstand werden Waschbetonoberflächen mit verschiedenen Auswaschtiefen hinsichtlich ihrer Geräuschemission untersucht. Das Bild 11 zeigt die Herstellung einer Waschbetonoberfläche in einer PKW-Kassette. Nach der Befüllung wird der Beton mit Hilfe einer gewölbten, virbrierenden Stahlschalung verdichtet, anschließend geglättet und der Verzögerer aufgetragen. Nach ca. 16 h wird der Oberflächenmörtel abgebürstet werden.

Die Ergebnisse dieser Untersuchungen werden im Jahre 2007 erwartet.

Bild 11: Herstellung der Kassetten für den PFF

 

Literaturverzeichnis

  • Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen (RLS-90), Ausgabe 1990, FGSV, Köln mit den Allgemeinen Rundschreiben des Bundesministeriums für Verkehr BMV ARS 14/1991 vom 25.04.1991, ARS Nr. 5/2002 vom 26. März 2002, ARS Nr. 5/2006 vom 02.2006
  • DIN EN ISO 11819-1: Akustik – Messung des Einflusses von Straßenoberflächen auf Verkehrsgeräusche, Teil 1: Statistsches Vorbeifahrtverfahren, Ausgabe 2001, Beuth-Verlag, Berlin
  • Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Fahrbahndecken aus Beton (ZTV Beton-StB 01), Ausgabe 2001, FGSV, Köln
  • Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Fahrbahndecken aus Beton (ZTV Beton-StB), 41. Entwurf, Ausgabe 2006
  • Sommer, H.: Lärmmindernde Betonoberflächen, Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten, Straßenforschung, Heft 415, Wien, 1993
  • Merkblatt für die Herstellung von Oberflächentexturen auf Fahrbahndecken aus Beton (M OB), Ausgabe 2000, FGSV, Köln
  • Schießl, P.; Brandes, Ch.; Schnittger, A.; Strehlein, D.: Luftporenkennwerte in Abhängigkeit der Art und Dosierung des LP-Bildners und Zusammenhang mit dem Frost-Tausalz-Widerstand „texturierter“ Betonstraßendecken, Forschungsprojekt FE 08.179/ 2004/LGB, Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
  • Beckenbauer, T.; Spiegler, P.; van Blokland, G.; Kuijpers, A.; Reinik, F.; Huschek, S.; Stütze, T.; Heerkens, J.: Einfluss der Fahrbahntextur auf das Reifen-Fahrbahn-Geräusch, Forschung Straßenbau und Straßenverkehrstechnik, Heft 847, BMVBW, 2002
  • Beckenbauer, T.; Kropp, W.: A hybrid model for analysis and design of low noise road surfaces, Euronoise 2006, Tampere, Finnland