FGSV-Nr. FGSV 001/26
Ort Bremen
Datum 28.09.2016
Titel Ausstattung und Betrieb von Straßentunneln – Die neuen RABT
Autoren Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Baltzer
Kategorien Kongress
Einleitung

In die Neufassung 2016 der RABT sind die Erkenntnisse aus dem Betrieb der Straßentunnel von mehr als zehn Jahren eingeflossen sowie die Erkenntnisse aus ausländischen Richtlinien und nationalen und internationalen Forschungs und Entwicklungsvorhaben. Es werden Mindestanforderungen für die einzelnen Gewerke der technischen Tunnelausstattung gestellt, um sowohl dem Nutzer als auch den beteiligten Einsatzdiensten im Regelbetrieb und im Ereignisfall ein möglichst hohes Sicherheitsniveau zu bieten, das mit dem der freien Strecke verglichen werden kann.

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Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Einleitung

Um dem Nutzer ein leistungsfähiges Straßennetz zur Verfügung zu stellen, sind in der Regel in einem Streckenzug Ingenieurbauwerke wie Brücken und Tunnel erforderlich. Auch auf oder in diesen Bauwerken muss ein sicherer Verkehrsablauf gewährleistet werden. Hierzu sind besondere technische, bauliche und organisatorische Vorkehrungen zu treffen. Durch diese sollen sowohl Abweichungen vom Regelbetrieb vermieden werden als auch bei Zwischenfällen, die durch ein liegengebliebenes Fahrzeug, durch einen Unfall oder durch einen Brand verursacht werden, den Nutzern ausreichende Möglichkeiten zur Selbsthilfe bzw. Selbstrettung gegeben und die Einsatzdienste bei der Hilfeleistung unterstützt werden.

Für Straßentunnel sind in Deutschland die dazu erforderlichen Vorkehrungen in den ,,Richtlinien für die Ausstattung und den Betrieb von Straßentunneln" (RABT) geregelt, die 1985 eingeführt worden sind und deren derzeit gültige Fassung aus dem Jahr 2006 stammt.

Durch eine systematische Auswertung der Vorkommnisse und Störfälle sind in den letzten Jahren umfangreiche Erfahrungen im Betrieb von Straßentunneln gesammelt worden, die zum Teil zu einem Umdenken in der Beurteilung von Sicherheitsfragen geführt haben. Offen gebliebene Punkte wurden in zahlreichen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben untersucht und abgeklärt.

Mit der nun vorliegenden Fassung 2016 der RABT (FGSV-RABT 2016) werden die gewonnenen Erkenntnisse in einem neuen Regelwerk umgesetzt, wobei die Zielsetzung weniger in der Festlegung technischer Details, sondern mehr in der Formulierung notwendiger Anforderungen unter Berücksichtigung der umzusetzenden Barrierefreiheit liegt. Einige der wesentlichen Änderungen in den Richtlinien gegenüber der derzeit gültigen Fassung werden im Folgenden aufgezeigt.

2 Sicherheitsbetrachtung

2.1 Sicherheitsbewertung

Die Sicherheit in einem Straßentunnel wird durch eine Vielzahl von Parametern beeinflusst. Hierzu zählen unter anderem die baulichen Randbedingungen, die sich aus der Querschnittswahl, der Trassierung und der Anbindung im Netz ergeben, die verkehrlichen Aspekte, die sich aus dem Verkehrsaufkommen, dem Lkw-Anteil einschließlich eines möglichen Gefahrgutaufkommens ableiten, die Zugriffszeiten der Einsatzdienste sowie die technischen Ausstattungsmerkmale.

Ob die sicherheitsbeeinflussenden Parameter zu einer kritischen Erhöhung des Risikos führen, muss für jeden Tunnel über eine Voranalyse entsprechend des Leitfadens für Sicherheitsbewertungen von Straßentunneln (BMVBS 2009) geprüft werden. Mit Hilfe dieses Verfahrens werden Risikokenngrößen ermittelt, die mit vorgegebenen Grenzwerten, die aus der Analyse von 80 deutschen Straßentunneln abgeleitet worden sind, verglichen. Sollten die ermittelten Risikokenngrößen über den Vergleichswerten liegen, sind in Abhängigkeit von der Höhe der Überschreitung qualitative oder quantitative Risikoanalysen erforderlich. Für diese sind verbindliche Vorgaben über den Inhalt und die anzuwendende Methodik in den RABT aufgenommen.

So müssen bei einer qualitativen Risikoanalyse die Schritte Analyse, Bewertung und Maßnahmenplanung im Einzelnen abgearbeitet werden. Die wesentlichen Überlegungen zu Szenarien, Häufigkeit und Ausmaß sind qualitativ darzulegen. Beim Szenario Brand müssen insbesondere der Brandablauf (Rauchgas- und Brandausbreitung) sowie die Einflüsse auf die Selbst- und Fremdrettungsmöglichkeiten beschrieben werden. Beim Szenario Kollision ist vor allem die zu erwartende Schwere von Schäden darzustellen. Die aus den Häufigkeiten und Ausmaßen abzuleitenden Angaben über das zu erreichende Sicherheitsniveau sind ebenfalls in geeigneter und transparenter Form zu beschreiben. Die Ergebnisse sind zu dokumentieren und die Kompensation von Sicherheitsdefiziten durch geeignete Maßnahmen nachzuweisen. In einer quantitativen Risikoanalyse werden mit Hilfe von numerischen Berechnungen und Simulationen die einzelnen Risikokenngrößen bestimmt. Zur Bestimmung des jeweiligen Sicherheitsniveaus werden sowohl Schadensausmaße als auch deren Eintrittswahrscheinlichkeiten berücksichtigt. Als Maß für die Sicherheit dient das unter Berücksichtigung der ergriffenen Sicherheitsmaßnahmen verbleibende Risiko, das aus der Verknüpfung der Eintrittswahrscheinlichkeiten mit den jeweiligen Schadensausmaßen resultiert. Das Risiko wird dazu als monetarisierter Risikowert ausgewiesen. Grafisch werden die Risiken in Form von Häufigkeits-Ausmaß-Diagrammen (Bild 1) dargestellt. Dazu werden die Häufigkeiten über alle Ereignisszenarien, deren Schadenausmaß größer oder gleich einem vorgegebenen Wert ist, summiert, die kumulative Häufigkeit für jedes Schadenausmaß ermittelt und Summenkurve abgebildet. Sie kann für einzelne Szenarien oder die resultierenden Gesamtrisiken dargestellt werden.

Bild 1: Beispiel eines Schadensausmaßhäufigkeitsdiagramms (FGSV-RABT 2016)

Da gemäß ADR (ADR 2007) Tunnel europaweit für den Transport gefährlicher Güter kategorisiert werden müssen, ist das in einem gemeinsam von den Ländern und dem Bund getragenem Forschungsvorhaben entwickelten zweistufigen Verfahren zur Kategorisierung von Straßentunneln gemäß ADR 2007 (Baltzer, Imhof et al. 2009) anzuwenden (Bild 2).

Bild 2: Verfahren zur Tunnelkategorisierung (Baltzer, Imhof et al. 2009)

2.2 Bauen unter Verkehr

Die begrenzte Lebensdauer der technischen Einrichtungskomponenten (minimal 5 Jahre, maximal 20 Jahre) sowie technische Weiterentwicklungen, insbesondere im Bereich der IT, führen zu Änderungen, Erneuerungen und Instandsetzungen bestehender Tunnel. Um diese Maßnahmen durchführen zu können, sind schon in der Planungsphase des Tunnelrohbaus Konzepte aufzustellen, wie der Verkehr abgewickelt werden kann. Folgende Fragen müssen z. B. beantwortet werden:

  • ­Steht eine leistungsfähige Umleitungsstrecke zur Verfügung, so dass der Tunnel für den Verkehr gesperrt werden kann?
  • ­Sind Arbeiten sicher ausführbar, wenn gleichzeitig der Verkehr mit Hilfe eines reduzierten Fahrstreifenangebots in der Tunnelröhre abgewickelt wird?
  • ­Kann bzw. ist es sinnvoll bei Richtungsverkehrstunneln einen temporären Gegenverkehrsbetrieb einzurichten?
  • ­Ist eine 4 + 0 Führung im Tunnel möglich?

Für diese Abweichungen vom Regelbetrieb sind vorzugsweise organisatorische und betriebliche Maßnahmen zu ergreifen, um ein gegenüber dem Regelbetrieb erhöhtes Risiko zu minimieren. Die Vorhaltung und Installation technischer Komponenten sind zu vermeiden.

3 Verkehrsraum Tunnel

Die angestrebte Qualität des Verkehrsablaufs gemäß HBS (FGSV-HBS 2015) bestimmt den Fahrbahnquerschnitt des Tunnels, wobei in der Regel die Anzahl der Fahrstreifen derjenigen der freien Strecke entspricht. In Analogie zu den in den RAA (FGSV-RAA 2008) und RAL (FGSV-RAL 2012) definierten Brückenquerschnitten sind Tunnelquerschnitte definiert und den Querschnitten der freien Strecke zugeordnet. Die Zahlen geben die Kronenbreite der zugeordneten freien Strecke an. Das Symbol t steht für Querschnitte ohne Seitenstreifen und das Symbol T für Querschnitte mit Seitenstreifen (Bild 3). Wegen der Umsetzung der Barrierefreiheit ist die Bordhöhe des Notgehweges auf 3 cm begrenzt und die Breite darf 1,0 m nicht unterschreiten.

Bild 3: Tunnelquerschnitte (FGSV-RABT 2016)

Für die Regelquerschnitte RQ 21, 25, 28 und 31 der freien Strecke sind zwei Sonderquerschnitte definiert. Beim RQ 31 T+ (Bild 4) ist die befestigte Fahrfläche zwischen den Borden auf 12,0 m erweitert, so dass bei Sperrung einer Röhre bei Sanierungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen die zweite Röhre im Gegenverkehr betrieben werden kann (4 + 0 Verkehr). Der Querschnitt RQ 31 Tr (Bild 4) weist eine ,,Mischverkehrsfläche" auf. Der rechte Notgehweg und der Seitenstreifen werden zu einer Fläche zusammengefasst, um einen Innenradius für den Schildvortrieb von 11,0 m nicht zu überschreiten. Im Regelbetrieb wird die gesamte Fläche als Notgehweg genutzt und im Fall einer Panne kann ein Fahrzeug auf dieser Fläche abgestellt werden.

Bild 4: Sonderquerschnitt RQ 31T+ und RQ 31 Tr (FGSV-RABT 2016)

4 Sicherheitseinrichtungen

4.1 Allgemeines

In der Tabelle 1 sind die baulichen und technischen Sicherheitsvorkehrungen zusammengestellt. Ihr Einsatz hängt im Wesentlichen von der Tunnellänge ab.

Tabelle 1: Sicherheitsanlagen für Straßentunnel (FGSV-RABT 2016)

Auf zwei wesentliche Änderungen wird in den beiden folgenden Abschnitten eingegangen.

4.2 Notausgänge, Flucht- und Rettungswege

Fluchtwege sind von Rettungswegen (sichere Bereiche) brandschutztechnisch zu trennen. Um ein Eindringen von Rauch in die Rettungswege zu vermeiden, sind vorzugsweise Schleusen (Bild 5) anzuordnen. Schleusen werden mit Hilfe von zwei Türen gebildet, die jedoch nicht gegeneinander verriegelt werden. Eventuelle Rauchübertritte bei einer möglicherweise gleichzeitigen Öffnung beider Türen der Schleuse werden akzeptiert. Begehbare Schleusen (Bild 5) weisen eine Länge zwischen 3 und 30 m, befahrbare Schleusen eine Länge zwischen 10 bis 30 m auf. Können diese Rahmenbedingungen nicht erfüllt werden, ist der Einsatz einer Überdruckbelüftung erforderlich.

Bild 5: Ausbildung von Rettungswegen (FGSV-RABT 2016)

4.3 Brandbekämpfungseinrichtungen

In Tunneln mit einer Länge von 3000 m (Richtungsverkehr) bzw. 1200 m (Gegenverkehr) und einer Bemessungsbrandleistung 100 MW kann neben den grundsätzlich vorzusehenden Handfeuerlöschern und Anlagen zur Löschwasserversorgung in Einzelfällen der Einsatz von stationären Brandbekämpfungsanlagen (BBA) in Erwägung gezogen werden, wenn eine Verstärkung der baulichen und betriebstechnischen Sicherheitssysteme keinen ausreichenden Nutzen bringt oder wirtschaftlich nicht vertreten werden kann. Sie werden eingesetzt, um die Brandentwicklung sowie die Brandausbreitung und damit die wirksame Brandleistung zu begrenzen (Bild 6).

Bild 6: Brandbekämpfungsanlagen

5 Beleuchtung

Aufgrund von Änderungen in der DIN 67524 ist es nun möglich zur Dimensionierung der Beleuchtung ein zwischen DIN und RABT abgestimmtes Verfahren aufzunehmen. Der gewünschte Leuchtdichteverlauf für die Einsichtsstrecke, Übergangsstrecke, Innenstrecke und Ausfahrtsstrecke ergibt sich gemäß Bild 7.

Bild 7: Leuchtdichteverlauf (FGSV-RABT 2016)

Der Wartungswert der Fahrbahnleuchtdichte der Einsichtsstrecke Lth wird aus der Leuchtdichte im Bewertungsfeld L20 und dem Leuchtdichteverhältnis k ermittelt:

Formel siehe PDF.

Das Leuchtdichteverhältnis k ist als Funktion der Haltesichtweite und des Anpassungsfaktors kv tabelliert (Tabelle 2), wobei der Wert kv bestimmte Risikokenngrößen berücksichtigt.

Tabelle 2: k-Werte in Abhängigkeit der Haltesichtweite und des Anpassungsfaktors kv (FGSV-RABT 2016)

Die Leuchtdichte der Innenstrecke ergibt sich zu

Formel siehe PDF.

Der Wert Lin,0 liegt in Abhängigkeit von der Haltesichtweite zwischen 2 und 4 cd/m² . Die Fahrbahnleuchtdichte in der Übergangsstrecke Ltr muss an jeder Stelle der Übergangsstrecke größer oder gleich dem Wert sein.

Formel siehe PDF.

Die Steuerung der Beleuchtungsanlage erfolgt über die Messung der Adaptionsleuchtdichte aus der Haltesichtweite vor der Tunneleinfahrt und der Leuchtdichte in der Einsichtsstrecke. Durch einen Abgleich dieser beiden Messwerte kann die Beleuchtung an die Außenlichtverhältnisse durch stufiges Schalten oder Dimmen der Leuchten entsprechend des gewünschten Leuchtdichteverlaufs angepasst werden.

6 Lüftung

Im Regelbetrieb muss die Lüftung folgende Aufgaben erfüllen:

  • ­Versorgung der Personen im Tunnel mit ausreichend frischer Zuluft und Abführung der Abluft
  • Sicherstellung ausreichender Sichtverhältnisse in der mit Abgasen und Staub belasteten Tunnelluft
  • ­Verhinderung unzulässiger Schadstoffimmissionen durch Tunnelabluft in der Umgebung des Tunnels.

Sollte es in einem Tunnel zu einem Brand kommen, sind die Aufgaben in

  • ­der Verringerung der Rauch- und Wärmewirkungen auf den Fluchtwegen im Tunnelfahrraum und auf den Rettungswegen,
  • ­der Ermöglichung der Selbstrettung der Tunnelnutzer auf den gegebenen Fluchtwegen in der Selbstrettungsphase
  • ­der Unterstützung der Fremdrettung und der Brandbekämpfung zu sehen.

Aufgrund der in Deutschland doch begrenzten Tunnellängen kommt in den meisten Fällen ein Längslüftungssystem mit Strahlventilatoren zum Einsatz, das bei längeren Tunneln zur Beherrschung des Brandfalls um eine Absaugung über steuerbare Klappen und einen separaten Absaugkanal ergänzt wird (Bild 8).

Bild 8: Längslüftung mit Brandabsaugkanal (FGSV-RABT 2016)

Die Steuerung der Lüftung erfolgt über im Tunnelfahrraum verteilt angeordnete Co-, Sichttrübungs- und Strömungsmessgeräte, die die vorhandenen Messwerte mit den zulässigen vergleichen und demensprechend eine angepasste Lüfterleistung anfordern, um die oben beschriebenen Ziele zu erreichen. Der Brandfall wird neben der Erfassung durch die Sichttrübungsmessgeräte über einen Linienbrandmelder detektiert, der sowohl die absolute Temperatur als auch einen Temperaturanstieg in einer bestimmten Zeit erfasst. Bei einer Auslösung des Linienbrandmelders wird das erforderliche Entrauchungsprogramm automatisch gestartet und weitere notwendige Schritte veranlasst, wie z. B. den Einsatz der Feuerwehr und die Sperrung der Tunnelanlage für die Nutzer.

7 Verkehrstechnische Einrichtungen

Zur Steuerung und Sicherstellung eines sicheren Verkehrsablaufs sind drei Ausstattungsvarianten vorgesehen. Sie unterscheiden sich im Wesentlichen folgendermaßen:

  • ­Mindestausstattung: mit Wechsellichtzeichengebern (WLZ) am Tunnelportal
  • ­Grundausstattung: wie Mindestausstattung, jedoch zusätzlich mit Schranken
  • ­Erw. Ausstattung: wie Grundausstattung, jedoch zusätzlich mit Fahrstreifensignalisierung Um nun eine Ausstattungsvariante zu ermitteln, sind die Kriterien Tunnellänge, Verkehrsqualität und zulässige Geschwindigkeit zu betrachten (Bild 9).

Bild 9: Diagramm zur Wahl der verkehrstechnischen Tunnelausstattungsklasse (FGSV-RABT 2016)

Das Bild 10 zeigt beispielhaft den Aufbau einer erweiterten Ausstattung.

Bild 10: Beispiel für eine erweiterte Ausstattung (FGSV-RABT 2016)

8 Leit-, Automatisierungstechnik und Überwachung

8.1 Allgemeines

Tunnel sollen im Regelfall automatisch gesteuert, geregelt und überwacht werden. Dies bedingt ein umfangreiches Zusammenwirken aller Einrichtungen. Es sind Systeme vorzusehen, die gewährleisten, dass alle Steuereinheiten untereinander über ein standardisiertes System kommunizieren. Schnittstellen und Programminhalte sind offenzulegen und so zu gestalten, dass herstellerunabhängig Änderungen, Ankopplungen und Zusammenschaltungen vorgenommen werden können.

8.2 Systemaufbau

Der Aufbau der Leit- und Automatisierungstechnik erfolgt in vier Ebenen. Diese sind:

  • ­Übergeordnete Leitebene
  • ­Anlagenleitebene
  • ­Automatisierungsebene
  • ­Feldebene.

Lokal müssen bei einem Tunnel stets die Anlagenleit-, Automatisierungs- und Feldebene realisiert werden. Jede Ebene in der Hierarchie ab der Automatisierungsebene aufwärts muss die ihr zugeordneten Aufgaben auch autark ohne die nächsthöhere Ebene erfüllen können. In Verbindung mit der hierarchischen Gliederung des Systems nach Ebenen sind nach Gewerken einzelne Funktionsblöcke zu berücksichtigen. Insgesamt sind in der Regel 14 Funktionsblöcke vorgesehen.

Bei der Steuerung und Regelung der Funktionsblöcke sind diese autark in der Lage, die jeweilige Situation im Funktionsblock abzuhandeln. Sobald ein Funktionsblock ergänzend eine Anforderung an ein oder mehrere andere Funktionsblöcke stellt, erfolgen Maßnahmen interaktiv mit direkter Kopplung zwischen den Funktionsblöcken.

8.3 Wirkmatrix

Um auf Ereignisse im Tunnel angemessen reagieren zu können, werden Handlungsabläufe definiert. Diese werden in einer Wirkmatrix zusammengestellt und zeigen die Interaktion mit dem Personal der ständig besetzten Stelle bei den automatisch, halbautomatisch oder händisch vorzunehmenden Maßnahmen auf. Ein Beispiel für eine Wirkmatrix ist im Bild 11 dargestellt.

Bild 11: Muster für eine Wirkmatrix (FGSV-RABT 2016)

8.4 Überwachung

Die Tunnelüberwachung setzt sich aus der betriebstechnischen und der sicherheitstechnischen Überwachung zur Gefahrenabwehr zusammen. Dabei stehen die Aufgaben zur Gefahrenabwehr im Vordergrund. Bei Tunneln ab 400 m Länge wird die Überwachung von einer ständig besetzten Stelle (Bild 12) durchgeführt, die 7 Tage je Woche zu 24 Stunden täglich mit Personal besetzt ist. Neben der Abarbeitung von Ereignissen entsprechend der Wirkmatrix obliegt der ständig besetzten Stelle auch die Entgegennahme und Behandlung von Betriebs- und Störmeldungen.

Bild 12: Überwachung des Tunnels durch die ständig besetzte Stelle (FGSV-RABT 2016)

9 Ausblick

Die Richtlinien stellen keinen starren Maßstab dar. Sie sollen vielmehr dazu dienen, im Zusammenspiel zwischen den Beteiligten in der Planungs-, Ausführungs- und Betriebsphase einen Rahmen vorzugeben, um eine auf dem neuesten Stand der Entwicklung befindliche Sicherheitstechnik umzusetzen und das definierte Sicherheitsniveau einzuhalten.

Neben den Vorgaben der RABT sind weitere Dokumente, Forschungsberichte und Verfahren zum sicheren Betrieb von Straßentunneln zu beachten. Einige dieser Verfahren, wie z. B. das Verfahren zur Kategorisierung gemäß ADR, sind zukünftig nach RABT verbindlich zur Anwendung vorgegeben. Andere, wie der seit 2008 angewandte Ereignismeldebogen, sind Teil der Vorgaben der EG-Tunnelrichtlinie. Um die maßgeblichen für Ausstattung und Betrieb von Straßentunneln benötigten Dokumente als Gesamtpaket zusammenzuführen, sollen diese Teil eines neuen Gesamtregelwerkes werden. In den Richtlinien für den Entwurf der Ausstattung von Straßentunneln (RE-Tunnel) werden die RABT und die damit in Verbindung stehenden Dokumente zusammengefasst.

Literaturverzeichnis

ADR 2007: Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderunggefährlicher Güter auf der Straße (ADR), BGBl II / 2013 / S. 648

B a l t z e r; I m h o f et al. 2009: Verfahren zur Kategorisierung von Straßentunneln gemäß ADR 2007, Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Bundesanstalt für Straßenwesen, Oktober 2009

BMVBS 2009: Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Bundesanstalt für Straßenwesen: Leitfaden für Sicherheitsbewertungen von Straßentunneln, 2009

FGSV-HBS 2015: Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen (HBS), Köln, 2015 (FGSV 299)

FGSV-RAA 2008: Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Richtlinien für die Anlage von Autobahnen (RAA), Köln, 2008 (FGSV 202)

FGSV-RABT 2016: Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Richtlinien für die Ausstattung und den Betrieb von Straßentunneln, Köln, 2016 (FGSV 339)

FGSV-RAL 2012: Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Richtlinien für die Anlage von Landstraßen (RAL), Köln, 2012 (FGSV 201)