FGSV-Nr. FGSV 001/20
Ort Berlin
Datum 13.10.2004
Titel Betondecken auf kurzen Brücken und in Tunneln
Autoren Univ.-Prof. Dr.-Ing. Günther Leykauf
Kategorien Kongress
Einleitung

Bei kurzen Brücken 15 m und wenn Übergangskonstruktionen nicht erforderlich sind darf nach dem ARS Nr. 14/1995 die Betondecke in gleicher Dicke wie im Streckenabschnitt über das Bauwerk hinweg gefertigt werden. Damit können die sonst bei einer Unterbrechung erforderlichen konstruktiven und kostentreibenden Maßnahmen wie Raumfugen, Endplatten oder Endsporne vermieden werden. Voraussetzung ist, dass bereits bei der Planung und Bemessung des Brückenbauwerks nicht nur der Standardaufbau im Asphalt mit ca. 8 cm Dicke, sondern der maximal mögliche Aufbau mit 27 cm Betondecke berücksichtigt wird. Gegebenenfalls dient bei Ausführung in Asphalt die größere Dicke dem Höhenausgleich. Betondecken in Tunneln tragen zur Verkehrssicherheit bei. Aufwölbungen der Fugenränder infolge Schwindens wird durch eine Verkürzung des Fugenabstandes, einer elastisch/plastischen Unterlage oder die Bauweise mit durchgehender Bewehrung (ohne Fugen) entgegengewirkt.

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1 Betondecken auf kurzen Brücken

Nach DIN 1076 handelt es sich erst bei Tragwerken ab 2 m Breite um eine Brücke. Das Allgemeine Rundschreiben Straßenbau ARS Nr. 14/1995, das für Brücken an Bundesfernstraßen gilt, enthält bezüglich der Fahrbahnbeläge folgende Regelungen:

„Bei Brückenlängen ≤ 15 m und wenn Übergangskonstruktionen nicht erforderlich sind, darf die Betondecke der Strecke über Brücken hinweg durchgezogen werden“; dabei sind einige zusätzliche Voraussetzungen zu beachten, auf die später eingegangen wird.

Statistische Angaben der OBB im Bayerischen Staatsministerium des Inneren besagen, dass die Anzahl der Brücken in Deutschland etwa bei 120.000 liegen dürfte, d.h. auf ca. 5,4 km Straße kommt in Deutschland eine Brücke. Betondecken werden in Deutschland i.d.R. nur bei BAB ausgeführt. Berücksichtigt man, dass der Anteil der Betondecken bei BAB in den alten Bundesländern bei ca. 30 % und in den neuen Bundesländern wesentlich höher liegt, dann dürften in Deutschland etwa 800 bis 1.000 Brücken in Streckenbereichen mit Betondecken liegen. Der größte Teil davon wird obiger Definition entsprechen, an denen die Betondecken ohne Unterbrechung gefertigt werden könnten, was einer technisch optimierten und wirtschaftlichen Bauweise entspricht – wie im Folgenden aufgezeigt wird.

Es stellt sich die Frage, warum die Begrenzung auf eine Länge von 15 m bzw. auf Brücken ohne Übergangskonstruktionen vorgenommen wird. Die Antwort ergibt sich daraus, dass bei Temperaturatmungen des Brückenbauwerkes durch Reibspannungen schwer kontrollierbare Längskräfte in der Betondecke erzeugt werden, wobei insbesondere Druckkräfte im Hinblick auf die Gefahr von blow-up’s [1] kritisch sind. Unabhängig von der Betondecken-Bauweise auf der anschließenden Strecke ist die Anordnung eines Geotextils unter der Betondecke auf der Brücke günstig, da hierdurch ein niedriger Reibbeiwert gegeben ist.

Bild 1 zeigt, dass i.d.R. bei großen Betondeckenlosen im Bereich von kurzen Brücken die Betondecke unterbrochen ist und ein Fahrbahnbelag aus Asphalt eingebaut ist. Bei der Planung wird offensichtlich angenommen, mit dem nur etwa 8 cm dicken Belag (Bild 2) einer besonders wirtschaftlichen Lösung zu genügen. Aber wird damit auch eine Optimierung für die Verkehrssicherheit erreicht? Die Beschaffenheit einer Fahrbahndecke sollte über zusammenhängende Streckenabschnitte möglichst gleichbleiben! Der unterschiedliche Fahrbahnbelag wird nicht nur aus optischen Gründen als störend empfunden; die unterschiedlichen Deckenarten können unterschiedliche Griffigkeit bewirken und sich auf das Fahrverhalten und die Verkehrssicherheit ungünstig auswirken; weiter wird die Erhaltung erschwert. Aus Bild 1 könnte man den Eindruck gewinnen, es handelt sich um eine längere Brücke. Dieser Eindruck täuscht jedoch; er entsteht dadurch, dass auch neben der Brücke beidseitig ein Asphaltbelag in einer Länge von mindestens 15 m eingebaut wird, an den die Betondecke direkt anschließt. Warum dieser Aufwand?

Bild 1: Wechsel des Fahrbahnbelags auf einer kurzen Brücke (A 2 bei Ziesar)

Bild 2: Standardaufbau eines Brückenbelags in Asphalt

Wenn die Betondecke bis an die kurze Brücke herangebaut würde und dort endet, weil ein dünner Brückenbelag aus Asphalt vorgesehen ist, müssten Raumfugen zwischen Betondecke und Widerlager vorgesehen werden, um unzulässige Längsdruckkräfte auf das Bauwerk zu vermeiden. Die Atmungslänge und damit die Verschiebung des Endes einer Betonplattenkette kann mit einem einfachen Modell berechnet werden, wenn das Coulomb’sche Reibungsgesetz angenommen wird (Bild 3).

Bild 3: Atmungslänge und Verschiebung am Ende einer Betonplattenkette

Erwartungsgemäß ist die Atmungslänge der Betonplattenkette etwas geringer, wenn ein hoher Reibbeiwert µ erzielt wird. In Österreich wird deshalb die Oberfläche der unter der Betondecke liegenden Asphaltschicht rau angefräst [2]. Weiter sollte der Temperaturunterschied ∆T zur Erhärtungstemperatur gering sein; dementsprechend verhalten sich Betondecken, die im Spätherbst bei relativ niedrigen Temperaturen hergestellt werden, diesbezüglich ungünstiger. In manchen Ländern wird deshalb die Jahreszeit der Herstellung bei der Planung der erforderlichen Anzahl von Raumfugen berücksichtigt. Aus dem Bild 3 ist zu ersehen, dass bei ∆T = 10 K eine Atmungslänge von ca. 160 m auftreten kann, entsprechend einer Verschiebung von ca. 8 mm. Ungünstigstenfalls (∆T = 30 K) ist demnach rechnerisch eine Verschiebung von maximal ca. 24 mm zu erwarten. In Wirklichkeit ist diese Verschiebung wesentlich geringer, denn die Betonplatten schwinden und bei einer Erwärmung müssen zuerst die geöffneten Querscheinfugen überdrückt werden. Die vorliegenden Langzeiterfahrungen zeigen, dass im Allgemeinen zwei Raumfugen (Breite der komprimierbaren elastischen Einlage = 18 mm) genügen, um die im Endbereich ungünstigstenfalls auftretenden Längsverschiebungen aufzunehmen. Raumfugen haben allerdings einige Nachteile [1], insbesondere öffnen sich nach ihrer Kompression die benachbarten Scheinfugen stärker und nach Eindringen von Schmutz können sich erneut erhöhte Längskräfte aufbauen.

Als Alternative zu den Raumfugen ist im Technischen Regelwerk ZTV Beton-StB auch die Anordnung eines Oberbaus aus Asphalt von mindestens 15 m Länge vorgesehen. Infolge des visko-elastischen Verhaltens von Asphalt werden Druckkräfte aus der Betondecke nicht gegen das Widerlager der Brücke weitergeleitet. Um zu verhindern, dass sich zwischen Betondecke und Tragschicht eine Gleitebene einstellt, verbunden mit einer Änderung der Auflagerbedingungen, ist die letzte Platte mindestens um das Maß der gebundenen Tragschicht zu verstärken. Bei der Bauweise mit Geotextil endet die Zwischenlage dann vor der verstärkten Platte. Bei der Bauweise mit Schottertragschicht ist die Verstärkung der letzten Platte auf mindestens 40 cm vorzunehmen (Bild 4).

Eine Alternative stellt ein Endsporn dar, der allerdings bei den Baufirmen im Hinblick auf die zeitlichen Abfolgen bei der Herstellung und der damit verbundenen Beeinträchtigung des Baubetriebs weniger beliebt ist. Teilweise beobachtete Querrisse über diesen Endspornen zeigen, dass sie wirksam sind und Längskräfte abbauen. Rissbreiten von > 0,5 mm sollten jedoch vermieden werden, wozu insbesondere eine Einhaltung der Bewehrungslage erforderlich ist.

Bild 4: Konstruktive Ausbildung einer verstärkten Endplatte nach ZTV Beton-StB

Bei allen drei Konstruktionen – Raumfugen, verstärkte Endplatte, Endsporn – treten bautechnische und baubetriebliche Probleme auf, die entfallen, wenn die Betondecke ohne Unterbrechung über die Brücke hinweg gefertigt wird. Mit den heute üblichen Gleitschalungsfertigern ist dieser kontinuierliche Einbau möglich, gegebenenfalls sind besondere Schutzmaßnahmen für die Brückenkappen vorzusehen [3]. Damit können Handfelder vermieden und eine gute Ebenheit der Decke erreicht werden. Weiter entfallen die erheblichen kostentreibenden Nachteile durch Einsatz unterschiedlicher Fertigertypen für Asphalt und Beton.

Weshalb wird diese wirtschaftlich und technisch optimierte Bauweise entsprechend dem ARS Nr. 14/1995 selten berücksichtigt? Beim Straßenbau ist teamwork gefordert. Offensichtlich werden bei der Planung für den Brückenbau auf der einen Seite und Erd- und Deckenbau auf der anderen Seite die zeitlichen Abhängigkeiten nicht ausreichend beachtet. Wie erwähnt, setzt die Bauverwaltung oder das beauftragte Ingenieurbüro bei der Planung für die Brücke im Allgemeinen den zunächst am wirtschaftlichsten erscheinenden Fahrbahnbelag in Asphalt voraus (Bild 2). Eine Betondecke für eine Bundesfernstraße kann nicht in 8 cm Dicke hergestellt werden. Wenn das Deckenlos in Betonbauweise vergeben wird, dann ist eine Fertigung der Betondecke über die Brücke hinweg weniger aus statischen Gründen (das geringe Mehrgewicht könnte bei der geringen Spannweite unter Umständen ertragen werden), sondern viel mehr wegen der vorgegebenen Höhenkoten nicht mehr möglich.

Deshalb wird in der neuen ZTV Beton-StB 05 das ARS Nr. 14/1995 in leicht modifizierter Form wegen der Anpassung an das heutige Technische Regelwerk übernommen werden (Bild 5): bei der Berechnung und Bemessung des Brückenbauwerks muss der maximal mögliche Aufbau des Fahrbahnbelags berücksichtigt werden:

  • Abdichtung nach ZTV-ING Teil 7 Abschnitt 1 oder 3 (4 cm)
  • Betondecke in Abhängigkeit von der Bauklasse ≤ 27 cm (Bauklasse SV)
  • zwischen Schutzschicht und Betondecke Geotextil (dementsprechend ist für die Betondeckendicke Zeile 1.2 der RStO 01 maßgebend)
  • wird entgegen der ursprünglichen Planung der anschließende Oberbau in Asphalt ausgeführt, werden die verbliebenen maximal 27 cm in Asphalt ausgeführt; die Asphalttragschicht dient dann dem Höhenausgleich.

Bild 5: Betondecke auf einer Brücke ohne Übergangskonstruktion (Querschnitt)

Damit kann die Betondecke auf der Brücke in der gleichen Dicke hergestellt werden, wie auf der angrenzenden Strecke (Bild 6). Muss ausnahmsweise die Betondecke, z. B. aufgrund eines zu hoch liegenden Bauwerkes oder wegen der Bauweise mit Schottertragschicht auf der anschließenden Strecke in geringerer Dicke über das Bauwerk hinweg durchgeführt werden, so ist zur Vermeidung ungünstiger Spannungskonzentrationen (blow-up Gefahr) die Abminderung der Dicke der Betondecke auf der Brücke auf maximal 15 % zu begrenzen. Im Hinblick auf die erhöhte Biegebeanspruchung aus Verkehrslast sind diese Platten dann zu bewehren, wenn die Dicke nicht mehr der entsprechenden Bauklasse nach Zeile 1.2 der RStO 01 entspricht. Am Widerlager ist eine Raumfugen-Einlage entsprechend dem Dickenunterschied zur Decke auf der anschließenden Strecke und gegebenenfalls zusätzlich der Dicke der HGT anzuordnen.

Bild 6: Betondecke auf einer Brücke ohne Übergangskonstruktion (Längsschnitt)

Beim Übergang der Decke auf das Bauwerk ist darauf zu achten, dass am Ende des Überbaus eine Querscheinfuge entsprechend dem vorhandenen Kreuzungswinkel angeordnet wird. Dabei ggf. entstehende spitzwinklige Platten (< 80 gon) sind zu bewehren (Bild 7). Der Schrägverlauf der Fugen kann auf der Brücke beibehalten werden. Beim Einrütteln der Dübel an den schrägen Fugen sind besondere Vorkehrungen zu treffen oder Dübelkörbe zu verwenden [3].

Zur Abdichtung der Fugen auf dem Bauwerk sind Fugenfüllstoffe zu wählen, die eine möglichst lange und dauerhafte Funktionsfähigkeit erwarten lassen; nach dem derzeitigen Erkenntnisstand kommen hierfür komprimierbare elastische Fugenprofile nach ZTV Fug-StB 01 in Frage.

Besondere Bedeutung kommt weiter einer vorschriftsgemäßen Hinterfüllung des Bauwerkes nach ZTV E-StB und dem „Merkblatt für die Hinterfüllung von Bauwerken“ zu.

Bild 7: Schräge Querscheinfuge am Ende des Überbaus

2 Betondecken in Tunneln

In Deutschland ist der Anteil von Straßentunneln im Vergleich zu Eisenbahn-, U- und S-Bahn-Tunneln bescheiden [4]. Allerdings nimmt insbesondere der Anteil von Straßentunneln, die aus Gründen des Umweltschutzes gebaut werden, in den letzten Jahren überproportional zu [5]. Neben den gewaltigen Baukosten, die zwischen 10 Mio. und 35 Mio. Euro/km betragen, fallen für die verkehrs- und betriebstechnische Ausstattung einer Tunnelröhre 15 bis 25 % der Rohbaukosten an. Die laufenden Betriebs- und Unterhaltungskosten einer Tunnelröhre betragen jährlich etwa 300 Euro/m bei 2-bahnigen Tunneln (Autobahnen) und 150 bis 200 Euro/m bei einbahnigen Tunneln [5]. Im bebauten Umfeld sind die Betriebskosten höher, da ein größerer Aufwand für Abluft-Freisetzen notwendig ist. Betondecken in Tunneln sind vorteilhaft, da sie aufgrund ihrer Helligkeit zur Verkehrssicherheit und zur Energieeinsparung beim Beleuchten beitragen (Bild 8).

Bild 8: Tunnel mit Betondecke (A 99 München-Allach 1998)

Bekanntlich ist das Unfallrisiko im Einfahrtbereich der Tunnel am größten. Hier dürfte sich die helle Oberfläche der Betondecke besonders günstig auf die Verkehrssicherheit auswirken. Im Tunnel wird aus Kostengründen meist ein Querschnitt ohne Standstreifen ausgeführt. Zur Vermeidung von Endfeldern im Standstreifen auf der anschließenden freien Strecke in Betonbauweise können im Bereich der Verziehung die letzten Betonplatten breiter ausgeführt werden, d.h. die Konstruktion erfolgt ähnlich wie bei Ein- und Ausfädelungsstreifen in Betonbauweise.

Zur Verkehrssicherheit tragen Betondecken auch bei, da sie im Katastrophenfall keine Rauchentwicklung verursachen. In Österreich wird deshalb – beeinflusst durch die Brandkatastrophen im Mont Blanc- und im Tauern-Tunnel 1999 – in Tunneln mit höherer Verkehrsbelastung ab ca. 1.000 m Länge eine Betondecke vorgeschrieben [2].

In langen Tunneln ist für Betondecken relevant, dass sich aufgrund von Schwinderscheinungen an der Oberfläche ein Hochwölben der Platten- bzw. Fugenränder einstellen kann [6]. Nach amerikanischen Untersuchungen beschränkt sich das Schwinden auf die obersten 4 bis 5 cm einer Betondecke. Damit kann mit einem einfachen Modell das Hochwölben in Abhängigkeit von der Plattenlänge L berechnet werden [7]. Das Ergebnis für eine 20 cm dicke Platte ist im Bild 9 dargestellt. Daraus ist ersichtlich, dass für das ungünstigstenfalls zu erwartende Langzeitschwinden (Schwindmaß εs = 30 · 10-5) durch eine Reduzierung der Plattenlänge auf etwa 4 m das Hochwölben erheblich abgebaut werden kann. Mit zunehmender Dicke der Betonplatte erfolgt eine weitere Abminderung (bei 26 cm Dicke um ca. 1/3 auf etwa 1,7 mm). Dementsprechend wurde in den ZTV Beton-StB als Baugrundsatz die Richtlinie aufgenommen, in Tunneln i.d.R. eine Reduzierung der Plattenlänge auf ≤ 20 · h vorzunehmen. Von Bedeutung ist weiter eine vorschriftsgemäße Verdübelung der Querfugen, womit das Aufwölben behindert wird; der Verzicht auf eine Verdübelung im Tunnel wegen nicht auftretender Niederschläge hat nach österreichischen Erfahrungen [2] zu einem schlechten Langzeitverhalten geführt.

Bild 9: Berechnete Aufwölbung des freien Plattenrandes in Abhängigkeit von der Plattenlänge

Von großer Bedeutung für das Langzeitverhalten einer Betondecke im Tunnel ist weiter eine elastisch plastische Verformbarkeit der Unterlage, womit die Beanspruchungen aus entsprechenden Verwölbungen der Betonplatten abgebaut werden. Dementsprechend sollte bei einer vorhandenen Betonsohle im Tunnel ein Geotextil zwischen geschaltet werden oder bei einem System mit Verbund zur gebundenen Tragschicht darunter eine ungebundene Tragschicht (Frostschutzschicht, Schottertragschicht) angeordnet werden (Bild 10).

Bild 10: Querschnitt Tunnel Schwarzer Berg (A 70 bei Eltmann, 2004)

Vorteilhaft im Tunnel ist auch ein Betondeckensystem mit durchgehender Bewehrung und freier Rissbildung (keine Fugen). Nach amerikanischen Untersuchungen im Rahmen des LTPP-Programms [8] stellt sich bei dieser Bauweise unter den dort vorhandenen Randbedingungen ein mittlerer Rissabstand von 0,3 bis 2,3 m ein, womit infolge der kurzen, gekoppelten Plattenlängen Aufwölbungen ausgeschlossen sind. Diese Bauweise mit durchgehender Bewehrung ist in Deutschland bei den Hochgeschwindigkeitsstrecken der DB AG die Regelbauweise. Auch bei dem auf der Neubaustrecke Ingolstadt-Nürnberg in einem Los ausgeführten Bauweise mit Fertigteilplatten handelt es sich um ein System mit durchgehender Bewehrung, da im Bereich der Fugen eine Vorspannung der Längseisen durch Muffenverbindungen hergestellt wird. Im Straßenbau wurde diese Bauweise erstmals vor etwa 7 Jahren auf der B 56 bei Stockheim ausgeführt. Vor kurzem wurde auf der 8-streifigen BAB A 5 Darmstadt-Frankfurt ein ca. 1,5 km langer Abschnitt (1. und 2. Fahrstreifen unter Einbeziehung des Standstreifens, d.h. in einer Gesamtbreite von 10,75 m) mit durchgehender Bewehrung Ø 20 mm (0,75 % bezogen auf den Deckenquerschnitt) erstellt (Bild 11). An den Enden der Versuchsstrecke erfolgte eine Verankerung mit jeweils 4 Endspornen (Standard in Belgien).

Bild 11: Bauweise mit durchgehender Bewehrung (A 5 bei Darmstadt, 2004)

3 Zusammenfassung

Betondecken auf Kunstbauwerken tragen zur Verkehrssicherheit bei und stellen eine wirtschaftliche Bauweise mit ausgezeichnetem Langzeitverhalten dar, wenn die aufgeführten technischen Randbedingungen eingehalten werden. Bei kurzen Brücken sind bei der Planung die einschlägigen Regelungen entsprechend dem ARS Nr. 14/1995 zu beachten. Im Tunnel sollte trotz der unter Umständen vorhandenen steiferen Unterlage das Deckensystem nicht schwächer dimensioniert werden als auf der anschließenden Strecke (Bild 12). Je nach Bauweise ist gegebenenfalls eine Ausbildung der Fugen unter Beachtung des Blockfugenabstandes zu beachten. Wie auf Brücken wird auch im Tunnel das Langzeitverhalten wesentlich von einer wirksamen Fugenabdichtung beeinflusst.

Bild 12: Betondeckeneinbau Tunnel Schwarzer Berg, 2004

Literaturverzeichnis

  1. Eisenmann, J., Leykauf, G.: Betonfahrbahnen. Ernst & Sohn 2003
  2. Breyer, G.: Betonfahrbahnen auf Brücken und in Tunnel. Straße + Autobahn 12/2003, S. 706 – 708
  3. Fleischer, W., Wagner, R.: Neuerungen in den ZTV Beton-StB 01 – Dünner Oberbeton und Betondecken auf kurzen Brücken. FGSV, Schriftenreihe AG Betonstraßen H. 25, 2001
  4. Kölkebeck, G., Naumann, J.: Straßentunnel in Deutschland. Straße + Autobahn 7/1992, S. 421 – 424
  5. Straßen und Brücken in Bayern. OBB im Bayerischen Staatsministerium des Inneren, 6. Folge 2004
  6. Werner, R.: Betonfahrbahnen in Tunnels der Schweiz. Update 1/2003. Gütegemeinschaft Verkehrsflächen aus Beton e.V., Köln
  7. Eisenmann, J., Leykauf, G.: Hochwölben der Plattenränder von Straße + Autobahn 10/1991, S. 565 – 570
  8. Selezneva, O., Darter, M., Zollinger, D., Shoukry, S.: Characterization of Transverse Cracking Spatial Variability. Transportation Research Record 1849, Paper 03-3229, p. 147 – 155