FGSV-Nr. FGSV 002/141
Ort Kassel
Datum 13.02.2025
Titel Einfluss der Fördermittelgeber auf die Gestaltung und Umsetzung von Projekten
Autoren Ltd. StBDir. Dipl.-Ing. Alexander Thewalt
Kategorien Kommunal
Einleitung

Fördermittel von Land und Bund – ohne diese wunderbaren Hilfen könnten vor der immer akuten verschieden ausgeprägten Finanzschwäche der Kommunen keine Infrastrukturmaßnahmen umgesetzt werden. Wie aber vergeben die Fördermittelgeber diese wertvollen Unterstützungen oder auch „Starthilfen?“ Welchen Anteil der anrechenbaren Maßnahmenkosten decken die Fördermittel, gibt es hier transparente Abstufungen der Fördersätze? Neben eigenen Förderprogrammen für Projekte der klimafreundlichen Mobilität wie die Kommunalrichtlinie des Bundes gibt es für komplexe Vorhaben weiterhin klassische Förderprogramme wie das GVFG auf Bundes- und Landesebene. Die Vorgaben für Förderfähigkeit sind im Regelfall in den Verwaltungsvorschriften zu den jeweiligen Fördergesetzen festgelegt. Die Vorgaben für Förderfähigkeit werden in Textform genannt, etwa die Erhöhung der Verkehrssicherheit, die Stärkung klimafreundlicher Mobilitätsformen, die Verbesserung des Verkehrsflusses oder die Verbesserung des Lärmschutzes. Die Vorgaben für ein Projekt sind immer schon augenfällig bei Neubauprojekten von Straßenbahnen – lange wurden unabdingbar besondere Gleiskörper gefordert. Dies hat erheblichen Einfluss auf die Frage, ob in einem bestehenden Straßenzug überhaupt eine Straßenbahn gebaut werden kann – oder welche Einschränkungen dies für die Flächen der anderen Verkehrsarten haben muss. Dies könnte etwa dazu führen eine Strecke unter Hinnahme von Betriebserschwernissen und in Zukunft nicht möglicher Betriebserweiterungen eingleisig zu planen. Eine Öffnung der Vorgaben, in Ausnahmen auf den besonderen Gleiskörper zu verzichten, etwa durch telematische Lösungen (Bahn als „Pulkführer“) ermöglicht grundsätzlich mehr Straßenbahnneu- und -ausbauten und führt bei den konkreten Planungen zu einer besseren Aufteilung des öffentlichen Raums. Eine neuere Vorgabe zur Qualitätssicherung der Planung ist die Durchführung eines Sicherheitsaudits und die Heilung oder Begründung der im Audit genannten Punkte. Der Bund hat als Ziel für das Erreichen der Klimaneutralität im Bundesklimaschutzgesetz das Jahr 2045 festgelegt, auch in der Novelle des Jahres 2024. Zum Erreichen der Zwischenziele und des Ziels im Jahr 2045 sind im Verkehrsbereich enorme Anstrengungen erforderlich. In Baden-Württemberg wird die Förderhöhe von einzelnen Projekten anhand der durch die Umsetzung erreichbaren Einsparungen von CO2eq festgelegt, hierzu ist die Erstellung von kommunalen Klimamobilitätsplänen erforderlich. Die E Klima 2022 wurden von der FGSV erstellt, um aufzuzeigen wie das Klimaziel 2045 im Verkehrsbereich erreicht werden kann. Die Berücksichtigung der E Klima als Fördergrundlage würde das Handeln der Kommunen und die Gestaltung der Projekte beeinflussen.

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Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Fördermittel für kommunale Mobilitäts- oder Verkehrsprojekte

Fördermittel von Land und Bund – ohne diese wunderbaren Hilfen könnten vor der immer akuten verschieden ausgeprägten Finanzschwäche der Kommunen keine Infrastrukturmaßnahmen umgesetzt werden. Wie aber vergeben die Fördermittelgeber diese wertvollen Unterstützungen oder auch „Starthilfen?“ Welchen Anteil der anrechenbaren Maßnahmenkosten decken die Fördermittel, gibt es hier transparente Abstufungen der Fördersätze?

Neben eigenen Förderprogrammen für Projekte der klimafreundlichen Mobilität wie etwa der Kommunalrichtlinie des Bundes gibt es weiterhin klassische Förderprogramme wie das GVFG auf Bundesund Landesebene. Die Vorgaben für Förderfähigkeit sind im Regelfall in den Verwaltungsvorschriften zu den jeweiligen Fördergesetzen festgelegt.

Die Vorgaben für Förderfähigkeit werden in Textform genannt, in Aufzählungen wird etwa die Erhöhung der Verkehrssicherheit aufgezählt, die Stärkung klimafreundlicher Mobilitätsformen, die Verbesserung des Verkehrsflusses oder die Verbesserung des Lärmschutzes.

2 Förderbedingungen wie eigener Gleiskörper bei Straßenbahnen

Eine grundsätzliche Anforderung für förderfähige Straßenbahntrassen ist die Führung auf einem eigenen Gleiskörper. Dies macht das leistungsfähige Verkehrsmittel unabhängig von Behinderungen durch den Kraftverkehr wie etwa ein- und ausparkenden Fahrzeugen, dem Lieferverkehr oder haltenden Müllfahrzeugen. Radverkehr kann von einer Straßenbahn mit ausreichend Abstand überholt werden, spontane Querungen von Rad- und Kraftverkehr sind so gut wie ausgeschlossen. Trotzdem war und ist es ein grundsätzliches Anliegen von Stadt- und Verkehrsplanern sowie Kommunalpolitikern (Abschnitte von) Straßenbahnstrecken auch in engen Straßenräumen oder in Straßenräumen mit hohen Anforderungen an die Aufenthaltsfunktion zu bauen – ohne die Verpflichtung eines besonderen Gleiskörpers anzulegen. Erst damit wird manche Straßenbahnführung grundsätzlich möglich, oder statt nur einem Gleis auf besonderem Gleiskörper eine leistungs- und zukunftsfähige zweigleisige Anlage umzusetzen.

So findet sich heute in den Verwaltungsvorschriften zu den Förderprogrammen zunehmend die Möglichkeit Verkehrswege der Straßenbahnen in Teilbereichen straßenbündig zu führen. „Um die Beschleunigung des Schienenverkehrs zu gewährleisten, muss der Vorrang von schienengebundenen Verkehrswegen beispielsweise unter Zuhilfenahme anderer (telematischer) Lösungen, gewährleistet werden.“ schreibt das Ministerium für Verkehr BadenWürttemberg1).

3 Durchführung eines Sicherheitsaudits

Eine Vorgabe in manchen Bundesländern ist mittlerweile die Durchführung eines Sicherheitsaudits und die Heilung oder Begründung der im Audit genannten Punkte. Dies ist kein grundsätzlicher oder gestalterischer Eingriff in die Planungen wie im Abschnitt 2 dargestellt – er dient zur Sicherstellung einer hohen auf alle Belange abgestimmten Qualität der Planung und dem späteren Betrieb.

4 Klimaschutz

Der Bund hat als Ziel für das Erreichen der Klimaneutralität im Bundesklimaschutzgesetz das Jahr 2045 festgelegt, festgehalten auch in der Novelle des Jahres 2024. Zum Erreichen der Zwischenziele und des Ziels im Jahr 2045 sind im Verkehrsbereich enorme Anstrengungen erforderlich.

In Bezug auf den Klimaschutz gibt es viele Absichtserklärungen, verstärkend immer wieder vom Ziel 2045 abweichende frühere Landesund kommunale Ziele. Das Land Rheinland-Pfalz etwa definiert im aktuell in Abstimmung befindlichen Landesklimaschutzgesetz das Zieljahr 2040 zur Erreichung der Klimaneutralität. Ein europaweites Städtenetz hat das Jahr 2030 zur Erreichung der Klimaneutralität festgelegt – in Deutschland sind etwa die Städte Mannheim und Heidelberg ausgesucht worden. Die Stadt Heidelberg schreibt hierzu im April 2022:

„Heidelberg ist eine von 112 Städten, die die Europäische Union (EU) am Donnerstag, 28. April 2022, als Modellstadt für Klimaneutralität ausgewählt hat. Das Ziel: 100 Kommunen aus der EU und zwölf Kommunen aus assoziierten Ländern sollen bis 2030 klimaneutral werden und ihre Erfahrungen an andere Städte und Gemeinden weitergeben. Dafür stellt die EU insgesamt 117 Millionen Euro im Rahmen ihrer Mission „Klimaneutrale und smarte Städte“ für konkrete Klimaschutz-Maßnahmen zur Verfügung“.

Erfahrungen in der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen im Verkehr sind wichtig und zunehmend erforderlich – Erfahrungen wie mit Widerständen vor Ort umgegangen werden kann. Wissen und Maßnahmenvorschläge zum Erreichen der Klimaschutzziele sind ausreichend bekannt – aber die jeweilige Umsetzung schwierig und langwierig. Die politische Diskussion kann sich so lange hinziehen bis politische Verhältnisse sich ändern und die klimagerechten Maßnahmen verhindern.

Solange es um eigenständige Maßnahmen wie etwa den Bau eines Fahrradparkhauses oder einer netzwirksamen zusätzlichen Brücke für den Fußund Radverkehr geht gibt es meist Zustimmung in Politik (und Bevölkerung) – wenn etwa Belange des Naturschutzes berücksichtigt werden und die Kommune die Finanzierung gewährleisten kann. Für solche eigenständigen Maßnahmen gibt es Förderprogramme, der Kommune muss es durch die Kommunalaufsicht erlaubt sein ihren meist verbleibenden Eigenanteil aufbringen zu dürfen. Gute bewährte Förderprogramme sind hier die Richtlinie zur Bundesförderung kommunaler Klimaschutz (Kommunalrichtlinie) oder das Sonderprogramm „Stadt und Land“ für Fahrradinfrastruktur.

Wird aber mit Maßnahmen zur Förderung des Umweltverbunds und damit des Klimaschutzes in bestehende Anlagen eingegriffen oder Neuplanungen befassen sich mit einer Querschnittsund Platzverteilung gemäß den E Klima 20222) beginnen langwierige und schwierige Diskussionen – auch vor bzw. trotz dem Hintergrund von grundsätzlichen Absichtserklärungen in Konzepten für das Gebiet der gesamten Kommune oder sogar größerer kommunaler Zusammenhänge.

Kurz gefasst: Unterstützung erhalten sie beim Entwickeln und Umsetzen von Maßnahmen vor Ort nur von Teilen der Lokalpolitik – am Ende ist doch jeder einzelne Stellplatz oder jeder einzelne Fahrstreifen wichtiger.

Durch die klimagerechte Gestaltung von Förderrichtlinien können die Fördermittelgeber starken und wirklichen Einfluss ausüben. Die Kommunen sind wichtige Partner zur Umsetzung der Klimaziele – über eine (deutlich) höhere Förderung von klimafreundlichen Projekten bzw. Entscheidungen werden sie auch in die Lage versetzt die auf Europa-, Bundesund Länderebenen gesetzten Ziele zu erreichen.

In Baden-Württemberg wird die Förderhöhe von einzelnen Projekten anhand der durch die Umsetzung erreichbaren Einsparung von CO2eq festgelegt, hierzu ist die Erstellung von kommunalen Klimamobilitätsplänen erforderlich. Durch dieses Verfahren sind auch Anlagen für den Kraftverkehr förderfähig, etwa Anlagen zur Verbesserung des Verkehrsflusses.

Eine weitergehende Relevanz des Klimaschutzes hätte die Forderung nach Abwägung der in der E Klima 2022 der FGSV aufgezählten Punkte. Die E Klima 2022 wurden von der FGSV erstellt, um aufzuzeigen wie das Klimaziel 2045 im Verkehrsbereich erreicht werden kann.

Hier ist etwa eine Priorisierung der Verkehrsteilsysteme in der Reihenfolge Fußverkehr – Radverkehr – ÖPNV – fließender MIV – ruhender Verkehr (priorisierende Verkehrsplanung, priorisierender Straßenentwurf und priorisierendes Verkehrsmanagement) benannt:

Die Berücksichtigung der E Klima 2022 als Fördergrundlage würde zur Entlastung der kommunalen Ebene von Grundsatzdiskussionen führen, die Grundsatzdiskussionen müssen dort geführt werden, wo das Ziel der Klimaneutralität 2045 festgelegt wurde. Sie würde den Weg zur Klimaneutralität im Verkehrsbereich der Kommunen erleichtern.