FGSV-Nr. FGSV 002/141
Ort Kassel
Datum 13.02.2025
Titel Die Verkehrswende und das Problem der Verantwortung
Autoren Univ.-Prof. Dr.-Ing. Klaus Joachim Beckmann
Kategorien Kommunal
Einleitung

Die Begriffe Mobilitäts- und Verkehrswende wecken umfassende Erwartungen, die im Zusammenwirken von Energiewende mit Antriebs-, Fahrzeug- und Verkehrssystemwende sowie Verhaltenstransformationen nur sehr schwierig zu erfüllen sind. Diese stehen im Zusammenhang mit einem Eingrenzen der Verkehrsmengen und der unerwünschten Verkehrsauswirkungen. Grundlagen müssen technische, soziale, organisatorische und prozessuale Innovationen sein. Im Vordergrund stehen Beiträge zur Veränderung von Verkehrsauswirkungen (Klimaschutz, Klimaanpassung, Umweltschutz, Flächeneffizienz, räumliche und modale Gerechtigkeit usw.) wie auch von Stadt(raum)qualitäten. Grundlagen sind Verstärkungen des Ziels „Genug“ mit u. a. Vermeidung, Verminderung, Verlagerung, Effizienzsteigerung, vor allem des motorisierten Verkehrs. Dies erfordert integrierte, flächenübergreifende Handlungskonzepte und umfassende Wirkungsanalysen sowie Abwägungsprozesse bei den Zielen der Nachhaltigkeit. Dazu gehören auch Handlungsansätze zur Umsetzung „smarter“ (im Sinne von informiert, vernetzt, optimiert, effizient, (teil-)automatisiert, inter- und multimodal) Verkehrskonzepte. Wesentliche Voraussetzung ist die Ausgestaltung der „fachlichen Verantwortung“ unter ethischen Grundsätzen von Zukunftssicherung in sozialer, wirtschaftlicher, gesellschaftlicher, räumlicher wie auch ökologischer Hinsicht. Dabei sind Vertrauensverluste zu vermeiden. Dar[1]aus ergeben sich Anforderungen an die Fach-Methodik, an die Fach-Community in Forschung und Praxis, insbesondere aber auch an die Ausbildung und Lehre

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1 Mobilitäts-/Verkehrswende – begründete Hoffnung oder unrealistische Erwartung?

Als Ziel der verkehrlichen Entwicklung hat eine Wende in der Mobilität und damit auch im Verkehr in vielen mündlichen und schriftlichen Beiträgen zu Mobilität und Verkehr Konjunktur. Der (positiv besetzte) Begriff „Verkehrswende“ impliziert in diesem Bereich einen starken Richtungswechsel, ja eine 180-Grad-Wende, zumindest aber sehr deutliche Veränderungen hinsichtlich Zielen und Wirkungen, vor allem aber auch hinsichtlich Art und Intensitäten von Handlungskonzepten zur Ausgestaltung der Verkehrssysteme. Die geforderte Transformation des Verkehrssystems beinhaltet evolutionäre wie auch disruptive Veränderungen und muss auf einer Diskussion über Werte beruhen. Verantwortung als Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass die Wende einen guten Verlauf nimmt, indem nach Möglichkeit das jeweils Notwendige und Richtige getan wird und dadurch entstehende Schäden weitestgehend vermieden werden, muss sowohl von der Fachpolitik als auch von den Fachingenieur*innen übernommen werden.

Mobilität von Menschen bedeutet im Alltag Ortsveränderungen zur Teilhabe und zur Teilnahme an gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Prozessen zur Befriedigung der anthropogenen Bedürfnisse (vgl. Maslow, 1954/1981; Beckmann, 2001). Sie steht zumindest teilweise im Zusammenhang mit anderen Positions- und Standortwechseln der Menschen, z. B. bezüglich der Rollen in der Gesellschaft , der Einbindung in Berufs- und Ausbildungsprozesse, der Aufgaben in Familien und Haushalten wie auch der Wechsel von Haupttätigkeiten-Standorten (Wohnungen, Arbeits- oder Ausbildungsplätze …). Physische Ortsveränderungen stehen dabei auch zunehmend in substitutiven oder induktiven Verhältnissen zur „virtuellen“ Mobilität technisch unterstützter Kommunikation. Induktive Effekte liegen dann vor, wenn Kommunikation unter Nutzung von Informationstechnik zu zusätzlichem physischen Verkehr führt, substitutive Effekte, wenn dadurch physische Wege ersetzt werden (z. B. Online-Shopping, Home-Office, Home-Schooling). Die Alltagsmobilität der Menschen steht zudem in engen Wechselbeziehungen mit dem wirtschaftlichen Austausch von Rohstoffen, Gütern/Waren und Leistungen.

Die inhaltlichen Anforderungen an eine Mobilitätswende und damit auch an eine Verkehrswende sind sehr ambitioniert, bleiben bislang aber in den Postulaten von Politik, politischen Programmen und Handlungskonzepten weitgehend unklar, unspezifisch und/oder wenig umsetzungsorientiert. Das Postulat der Verkehrswende kann entweder eine grundsätzliche Transformation (grundsätzlicher Wandel) der Raumstrukturen, der kollektiven und individuellen Raumnutzungen und der Mobilitätsund Verkehrssysteme bedeuten oder aber auch zu einer inhaltlich kaum gefüllten „Leerformel“ degenerieren.

Eine derartige Transformation gelingt durch den Wandel

– von der Funktionseffizienz des Verkehrs zur Optimierung der Verkehrswirkungen sowie

– von (verkehrlichen) Sektoralkonzepten zu einer integrierten Verkehrssystemgestaltung mit dem Ziel einer lokalen, regionalen, großräumigen und globalen Verbesserung von Lebensqualität.

Erforderlich ist hierzu eine Reduktion von Verkehr und vor allem von dessen unerwünschten Auswirkungen wie Flächenbeanspruchungen, Lärm- und Schadstoffbelastungen, Emissionen klimarelevanter Gase, Verkehrsunfallgefährdungen, Trennwirkungen in Städten und Landschaftsräumen... Die zu berücksichtigenden Wirkungen und die möglichen Handlungsfelder sind höchst komplex und durch verschiedene Wechsel- und Folgewirkungen geprägt (Bild 1). Mobilitätsund damit auch Verkehrswende sind somit Teil der Energiewende wie auch deren Voraussetzung. Zu den Voraussetzungen zählt insbesondere eine Auseinandersetzung mit erweiterten Zielen und Handlungsansätzen sowie veränderten Werten. Erforderlich ist ein verantwortliches Handeln und damit eine explizite Übernahme von Verantwortung.

Bild 1: Systemzusammenhang nachhaltiger Stadt-, Regions- und Verkehrsentwicklung (Beckmann, 2020b)

Aufgrund der multidimensionalen Verursachungs- und Wirkungsbeziehungen lassen sich bezüglich der Alltagsmobilität verschiedene Handlungsfelder unterscheiden, die sich in der Umsetzung überlagern (vgl. Bild 2 und auch Friedrich, 2020).

Bild 2: (Technische) Innovationen – Wirkungsaspekte

Beobachtbar ist eine Wende in folgenden Bereichen:

– Antriebe durch Einsatz verschiedener Energieträger (fossile Energien, Elektrizität, Wasserstoff, Bio-Kraftstoffe…),

– Fahrzeuge hinsichtlich Fahrzeugtyp/-gewicht, Geschwindigkeit und Beschleunigung(svermögen), Einsatzbereichen, Automatisierung …,

– Verkehrssysteme durch Änderung der Priorisierung und Verknüpfung verschiedener Verkehrsträger, durch modale Verlagerung auf andere Verkehrsträger wie nicht-motorisierten Verkehr oder öffentlichen Verkehr,

– Digitale Netze und Dienste hinsichtlich Ausbau und Leistungen,

– Verhalten

a) der Verkehrsteilnehmer hinsichtlich Verkehrsmittelbesitz und -verfügbarkeit, Wahl von Wegzielen, Weglängen, Wegeleistungen im Bezugszeitraum …

b) Nutzung virtueller Kontaktmöglichkeiten,

– (objektive) Raumstrukturen und deren individuelle Nutzungsformen.

Angestoßen wird die Verkehrswende u. a. durch

– veränderte Wirkungsanforderungen bezüglich Klimaschutz bzw. Klimaveränderungen, Umweltschutz (Lärm, Schadstoffe …), Flächeneffizienz

– Innovationen

a) technischer Art (Antriebe, Digitalisierung, Automatisierung …) aber auch

b) sozialer, organisatorischer, prozessualer und rechtlicher Art – vor allem auch verhaltensbezogener Art (Fahrzeugbesitz, Inter- und Multimodalität, Nahraummobilität …)

Zur Sicherung einer Verkehrswende sind Anforderungen von Prinzipien zu erfüllen wie:

– veränderte Verhältnisse der Gestaltungsprinzipien Effizienz („reduzierter Ressourceneinsatz“), Konsistenz („Einsatz anderer Ressourcen bzw. Verkehrsmittel“) und Suffizienz („weniger Verkehr“),

– Integration aller Verursachungs- und Wirkungsbereiche (Bild 1),

– Resilienz, das heißt Anpassungsfähigkeit der Raum-, Infrastruktur-, Mobilitäts-/Verkehrssysteme.

Dabei ist derzeit (2021) festzustellen, dass wichtige Ziele wie die geforderte Reduktion von CO2-Emissionen des Verkehrs bezogen auf das Jahr 1990 bisher nicht erreicht worden sind (vgl. Klimaschutzplan 2050). Dies ist einer der Anlässe zur Erarbeitung eines Konzepts für ein Bundes-Mobilitätsgesetz (vgl. VCD, 2021). Wesentliche Inhalte wurden dafür vom Wissenschaftlichen Beirat des Bundesministers für Verkehr bereits vorkonzipiert (2009), in dem Verkehrsingenieur*innen/-planer*innen frühzeitig und innovativ Konzepte entwickelt haben, die aber erst jetzt nach mehr als 10 Jahren in Politik und Verwaltung Beachtung gefunden haben. Dies gilt entsprechend auch für ein Brainstorming im Rahmen der Papiere der FGSV (Beckmann, 2006).

Eine Wende im Verkehrsverhalten könnte somit bedeuten:

– weniger Ortsveränderungen im Personen- und Güterverkehr, mehr virtuelle Kontakte (Online-Shopping, Home-Office, Home-Schooling …), kürzere Weglängen (im Nahraum), weniger Wegeleistungen,

– höhere Anteile des Umweltverbundes (ÖPNV, nicht-motorisierter Verkehr …) bei der modalen Aufteilung durch Vernetzung und veränderte Priorisierung,

– weniger Pkw-Besitz, mehr Car-Sharing/Car-Pools…,

– effizientere Fahrzeugauslastung durch Mehrfachnutzung…,

– kleinere und leichtere und unter Einsatz regenerativ erzeugter Energien angetriebene Fahrzeuge.

Die grundsätzliche Transformation des Verkehrssystems („Verkehrswende“) kann nur gelingen, wenn eine umfassende und diskursive Auseinandersetzung mit Zielen und Werten der Verkehrsentwicklung, also eine Übernahme von Verantwortung erfolgt.

2 Notwendige Prinzipien einer nachhaltigkeitsorientierten Mobilitätsund Verkehrswende

Soll die Mobilitätsund damit die Verkehrswende den Zielen der Nachhaltigkeit genügen, so müssen die komplexen Ziele der sozialen, ökonomischen, ökologischen wie auch kulturellen Nachhaltigkeit geklärt, operationalisiert und konsequent verfolgt werden (Bild 3). Zudem müssen auch die Aspekte des physischen und psychischen Befindens der Menschen („Gesundheit") sowie die Gerechtigkeit für Nachfolgegenerationen hinreichend berücksichtigt werden.

Dabei sind und bleiben die Erfüllung der Anforderungen hinsichtlich Teilhabe und Teilnahme der Menschen sowie Austausch zwischen Wirtschaftssubjekten zentrale Leitgrößen. Die Ziele und Werte der Gestaltung der Mobilitäts-/Verkehrssysteme sind zu klären sowie Handlungsansätze zur Aufgabenbewältigung und Problemlösung durch Ideen und Kreativität zu entwickeln („ingenius“), um auf dieser Basis integrierte Handlungs- und Maßnahmenkonzepte zu entwerfen und auch erfahrungs- und modellgestützte Wirkungsabschätzungen und die darauf basierenden Wirkungsbewertungen und Abwägungen der Wirkungen vornehmen zu können. Dies sind Aufgaben und bedeutsame Leistungsbereiche der „Zivilingenieurinnen“ und „Zivilingenieure“ („civil engenineers“).

Bild 3: Nachhaltigkeitsdreieck/-fünfeck (Beckmann, 2000a und 2000b)

Die Sachfelder der Handlungsbereiche des Verkehrsingenieurwesens wie auch der eng verbundenen Nachbardisziplinen (Ökonomie, Soziologie, Fahrzeugingenieurwesen, Raum- und Stadtplanung …) sind dabei zusätzlich zu den oben genannten Bereichen/Handlungsansätzen auch Verkehrswegerecht, Raumordnungs-, Bauplanungs- und Bauordnungsrecht, Verkehrsrecht und (Verkehrs)Ordnungsrecht, Finanzierungsoptionen von Verkehr und Kostenanlastungen für Verkehrsvorgänge bzw. Verkehrsauswirkungen – unter Einschluss „externer Kosten“ – sowie Optionen für virtuelle Mobilität (Glasfasernetze, 5G-Netze, Endgeräte …).

Eine besondere – und zum Teil leicht sowie kurzfristig zugängliche – Gestaltungsmöglichkeit bieten dabei die Kostenstrukturen der Nutzung von Infrastrukturanlagen des Verkehrs unter „Einpreisung“ („Internalisierung“) der Kosten von Umweltbelastungen, Flächeninanspruchnahmen, Infrastruktur-, Fahrzeug-, Betriebs- und Energiekosten. Die Handlungsansätze dürfen nicht nur sektoral – wie lange Zeit üblich – erfolgen, was derzeit auch noch für den Einsatz von Elektroverkehr/Elektrofahrzeugen und auch „autonomen Fahrzeugen“ festzustellen ist. Sie müssen vielmehr integriert erfolgen.

Die Elemente eines „nachhaltigen Stadtverkehrs“ müssen gesamthaft und in ihren Wechselwirkungen beachtet werden. Dies erfordert vermehrt eine „smarte Mobilität“ (informationsgestützt, vernetzt, effizient, optimiert…) mit verstärkter Automatisierung sowie Stärkung von Inter- und Multimodalität, um letztlich Wirkungen erzielen zu können hinsichtlich Wege-/Fahrtenanzahl, Art und Länge der Wege, modaler Aufteilung der Verkehrsleistungen. Zusammenfassend bedeutet dies letztlich einen Wandel des gesellschaftlichen wie auch des individuellen Mobilitätsverständnisses, das heißt der Mobilitätskultur im Sinne von „gleich oder mehr“ Teilhabe (Mobilität bei weniger „physischer Verkehrsleistung“ (vgl. Beckmann; Klein-Hitpaß (Hrsg., 2013). Diese Mobilitätskultur umfasst

– Inter- und Multimodalität statt Monomodalität,

– Fahrzeugnutzung statt Fahrzeugbesitz,

– Differenzierung des Fahrzeugbesitzes für verschiedene Zwecke und Aufgaben bei Personen, Haushalten und Unternehmen,

– Nutzung innovativer Antriebsformen,

– Sicherung und Förderung von Nahraumqualitäten durch neue Flächenaufteilung von Verkehrsflächen, durch Geschwindigkeits- und Parkraummanagement.

Bild 4: Kontraproduktive Fehlanreize bezüglich einer erfolgreichen Umsetzung der Verkehrswende – Auswahl

Bild 5: Innovative Handlungsansätze im Verkehrsbereich – nicht vollständig frei von unerwünschten Nebenwirkungen

Kontraproduktive Wirkungen und Handlungsansätze müssen durch Verkehrsingenieurinnen und Verkehrsingenieure aufgedeckt, benannt und vermieden werden – z. B. im Elektroverkehr (Sammer; Beckmann; Holzapfel, 2018) oder bei der Automatisierung (Beckmann, 2020a). Erfolgt dies nicht, so besteht die Gefahr einer dramatischen Schwächung und Gefährdung des Vertrauens in (Verkehrs-)Ingenieurkonzepte. Es fehlt vor allem auch die Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen von Wertewandel, Nutzungswandel und Verhaltenswandel. Weitere Ursachen liegen in der fehlenden Integration technischer, organisatorischer, rechtlicher und räumlicher Umgestaltungen sowie notwendiger Verhaltensänderungen.

3 Aufgaben der Ingenieur*innen im Rahmen der Mobilitätsund Verkehrswende

Werden die Auffassungen zur Ausgestaltung der Aufgaben von Verkehrsingenieur*innen/-planer*innen im Rahmen der Verkehrswende vereinfachend in einer Dichotomie aufgespannt, so muss jede Akteurin und jeder Akteur individuell wie aber auch jede Fachorganisation sich unter Aspekten der „Verantwortung“ selbst positionieren. Die Pole können plakativ umschrieben werden als

– „Homo-Faber-Verständnis“ der ingenieurmäßigen Vorbereitung und Umsetzung des Machbaren und der Sicherstellung des Funktionierens (vgl. Frisch, 1957) und auf der anderen Seite als

– „Prinzip Verantwortung“ mit frühzeitiger Berücksichtigung der gesellschaftlichen, sozialen, ökologischen, wirtschaftlichen und kulturellen Implikationen bzw. Wirkungen (vgl. Jonas, 1979).

Eine entsprechende inhaltliche Auseinandersetzung mit der Verantwortungsübernahme erfolgt bislang viel zu selten und findet auch kaum Eingang in die Formulierung von Grundsätzen oder Empfehlungen der Fachorganisationen wie FGSV, DVWG, acatech …. Als Ausnahme kann auf die VDI-Empfehlungen „Ethische Grundsätze …“ (2002) verwiesen werden, die allerdings leider bis in die heutige Zeit keine ausreichende Weiterentwicklung erfahren haben. Dies wäre aber vor allem unter den Aspekten von nachhaltiger Stadt-, Raum-, Verkehrs-, Mobilitätsund Infrastrukturentwicklung, insbesondere auch von Klimaschutz, CO2-Reduktion und Resilienz der Verkehrsentwicklung erforderlich gewesen, wie die Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung „Globale Umweltveränderungen“ WBGU der Bundesregierung zeigen (2011, 2016). Diskussionen um den Verantwortungsbegriff und vor allem um Verantwortungsübernahme im Zusammenhang der Technikethik werden in Forschung und Praxis der Ingenieurwissenschaften nur selten geführt, Ergebnisse kaum umgesetzt (vgl. auch Zimmerli, 2014). Zimmerli definiert Verantwortlichsein als dreistellige Relation: Jemand (Verantwortungsgesellschaft) ist für etwas oder jemanden (Verantwortungsbereich) einer anderen Person oder Institution gegenüber (Verantwortungsinstanz) verantwortlich“ (2014, S. 22).

Im Vordergrund der Aufgaben(erfüllung) bei den Ingenieurleistungen sollte stehen,

– dass es nicht (nur) um das Machbare geht, sondern vor allem um das Verantwortbare,

– dass es um die Übernahme der Verantwortung gegenüber Individuen, Gesellschaft, Wirtschaft, Mit-/Umwelt, künftigen Generationen geht,

– dass über die Ziele und die Wirkungen des Handelns kritisch reflektiert werden muss, das heißt eine Wertediskussion erfolgt,

– dass dazu mit den anderen mit der Gestaltung des Verkehrssystem befassten Akteuren aus Zivilgesellschaft, Politik, Wirtschaft, Verwaltungen wie auch Wissenschaft über Ziele, Wirkungen, mögliche Nebenwirkungen und Betroffenheiten kommuniziert und reflektiert wird, das heißt um gemeinsame Lösungen gerungen wird.

Ingenieurinnen und Ingenieure müssen sich intensiv einbinden in die Definition ethischer/moralischer „Leitplanken“ ihres eigenen fachlichen Handelns. Nur so können sie die Basis für das Vertrauen legen, das sie in Gesellschaft, Politik, Medien benötigen, wenn sie sich um Akzeptanz ihrer umzusetzenden und zu betreibenden Arbeiten bemühen. Ingenieurinnen und Ingenieure stehen somit als Subjekte wie auch als Kollektive in ethischer Verantwortung.

In den letzten Jahren ist leider viel Vertrauen in eine verantwortliche Ingenieurtätigkeit „verspielt“ worden. Verstärkte und gehäufte Vertrauensverluste hinsichtlich der Arbeit der Verkehrsingenieur*innen/-planer*innen, aber auch der der Ingenieurdisziplinen als solche sind festzustellen bezogen auf

– Einzelpersonen bei einzelnen Projekten

– Personenkollektive wie Ingenieurinnen und Ingenieure, aber auch Arbeitsprozesse, Organisationen und Strukturen dieser Personenkollektive,

– Arbeit, Arbeitsergebnisse wie auch Kontrollmechanismen.

Es handelt sich also nicht nur um Vertrauensverluste der politischen Gremien, der Politiker, der Verwaltungen bzw. Verwaltungsspitzen, Wirtschaft, Institutionen, Medien usw., sondern auch einzelner Bürger und Unternehmer. Dies kann die Akzeptanz von Konzepten und Maßnahmen schwächen oder sogar massive Widerstände auslösen.

Vertrauensverluste können beispielsweise entstehen durch

– Nichteinhaltung von Kostenannahmen/-schätzungen und fehlende Termineinhaltung bei der Herstellung von Infrastruktur(groß)projekten wie Elbphilharmonie, Flughafen BER, Bahnhof Stuttgart21,

– defizitäre Umsetzung der europäischen Luftreinhalterichtlinie (2007/2008), für die erst durch zivilgesellschaftliche Initiativen („Deutsche Umwelthilfe“) und ausgelöste Klageverfahren eine Umsetzung erfolgt ist, das heißt dass Gerichte der Fachpolitik und den Fachingenieur*innen die fachliche Führerschaft aus den Händen genommen haben,

– Förderung von Elektromobilität und Elektrofahrzeugen, die zuerst nur auf Pkw bezogen erfolgte, nicht jedoch unter Einbindung von Zweirädern (Pedelecs, Elektro-Motorräder), Lieferfahrzeugen, Kleinbussen oder Standardbussen, die zudem Handlungsoptionen hinsichtlich technologischer, ökologischer ökonomischer und sozialer Wirkungen nicht ausreichend verglich und bewertete sowie keine notwendigen Sektorkopplungen der Energie-, Informations- und Raumsysteme gewährleistete.

Die Verkehrs-/Fahrzeug-Planer*innen/-ingenieur*innen haben es – in fahrlässiger Weise – unterlassen, mit einem „fachlichen Aufschrei“ Verantwortungsübernahme einzufordern. Die Arbeit in der vom Bundesverkehrsminister angestoßenen und geleiteten „Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität“ scheint ähnliche Strukturen und Schwächen aufzuzeigen.

Integrierte und intersektorale Handlungskonzepte zu baulichen und betrieblichen Anlagen sowie zu rechtlichen und finanziellen/fördernden Rahmenbedingungen müssen umfassend in dem Zusammenwirken aller Handlungselemente der Verkehrssystemgestaltung betrachtet werden. Es bedarf vor allem einer interdisziplinären und transdisziplinären Betrachtung aller Wirkungsbereiche, deren Ermittlung, Abschätzung, Bewertung und Abwägung. Die unverzichtbare Abwägung der Wirkungen von Maßnahmen setzt eine Übernahme von Verantwortung voraus. Dazu müssen Grundlagen und Prozesse der Verantwortungsübernahme, deren Ausgestaltung in Ausbildung und Fortbildung, in der Forschung wie aber auch in der Ausgestaltung von Zuständigkeiten und Prozessen in der Praxis vermehrt erarbeitet, diskursiv behandelt und nachvollziehbar umgesetzt werden.

4 Grundprinzipien einer Förderung der Verantwortungsübernahme

Die Mobilitäts-/Verkehrsentwicklung in Städten und Regionen wie auch auf den Betrachtungsebenen von Bund und Ländern unterliegt vielfältigen dynamischen Veränderungen, die erhöhte Anforderungen an die fachlichen Aufgaben stellt. Es sind dies Veränderungen und damit Aufgaben in den Bereichen von

– Klimaschutz,

– Umweltschutz,

– Digitalisierung von Gesellschaft und Wirtschaft,

– Bewältigung der Corona-Pandemie.

Evolutionäre wie auch disruptive Schritte zu neuen Handlungskonzepten sind erforderlich. Für die fachplanerische Arbeit im Handlungsbereich von Mobilität, Transport und Verkehr bedeutet dies, dass Handlungsroutinen nicht mehr „bewährt“ verfügbar sind. Maßnahmen, Konzepte und vor allem Wirkungen wie auch Voraussetzungen und Rahmenbedingungen müssen „innovativ“ entwickelt und überprüft werden, in Fachpolitik(en), Fachwissenschaft(en) wie auch praxisbezogenem Handeln in den Bereichen

– der Ausbildung, Lehre und Fortbildung,

– der Schwerpunkte und methodischen Grundlagen in Wissenschaft und Forschung,

– der Zuständigkeiten, Kooperationen und Prozessstrukturen in der Umsetzungspraxis.

Dabei sind die Fachdisziplinen in ihrer Verantwortungsübernahme und ihren inter- sowie transdisziplinären Arbeitsweisen gefordert.

Wichtige Handlungs-Cluster sind im Verkehrsbereich intermodale Angebotskonzepte für Infrastrukturen, Betrieb und Dienste und für begleitende digitale Informationsdienste (Apps), um bedarfsorientierte Verkehrsmittelwahlen und -wechsel von Nutzern an intermodalen Mobilitätspunkten im Zusammenspiel von ÖPNV (Busse, Straßen-/Stadtbahnen, U-/S-Bahnen), Zweiräder (auch E-Bikes und Pedelecs), Sharing-Angeboten (Car-/Bike-Sharing) zu ermöglichen.

Um die angestrebten Wirkungen auf Umweltqualitäten, Stadtqualitäten, Teilhabe/Teilnahme und Austauschprozesse, aber auch auf das globale Klima zu erzielen und unerwünschte (Neben-)Wirkungen zu vermeiden, müssen die zentralen Einflüsse und Stellparameter nicht nur benannt, sondern offen und umfassend ausgestaltet werden. Diese Einflüsse umfassen auch die Raumstrukturen mit Beiträgen zur Verkehrsaufwandsminderung, Stärkung des Umweltverbundes sowie der Stadt(raum)qualitäten als attraktive Lebensräume mit hochwertiger Nahraumerreichbarkeit (vgl. Beckmann, 2020).

Unter dem Ziel der Stärkung einer sozialen, ökologischen, ökonomischen, aber auch gesundheitlichen und (bau)kulturellen Verantwortung müssen Handlungen/Maßnahmen orientiert sein auf:

– Multi- und Intermodalität,

– Intra- und intermodale Verknüpfungen,

– Verknüpfung von Push-and-Pull-Maßnahmen,

– umfassende intersektorale Verknüpfungen von Verkehrs- und Mobilitätsstrukturen mit Raumstrukturen, Energiesystemen, Klimaschutz, Flächen(kreislauf)wirtschaft,

– Offenheit für die Umsetzung technischer, sozialer und rechtlicher Innovationen, vor allem aber auch für Verhaltensinnovationen,

– erweiterte Nutzung von Optionen virtueller/digitaler Mobilität wie Home-Office, Home-Schooling, Online-Shopping…

4.1 Prozessstrukturen und Fach-Community

Mobilitäts- und Verkehrswende können erhebliche Einflüsse auf individuelle und gesellschaftliche Lebens- und Verhaltensweisen haben. Daher sind geeignete und zu bevorzugende Maßnahmen zur Entwicklung einer intensiven gesellschaftlichen Dialog-Kultur zu erarbeiten, auszuhandeln und umzusetzen. Dies sind zentrale Voraussetzungen der notwendigen „Großen Transformation“ auch in den Bereichen von Mobilität, Verkehr, Transport (vgl. WBGU, 2011 und 2016). Dabei gibt es zwar keine „Patentrezepte“, jedoch bewährte und geeignete Handlungsstrategien und Maßnahmen, die konsequent auf kontraproduktive Wirkung und deren Vermeidung geprüft werden müssen.

Prozessstrukturen müssen demnach innovative und bewährte Kooperations- und Beteiligungsprozesse sowie Schritte zur Evaluation umfassen. Kooperative und vertrauensvolle Prozessgestaltungen sind dabei das „A & O“. Dabei sind die Kommunikation über die Ergebnisse von Gesamtbilanzen und Systemanalysen (Szenarien, qualitative und quantitative Wirkungsabschätzungen …) wie auch die Klärung der Relation zwischen den Handlungsprinzipien Effizienz, Konsistenz und Suffizienz wesentliche Aufgabenstellungen. Hier müssen Unsicherheiten und Risiken offengelegt und gewichtet werden.

Für die Fach-Community bedeutet dies in vermehrtem Maße:

– Weiterentwicklung/Diskurs der methodischen Anforderungen,

– Ausgestaltung der Verantwortung(sübernahme) sowohl der Fach-Community als auch der einzelnen Fachplaner*innen und Fachingenieur*innen in diskursiven Prozessen,

– Offenlegung von Interessen, Begünstigungen und Benachteiligungen der betroffenen und/ oder beteiligten Akteur*innen,

– Förderung von Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme.

Für Universitäten, Hochschulen und Akademien bedeutet dies eine Bewahrung und Stärkung ihrer Unabhängigkeit, aber auch die Notwendigkeit einer diskursgestützten (Selbst-)Reflexion hinsichtlich:

– Erarbeitung eines Ethik-Kodexes für die Forschung,

– Förderung eines frühzeitigen und unabhängigen Engagements in der Fachpolitik und der gesellschaftlichen Fachdiskussion,

– Reduktion der Abhängigkeiten von Politik, Projektförderern und institutionellen Förderern,

– Engagement für den Abbau von Fehlanreizen, die möglicherweise verstärkt ausgebildet sind wie die Wettbewerbe zu Exzellenz-Hochschulen, die vorrangige Orientierung an wirtschaftlichen Erträgen („Drittmittelvolumina“), die stark veränderten „Berufungskriterien“ für Professuren (vgl. acatech, 2018).

Es bedarf also einer intensiven und wechselseitigen Integration der potenziellen Handlungsfelder zur Förderung einer zukunftsfähigen Verkehrspolitik (Bild 6). Dies bedeutet vor allem für eine dialogorientierte Verkehrspolitik:

– integrierte Planungs- und Beteiligungsprozesse,

– Dezentralisierung und Regionalisierung der verkehrspolitischen Verantwortung durch Ausgestaltung des Subsidiaritätsprinzips,

– Ursachen- und Folgeanalysen sowie umfassende Evaluationen,

– Ausbau integrierter Beeinflussungsstrategien von Strukturen, Organisationen, Institutionen und Verhaltensweisen,

– Stärkung der Förderung von Akzeptanzen als verkehrspolitische Zukunftsaufgabe,

– Stärkung von Innovationen und des Umgehens mit Innovationen (Beckmann; Rindsfüser, 2006).

Bild 6: Integrationsfelder einer zukunftsfähigen Verkehrspolitik

Die von Baum und Beckmann bereits im Jahr 2002 vorgeschlagenen Instrumente zur Förderung von Kontinuität und Verlässlichkeit erweisen sich als immer noch sinnvoll:

– Einrichtung „Runder Tisch Integrierte Verkehrspolitik“ mit relevanten gesellschaftlichen Akteuren,

– (befristete) Berufung eines „Sachverständigenrats Integrierte Verkehrspolitik“,

– Ausgestaltung der Bundesverkehrswegeplanung zu einer „Bundes-Mobilitätsplanung“ unter Einschluss aller Handlungsebenen (EU, Bund, Länder, Regionen, Kommunen; Wirtschaft, Zivilgesellschaft …) und Berücksichtigung aller Maßnahmenelemente (Bau, Betrieb, Organisation, Management, Information, Verkehrserziehung, Steuerrecht etc.).

Dies gelingt bei bisherigen Prozessen und Plattformen – wie „Nationale Plattform Elektromobilität“, „Nationale Plattform Zukunft der Mobilität“ – bislang nur unzureichend oder gar nicht.

Die Zuständigkeiten und Prozesse der Umsetzung und Förderung, der Klärung von Verantwortung und Übernahme von Verantwortung haben umfassende Anpassungen der „Governance“ als Voraussetzung:

– eine Neu-Orientierung und Weiterentwicklung der Aus- und Fortbildung,

– eine deutliche – quantitative und qualitative – Verbesserung der Personalausstattungen in der Praxis – auch von Verwaltungen und Politik.

Verantwortungsübernahme wird gegebenenfalls erleichtert durch

– eine weitergehende Verbeamtung der in der Praxis von Bund, Ländern, Regionen und Kommunen verantwortlich tätigen Fachplaner*innen und Fachingenieur*innen, da diese beamtenrechtlich mit einem „Remonstrationsrecht“ bei der Verantwortungsübernahme in Konfliktsituationen ausgestattet sind,

– eine Einrichtung von Ombuds-Stellen und deren Prozessgestaltung in Verwaltungen, Unternehmen oder für die Öffentlichkeit, um eine Übernahme von Verantwortung auch in strittigen Situationen durch die Reduzierung persönlicher Risiken zu fördern und zu erleichtern.

4.2 Anforderungen an Wissenschaft und Forschung

Die methodischen Anforderungen, die in Wissenschaft und Forschung vermehrt umzusetzen sind, stehen im Zusammenhang mit den notwendigen Arbeitsprinzipien der geforderten „Großen Transformation“ (vgl. WBGU, 2016). Es gewinnen Methoden und Instrumente an Bedeutung wie die

– Erarbeitung von „integrierten Szenarien“ und Sensitivitätsanalysen der komplexen Wirkungen von Handlungskonzepten und Maßnahmen in allen Wirkungsbereichen wie auch auf allen räumlichen Wirkungsebenen – von „global“ bis „lokal“ sowie bezogen auf alle Wirkungshorizonte,

– Einbindung von „Stadt- und Verkehrslaboren“ zur praktischen Entwicklung und zur Ausschöpfung des Mehrwerts der Transdisziplinarität zwischen Forschung und Praxis,

– Ausgestaltung der Wissenschaftskommunikation.

Dabei sind bereits bestehende Forderungen an Methodik und Arbeitsprozesse zu verstärken und auch ernsthaft umzusetzen wie

– Darstellung der Annahmen, der Systemabgrenzungen und der Aussagengrenzen,

– Darstellung der Handlungsalternativen und -bausteine sowie der denkbaren Handlungskorridore – z. B. zwischen Technikinnovationen und Verhaltensinnovationen,

– Darstellung, Wirkungsanalyse und Beurteilung sowie Abwägung der Wirkungen von Systemalternativen,

– inter- und transdisziplinäre Entwicklung von Forschungsansätzen.

4.3 Zusätzliche Anforderungen an Ausbildung und Lehre

Die wachsenden Anforderungen an inter- und transdisziplinäre berufliche Tätigkeiten im Rahmen der angestrebten Mobilitätsund Verkehrswende setzen eine Weiterentwicklung der Lehrinhalte zu Methoden, Arbeitsprozessen, Handlungskonzepten, Maßnahmen und deren Wirkungen voraus. Dies gilt analog für die Energiewende und die Veränderungen von Gegebenheiten der Raumstrukturen, Standortmuster sowie der örtlichen und überörtlichen/regionalen Zentrenkonzepte. Gleichermaßen betrifft es die Fortbildung in allen Fachdisziplinen.

An Hochschulen und Universitäten sollten auch in der Lehre verstärkt interdisziplinäre Arbeitsweisen erprobt und ausgeübt werden. Die Studienreformen im Rahmen des Bologna-Prozesses haben die zum Teil in den Jahren zuvor ausgebildeten und teilweise durchaus auch bewährten interdisziplinären Studieninhalte und -einheiten geschwächt. Damit werden – vor allem auch in den Ingenieurdisziplinen – Vorbereitungen auf die Berufspraxis eher erschwert als im notwendigen Maße gefördert. Hinzu kommt, dass die geforderten Prozesse, Strukturen, Routinen, Inhalte und Methoden der Transdisziplinarität nicht (ausreichend) in Lehrinhalten und Curricula herausgebildet werden. Die in der Praxis zunehmend erwarteten kooperativen Vorgehensweisen von Wissenschaft/Forschung und Praxis/praktischer Umsetzung – vgl. „Stadt-Labore“ und „Praxis-Experimente“ – werden nicht einmal in Ansätzen ausgebildet.

Auch die Lehrenden haben (zu) wenig oder gar keine Erfahrungen mit diesen Anforderungen. Dies beruht zum Teil auf den Auswahlstrategien der Lehrenden. Zukünftig sollten daher wieder gestützt und gefördert werden:

– Praxiserfahrungen der lehrenden Forscher*innen

– Ausbau inter- und transdisziplinärer Diskurse

– Beispielverhalten der Lehrenden im Erfahrungswie auch im Handlungsbereich der praktischen Umsetzung.

In diesem Zusammenhang können dann auch glaubwürdig und beispielgebend die Themenfelder „Verantwortung“ und „Verantwortungsübernahme“ aufgegriffen, diskutiert und vermittelt werden. Dazu müssen curriculare Bausteine zur „Verantwortung in der Ingenieurtätigkeit“, zu „Fragen der Ethik“ und zu „Prozessen einer Verantwortungsübernahme“ erarbeitet und vermittelt werden – gemeinsam z. B. mit Technikphilosophen u. a.

5 Fazit

Die Handlungsziele, Strategien und Maßnahmenansätze der Mobilitätsund Verkehrswende sind höchst komplex und Folge der starken inhaltlichen Veränderungen der Rahmenbedingungen. Sie sind – auch im Blick auf die Energie- und Ressourcenproblematik – verantwortungsvoll zu bestimmen/klären und zu diskutieren, damit die Mobilitätsund Verkehrswende als Voraussetzung der Erhaltung bzw. Verbesserung von Lebensqualitäten in Städten und Regionen gelingen kann.

Die Chancen zum Gelingen der Wende liegen in der geeigneten Veränderung von Rahmenbedingungen und Zielen – z. B. Klimaschutz, Umweltschutz – und in der Erweiterung der Handlungsmöglichkeiten durch technische, organisatorische und prozessuale sowie Verhaltensinnovationen/-änderungen. Die Umsetzung ist oft schwierig aufgrund der unterschiedlichen und teils konfliktträchtigen Interessenslagen der Akteure/Betroffenen und auch aufgrund der Breite der Wirkungsbereiche. Die Erfolgschancen steigen jedoch mit der Konsistenz der Politik auf EU-, Bundes-, Landes-, Regions- und Kommunalebene. Gefordert ist insbesondere ein konsistenter Rechtsrahmen, der u. a. Förder- und Finanzierungsbedingungen, Zuständigkeiten, Prozesse und Handlungskonzepte in den Bereichen Mobilität und Verkehr klärt.

Im Verkehrsbereich bedeutet dies, dass ein Wandel der verkehrlichen Leitbilder von einer „Auto-Mobilität“ zu einer integrierten „Gesamt-Mobilität“ für die Zukunftsfähigkeit (zwingend) erforderlich ist. Dazu bedarf es des Zusammenwirkens der Planer*innen und Ingenieur*innen mit der Zivilgesellschaft und der Wirtschaft. Dies setzt Verantwortungsbewusstsein und Verantwortungsübernahme voraus. Die Wege zur Verantwortungsübernahme sind oft unbequem und auch strittig, müssen jedoch gemeinsam von Fachpolitik, Fachverwaltungen, Wissenschaft und Lehre sowie Wirtschaft und Zivilgesellschaft gefunden und beschritten werden.

Im Bemühen um Stärkung von Vertrauen und Glaubwürdigkeit aller Beteiligten spielen Information, Kommunikation, Beteiligung, Ehrlichkeit, Entscheidungsbereitschaft/-mut, aber auch Offenlegung von Betroffenheiten und Interessen eine fundamentale Rolle. Die Beachtung der Aspekte von Vertrauen und damit Glaubwürdigkeit ist die notwendige Basis für ein zukunftsfähiges Ingenieurverständnis bzw. dessen Wiedererlangung und für eine tragfähige Mobilitätsund damit Verkehrswende.

Literaturverzeichnis