FGSV-Nr. FGSV 002/103
Ort Erfurt
Datum 15.04.2013
Titel Wasserdurchlässige Befestigungen von Verkehrsflächen – Das neue Merkblatt
Autoren StBDir. Dipl.-Ing. Alexander Buttgereit
Kategorien Kommunal
Einleitung

Die Überlegungen zur ortsnahen Versickerung von Niederschlagswasser reichen mittlerweile drei Jahrzehnte zurück. Seit Mitte der 1990er Jahre ist die ortsnahe Versickerung von Niederschlagswasser grundsätzlich anzustreben. Mit der technischen Umsetzung dieser politischen Forderung haben sich seitdem zahlreiche Institutionen befasst. Ziel ist es, eine möglichst große Menge des auf befestigten Flächen herabfallenden Niederschlagswassers über den Weg der Versickerung dem Grundwasser zuzuführen. Hierdurch soll die ökologische Situation insgesamt verbessert werden. Neben der Anreicherung des Grundwassers ist die Reduzierung der Niederschlagswassersammlung und -ableitung in Kanälen erwünscht. Um diese Ziele erreichen zu können, können versickerungsfähige Flächen einerseits beim Neubau erstellt werden. Andererseits können bereits bestehende Flächen entweder vollständig entsiegelt oder durch versickerungsfähige ersetzt werden. Diese Bestrebungen wurden in der Vergangenheit beispielsweise durch Förderprogramme der Länder unterstützt. Aber auch heute noch fördern Kommunen diese Vorgehensweise, in dem sie bei der Berechnung der Höhe der Niederschlagswassergebühr solche versickerungsfähigen Befestigungsarten positiv anrechnen. Der aktuelle Stand der Technik ist im „Merkblatt für Versickerungsfähige Verkehrsflächen“ (M VV) (FGSV, 2013) dargestellt, welches das bisherige „Merkblatt für Wasserdurchlässige Befestigungen von Verkehrsflächen“(FGSV, 1998) ablöst.

PDF
Volltext

Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Einleitung

Für die Dimensionierung von Versickerungsfähigen Verkehrsflächen galt es in den 1990er Jahren ein neues Regelwerk zu erstellen, was sowohl den wasserrechtlichen als auch den bautechnischen Anforderungen genügt. Dieses Regelwerk mündete 1998 in das „Merkblatt für wasserdurchlässige Befestigungen von Verkehrsflächen“ der FGSV, ergänzt durch Änderungen und Ergänzungen für die Asphaltbauweisen im Jahr 2009. Die Aussagen zur Verunreinigung des Grundwassers durch Kraftfahrzeuge beruhten auf Untersuchungen aus den 1980er Jahren. Insbesondere die direkte Verbindung zwischen der Bauklasse (heute Belastungsklasse) nach den „Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen (RStO)“ (FGSV, 2012) und der resultierenden Verschmutzung heute so nicht mehr haltbar. Zusätzlich haben Verbesserungen in der Fahrzeugtechnik das Schadstoffpotenzial verringert. Verschiedene Untersuchungen zur Dauerhaftigkeit der Wasserdurchlässigkeit im Betrieb von Versickerungsfähigen Verkehrsflächen haben gezeigt, dass nach ordnungsgemäßer Errichtung die Wasserdurchlässigkeit in der Regel weiterhin ausreichend ist. Ebenfalls sind die Baustoffe und Bauweisen weiterentwickelt worden.

Das neue „Merkblatt für Versickerungsfähige Verkehrsflächen“ (M VV) in der Ausgabe 2013 stellt eine komplette Überarbeitung des vorhandenen Regelwerks dar. Es enthält die bekannten Erfahrungen der letzten 15 Jahre aus Planung, Bau und Betrieb solcher Verkehrsflächen, ergänzt um Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen. Es versucht dem Nutzer einerseits wichtige Hintergrundinformationen zu liefern, ohne dabei lehrbuchhaft zu wirken. Andererseits sollen die Planenden bereits im Rahmen der Entscheidungsfindung für oder gegen solche versickerungsfähigen Bauweisen besser unterstützt werden. Deshalb sind schon am Anfang des Merkblattes immer wieder Hinweise aus dem Bau und Betrieb zu finden.

Der ingenieurmäßige Sachverstand sollte im gesamten Planungs- und Bauprozess sowie während des Betriebs solcher Flächenbefestigungen stets genutzt werden. Ideologische Diskussionen über die Anwendung solcher Befestigungsarten sind deplatziert und führen häufig nur zum zweitbesten Ergebnis.

Im Folgenden werden nun die wichtigsten Änderungen näher beschrieben bzw. erläutert. Grundsätzlich ist bei der Anwendung des M VV zu beachten, dass es nur die ergänzenden Informationen und Anforderungen, die für diese Bauweisen notwendig sind, enthält. Alle weiteren Informationen und Anforderungen sind dem FGSV-Regelwerk zu entnehmen und gelten weiterhin. Durch diese Darstellungsweise kann sich der Anwender einen Überblick über die Besonderheiten dieser Bauweisen verschaffen. Gleichzeitig wird er zu Stellen im Regelwerk geführt, an die das Merkblatt anknüpft.

2 Versickerungsfähige Verkehrsflächen statt Wasserdurchlässige Befestigungen

Bei der Überarbeitung des Merkblattes war am Anfang die Frage zu klären, ob der Umfang bzw. der Geltungsbereich des Merkblattes erweitert oder beibehalten werden sollte. Letztlich überwogen die Argumente für eine Beibehaltung des ursprünglichen Geltungsbereichs. In dem Merkblatt sind daher Bauweisen für öffentliche Verkehrsflächen beschrieben, die eine Versickerung des anfallenden Niederschlagswassers durch die Schichten des Oberbaus hindurch bis in den Untergrund ermöglichen und gegebenenfalls eine Verbindung bis zum Grundwasser schaffen. Bauweisen, die nicht komplett versickerungsfähig gebaut werden, jedoch einzelne wasserdurchlässige Schichten verwenden (z. B. Bauweisen mit offenporigen Asphaltdecken), sind nicht Bestandteil des Merkblattes. Deshalb ist der Titelteil „Wasserdurchlässige Befestigungen“ in „Versickerungsfähige Verkehrsflächen“ geändert worden. Gleichwohl ist die Anwendung des „Merkblattes für Versickerungsfähige Verkehrsflächen“ nicht nur auf öffentliche Verkehrsflächen beschränkt, sondern auch im privaten Bereich wünschenswert. Daher ist z. B. eine Belastungsklasse unter BK0,3 weiterhin Bestandteil des Merkblattes. Dazu mehr unter „Bauweisen – RStO 2012“.

3 Entscheidungshilfe zur Anwendung der Bauweise

Der Bearbeitergruppe war von Anfang an bewusst, dass die versickerungsfähigen Bauweisen für viele Anwender immer noch eher die Ausnahme als die Regelbauweise darstellen. Deshalb sollen den Anwendern die im Zuge der Entscheidungsfindung notwendigen Informationen möglichst klar vermittelt werden. Dazu gehören neben den bautechnischen Parametern auch die umweltrechtlichen und entwässerungstechnischen, deren Berücksichtigung für viele Anwender eine große Hürde darstellen. Aus diesem Grund ist ein Flussdiagramm neu ins M VV aufgenommen worden, mit dessen Hilfe sehr einfach und schnell entschieden werden kann, ob eine versickerungsfähige Bauweise überhaupt in Frage kommt (Bild 1).

Bild 1: Anwendung von Versickerungsfähigen Verkehrsflächen (M VV, FGSV 2013)

4 Anforderungen an die Wasserdurchlässigkeit und Entwässerungsmaßnahmen

Die Mindestanforderungen an die dauerhafte Wasserdurchlässigkeit der Versickerungsfähigen Verkehrsfläche sind im alten Merkblatt mit kf ≥ 5,4 ● 10 5 m/s festgesetzt worden. Dieser Wert ist rechnerisch unter anderen aus einer Bemessungsregenspende für flächenhafte Versickerung nach dem Zeitbeiwertverfahren ermittelt worden. Grundsätzlich ist dieser Wert auch aus Sicht der Bearbeitergruppe sinnvoll gewesen und hat sich bewährt. Die Praxis hat jedoch gezeigt, dass insbesondere bei in situ Messungen zur Bestimmung der Wasserdurchlässigkeit bzw. des Infiltrationsbeiwertes die Messergebnisse die Anforderungen entweder deutlich unterschritten oder deutlich überschritten. Zudem unterliegen die Messergebnisse größeren Streuungen, so dass die Nachkommastelle beim Grenzwert irrelevant ist. Im Rahmen von gutachterlichen Stellungnahmen hat sie sich sogar als hinderlich herausgestellt, da der Infiltrationsbeiwert auf eine weitere Nachkommastelle bestimmt werden muss, was der hergestellten Fläche eine Versickerungsleistung attestiert, die homogen so gar nicht zu erreichen ist. Daher sind die Wasserdurchlässigkeit auf kf ≥ 5 ● 10-5 m/s bzw. der Infiltrationsbeiwert auf kf ≥ 3 ● 10-5 m/s neu festgesetzt worden.

Neu ist die Möglichkeit ins Merkblatt aufgenommen worden, die erforderlichen Werte für die Wasserdurchlässigkeit bzw. Infiltration anhand der örtlichen Regenspende aus den langjährigen Starkniederschlagsauswertungen des Deutschen Wetterdienstes (KOSTRA) zu ermitteln. Hierbei sind die statistischen Auswertungen des DWD so aufbereitet worden, dass die regional in Deutschland zum Teil sehr unterschiedlich großen Starkniederschlagshöhen in Abhängigkeit von Dauer und Wiederkehrzeit für den jeweiligen Anwendungsfall entnommen werden können. Diese gewählten Niederschlagsereignisse werden im Weiteren zur Dimensionierung der konventionellen Entwässerungseinrichtung verwendet.

Für Versickerungsfähige Verkehrsflächen ist es zur dauerhaften Gewährleistung der Verkehrssicherungspflicht erforderlich, eine konventionelle Entwässerungseinrichtung gemäß den „Richtlinien für die Anlage von Straßen, Teil: Entwässerung“(RAS-Ew) (FGSV, 2005) zu errichten. Als Abflussbeiwert kann dann mit ψ = 0,3 bis 0,5 gerechnet werden. Diese konventionelle Entwässerung kann beispielsweise durch ein Mulden-Rigolen-System erfolgen. Die klassische Sammlung des anfallenden Niederschlagswassers z. B. in einem Trennsystem ist nur als letzte Möglichkeit anzusehen.

Bei der Wahl der Baustoffe und dem Aufbau der einzelnen Schichten ist zu beachten, dass die Wasserdurchlässigkeit aller Schichten dauerhaft gegeben sein muss. Diese Anforderung wird ebenfalls an den Untergrund gestellt.

5 Bauweisen – RStO 2012

Das „M VV“ ist bereits mit den neuen „Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen“ (RStO), (FGSV, 2012) abgestimmt und schließt darüber hinaus eine bislang bestehende Lücke im Regelwerk. Wollte man bislang eine nicht versickerungsfähige Pflasterdecke auf einer wasserdurchlässigen Asphalttragschicht errichten, so folgte man dem Hinweis in den RStO zu den „Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien zur Herstellung von Pflasterdecken, Plattenbelägen und Einfassungen“ (ZTV Pflaster-StB) (FGSV, 2006). Dort findet man den Verweis auf das alte „Merkblatt für wasserdurchlässige Befestigungen von Verkehrsflächen“, in dem allerdings die Bauweise nicht geregelt war. Diese Regelungslücke wird mit dem M VV geschlossen. Die ZTV Pflaster-StB sind an der Stelle redaktionell zu überarbeiten.

Wie auch das alte Merkblatt beschreibt das M VV Oberbauweisen mit Wasserdurchlässigem Asphalt, Beton sowie Pflasterdecken. Die aus Sicht der Bearbeitergruppe nicht ins Merkblatt gehörige Bauweise von begrünbaren Belägen ist aus dem Merkblatt herausgenommen und durch einen Verweis auf das umfangreiche Regelwerk der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. ersetzt worden.

Deckschichten ohne Bindemittel, auch „wassergebundene Deckschichten“ genannt, enthalten Feinanteile von 8 bis 15 M. %. Dies hat zur Folge, dass diese Deckschichten in der Regel die Anforderungen an die Wasserdurchlässigkeit nicht erreichen. Deshalb sind sie zur Herstellung von versickerungsfähigen Befestigungen nicht geeignet und nicht Bestandteil des M VV.

Die Beschreibung der Bauweisen ist so gewählt worden, dass der Anwender zunächst Informationen zu den Anforderungen an den Untergrund erhält. Anschließend werden die darüber liegenden Schichten des Oberbaus von unten nach oben bis zur Deckschicht erläutert. Für die Pflasterbauweise ist als Besonderheit eine Belastungsklasse BK0,1 als Teil der BK0,3 aufgeführt. Diese ist in Anlehnung an die alte Bauklasse VI der RStO 01 entwickelt worden und ermöglicht so weiterhin für wenig beanspruchte Verkehrsflächen eine wirtschaftlichere Pflasterbauweise unter den im Merkblatt angegebenen Randbedingungen. Denn gerade für diese gering belasteten Flächen ist die versicherungsfähige Bauweise eine interessante Alternative bzw. gibt es bislang sehr viele Anwendungsfälle.

Durch die Einführung der neuen RStO und der damit verbundenen Neueinteilung der Belastungsklassen sind die versickerungsfähigen Bauweisen für Fahrbahnen grundsätzlich bis zur Belastungsklasse BK0,3 limitiert. Um eine Weiterentwicklung der versickerungsfähigen Bauweisen nicht auszuschließen und die Erfahrungen aus bereits ausgeführten Projekten in höheren Belastungsklassen ins Merkblatt aufnehmen zu können, sind im Anhang Pflaster- und Betonbauweisen oberhalb der BK0,3 dargestellt. Diese Projekte in höheren Belastungsklassen verfügen jedoch noch nicht über ausreichende Liegedauer, das heißt ausreichende Sicherheit, um im Hauptteil des Merkblattes aufgenommen werden zu können. Vor der Anwendung dieser Bauweisen bedarf es einer genauen Einzelfallbetrachtung, ob die Errichtung einer Versickerungsfähigen Verkehrsfläche unter den gegebenen Randbedingungen wirklich umsetzbar ist. Auch sollten diese Bauweisen nur von Personen geplant und gebaut werden, die über große Erfahrungen mit versickerungsfähigen Bauweisen und den verwendeten Baustoffen haben. Nur so kann die dauerhafte Funktion gewährleistet erreicht werden. Außerdem kommt der Qualitätssicherung hier eine noch größere Bedeutung zu.

Die Änderungen im Merkblatt, die die Asphaltbauweisen betreffen, ergeben sich hauptsächlich aus der Einarbeitung der „Änderungen und Ergänzungen zu dem Merkblatt für wasserdurchlässige Befestigungen von Verkehrsflächen“ (FGSV, 2009), die nach Veröffentlichung des M VV zurückgezogen werden sollen.

Die Betonbauweisen sind dagegen grundlegend überarbeitet worden. Wichtig ist aus Sicht des Autors der Hinweis, dass deren Dimensionierung auf Grundlage umfangreicher Berechnungen entstanden ist. Außerdem wird zwischen der Anwendung von polymermodifizierten und nicht polymermodifizierten Betonen unterschieden. Die Baustoffwahl beeinflusst die erforderliche Dicke des Oberbaus. Bei Flächen, die mit auftauenden Mitteln in Berührung kommen können, sollte „polymermodifizierter“ Beton eingesetzt werden.

6 Hinweise zum Betrieb

Dem Betrieb von Verkehrsflächen wird in der Praxis häufig zu wenig Bedeutung beigemessen und zu wenig Beachtung geschenkt. Dabei ist eine gut organisierte und gut durchgeführte Straßenerhaltung Voraussetzung dafür, dass die Verkehrsflächen ihre Nutzungsdauer überhaupt erreichen können und die versickerungsfähige Eigenschaft über die gesamte Lebensdauer gewährleistet werden kann. Deshalb ist im neuen M VV dieser Abschnitt deutlich umfangreicher gestaltet. Außerdem werden – wie bereits erwähnt – am Anfang des Merkblattes im Rahmen der Entscheidungsfindung Hinweise auf den späteren Betrieb gegeben, die in die Entscheidungsfindung einbezogen werden sollen. Hierzu zwei Beispiele:

Das erste Beispiel ist der Winterdienst. Der Einsatz von auftauenden Streumitteln stellt einerseits eine nicht hinnehmbare Umweltbelastung dar, da diese mit dem Schmelzwasser bei Versickerungsfähigen Verkehrsflächen direkt ins Grundwasser gelangen können. Andererseits können diese Stoffe beispielsweise haufwerksporige Pflastersteine überdurchschnittlich beanspruchen bzw. schädigen. Beim Einsatz von abstumpfenden Mitteln muss dagegen ein Verstopfen der Porenstrukturen und somit die Gefahr einer zu geringen Wasserdurchlässigkeit verhindert werden. Daher soll das Streugut möglichst schnell wieder aufgenommen werden, wenn die Glättegefahr vorüber ist. Dies bedeutet in der Praxis einen erheblichen Aufwand im Winterdienst, der dauerhaft geleistet werden muss. Insbesondere die Anliegerreinigung stellt in diesem Fall ein Problem dar, weil bei Privatpersonen die erforderliche Fachkenntnis, die zum richtigen Umgang mit diesen Flächen notwendig ist, nicht erwartet und nur sehr schwer vermittelt werden kann.

Als zweites Beispiel dienen die Aufgrabungen. Diese sind gerade in dicht besiedelten Bereichen sehr wahrscheinlich und häufig anzutreffen. Bereits bei konventionellen Befestigungsarten zeigt sich in der Praxis immer wieder, dass Aufgrabungen nicht ordnungsgemäß verschlossen werden, wie es die „Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Aufgrabungen in Verkehrsflächen“ (ZTV A-StB) (FGSV, 2012) verlangen. Die Aufgrabung muss so geschlossen werden, dass die Anforderungen an die Wasserdurchlässigkeit und die Standfestigkeit wieder dauerhaft gegeben sind. Dies wird nur durch die Verwendung geeigneter Materialien und deren fachgerechtem Einbau erreicht. Versickerungsfähige Flächen müssen beispielsweise um die Aufgrabung herum vor Verschmutzung und Überbeanspruchung geschützt werden. Soll Bodenaushub auf Versickerungsfähigen Verkehrsflächen zwischengelagert werden, ist die Fläche z. B. durch Folien abzudecken. Hier erscheint eine Sensibilisierung der Versorgungsträger dringend erforderlich, weil diese die Auftraggeberfunktion gegenüber den Baufirmen wahrnehmen und nicht der Straßenbaulastträger. Ebenso ist eine umfangreiche Einweisung der bauausführenden Firmen erforderlich.

7 Qualitätssicherung

Abschließend möchte der Autor noch einige Hinweise zum Thema Qualitätssicherung geben. Die Bauweisen spezifischen Anforderungen zur Qualitätssicherung sind in den jeweiligen Abschnitten zu den Bauweisen enthalten. Vollständig neu ist in den Hauptteil des Merkblattes der Abschnitt 8 „Prüfverfahren zur Bestimmung der Wasserdurchlässigkeit“ aufgenommen worden. Er enthält die aus Sicht der Bearbeitergruppe für die jeweilige Schicht des Straßenaufbaus geeigneten bzw. erforderlichen Prüfungen im Labor oder in situ. Die Prüfung von Tragschichten ohne Bindemittel ist zwischenzeitlich in die „Technischen Prüfvorschriften für Gesteinskörnungen im Straßenbau“ (TP Gestein-StB) (FGSV, 2008) eingeflossen, so dass das M VV an dieser Stelle gekürzt werden konnte (Tabelle 1).

Tabelle 1: Prüfverfahren zur Bestimmung der Wasserdurchlässigkeit bzw. des Infiltrationsbeiwertes (M VV, FGSV 2013)

Da diese Prüfungen zur Kontrolle der Versickerungsfähigkeit recht zeitaufwändig sind, müssen sie bereits bei der Planung des Bauablaufs berücksichtigt werden, um die Bauzeit zu optimieren bzw. damit die Qualität der Ausführung nicht durch Unterlassung notwendiger Kontrollen gefährdet wird. Daher hat die Bearbeitergruppe nach einer zusätzlichen Möglichkeit gesucht, mittels eines „Schnellverfahrens“ auf der Baustelle qualitativ hinreichend genau abzuschätzen, ob die Wasserdurchlässigkeit der fertigen Leistung ausreichend ist. Es ist wichtig zu erwähnen, dass dies keine Prüfung ist, die im Rahmen von Gutachten verwendet werden kann. Sie bietet aber sowohl der bauausführenden Firma wie dem Auftraggeber die Möglichkeit, mit einfachen Mitteln ihren Kontrollaufgaben auf der Baustelle nachzukommen und somit die Chance auf eine erfolgreiche Bauausführung und somit eine dauerhafte funktionsfähige Verkehrsfläche zu erhöhen.

Bild 2: Schnelltest zum Abschätzen der Wasserdurchlässigkeit (Wolf, 2012)

Bei dem Schnellverfahren (Bild 2) wird ein „Standrohr“ DN 300 auf die zu prüfende Fläche aufgestellt. Durch z. B. Dichtungsmasse oder Gipsschlämpe wird verhindert, dass in das Rohr eingefüllte Wasser zwischen Fläche und Rohr austreten kann. Anschließend wird die Zeit gemessen, die eine festgelegte Menge Wasser benötigt, um durch die Versickerungsfähige Verkehrsfläche zu versickern. Benötigt das Wasser länger als 10 Minuten, um zu versickern, dann ist die Fläche als nicht ausreichend wasserdurchlässig einzustufen (Tabelle 2).

Tabelle 2: Auswertung des Schnelltests und Bewertung (M VV, FGSV 2013)

8 Zusammenfassung

In den letzten 30 Jahren haben Umweltaspekte zunehmend unser Leben beeinflusst. Dies gilt auch für den modernen Straßenbau, der ressourcenschonende Verkehrsflächen mit einer möglichst langen Lebensdauer bei gleichzeitig geringer Geräuschentwicklung erstellen soll. In diesem Zusammenhang können Versickerungsfähige Verkehrsflächen einen positiven Beitrag zum Wasserhaushalt leisten. Die aktuellen umweltrechtlichen und bautechnischen Anforderungen und Lösungsmöglichkeiten zur Anreicherung des Grundwassers mit durch Verkehrsflächen hindurch sickerndem Niederschlagswasser sind im M VV dargestellt. Es löst nach 15 Jahren das „Merkblatt für Wasserdurchlässige Befestigungen“ ab, was bis dahin gute Dienste geleistet hat. Das M VV ist weiterhin sehr praxisorientiert ausgerichtet und präzisiert das bisherige Regelwerk, verschärft es nicht! Es zeigt dem Anwender klar die Möglichkeiten und Grenzen der versickerungsfähigen Bauweisen auf. Um die Funktionsfähigkeit dieser Verkehrsflächen dauerhaft sicherzustellen, muss der Straßenbaulastträger einen erhöhten Erhaltungsaufwand kalkulieren.

Darüber hinaus bietet es dem erfahrenen und versierten Anwender Möglichkeiten, die Bauweise für seinen Anwendungsfall zu optimieren. Ihm muss dann aber bewusst sein, dass die Verantwortung für das Gelingen der Bauweise klar bei ihm liegt. Folgt der Anwender dagegen den Empfehlungen des Merkblattes von der Planung bis in den Betrieb, dann kann er bei erfolgreich durchgeführter Qualitätssicherung ziemlich sicher sein, eine dauerhafte, Versickerungsfähige Verkehrsfläche zu erhalten. Die Zukunft wird zeigen, inwieweit die Chancen, die im „Merkblatt für Versickerungsfähige Verkehrsflächen“ enthalten sind, in der Praxis genutzt werden und sich hierdurch die Bauweise weiter entwickeln wird

Literaturverzeichnis

Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen: Merkblatt für wasserdurchlässige Befestigungen von Verkehrsflächen, Ausgabe 1998, Köln

Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen: Änderungen und Ergänzungen zu dem Merkblatt für wasserdurchlässige Befestigungen von Verkehrsflächen, Ausgabe 2009, Köln

Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen: Richtlinien für die Anlage von Straßen (RAS-Ew), Teil: Entwässerung, Ausgabe 2005, Köln, FGSV 539

Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen: Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen (RStO), Ausgabe 2012, Köln, FGSV 499

Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen: Technische Prüfvorschriften für Gesteinskörnungen im Straßenbau (TP Gestein-StB), Ausgabe 2008, Köln, FGSV 610

Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien zur Herstellung von Pflasterdecken, Plattenbelägen und Einfassungen (ZTV Pflaster-StB), Ausgabe 2006, Köln, FGSV 699

Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen: Merkblatt für Versickerungsfähige Verkehrsflächen (M VV), Ausgabe 2013, Köln, FGSV 947

Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Aufgrabungen in Verkehrsflächen (ZTV A-StB), Ausgabe 2012, Köln, FGSV 976

Deutscher Wetterdienst (DWD): Koordinierte Starkniederschlagsregionalisierungsauswertung (KOSTRA-DWD 2000)