FGSV-Nr. FGSV 002/93
Ort Bamberg
Datum 12.02.2009
Titel Qualitätvoll und schnell bauen in NRW
Autoren Dr.-Ing. Christoph Dröge
Kategorien Infrastrukturmanagement
Einleitung

Straßenbau heute bedeutet zunehmend bauen im Bestand unter Beibehaltung der Leistungsfähigkeit des Verkehrsweges. Diese Rahmenbedingungen erfordern eine zügige Bauabwicklung. Dabei muss eine qualitativ hochwertige Bauabwicklung durchgeführt werden. Neben generellen bauvertraglichen festzulegenden Rahmenbedingungen bieten sich Weiterentwicklungen in Materialauswahl, Bauverfahren und Bauweise an, um diesen Herausforderungen gerecht zu werden.

Am Beispiel Nordrhein-Westfalen werden hierzu aktuelle Entwicklungen dargestellt. Diese sind insbesondere:

  • Zusätze zum Asphalt, um die Einbaubarkeit des Materials zu verbessern,
  • Einbauverfahren die die Bauzeit potenziell verkürzen können sowie
  • Eine Bauweise, die die Durchführung späterer Erhaltungsmaßnahmen beschleunigt.

Qualität als technische Größe ist durch Kontrolluntersuchungen und Straßenzustandsdaten messbar.

Die Vorgehensweise in NRW und die erreichten Zielgrößen werden hierzu erläutert. Die Kontrolluntersuchungsergebnisse belegen das Maß der arbeitsalltäglichen Einbauqualität. Über die Ergebnisse der Straßenzustandserfassung wird der für den Straßennutzer wichtige Gesamtzustand beschrieben.

 

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1 Einleitung

Erhaltung und Ausbau der Leistungsfähigkeit von Verkehrswegen ist ein wesentliches Ziel im Straßenbau. Baumaßnahmen finden zunehmend als Infrastruktur erhaltende Maßnahme im Bestand statt. Damit ist zwangsläufig eine Beeinträchtigung des Verkehrsflusses verbunden. Die Folge sind unzufriedene Verkehrsteilnehmer. Das Ziel ist daher, eine möglichst kurze Bauzeit umzusetzen. Dabei muss natürliche eine mindestens gleichbleibende Qualität des Bauwerks Straße erreicht werden.

Einflüsse auf die Dauer von Bauvorhaben haben insbesondere die Koordination aller Beteiligten, Qualitäts- und Terminsicherung, sowie die technische Bauablaufplanung inklusive Verkehrsführung. Diese Themen sind planbar. Ursache für Verzögerungen während der Ausführung sind häufig Änderungen im Bauablauf, Änderungen des Leistungsumfanges sowie die Witterung. Das wesentliche Steuerungselement für Bauvorhaben ist der Bauvertrag, mit dem AG und AN sich in ihren wesentlichen Abläufen binden. Hier bieten sich als Möglichkeit zur Beschleunigung von Bauzeiten an z. B. die Baubetriebsform 2, die Anwendung von Bonus-/Malusregelung für die Bauzeit im Wettbewerb und das Festschreiben von Vertragsstrafen bzw. Beschleunigungsvergütungen.

Es bieten sich aber auch bautechnische Möglichkeiten an, um ein gestecktes Qualitätsziel schnell zu erreichen.

2 Bautechnische Möglichkeiten

Die aktuellen Entwicklungen in der Bautechnik geben in den Themen Materialzusammensetzung, Bauverfahren und Bauweisen hierzu wichtige Beiträge. Dabei muss die Anwendung der Neuentwicklungen immer unter Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten erfolgen.

2.1 Materialzusammensetzung

Die Verarbeitbarkeit und Verdichtbarkeit von Asphalt kann durch die Zugabe von viskositätsverändernden Zusätzen positiv beeinflusst werden [1, 2]. Die Zusätze verringern die Bindemittel – und damit Mischgutviskosität im Bereich der Einbautemperaturen. Es sind mit Hinblick auf den Arbeitsschutz geringere Verarbeitungstemperaturen von Gussasphalt bei gleicher Verdichtbarkeit möglich. Möglich ist aber auch, die Temperaturen bei Walzasphalt auf dem Niveau gemäß der ZTV Asphalt-StB 07 [3] zu belassen und die Zeiträume zur Verarbeitung zu verlängern. Die Tabelle 1 zeigt die Größen der Anwendung von modifizierten Asphalten in NRW (Stand Anfang 2009). Zur Überprüfung der Qualität der so zusammengesetzt und eingebauten Materialien dient bei Gussasphalt unter anderen die Ermittlung der Stempeleindringtiefe gemäß der DIN 1996, Teil 13 im Rahmen von Kontrolluntersuchungen [4].

Im Bild 1 sind repräsentative Werte von Mischgutuntersuchungen aus den Jahren 2006 (ohne Zusätze) und 2008 (mit Zusätzen) vergleichend dargestellt [5]. Es zeigt sich, dass sich bei den neueren Asphalten der Widerstand des Materials gegenüber Verformungen deutlich erhöht hat. Das Einbauverhalten des Materials blieb dabei auf gleichem Niveau. Auch die Zunahme der Eindringtiefe nach weiteren 30 Min. konnte um ca. 28 % (bezogen auf die Summe der Eindringtiefen) verringert werden. Diese Kennwerte sollten einen Baustein für eine langfristig positive Gebrauchswertentwicklung der Fahrbahnoberfläche liefern.

Tabelle 1: Einsatz viskositätsveränderter Asphalte mit und ohne Temperaturabsenkung in NRW in m2 (Stand: 1/2009)

Bild 1: Übersicht von durch Kontrollprüfungen ermittelte Statische Eindringtiefen gemäß der DIN 1996, T13, aus den Jahren 2006 (203 Erg.) und 2008 (149 Erg.)

2.2 Bauverfahren

Durch den Bauvertrag wird durch die Vereinbarung des Technischen Regelwerks auch das Bauverfahren in seinen Grundzügen festgelegt. Hierbei gelangen in NRW im Wesentlichen konventionelle Bautechniken zur Anwendung, die durch den AN meist kontinuierlich weiterentwickelt werden.

Ein größerer Schritt ist die Entwicklung des beschleunigten Einbaus mehrerer Schichten des Oberbaus, die Kompaktasphaltbauweise. Gemäß der ZTV Asphalt-StB 07 ist dabei die untere heiße Schicht nicht zu befahren. Eine Entwicklung des AN in diesem Umfeld ist ein Verfahren, bei dem ein Einbauzug aus drei Maschinen besteht: Zwei modifizierten Fertigern und einen Materialbeschichter (Inline-Pave, Bild 2). Auf Anregung des AN wurde das Bauverfahren beim Neubau eines Abschnittes der A 52 eingesetzt. Vorteil des Verfahrens ist für den AN die flexible Handhabung der Gerätschaften, für den AG die potenziell kürzere Bauzeit bei zielsicherer Erreichung von Schichtenverbund und Verdichtungsgrad.

Im Ergebnis der Untersuchung konnten auf den Testfeldern die vertraglichen Vorgaben für Deck- und Binderschicht erreicht werden.

Bild 2: Testabschnitt BAB 52, Einbauverfahren Kompaktasphalt mit befahren der unteren Lage

2.3 Bauweisen

Unterschiedliche Bauweisen erzwingen unterschiedliche Bauabläufe. Für die Bauabläufe, die Bauqualität, die Kosten und die Bauzeiten optimal ist die Vollsperrung eines Bauabschnittes. Diese Lösung steht leider im Konflikt zur Leistungsfähigkeit der Straße.

Eine Bauweise, die im Umfeld einer lärmreduzierenden Fahrbahnoberfläche in diesem Spannungsfeld Sinn macht, ist die Bauweise OPA auf Gussasphalt – OPA MA [6]. Der Systemaufbau dieser Bauweise ist im Bild 3 dargestellt. Unter 4 – 5 cm OPA (der auf voller Schichtdicke akustisch wirksam ist) befindet sich eine ca. 2,5 cm dicke Gussasphaltschicht. Mit der Bauweise sind zunächst leicht höhere Kosten für den Bau der Deckschicht und längere Bauzeiten im Vergleich zu konventionellen Bauweisen verbunden. Es ergeben sich jedoch Vereinfachungen im Bauablauf, da die Gussasphaltschicht in verschiedenen Bauphasen schadlos vom Verkehr überrollt werden kann.

Große Vorteile entwickelt die Bauweise, wenn die offenporige Asphaltdeckschicht ersetzt werden muss. Dies ist erfahrungsgemäß alle 8 bis 10 Jahre der Fall. Das Fräsen der OPA kann zügig ohne Nacharbeiten erfolgen, da der Gussasphalt seine den Oberbau vor Wassereintritt schützende Wirkung sicher beibehält, auch wenn der Fräshorizont die Gussasphaltoberfläche gelegentlich unterschneidet.

Die Bauweise findet in NRW seit dem Jahr 2002 zunehmende Anwendung und ist 2008 z. B. auf der A 3 im Bereich Köln für eine Verkehrsbelastung von ca. 165 000 KFZ täglich auf 8 Fahrstreifen erfolgreich angewandt worden.

Bild 3: Bauweise OPA MA auf der A3, Gussasphalt unter OPA zur langlebigen Abdichtung des Oberbaus

3 Qualitätssicherung

Die Qualitätssicherung in der Bautechnik erfolgt durch den AG über die Arbeitsbereiche Kontrolluntersuchung bei Baumaßnahmen und die Zustandserfassung und -bewertung (ZEB) des Straßennetzes [7].

3.1 Kontrolluntersuchungen

Mangelnde Qualität insbesondere der Merkmale Griffigkeit, Ebenheit, Standfestigkeit, Hohlraumgehalt und Materialbeschaffenheit kann eine verringerte Lebensdauer des Oberbaus bedeuten. Damit verbunden sind erneute Eingriffe in den Verkehr und unzufriedene Straßennutzer.

Durch das Prüfcenter bei Straßen NRW sind daher von ca. 40 Mitarbeitern an zwei Standorten z. B. im Jahr 2008 unter anderen 5 700 Asphaltuntersuchungen durchgeführt worden. Davon ca. 3 700 Asphaltmischgutuntersuchungen und ca. 2 000 Kennwertermittlungen an Bohrkernen. Zusätzlich wurden Messungen vor Ort wie Tragfähigkeitsermittlung, Schichtdicken, Ebenheits- und Griffigkeitsmessungen durchgeführt.

Eine Übersicht der Prüfergebnisse ist in der Tabelle 2 dargestellt. Es zeigt sich, dass – obwohl das Einzelprodukt Straße unter Witterungseinflüssen und enormen Zeitdruck hergestellt wird – im Normalfall ein anforderungsgerechtes Qualitätsniveau erreicht wird. Um die Qualitätsentwicklung im Thema Verdichtungsgrad zu verbessern, werden z. B. unter dem Abschnitt 3.1 genannte Zusätze eingesetzt und die damit verbundenen Kosten vom AG getragen.

Im Falle eines Mangels sind einzelvertragliche Regelungen notwendig. Hierbei helfen die Abzugstabellen gemäß den ZTV Asphalt-StB 07, Anhang A, sowie ergänzend landeseigene Vorgehensweisen [8].

Tabelle 2: Ergebnisübersicht von ca. 5 700 Asphaltuntersuchungen aus NRW, 2008

3.2 Straßenzustandsdaten

Das Qualitätsniveau des Gesamtnetzes wird in NRW seit dem Jahre 1998 gemäß der ZTV ZEB-StB ermittelt. Die Entwicklung von Gesamtwert, Substanzwert und Gebrauchswert ist im Bild 4 dargestellt. Die Werte befinden sich auf gutem Niveau und haben sich insbesondere im Vergleich der Jahre 2002 bis 2006 verbessert. Dies gilt auch für den Bereich der Bundesstraßen in NRW, deren Zustand sich im Gesamtwert im Zeitraum von 1999 bis 2007 um ca. 9 % verbesserte. Auf der BAB beruht die Verbesserung der Beurteilungsnote für den Gesamtwert dabei insbesondere auf einer Verbesserung des Gebrauchswertes und hierbei insbesondere auf einer klaren Verbesserung des Merkmals Griffigkeit von 2002: 1,75 auf 2006: 1,55. Dies konnte erreicht werden, indem Streckenabschnitte mit Griffigkeitskennwerten im Bereich von Warn- oder Schwellenwerten durch auftragende Verfahren oder Deckschichtersatz erhalten wurden. Das Merkmal Ebenheit ausgedrückt durch die allgemeine Unebenheit AUN oder den Längsebenheitswirkindex LWI hat sich dabei kaum verändert (AUN 2002: 1,52, 2006: 1,51 und LWI 2002: 2,09, 2006: 2,12) (Bild 5).

Beide Kennwerte können auf gleicher Strecke unterschiedlich ausfallen. Dies ist konsequent, da die Werte unterschiedlich hergeleitet werden. Jedoch spiegeln die Kennwerte nicht die Wahrnehmung der Öffentlichkeit wider, die diese Eigenschaft zunehmend thematisiert. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf, um bautechnisch umsetzbare Vorgehensweisen zu vereinbaren.

Bild 4: ZEB auf Bundesautobahnen in NRW, Zustandsentwicklung in den Jahren 1998 bis 2006

Bild 5: Im Rahmen der ZEB ermittelte Veränderung der Gebrauchsmerkmale auf BAB in NRW

4 Zusammenfassung

In NRW werden Straßen unter hohem Zeitdruck schnell gebaut. Damit weiterhin qualitativ hochwertige Fahrbahnen erstellt werden sind kontinuierliche Anstrengungen aller am Bau beteiligten notwendig.

Als Beitrag der Bautechnik auf Auftraggeberseite sind hierbei der Einsatz von einbauverbessernden Zusätzen zum Asphaltmischgut, die Unterstützung beim Einsatz neuer Einbauverfahren und die Auswahl erhaltungsfreundlicher Bauweisen zu nennen. Hinter der Summe der Maßnahmen steht die Erwartung, das langfristige Verhalten der Fahrbahnoberfläche positiv zu beeinflussen. Werden bauliche Erhaltungsmaßnahmen notwendig, können sie in Teilen zukünftig schneller ausgeführt werden.

Die Qualität der Baumaßnahmen wird durch Kontrolluntersuchungen geprüft. Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass im Normalfall qualitativ hochwertig gebaut wird; Mängel müssen einzelvertraglich geregelt werden.

Die dauerhafte Qualität des Straßennetzes wird durch Messintervalle gemäß den ZEB angesprochen. Die in NRW getroffenen Maßnahmen führten dazu, dass trotz steigender Beanspruchung der Fahrbahnzustand von Bundesautobahn und -straßen in der Summe auf gutem Niveau erhalten blieb.

Literaturverzeichnis

  1. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Merkblatt für die Temperaturabsenkung von Asphalt (M TA), Ausgabe 2006, Köln, FGSV 766
  2. Dröge, Ch.: Verfahren der Temperaturabsenkung – Mineralische Zusätze zum Asphalt, Straße und Autobahn, 56. Jahrgang, Oktober 2005, Heft 10
  3. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Verkehrsflächenbefestigung aus Asphalt (ZTV Asphalt-StB 07), Ausgabe 2007, Köln, FGSV 799
  4. DIN 1996-13: Prüfung von Asphalt; Eindringversuch mit ebenem Stempel, Deutsches Institut für Normung e. V., Beuth-Verlag, Berlin
  5. Becker, F.: Qualitätsverbesserung bei Asphalt durch den Einsatz von viskositätsveränderten Bindemitteln, Vortrag Aachen 27. 11. 2008, unveröffentlicht
  6. Ehlert, St.: Geräuschmindernde Fahrbahnbeläge in NRW, Sonderdruck anlässlich des Deutschen Straßen- und Verkehrskongresses 2008 in Düsseldorf, Landesbetrieb Straßenbau NRW, Gelsenkirchen, 2008
  7. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien zur Zustandserfassung und -bewertung von Straßen (ZTV ZEB-StB), Ausgabe 2006, Köln, FGSV 998
  8. NRW: Umgang mit Mängeln, ARV 28, 2007, unveröffentlicht