FGSV-Nr. FGSV 002/93
Ort Bamberg
Datum 12.02.2009
Titel Aufgabenorientierte Zustandsanalysen und -bewertungen
Autoren Dipl.-Ing. Rainer Kretz
Kategorien Infrastrukturmanagement
Einleitung

Seit Anfang der 1990er Jahre werden auf den Bundesfernstraßen und zunehmend auch auf dem untergeordneten Straßennetz in regelmäßigen Intervallen netzweit messtechnische Zustandserfassungen und -bewertungen (ZEB) durchgeführt. Die ZEB ist mittlerweile ein institutionalisiertes Verfahren und hat durch die Verankerung im Technischen Regelwerk auch vertraglich einen hohen Standard erreicht (ZTV ZEB-StB).

Dieser Standard ist maßgeblich geprägt durch die rasante Entwicklung der Visualisierung der vielfältigen Informationen aus der Zustandserfassung und nicht zuletzt der Georeferenzierung der Aufnahmedaten bis hin zur jüngst eingeführten Online-Kontrolle.

Die netzweiten Zustandsanalysen mit Häufigkeitsverteilungen, Streckenbändern, Zustandsprofilen und Zustandskarten sind obligatorischer Teil einer ersten Auswertestufe.

Erweiterte Analysemöglichkeiten basieren auf den standardisierten Rohdaten als sogenannte Raster-Rohdaten. Auf dieser Basis entwickelte Werkzeuge können jetzt auf aufgabenorientierte Zustandsanalysen angewandt werden und sind für spezifische Fragestellungen weiterzuentwickeln.

 

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1 Einleitung

Die Zustandserfassungen der Fahrbahnoberflächen auf den Bundesfernstraßen liefern maßgebliche Eingangsgrößen für eine technisch und wirtschaftlich optimierte Erhaltungsplanung. Basis ist die netzweite messtechnische Zustandserfassung, die seit nunmehr 17 Jahren im 4-Jahresintervall auf den Bundesautobahnen und Bundesstraßen durchgeführt wird. Die hier gewonnenen Erfahrungen haben zu einer kontinuierlichen, anwenderorientierten Weiterentwicklung des inzwischen etablierten Verfahrens ZEB – Zustandserfassung und -bewertung geführt [1]. Seit einigen Jahren wird dieses Verfahren auch in untergeordneten Straßennetzen eingesetzt. Somit liegen heute auch für Landes-/Staatsstraßen und auch Kreisstraßen eine Fülle von Zustandsdaten und Informationen vor.

Das ZEB-Verfahren hat nun auch im vertraglichen Bereich eine Standardisierung erfahren. Die „Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien zur Zustandserfassung und -bewertung von Straßen“ (ZTV ZEB-StB) konnten auf der Basis auf den Bundesfernstraßen gewonnener Erfahrungen 2006 herausgegeben werden [2].

Maßgeblichen Einfluss auf die Weiterentwicklung des Verfahrens und die Standardisierung hatte die von Anfang an angestrebte Visualisierung der gewonnenen Informationen über den Zustand der Fahrbahnbefestigung. Inzwischen ist ein sehr hoher Standard erreicht, so dass neben netzweiten Auswertungen und Bewertungen nun auf der Basis der sogenannten Rohdaten objektscharfe Betrachtungen der vielfältigen Zustands- und Bestandsinformationen vorgenommen werden können.

Objektbezogene Analysen aufgrund der hohen Datendichte mit den standardisierten Rohdaten erlauben z. B. präzise und vor Ort reproduzierbare Unebenheitsbilder einschließlich Flächen des Wasserrückhalts zu generieren.

Im Management der Straßenerhaltung ist dies der Prozessschritt der Schadensanalyse [3]. Eine vergleichende Gegenüberstellung der Rohdatenprofile einzelner Zustandsindikatoren ermöglicht abschnittsorientiert die Identifizierung von Schwachstellen, Mängeln und liefert gegebenenfalls Indikatoren für die Ursache z. B. schlechter Griffigkeit.

Eine neue Möglichkeit der ZEB-Auswertungen über die primären Zielsetzungen des Erhaltungsmanagements hinaus ist die Identifizierung kritischer Strecken in Verbindung mit der Bereitstellung von Auswertemodulen für ingenieurmäßige Analysen. Die Ergänzung der Zustandsinformationen durch die Streckenbilder ist ein wesentlicher Beitrag für eine objektscharfe Beurteilung.

Mit den jetzt zur Verfügung stehenden Auswerte- und Analysenmöglichkeiten auf der Grundlage der Zustandsdaten können über die bisher gesetzten Grenzen der Auswerteabschnitte kritische Bereiche im Streckenzug identifiziert und beurteilt werden.

Sich abzeichnende Weiterentwicklungen bei der Zustandserfassung werden zukünftig sogar dreidimensionale Analysen ermöglichen.

2 Das ZEB-Verfahren

Mit dem inzwischen etablierten Begriff ZEB – Zustandserfassung und -bewertung ist auch eine spezifische Erfassungsmethodik beschrieben. ZEB steht für messtechnische Zustandserfassung mit schnellfahrenden Messsystemen. Schnellfahrend bedeutet Zustandsaufnahmen mit hoher Präzision bei Geschwindigkeiten v > 60 km/h und ist maßgeblich bedingt durch die Forderung des „Mitschwimmens im Verkehr“, um Verkehrsgefährdungen und Verkehrsbeeinträchtigungen so gering wie möglich zu halten.

ZEB steht auch entsprechend der ZTV für die Zustandserfassung und -bewertung von Straßen. Das sind uneingeschränkt die klassifizierten Straßen und mit Modifikationen auch die Innerortsstraßen, schließlich auch verfahrensorientiert Funktionsbauverträge.

ZEB beinhaltet auch das Verfahren mit vier Teilprojekten bzw. Prozessschritten. Dies sind:

  • TP1 – Ebenheit im Längs- und Querprofil (TP1a und TP1b),
  • TP2 – Griffigkeit/Rauheit,
  • TP3 – Substanzmerkmale (Oberfläche),
  • TP4 – Auswertung und Bewertung; Prüfungen.

Das ZEB-Erfassungskonzept für diese Teilprojekte beinhaltet standardmäßig die Erfassung der:

  • Längsebenheit in der rechten Rollspur mit Profiltiefenmessungen alle 10 cm und Erzeugung des sogenannten wahren Höhenlängsprofils,
  • Querebenheit mit Profiltiefen im Abstand von 10 cm über eine Gesamtbreite von in der Regel 3,20 m bis 3,50 m und Erzeugung von Querprofilen je Aufnahmemeter,
  • Griffigkeit in der rechten Rollspur mit dem SKM-Messverfahren und Erfassung eines gemittelten Seitenreibungsbeiwertes (SFC) je Aufnahmemeter,
  • Substanzmerkmale (Oberfläche) durch Makrokameras im Querprofil mit Einbindung der Frontkamera. Die Auswertung erfolgt anhand des in drei gleiche Aufnahmestreifen aufgeteilten Fahrstreifens und Registrierung der Zustandsindikatoren pro Aufnahmestreifen und -meter.

Messtechnisch und aufwandsbezogen optimiert werden Teilprojekt 1 und 3 heute gleichzeitig erfasst.

Bild 1: Selbstsicherndes Messfahrzeug für die Zustandserfassung im TP 1 und 3

Für die netzweite Erfassung der Griffigkeit hatte sich 1992 beim Start der ZEB nur das Griffigkeitsmessverfahren SCRIM (Sidewayforce-Coefficent-Routine-Investigation-Machine), heute SKM (Seitenkraftmesssystem) angeboten. Zu diesem Zeitpunkt war für eine kontinuierlich netzweite Erfassung kein technisch geeigneteres Aufnahmesystem verfügbar. Inzwischen gibt es auch für netzweite Erfassungen Messsysteme auf der Basis des blockierten Schlepprades bzw. Messungen mit definiertem Schlupf in Längsrichtung (siehe Beispiel Roadstar).

Teilprojekt 3 ist weiterhin zweigeteilt in die videotechnische Aufnahme der Fahrbahnoberfläche mit Makro- und Frontkamera und die manuelle Auswertung des Bildmaterials im Auswertebüro.

3 Zustandsanalysen und -bewertungen

3.1 Standardauswertungen

Neben der verfahrensbedingten Standardisierung und der Formulierung von Anforderungsprofilen steht heute auch ein komfortabler ZEB-Auswertestandard zur Verfügung. Eine wesentliche Vorgabe für die einzelnen Messkampagnen war die Sicherstellung der Vergleichbarkeit. Um dies zu erreichen, bedurfte es gewisser grundsätzlicher Festlegungen und Vereinheitlichungen.

Dazu zählen u. a.:

  • Bei einbahnigen Straßen nur Erfassung in Stationierungsrichtung,
  • Beginn des Auswerte- Bewertungsabschnittes im Nullpunkt des Netzknotenabschnittes,
  • 100-m-Auswerte- und Bewertungsabschnitt auf der freien Strecke,
  • 20-m-Auswerte- und Bewertungsabschnitt in der OD,
  • Basis sind die 1-m-Messergebnisse, die nach den Grundsätzen der ASB den Messstrecken zugeordnet werden (ASB – Anweisung Straßendatenbank).

Zum Auswertestandard gehören neben den tabellarischen Aufbereitungen der Mess- und Identifikationsdaten statistische Auswertungen und insbesondere die Darstellungen der Ergebnisse bezogen auf die Auswerte- und Bewertungsabschnitte als

  • Zustandsprofile Streckenbänder,
  • Zustandskarten,
  • Häufigkeitsverteilungen, z. B. in Form von Summenhäufigkeiten.

Darüber hinaus wurden Auswerte- und Prüfmodule entwickelt, wie zum Beispiel das System Stradivari. Dieses Modul bietet die Möglichkeit, die Streckenbilder der Frontkamera in Bezug zu der Ebenheit im Querprofil und der Griffigkeit zu betrachten. Sowohl Querebenheit als auch Griffigkeit werden auf kürzere Auswerteabschnitte bezogen (10 m bzw. 20 m).

Dies kann man als ersten Schritt zu objektschärferen Zustandsbetrachtungen sehen.

Das inzwischen für die Bundesfernstraßen eingeführte Prüfmodul ZEB Online-Kontrolle (ZEB OnKo) basiert auf der Darstellung der ZEB-Rohdaten als Rohdatenprofile und erlaubt einen direkten Vergleich der einzelnen Zustandsmerkmale mit Unterstützung des Videobildes der Frontkamera für ausgewählte Stationen. Mit diesem Instrumentarium ist der Schritt in die objektorientierte Betrachtung gegeben. Die Rohdatenbasis ist maßgeblich Grundlage für aufgabenorientierte Zustandsanalysen.

Es besteht damit die Möglichkeit die gewünschten Straßenabschnitte zu selektieren und die Rohdaten zu diesem Abschnitt zu sichten. Eine wichtige Ergänzung der Informationen über den Straßenzustand stellen dabei die Streckenbilder dar, die zu jeder Station in einem separaten Fenster eingeblendet werden können.

3.2 Das Informationsvolumen

Auch wenn in den Anfängen der ZEB und über viele Jahre nur der Zugriff auf mehr oder weniger aggregierte Zustandsdaten möglich war, so wurde sukzessive mit der Fortentwicklung der Visualisierung deutlich, welche Informationsdichte und -qualität mit den Zustandserfassungen gegeben war. Damit verbunden waren vielfältige Fragestellungen aus den unterschiedlichsten Anwendungsbereichen.

Ein Beispiel aus den früheren ZEB-Jahrgängen mag für die Informationsqualität und netzweiten Beurteilungen stehen [4]. Im Zusammenhang mit den Analysen zum Griffigkeitsverhalten im Bundesfernstraßennetz konnte über erweiterte Netzauswertungen, das heißt über die Standardauswertungen hinausgehend und auf der Basis der Summenhäufigkeiten das Verteilungsspektrum in den einzelnen Ländernetzen gegenübergestellt und ein mittleres Profil herausgearbeitet werden (siehe Bild 2). Dieses Beispiel verdeutlicht die Möglichkeit Teilnetze im Bezug zum Gesamtnetz bzw. einem Mittelwert darzustellen und veranschaulicht gleichzeitig die Spannweite.

Die bereits früher gegebene Möglichkeit, Detailinformationen aus dem ZEB Datenmaterial zu gewinnen, kann an dem Beispiel der Längsebenheitsauswertung für eine ältere Betonfahrbahn besonders plastisch demonstriert werden. Es handelt sich um eine ältere Betonfahrbahn mit 7,50 m Plattenlänge und ausgeprägten Stufenbildungen an den Querfugen. Wenn man statt der Standardauswertung der Längsebenheit, beispielsweise als Allgemeine Unebenheit (AUN) und deren Auswertung als 100-m-Einzelwert, zurückgegriffen hat auf die Bewertungsbasis, das sogenannte wahre Höhenlängsprofil, wurde das Phänomen Stufenbildung als geometrische Abbildung im Höhenlängsprofil hervorragend dargestellt (siehe Bild 3).

Bild 2: Griffigkeitsverhalten in Teilnetzen

Bild 3: Höhenlängsprofil einer Betonfahrbahn mit Stufenbildung

Diese erweiterten Auswertungen älterer ZEB-Datenbestände geben Anlass, die Bedeutung der Rohdaten für objektorientierte Betrachtungen herauszustellen und sind gleichzeitig Beleg für den hohen Informationsgehalt und die hohe Informationsdichte der Zustandserfassungen der Fahrbahnbefestigungen. Es gilt Werkzeuge für die Auswertung dieser vielfältigen Informationen für unterschiedlichste Zielrichtungen und Aufgabenstellungen bereit zu stellen.

Dies führt zu der Aussage: ZEB-Rohdaten sind Grundlage aufgabenbezogener Auswertungen der Zustandsdaten und -informationen.

Diese Erkenntnis ist nicht neu und auf dieser Basis wurden inzwischen sehr nutzerfreundliche Lösungen konzipiert. Zur Verfügung stehen für objektorientierte Auswertungen:

  • Rohdatenbänder der Zustandsindikatoren,
  • die Rohdatenbänder selbst oder verschiedene Parameter in der Gegenüberstellung und im direkten Vergleich zur Identifizierung gegenseitiger Beeinflussungen der einzelnen Indikatoren,
  • Detailinformationen für erweiterte Auswertungen, z. B. Höhenlängsprofil, Querneigungsband, Auswirkungen der Längsunebenheit als Einzelereignisse, Periodizitäten auf Fahrzeug, Fahrer und Ladung u. a.

Diese Möglichkeiten werden nachfolgend an Beispielen aufgezeigt mit Hinweisen auf auswertespezifische Zusammenhänge. Im Bild 4 als Screen-Shot-Darstellung sind die Informationsdichte und das Informationsvolumen aus dem ZEB-Verfahren konzentriert in einer Übersicht dargestellt. Dies ist die Basis der heutigen Online-Kontrolle (ZEB-OnKo). Gegenstand dieser Darstellung sind einerseits die Frontbildaufnahme als ein wichtiger Orientierungsbestandteil und Plausibilitätsbeitrag, zusätzliche Informationen tabellarisch über die Identifikation des Strecken- und Betrachtungsabschnittes und grafisch die Rohdaten-bänder der Zustandsindikatoren.

Entsprechend den Teilprojekten TP1 bis TP3 der Zustandserfassung sind den Einzelergebnissen als Rohdaten die 100-m-Auswertungseinheit als auch der Bewertungsabschnitt zugeordnet und markiert. Hierbei ist bei den Rohdatenbändern neben den Zustandsindikatoren beispielsweise AUN bzw. LWI für Ebenheit im Längsprofil auch deren Grundlage, das Höhenlängsprofil und im Fall der Griffigkeit die 1-m-Einzelwerte in Gegenüberstellung der Messgeschwindigkeit ausgewiesen.

Auch für das Teilprojekt 1b – Ebenheit im Querprofil mit den Indikatoren Fiktive Wassertiefe, Spurrinnentiefe links und rechts als 1-m-Zustandsgrößen ist ergänzend das Querneigungsband einbezogen.

Bild 4: Objektorientierte Zustandsanalysen – Visualisierung der Rohdaten

Unterhalb der Darstellung zu TP1b ist ein sogenanntes Reliefbild, eine mathematische Auswertung der Querebenheitsmessung für die Beurteilungen des Fahrbahnoberflächenreliefs hinsichtlich des Wasserrückhaltes mit den entsprechenden Einfärbungen dargestellt. Dies ist das Ergebnis der Verknüpfung von Querebenheit und Querneigung.

Für Teilprojekt 3, Substanzmerkmale (Oberfläche), bietet die Darstellung die Möglichkeit, den in drei Streifen aufgeteilten Fahrstreifen meterweise in Fahrtrichtung zu verfolgen und die dort registrierten Schäden zu beurteilen.

Mit dieser Fülle von Informationen und deren Gegenüberstellung auf einen Blick und gleichzeitig mit Unterstützung durch ein reales Bild des Streckenzuges werden vielseitige, aufgabenorientierte Analysen ermöglicht.

Bild 5: Streckenbild und Rohdatenprofile für einen Erfassungsabschnitt (Konzept OnKo)

An ausgewählten Streckenauszügen sollen nachfolgend auf der Basis der Rohdatenauswertungen beispielhaft Auswertungen und Zustandsanalysen skizziert werden.

Zunächst werden aus der Darstellung der Streckenbänder der einzelnen Teilprojekte die Inhalte durch Hervorhebung verdeutlicht und gekennzeichnet. Dies erfolgt mit den Bildern 6 bis 9 und bedarf zunächst keiner weiteren Kommentierung.

An ausgewählten Details soll die Bedeutung der Gegenüberstellung einzelner Zustandsindikatoren und deren Verknüpfung herausgearbeitet werden. Im folgenden Beispiel wird das Griffigkeitsverhalten eines Streckenzuges näher betrachtet. In dem herausgegriffenen Abschnitt ist ein deutlicher Niveausprung zu verzeichnen. Der Übergang von einem hohen zu einem niedrigen und wieder aufsteigend zu einem hohen Niveau ist, wenn man in die Darstellung des Teilprojektes für die Querebenheit schaut, verbunden mit einem Verwindungsbereich somit dem Wechsel in der Querneigung mit Querneigungsnullpunkt (Bild 10). In dieser Verknüpfung – niedriges Griffigkeitsniveau verbunden mit einem Querneigungswechsel – ist dann ein deutlicher Hinweis auf Defizite im Kurvenbereich und insbesondere in dem kritischen Verwindungsbereich zu verzeichnen. In der Gegenüberstellung lassen sich bei vertiefter Betrachtung auch Hinweise auf möglicherweise fahrdynamische Auswirkungen ableiten.

Bild 6: Ebenheit im Längsprofil mit Rohdatenprofil

Bild 7: Ebenheit im Querprofil mit Rohdatenprofilen

Bild 8: Griffigkeit mit SFC-Verteilung

Bild 9: Substanzmerkmale (Oberfläche)

Bild 10: Griffigkeitsverhalten im Kontext zu den Trassierungseigenschaften

Ein weiteres Beispiel zu dieser Griffigkeitsthematik im Zusammenhang mit Verwindungsbereich ist Bild 11. Hier ist ebenfalls ein drastischer Niveausprung zu verzeichnen der auch mit dem Verwindungsbereich verknüpft ist. Bezüglich der standardisierten Auswertungen für Griffigkeitsdaten als 100-m-Einzelwert zeigt sich hier eine weitere Problematik. Der drastische Griffigkeitssprung auf ein Niveau, dass weit unter dem Schwellenwert liegt, sich jedoch nur auf ca. 50 % des 100-m-Abschnittes abspielt, führt zu einer 100-m-Einzelwertbewertung noch im sogenannten gelben Bereich – also gerade zur Überschreitung des Warnwertes.

Bild 11: Niveausprung der Griffigkeit im Verwindungsbereich

Gerade dieses Beispiel belegt, wie wichtig erweiterte Analysen der mit einem großen Informationsgehalt versehenen Zustandsdaten sind und fordert geradezu heraus, den berühmten kritischen Zustand dezidierter zu beurteilen bzw. entsprechend zu analysieren.

3.3 Identifikation potenzieller Sicherheitsgefährdungen auf der Grundlage der Zustandsdaten

Inzwischen wurden Instrumentarien geschaffen, kritische Zustände im Netz zu identifizieren und zu lokalisieren. Diese Möglichkeiten der ZEB-Auswertungen erschließen neue Wege für aufgabenorientierte Zustandsanalysen. Im Vordergrund stehen hier Fragen zur potenziellen Sicherheitsgefährdung.

Um derartige Fragen objektscharf zu beantworten, ist insbesondere die bisherige Handhabung der Bewertung über die Aggregation einzelner Zustandsindikatoren zu einem 100-m-Einzelwert nicht zielführend. Diese Aggregation erfolgt in den meisten Fällen auf Grundlage einer Mittelwertbildung. Ein 30 m langer Unterabschnitt im 100-m-Auswerteabschnitt mit Griffigkeiten unter dem Schwellenwert kann durch die folgenden 70 m mit guter Griffigkeit „neutralisiert“ werden.

Die Fixierung des 100-m-Auswerte- und Bewertungsabschnittes ist eine weitere Schwachstelle für eine konkrete Beurteilung kritischer Zustände. Je nach Verteilung kritischer Zustände über die festen Auswerteabschnitte können Gefährdungen nicht erkannt werden.

Für die Ermittlung „kritischer Streckenabschnitte“ sind die Rohdaten die Grundlage. Hier wiederum sind es die standardisierten Rohdaten, die Raster-Rohdaten.

Ziel ist es, Strecken in den Straßennetzen zu identifizieren, für die relevante Zustandsgrößen, z. B. der Sicherheit, einen kritischen Wert über eine zu definierende Mindestlänge erreicht haben. Das Niveau der kritischen Zustandsgrößen kann bei diesen Betrachtungen schärfer als die Schwellenwertgrenzen sein.

Für die Identifikation kritischer Streckenabschnitte sind folgende Vorgaben zu machen:

  • Festlegung der kritischen Abschnittslänge/Mindestlänge je Zustandsindikator,
  • Festlegung kritischer Zustandsgrößen,
  • gleitende Mittelwertbildung mit der kritischen Abschnittslänge für alle relevanten Indikatoren.

Die Ergebnisse und Ergebnisgegenüberstellungen sind ingenieurmäßig zu beurteilen, das heißt diese Hilfsmittel dienen zur Identifikation kritischer Streckenabschnitte nach vorgegebenen Kriterien. Die Beurteilung und daraus abzuleitende Empfehlungen und Konsequenzen sind eine ingenieurmäßige Aufgabe.

4 Ausblick

Nach nun 17 Jahren messtechnischer Zustandserfassungen der Fahrbahnoberflächen der Bundesfernstraßen und immer häufiger auch auf den Landes- und Kreisstraßen gilt es, diese vielseitigen Zustandsinformationen nicht nur netzorientiert, sondern gezielt objektbezogen auszuwerten und mit weiteren bei den Messkampagnen gewonnenen Informationen zu verknüpfen. Auf Basis der Rohdatenauswertung lassen sich dann anforderungsgerechte und praxisorientierte Zustandsbeurteilungen durchführen. Der hohe Standard der Visualisierung dieser vielseitigen Zustandsdaten ermöglicht – sozusagen auf einen Blick –, objektscharfe Betrachtungen der einzelnen Zustandsindikatoren und auch in der unmittelbaren Gegenüberstellung eine Gesamtbeurteilung.

Mit diesen Instrumentarien ist auch die Identifikation kritischer Streckenabschnitte auf der Grundlage definierter kritischer Abschnittslängen und der maßgeblichen Indikatoren möglich. Diese Vorgehensweise bietet die Möglichkeit, Sofortmaßnahmen zu identifizieren.

Die objektorientierten Zustandsauswertungen ermöglichen über die Verknüpfung ausgewählter Zustandsindikatoren auch Verbesserungen in der Substanzbeurteilung. Hier zeichnet sich darüber hinaus ab, dass durch kontinuierliche Einsenkungsmessungen (z. B. Curviametro) ein aussagekräftiger Zustandsindikator für die strukturelle Substanzbewertung in einer ersten Stufe zunächst zur Charakterisierung homogener Abschnitte verfügbar sein wird.

Nicht zuletzt sind wichtige Weiterentwicklungen in der Erfassungstechnik zu verzeichnen, die dezidiertere Aussagen zum Gebrauchsverhalten wie auch zum Substanzzustand (Bestand) ermöglichen dürften. Hier ist insbesondere die Querprofilaufnahme mit Laserscannern zu nennen, womit dann auch wieder die Struktur der Querunebenheiten in die Beurteilung eingehen kann. Speziell die Entwicklung zur Aufnahme eines digitalen Fahrbahnoberflächenmodells würde vielfältige Möglichkeiten der Zustandsbeschreibung und -beurteilung bieten. Insbesondere dürfte die Beurteilung der Zustandsentwicklungen und Zustandsveränderungen wesentlich verbessert werden.

Der erreichte Standard aufgabenorientierter Zustandsanalysen erlaubt heute schon sehr aussagekräftige Zustandsbeurteilungen und die Identifikation kritischer Streckenabschnitte. Mit den sich abzeichnenden Weiterentwicklungen der Erfassungstechnik dürften schon bald umfassendere Aussagen auf Objektebene möglich sein.

Literaturverzeichnis

  1. Kretz, (2003): Zustandserfassung und -bewertung der Fahrbahnoberflächen der Bundesfernstraßen – Grundlagen der systematischen Erhaltungsplanung. Straße und Autobahn 54(5), S. 271-282
  2. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien zur Zustandserfassung und -bewertung von Straßen (ZTV ZEB-StB), Ausgabe 2006, Köln, FGSV 998
  3. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Richtlinien für die Planung von Erhaltungsmaßnahmen an Straßenbefestigungen (RPE-Stra), Ausgabe 2001, FGSV 988
  4. Kretz, (2002): Qualitätssicherung der ZEB – Die Griffigkeit der Fahrbahnoberfläche. Straßenkongress 2002, München, Oktober 2002