FGSV-Nr. FGSV 002/108
Ort Köln
Datum 28.11.2013
Titel Erhaltungsplanung für den Bundesverkehrswegeplan
Autoren TRDir. Dipl.-Ing. Gregor Schröder
Kategorien Infrastrukturmanagement
Einleitung

Eine Grundvoraussetzung für wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten ist eine intakte Straßeninfrastruktur. Die Bundesfernstraßen tragen die Hauptlast des Personen- und Güterverkehrs in Deutschland. Bereits geringe Störungen im Netz durch Verkehrsbeschränkungen oder durch den Ausfall einzelner Netzteile führen zu starken Verkehrsbehinderungen mit erheblichen Folgekosten für den Straßennutzer und die Volkswirtschaft sowie zu negativen Auswirkungen auf die Umwelt. Um das stetig gewachsene Bundesfernstraßennetz in einem verkehrssicheren und leistungsfähigen Zustand zu erhalten und damit die inzwischen unverzichtbare Mobilität von Wirtschaft und Gesellschaft nachhaltig zu sichern, müssen die Erhaltungsinvestitionen weiter erhöht werden. Die aktuelle Erhaltungsbedarfsprognose ergab einen steigenden Erhaltungsbedarf für das Bundesfernstraßennetz auf zukünftig über 3 Mrd. Euro im Jahr. Infolge der wachsenden Straßenbeanspruchungen und der ungünstiger werdenden Altersstruktur der Straßensubstanz werden Schäden im Netz immer häufiger. Um den Verkehrsanforderungen weiterhin zu genügen, stehen für einen großen Teil des Bestandes in den nächsten Jahren eine Grunderneuerung der Fahrbahnbefestigungen und eine Grundinstandsetzung der Ingenieurbauwerke an. Einer technisch, wirtschaftlich und baubetrieblich optimierten Erhaltungsplanung und einem bedarfsorientierten Mitteleinsatz kommt dabei eine hohe Bedeutung zu. Gleichzeitig müssen die Personalkapazitäten auf Auftraggeber- und auf Auftragnehmerseite auf das höhere Investitionsniveau hin entwickelt und die Ausführungsqualitäten wieder deutlich erhöht werden.

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1 Einführung

Das Bundesfernstraßennetz der Bundesrepublik Deutschland umfasst ca. 13.000 km Bundesautobahnen und knapp 40.000 km Bundesstraßen mit einem Bruttoanlagevermögen von über 175 Mrd. Euro.

Entsprechend der wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands stammt ein erheblicher Anteil des Bestandes in den alten Bundesländern aus den 1960er und 1970er Jahren (Bild 1). Daher ist der Ausbaustandard hinsichtlich der Trassierung, Breite, Frostsicherheit, Tragfähigkeit der Fahrbahnbefestigungen sowie Konstruktion und Tragfähigkeit der Bauwerke sehr unterschiedlich.

Im Bundesverkehrswegeplan 2003 (BVWP) wurden die Ziele der Bereitstellung und Sicherung eines den Verkehrsanforderungen genügenden Bundesfernstraßennetzes bis zum Jahr 2015 quantifiziert und festgeschrieben. Der sich aus diesen erhaltungspolitischen Zielen ergebende Erhaltungsbedarf wurde mittels Prognoserechnung ermittelt.

Der Bedarf wurde für den gesamten Prognosezeitraum 2001 – 2015 und für alle Anlagenteile (Fahrbahnen, Brücken und Ingenieurbauwerke sowie sonstige Anlagenteile) auf 34,4 Mrd. Euro ermittelt. Zur Abarbeitung des Erhaltungsnachholbedarfs sah die Finanzierungslinie dabei eine erhebliche Verstärkung der Erhaltungsmittel beginnend ab 2005 auf bis zu 2,6 Mrd. Euro/Jahr und eine Konsolidierung auf etwa 2,3 Mrd. Euro/Jahr ab 2012 vor (Bild 2).

Bild 1: Entwicklung des Autobahnnetzes

Bild 2: Erhaltungsbedarfsprognose 2001 – 2015 (BVWP 2003)

Die Erhaltungsbedarfsprognose wurde auf dem aktuellen Stand der Technik gerechnet. Durch die erfolgreiche Erstanwendung eines rechnergestützten Pavement-Management-Systems (PMS) für Bundesfernstraßen mit allen Bundesländern in den Jahren 1998 bis 2002 waren die Grundlagen gelegt, erstmals die Erhaltungsbedarfsprognose für die Fahrbahnen zustands- und objektbasiert berechnen zu können. So konnte für die Fahrbahnbefestigungen die Erhaltungsbedarfsprognose an Zustandszielen orientiert werden. Die Zielsetzung war im BVWP 2003 den Ausgangszustand bei den Bundesstraßen bis zum Jahr 2015 zu halten und bei den Bundesautobahnen leicht zu verbessern.

Die Erhaltungsbedarfsprognose 2003 des Bundesverkehrswegeplans verfolgte dabei das Hauptziel, mit den verfügbaren finanziellen, personellen und baukapazitiven Ressourcen einem nicht mehr zu bewältigenden Nachholbedarf rechtzeitig gegensteuern und so dem Verkehrsteilnehmer eine leistungsfähige und sichere Straßeninfrastruktur nachhaltig zur Verfügung stellen zu können. In den letzten Jahren lagen die Erhaltungsinvestitionen allerdings noch unter dem BVWP-Prognoseansatz. Das Verschieben notwendiger Erhaltungsinvestitionen führt zu einem erheblichen Mehrbedarf an Erhaltungsmitteln infolge fortschreitender Substanzschädigung.

2 Erhaltungsmanagement

Die Ergebnisse der BVWP-Erhaltungsbedarfsprognose 2003 verdeutlichten, dass eine ausreichende Qualität der Bundesfernstraßen nur mit einer verstärkt substanzorientierten Erhaltung gewährleistet werden kann. Dabei kommt einer technisch, wirtschaftlich und baubetrieblich optimierten Erhaltungsplanung eine wesentliche Bedeutung zu. Zur Unterstützung dieser netzweiten Optimierung der Erhaltungsplanung wurde in den letzten Jahren ein bundesweites Erhaltungsmanagement vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) zusammen mit der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) und den Straßen- und Verkehrsverwaltungen der Bundesländer entwickelt und sukzessive eingeführt. Das Erhaltungsmanagement soll Bund und Länder in die Lage versetzen, die gestiegenen Anforderungen an eine bedarfsgerechte Erhaltung der Straßeninfrastruktur erfüllen zu können.

Mit der Einführung der „Richtlinien für die Planung von Erhaltungsmaßnahmen an Straßenbefestigungen“ (RPE-Stra 01) wurden alle wesentlichen verwaltungstechnischen Planungsstufen und der Ablauf des Erhaltungsmanagements erstmalig bundesweit für die Erhaltungspraxis zugänglich gemacht. Erfahrungen und Verbesserungsansätze aus der praktischen Anwendung werden als ein Teil der kontinuierlichen Weiterentwicklung und Verbesserung des Erhaltungsmanagements bei der Fortschreibung der RPE-Stra eingearbeitet. Ein entsprechendes Regelwerk für die Bauwerke wurde mit der „Richtlinie zur Planung von Erhaltungsmaßnahmen an Ingenieurbauwerken“ (RPE-ING) erarbeitet.

Voraussetzung für ein effizientes Erhaltungsmanagement sind netzweit vollständig vorliegende und aktuelle Daten. Bereits bei der Erstanwendung des rechnergestützten Pavement-Management-Systems PMS wurde die Notwendigkeit einer guten Datenhaltung deutlich. Seither wurde die Datenpflege in allen Bundesländern stetig verbessert. Die Datengrundlage für das Erhaltungsmanagement setzt sich aus Zustands-, Aufbau-, Netz-, Unfalldaten und Daten zur Erhaltungsgeschichte zusammen. Mittels praxisorientierter Forschung wird das Erhaltungsmanagement immer besser an den Erfordernissen der Erhaltungsplanung ausgerichtet. Für Bund und Länder werden die Instrumentarien und Verfahren für eine netzweit optimierte Erhaltungsplanung entwickelt, um in Deutschland die Straßeninfrastruktur nachhaltig leistungsfähig und verkehrssicher zu erhalten und um die dafür notwendigen finanziellen Mittel möglichst objektiv begründen und einwerben zu können.

3 Zustandserfassung und -bewertung ZEB

Die Zustandserfassung und -bewertung ZEB der Fahrbahnoberflächen liefert eine wichtige netzweite Datengrundlage für das Erhaltungsmanagement der Bundesfernstraßen zur mittelfristigen Planung der Erhaltungsmaßnahmen. Die ZEB-Ergebnisse erlauben netzweit einen guten Überblick über die Zustandsverteilungen und Zustandsausprägungen der Fahrbahnoberfläche. Auf Objektebene geben die unterschiedlichen Merkmalsausprägungen einen ersten Hinweis für die Ursachen eines unzureichenden Straßenzustandes.

Seit 1992 werden die Zustandsmerkmale der Fahrbahnoberflächen mit schnellfahrenden und mit modernster Erfassungstechnik ausgestatteten Messfahrzeugen in jeweils vier Jah re umfassenden Messkampagnen auf den Bundesfernstraßen aufgenommen. In den ersten beiden Jahren einer Messkampagne werden alle Fahrstreifen der Bundesautobahnen messtechnisch erfasst. In den darauffolgenden beiden Jahren wird die ZEB der Bundesstraßen in jeweils einer Fahrtrichtung durchgeführt. Die Jahresmessleistung liegt hierbei bei 24.000 bis 28.000 Fahrstreifenkilometern. Für alle Zustandsmerkmale werden dimensionsbehaftete Zustandsgrößen über den Erfassungsabschnitt aggregiert. Dieser Erfassungsabschnitt besitzt für die messtechnische Zustandserfassung auf Außerortsstrecken eine feste Regellänge von 100 m. Im Zuge des anschließenden Bewertungsvorgangs werden die Zustandsgrößen über merkmalsspezifische Normierungsfunktionen in dimensionslose Zustandswerte mit Noten von 1 (sehr gut) bis 5 (sehr schlecht) überführt und zur Visualisierung den Farbklassen blau, grün, gelb und rot zugeordnet. Die ZEB erfolgt in vier Teilprojekten (TP): Längs- und Querebenheit (TP 1a & 1b), Griffigkeit (TP 2), Substanzmerkmale Oberfläche (TP 3) und daran anschließend die Bewertung, Qualitätssicherung und Ergebnisdarstellung der erfassten Daten (TP 4).

Der Substanzwert Oberfläche ermöglicht durch Analyse der an der Fahrbahnoberfläche erkennbaren Schäden erste Rückschlüsse auf die strukturelle Beschaffenheit der Fahrbahnsubstanz. Die Bewertung der ZEB wird weiterentwickelt und den gestiegenen Bedürfnissen der Erhaltungsplanung noch besser angepasst. Für den politisch gewünschten regelmäßigen Netzzustands- und Leistungsbericht wird die ZEB notwendige netzweite Grundlagen liefern. Die inzwischen seit der Ersterfassung gesammelten Erfahrungen ermöglichen immer wieder neue Ansätze für eine kontinuierliche Weiterentwicklung sowohl des Gesamtsystems als auch einzelner Bereiche einschließlich der Messtechnik oder der Bewertung einzelner Merkmalsausprägungen. Insbesondere die Längsebenheitsbewertung soll durch Einbeziehung aktueller Forschung (u. a. Bewertetes Längsprofil) praxisorientiert verbessert werden.

Die Ergebnisse der ZEB werden länderweise aufbereitet und in Zustandsprofilen und Übersichtskarten (Bild 3) dargestellt. Durch zusätzliche statistische Auswertungen ist eine Aussage über den Zustand der Fahrbahnoberfläche sowie Vergleiche der momentanen Angebotsqualität der Bundesfernstraßen in den einzelnen Regionen möglich. Defizite der Fahrbahnoberflächen können im Netz lokalisiert werden. Die gewonnenen Ergebnisse aus der ZEB dienen als Grundlage für die Erhaltungsplanungen der Länder, für Zustandsprognosen (u. a. im Rahmen der Bundesverkehrswegeplanung), für die Bewertung von Bauweisen sowie als eine wichtige Grundlage für die Forschung.

Bild 3: Netzweite Optimierung der Erhaltungsplanung: ZEB-Übersichtskarte

4 Rechnergestütztes Pavement-Management-System PMS

Das Pavement-Management-System PMS ermöglicht die rechnergestützte netzweite Verknüpfung von erhaltungsrelevanten Daten und Informationen. Die Wirksamkeit ausgewählter Strategien und Maßnahmen können mittels PMS über Jahre abgeschätzt und die Auswirkungen im Netz dargestellt werden. Der Einsatz des PMS führt zu technisch und ökonomisch optimierten Strategien.

In langjährigen Forschungen wurden die Algorithmen für ein auf deutsche Bundesfernstraßenverhältnisse angepasstes rechnergestütztes Pavement Management System (PMS) entwickelt. Das PMS wurde als offenes System mit modulartigem Aufbau konzipiert. Dieser modulartige Aufbau ermöglicht die gezielte Weiterentwicklung und kontinuierliche Verbesserung jedes einzelnen Moduls. Erfahrungen aus der Erhaltungsplanung und aus Forschungsergebnissen werden der Praxis durch ein entsprechend überarbeitetes und ergänztes System direkt wieder zur Verfügung gestellt. Die Aktualisierung bzw. der Austausch der einzelnen Module erfolgt hierbei ohne Beeinträchtigung des Gesamtsystems. Bereits bei der Erstanwendung des PMS mit allen Bundesländern zeigte sich, dass das Instrumentarium für Bundesfernstraßen gute Ergebnisse erzielt. Um das PMS aber noch besser den Bedürfnissen der Erhaltungspraxis anzupassen und die Basis für eine kontinuierliche Weiterentwicklung zu schaffen werden zahlreiche Forschungsprojekte angestoßen.

Die im Rahmen der ZEB erfassten Substanzmerkmale der Fahrbahnoberfläche werden mit dem aus den Aufbaudaten gebildeten Substanzwert Bestand (Einbeziehen von Schichtart, -alter und -dicke) zum Substanzwert-Gesamt (Bild 4) zusammengefasst.

Bild 4: Substanzwert-Gesamt (Substanzwerte ZEB + Bestand)

Für das Erhaltungsmanagement ist die Weiterentwicklung der Substanzbewertung mit einer realen Abschätzung des Substanzwertes eine sehr wichtige und schwierige Aufgabe der nächsten Jahre. Die Integration von Messungen der Fahrbahnsubstanz ins PMS sind jederzeit möglich, allerdings derzeit hinsichtlich der Messtechnik bei einer netzweiten Betrachtung noch eher schwierig. Tragfähigkeitsmessungen unterstützt durch Georadarmessungen zeigen jedoch schon viel versprechende Ansätze.

Das PMS ermöglicht eine netzweite Optimierung der Erhaltungsplanung. Es kann die Zustandsentwicklung der Fahrbahnoberfläche und der Fahrbahnsubstanz auf der Grundlage bekannter Verhaltenskurven und aktueller Zustandsergebnisse in Abhängigkeit vom eingesetzten Budget abschätzen (Bild 5). Für jedes Merkmal und Jahr kann die prozentuale Verteilung der vier Zustandsbereiche in dem betrachteten Straßennetz in Abhängigkeit eines definierten Budgets ermittelt und einem Flächenanteil zugeordnet werden. Auf diese Weise ist eine netzweite Abschätzung der Zustandsentwicklung über mehrere Jahre (Prognose) und eine entsprechend ausgerichtete Erhaltungsplanung möglich.

Die Möglichkeiten, die notwendigen Mittel für die Erhaltung objektiv begründen zu können, werden durch das PMS entscheidend verbessert. Es erhöht die Transparenz des gesamten Entscheidungsprozesses und liefert überzeugende Grundlagen für Haushaltsverhandlungen. Dies zeigte auch der Entscheidungsprozess auf Grundlage einer fundierten Erhaltungsbedarfsprognose, der zu den Festlegungen im aktuellen Bundesverkehrswegplan geführt hat.

Das PMS ermöglicht ein iteratives Vorgehen bei der Erhaltungsplanung. Die Erhaltungsstrategien werden durch das Rechnen verschiedener Szenarien optimiert.

Bild 5: Beispielnetz: PMS-Prognose der Substanzmerkmale

Durch die Entwicklung und Implementierung der PMS-I/O (Input, Output)-Software zur Visualisierung der Eingabe- und Ausgabedaten wurde zugleich auch die Anwenderfreundlichkeit des PMS weiter erhöht.

5 Erhaltungsplanung

Die Erhaltung hat in den letzten Jahren wesentlich an Bedeutung gewonnen. In den nächsten Jahren müssen verstärkt grundhafte Erneuerungen und damit zwangsläufig auch längerfristige Baumaßnahmen durchgeführt werden. Insbesondere die Ertüchtigungs- und Grundinstandsetzungsmaßnahmen an Bauwerken werden zu netzweit vielen baustellenbedingten Einschränkungen führen. Gleichzeitig wird aber die Verkehrsbelastung vor allem im Straßengüterverkehr noch erheblich zunehmen. Es wird bei den steigenden Verkehrsbelastungen immer mehr darauf ankommen, bei der Erhaltungsplanung den verkehrlichen Erfordernissen besonders Rechnung zu tragen und baustellenbedingte Verkehrsbehinderungen möglichst gering zu halten. Aus diesem Grund hat die Optimierung der Baustellenabfolge im Bundesfernstraßennetz zukünftig im Erhaltungsmanagement eine hohe Priorität.

Die Eingabedaten und die auf das Netz bzw. den Streckenabschnitt projizierten Ergebnisse lassen sich visualisieren (Bild 6) und sind für eine verbesserte Öffentlichkeitsarbeit einsetzbar.

Bild 6: Kartendarstellung mit ZEB-Ergebnissen und PMS-Erhaltungsmaßnahmen

Die mit dem PMS und zukünftig auch mit dem BMS (Bauwerk-Management-System) erarbeiteten mittelfristigen Erhaltungsprogramme sollen zukünftig ohne großen Aufwand direkt in ein verbessertes Streckenbandmodul der koordinierten Erhaltungsplanung übertragen werden können. Die Streckenbandmodule sind eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine koordinierte Erhaltungsplanung der Straßen, der Bauwerke und der sonstigen Anlagenteile. In den Streckenbändern der Koordinierten Erhaltungsplanung (KEP) werden die Erhaltungsplanungen für die Fahrbahnen, die Bauwerke und die sonstigen Anlagenteile zusammengeführt. Durch die Darstellungsform können die einzelnen Maßnahmen geografisch, zeitlich und auch finanziell zugeordnet werden. Die wichtigsten Daten der Erhaltungsplanung können dort zur Optimierung der Maßnahmenfolgen und der baubetrieblichen Notwendigkeiten dargestellt (Bild 7) werden und lassen Defizite der Erhaltungsplanung ebenso wie weitere Verbesserungsmöglichkeiten sehr schnell erkennen.

Die koordinierten Erhaltungsplanungen (KEP) der Länder beinhalten Listen, Streckenbänder und zum Teil auch Karten für eine Netzübersicht über die geplanten Maßnahmen. Das Streckenbandmodul ermöglicht eine „einfache Darstellung“ der wichtigsten Informationen und soll zukünftig auch weitere erhaltungsstrategische Daten (u. a. Zustandsprofile, Aufbaudaten, Bauwerksnoten) zusätzlich visualisieren können.

Die Erfordernisse der koordinierten Erhaltungsplanung zeigen die Notwendigkeit, für alle Anlagenteile rechnergestützte Managementsysteme für eine netzweit optimierte Auswahl von Maßnahmen zu entwickeln. Für die Ingenieurbauwerke ist ein Bauwerk-Management-System BMS derzeit in der Erstanwendungsphase. Für den ständig zunehmenden Bestand der Sonstigen Anlagenteile ist noch ein Erhaltungsmanagementsystem zu entwickeln und entsprechende Forschung zu initiieren. Zukünftig sollen auch die Um- und Ausbaumaßnahmen und die Erweiterungsmaßnahmen bei der koordinierten Erhaltungsplanung stärker berücksichtigt und in das Gesamterhaltungsmanagement einbezogen werden.

Bild 7: Bisheriges Streckenbandmuster aus der koordinierten Erhaltungsplanung (KEP)

6 Erhaltungsbedarfsprognose

Im Bundesverkehrswegeplan 2003 (BVWP) wurden die Ziele der Bereitstellung und Sicherung eines den Verkehrsanforderungen genügenden Bundesfernstraßennetzes bis zum Jahr 2015 quantifiziert und festgeschrieben. Die gestiegene Mehrbelastung durch den weit über der Prognose liegenden Güterverkehrszuwachs und aktuelle bautechnische Probleme wie Alkalischäden führten zu verkürzten Nutzungsdauern der Straßeninfrastruktur. Mit der Aktualisierung der dem Bundesverkehrswegeplan zugrunde gelegten Erhaltungsbedarfsprognose der Bundesfernstraßen sollten die daraus resultierenden Auswirkungen im Straßennetz abgeschätzt werden.

Der Erhaltungsbedarf wurde für das gesamte Bundesfernstraßennetz für den Zeitraum 2011 bis 2025 neu berechnet. Die Prognoseverfahren wurden dabei auf den neusten Stand der Technik angepasst und angewandt. Entsprechend der deutschen Entwicklung des rechnergestützten Erhaltungsmanagementsystem für Fahrbahnen (PMS) konnten bei der BVWP-Erhaltungsbedarfsprognose 2003 die Fahrbahnbefestigungen bereits zustands- und objektbezogen prognostiziert werden.

In der aktualisierten Erhaltungsbedarfsprognose ist es nun erstmalig auf Grundlage der aktuellen Entwicklung eines rechnergestützten Erhaltungsmanagementsystem für Bauwerke (BMS) gelungen, den Erhaltungsbedarf auch für die Bauwerke zustands- und objektbezogen zu prognostizieren. Die Zunahme der Belastungen durch den Güterverkehr erfordert zusätzlich eine Verstärkung oder vorgezogene Erneuerung älterer Brückenbauwerke. Der derzeit nur überschläglich ermittelte Erhaltungsmehrbedarf für die Brückenertüchtigung wurde bei der Prognose eingerechnet. Die weitere Konkretisierung erfolgt in den nächsten Jahren durch ein umfangreiches Nachrechnungsprogramm durch die Straßenbauverwaltungen der Länder.

Um den bis 2010 im Vergleich zum Jahr 2000 verschlechterten Ausgangszustand nicht weiter absinken zu lassen, werden bis zum Jahr 2025 insgesamt 50 Mrd. Euro benötigt.

Ursache für den erhöhten Erhaltungsbedarf sind im Wesentlichen die Kostensteigerungen der letzten Jahre (2001 – 2010 ca. 18 %), die Mehrbelastung durch den weit über der Prognose liegenden Güterverkehrszuwachs, sowie Überladungen und eine massive Zunahme der Sondertransporte. Die Folge ist eine verkürzte Nutzungsdauer des Bauwerks Straße. Hinzu treten verschobene Erhaltungsinvestitionen in der Vergangenheit.

Der Substanzzustand der Bundesfernstraßen ist in den letzten Jahren erkennbar abgefallen. Die für die Verkehrssicherheit relevanten Fahrbahnoberflächeneigenschaften können bei den Bundesfernstraßen im Prognosezeitraum nur dann auf dem notwendigen Qualitätsniveau gehalten werden, wenn der Anteil der substanzorientierten Erhaltungsmaßnahmen auf Dauer erhöht wird. Im Bild 8 sind die Prognoseergebnisse für die Fahrbahnen der Bundesstraßen dargestellt.

Bild 8: Prognoseergebnisse der Fahrbahnen der Bundesstraßen

Die Erhaltungsinvestitionen wurden in den letzten Jahren zwar deutlich erhöht, liegen aber derzeit immer noch unter den Prognoseansätzen. Die Erhaltungsinvestitionen sollten insgesamt möglichst schnell auf jährlich über 3 Mrd. Euro steigen, damit zustandsbedingte Verkehrsbeschränkungen im Bundesfernstraßennetz noch weitestgehend vermieden werden können.

7 Schlussbemerkung

Das Erhaltungsmanagement wird für eine netzweite Optimierung der Erhaltungsplanung und zur Bewältigung der ständig wachsenden Aufgabe der Erhaltung der Straßeninfrastruktur benötigt. Mit der Entwicklung und Einführung der „Richtlinien für die Planung von Erhaltungsmaßnahmen an Straßenbefestigungen“ (RPE-Stra 01), der koordinierten Erhaltungsplanung (KEP) von Fahrbahn und Bauwerken sowie der regelmäßigen bundesweiten Zustandserfassung und -bewertung (ZEB) sind bereits wesentliche Voraussetzungen und Grundlagen geschaffen worden. Ein weiterer Schritt in Richtung Optimierung der Erhaltungsplanung ist die Entwicklung und Anwendung der rechnergestützten Erhaltungsmanagementsysteme PMS und BMS.

Das für die Fahrbahnen entwickelte Pavement-Management-System (PMS) unterstützt einerseits bereits wesentlich die mittelfristige Erhaltungsplanung der Bundesländer und kann andererseits den Bedarf an Erhaltungsmitteln durch einen Vergleich verschiedener Szenarien abschätzen und sehr anschaulich verdeutlichen. Durch praxisnahe Forschung wird das Erhaltungsmanagement kontinuierlich weiterentwickelt und verbessert. Modifizierungen des Systems ermöglichen neue Wege, die Vorgaben aus dem Bundesverkehrswegeplan umzusetzen und die für die Erhaltung der Straßeninfrastruktur notwendigen finanziellen Mittel objektiv begründen und sichern zu können.

Ziel der koordinierten Erhaltungsplanung von Maßnahmen an Fahrbahnen, Brücken und aller sonstigen Anlagenteile ist es, auf verkehrlich hoch belasteten Strecken baustellenbedingte Verkehrsbehinderungen möglichst gering zu halten und dem Verkehrsteilnehmer eine leistungsfähige und sichere Straßeninfrastruktur nachhaltig zur Verfügung zu stellen. In Anbetracht der momentanen Qualität der Straßeninfrastruktur, der steigenden Belastungen und der sich hieraus ergebenden großen Anzahl an Baustellen wird das zukünftig noch eine große Herausforderung darstellen, die neben einem möglichst optimalen Erhaltungs- und Baustellenmanagement auch eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit erfordern wird.

Literaturverzeichnis

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