FGSV-Nr. FGSV 002/93
Ort Bamberg
Datum 12.02.2009
Titel Einführung eines Asset Management Systems
Autoren Dipl.-Ing. Günther Maerschalk
Kategorien Infrastrukturmanagement
Einleitung

Der Begriff „Asset“ bezeichnet im Kontext mit der Straßeninfrastruktur das in den Straßenverkehrsanlagen (Fahrbahnen, Nebenflächen, Ingenieurbauwerke, sonstige Anlagenteile) und den Nebenanlagen (Hochbauten, Betriebsflächen) subsummierte Anlagevermögen. Ein Asset Management System soll die im Zusammenhang damit anfallenden Aufgaben umfassend beschreiben und verknüpfte Methoden zu ihrer erfolgreichen Bewältigung beinhalten. Zu den Managementaufgaben gehören neben der Zielsetzung grundsätzlich die Bereiche „Kontrolle“, „Planung“, „Entscheidungsfindung“ und „Realisierung“. Nachfolgend stehen die Bereiche „Planung“ und „Entscheidungsfindung“ beim Erhaltungsmanagement im Fokus.

Beim Erhaltungsmanagement geht es darum, einen gewünschten (monetär oder qualitativ beschriebenen) Nutzen mit möglichst geringem Aufwand bzw. einen möglichst hohen Nutzen bei vorgegebenem Aufwand zu erzielen. Für die Fahrbahnen von Außerortsstraßen (einschließlich Ortsdurchfahrten) leistet dabei das Mitte der 90er-Jahre entwickelte, 1998 bis 2002 getestete und seither vielfach routinemäßig in Verbindung mit den „Richtlinien für die Planung von Erhaltungsmaßnahmen an Straßenbefestigungen“ (RPE-Stra 01) eingesetzte Pavement Management System (PMS) eine wesentliche Hilfestellung. Für kommunale Straßen ist ein derartiges System in Entwicklung. Für die Ingenieurbauwerke soll noch 2009 ein mit dem PMS vergleichbares Bauwerks Management System (BMS), ergänzt durch eine RPE-ING, in die Testphase gehen. Die sonstigen Anlagenteile (Erdbau, Entwässerung, Bepflanzung, Straßenausstattung) können derzeit nur pauschal einbezogen werden.

Ein erster noch weitgehend manueller und auf die Bundesautobahnen begrenzter Ansatz, im Sinne eines umfassenden Asset Managements alle Straßenverkehrsanlagen objektbezogenen zu betrachten, besteht in einem vom BMVBS geforderten Streckenband gemäß RPE-Stra 01. Für 4 Planungsjahre werden darin Örtlichkeit, Art und Kosten von Erhaltungsmaßnahmen für alle Straßenverkehrsanlagen koordiniert. In aggregierten netzbezogenen Prognoserechnungen zum Erhaltungsbedarf erfolgt seit Mitte der 1980er-Jahre eine integrierte Betrachtung aller Straßenverkehrsanlagen. Bei Betreibermodellen („A-Modelle“) wird ein objektbezogenes Asset Management gefordert. Nach Maßgabe der zugänglichen internationalen Veröffentlichungen ist damit die Umsetzung eines Asset Managements in der Bundesrepublik Deutschland vergleichsweise weit gediehen.

Trotz bereits vorliegender Vorschläge, das PMS und BMS so weit wie möglich abzugleichen, werden aufgrund der unterschiedlichen Gegebenheiten auch künftig eigenständige Teilsysteme zum Einsatz kommen. Bei der Einführung eines Asset Management Systems sollte daher ein prozessorientiertes Vorgehen im Vordergrund stehen. Anzustreben wäre ein umfassender „Asset Management Prozess“ mit der Einbindung von Kontrollsystemen (ZEB, Bauwerksprüfung), eines Systems zur Bewertung des Anlagevermögens und der Systeme für Planung/Entscheidungsfindung (PMS, BMS) im Bereich „Erhaltung“ mit Schnittstellen zu den Bereichen „Betrieb“, „Aus-/Umbau“ und „Kapazitätserweiterung“. Erforderlich dafür ist eine Formalisierung des Prozesses mit (interaktiver) IT-Unterstützung. Zur Umsetzung ist vor allem die Implementierung eines Arbeitsablaufes (wer macht wann was), die Festlegung von Verantwortlichkeiten, die Erzeugung eines Prozessbewusstseins und, last not least, die Information und Schulung aller beteiligten Mitarbeiter erfolgskritisch.

 

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1 Begriffsdefinitionen

Vor der Beschreibung der momentan vorhandenen Grundlagen und der erforderlichen Schritte zur Einführung eines Asset-Management-Systems erscheint es zweckmäßig, zunächst grundsätzlich auf die Begriffe „Asset“ und „Management“ einzugehen.

1.1 Begriff „Asset“

Der Begriff „Asset bedeutet in der wörtlichen Übersetzung „Gut“, „Vorteil“, „Plus“. Im kommerziellen Sinne steht „Asset“ für „Vermögenswert“, „Aktivposten“. Mit der gedachten oder realen Beifügung „Capital“ erhält der Begriff „Asset“ die Bedeutung von „Aktivvermögen“, „Anlagevermögen“, „unbewegliches Vermögen“.

Aus der oben angeführten Erweiterung bzw. Präzisierung des Begriffs folgt, dass „Asset“ im Kontext mit der Straßeninfrastruktur die physikalische Präsenz von Straßenverkehrsanlagen und Nebenanlagen bzw. das in diesen Anlagen subsummierte Anlagevermögen bezeichnet.

Wie das Bild 1 zeigt, zählen zu den Straßenverkehrsanlagen die

  • Fahrbahn- und Nebenflächen,
  • Ingenieurbauwerke wie Brücken, Tunnel-/Trogbauwerke und Stütz- bzw. Lärmschutzbauwerke,
  • sonstigen Anlagenteile wie Entwässerungseinrichtungen, Erdkörper, Grünflächen, Ausstattung und Zubehör sowie Durchlässe.

Den Nebenanlagen werden die zugehörigen Betriebsflächen und Hochbauten zugerechnet. Bewegliche Anlagen wie Fahrzeuge und Geräte gehören danach nicht zu den „Assets“.

Bild 1: Straßenverkehrsanlagen und Nebenanlagen („Assets“)

1.2 Management und Managementsystem

Management bezeichnet im allgemeinen Sinne die Gestaltung und Steuerung zweckorientierter sozialer Systeme. Zu den dabei anfallenden Managementaufgaben gehören neben einer Zielsetzung grundsätzlich die Bereiche Kontrolle, Planung, Entscheidungsfindung und Realisierung. Die Managementaufgaben werden üblicherweise im sogenannten Managementkreis dargestellt. Der Kreis soll symbolisieren, dass die Aufgaben kontinuierlich anfallen und routinemäßig immer wieder zu bearbeiten sind, wobei gegenseitige Information, Kommunikation sowie Koordination eine zentrale Stellung einnehmen. Das Bild 2 zeigt einen Managementkreis. Im Gegensatz zu gebräuchlichen Darstellungen ist dabei der Bereich „Zielsetzung“ abgehoben und dem Bereich „Planung“ zugeordnet. Damit soll angedeutet werden, dass die zugrunde gelegten Ziele im Allgemeinen nicht ständig im Routinedurchlauf, sondern nur bei neuen Umweltbedingungen geändert werden und für den Bereich „Planung“ die größte Bedeutung haben.

Bild 2: Managementkreis

Im Bild 3 ist ein Routinedurchlauf des Managementkreises etwas detaillierter abgewickelt und in Frageform hintereinandergestellt. Ein Asset-Management-System soll die im Zusammenhang mit diesen Fragen anfallenden Aufgaben umfassend beschreiben und verknüpfte Methoden zu ihrer erfolgreichen Bewältigung beinhalten. Die Fragen lauten wie folgt (s. Bild 3):

  • Was haben wir?
    Diese (vermeintlich) einfache Frage bezieht sich auf die Menge, die Art, das Material, das Alter und die örtliche Lage der Anlagenbestände des Baulastträgers bzw. Betreibers (s. Bild 1). Für die Lokalisierung, Beschreibung, Erfassung und Aktualisierung des Bestands liegen schon seit langer Zeit detaillierte Anleitungen vor (z. B. nach „Anweisung Straßendatenbank“ (ASB), [2], oder SIB-Bauwerke). Die Kenntnis des Bestands ist die notwendige Grundlage für die Einführung eines Managementsystems.
  • Wie ist der Zustand?
    Die Kenntnis des Zustands ist Voraussetzung für die Lösung der nachfolgend aufgeführten Managementaufgaben. Für die Fahrbahnen und die Ingenieurbauwerke existieren seit Anfang bzw. Mitte der 1990er-Jahre differenzierte Verfahren zur Beschreibung, Erfassung und Aktualisierung des Zustands [3], [9].
  • Was ist das wert?
    Bei Kenntnis des Bestands und des Zustands ist eine Bewertung und Bilanzierung des Anlagevermögens durchführbar, wie sie z. B. im Zusammenhang mit der Einführung der kaufmännischen doppelten Buchführung in Konten Soll/Haben („Doppik“) erfolgt.
  • Wo müssen wir was tun?
    Was müssen wir tun?
    Wann müssen wir das tun?
    Wieviel Geld brauchen wir?
    Die Antworten auf diese Fragen zur Lokalisierung erforderlicher Maßnahmen, zur Festlegung der Maßnahmearten und -zeitpunkte sowie zur Ermittlung der benötigten Finanzmittel sollen die Managementbereiche „Planung“ und „Entscheidungsfindung“ liefern, die in den nachfolgenden Abschnitten im Mittelpunkt stehen.
  • Wie können wir es bezahlen?
    Zur Realisierung der in den Bereichen „Planung“ und „Entscheidungsfindung“ ermittelten Maßnahmen müssen die Finanzierungsquellen festgelegt werden (z. B. Steuermittel aus Haushalt, private Beteiligungen).
  • Wie können wir es umsetzen?
    Nach der Festlegung der Finanzierungsquellen können die Ausschreibungs- und Vergabeverfahren im Vorfeld der Ausführung der Maßnahmen eingeleitet werden. Nach der Ausführung der Maßnahmen vor Ort sollten der Bestand und der Zustand entsprechend aktualisiert werden. Diese Aktualisierung führt wieder an den Beginn der im Bild 3 dargestellten Abwicklung der Managementaufgaben.

Bild 3: Abgewickelter Managementkreis

1.3 Erhaltungsmanagement

Ein Asset-Management-System für die Straßenverkehrs- und Nebenanlagen bezieht sich prinzipiell auf das gesamte Straßenwesen. Wie im Bild 4 dargestellt, gehören dazu die

  • Erhaltung des vorhandenen Bestands,
  • Modernisierung des Anlagenbestands durch Um-/Ausbau,
  • Kapazitätserhöhung durch Erweiterung des Bestands (z. „sechsstreifiger Ausbau“),
  • Kapazitätserhöhung durch Neubau.

Zwischen diesen im Bild 4 abgegrenzten Bereichen bestehen verschiedentlich Interaktionen. So erfolgt z. B. im Rahmen von Um-/Ausbaumaßnahmen oder Erweiterungsmaßnahmen in der Regel auch Bestandserhaltung, vielfach sogar durch vorgezogene Erneuerungsmaßnahmen. Neu gebaute Straßen müssen im Laufe der Zeit erhalten werden.

Nachfolgend wird im Kontext mit Asset-Management hauptsächlich der Bereich „Erhaltung“ betrachtet. Dazu gehört prinzipiell auch die betriebliche Unterhaltung (Wartung, s. Bild 4). Da die Leistungen des Straßenbetriebs kontinuierlich anfallen oder stark ereignis- bzw. witterungsabhängig sind, liegt der Fokus auf der baulichen Erhaltung und dabei insbesondere auf den Maßnahmekategorien „Instandsetzung“ und „Erneuerung“ (s. Bild 4).

Bild 4: Leistungsbereiche des Straßenwesens [1]

Die größerflächigen Maßnahmen der Kategorien „Instandsetzung“ und „Erneuerung“ fallen im Allgemeinen in längeren Zeitabständen an und sind damit relativ gut planbar. Dies gilt nur stark eingeschränkt für Maßnahmen der baulichen Unterhaltung (Instandhaltung, s. Bild 4), die häufig spontan anfallen und damit in ihrer Charakteristik eher den betrieblichen Maßnahmen entsprechen.

Im Bild 5 sind die Maßnahmekategorien der baulichen Erhaltung für die Fahrbahnen detaillierter erläutert [6]. Wie das Bild 6 zeigt, werden auch bei den Ingenieurbauwerken die Kategorien „bauliche Unterhaltung“, „Instandsetzung“ und „Erneuerung“ unterschieden; aufgrund der technischen Besonderheiten bei den Ingenieurbauwerken gibt es darüber hinaus noch einige zusätzliche Kategorien („Generalinstandsetzung“, „Verstärkung“, „Teilerneuerung“, s. Bild 6) [22].

Die nachfolgenden Ausführungen zu einem Asset-Management-System beziehen sich schwerpunktmäßig auf die Managementsektoren „Planung“ und „Entscheidungsfindung“ und auf den Leistungsbereich der baulichen Erhaltung. Ein derartiges Managementsystem für bauliche Erhaltung soll in seiner Grundausrichtung Transparenz schaffen und damit Effizienz und Innovation unter Einhaltung höchster Qualitätsstandards ermöglichen. Es dient damit der Erreichung eines [26]

  • gewünschten Ertrags mit möglichst geringem Aufwand („Minimumprinzip“) eines
  • möglichst hohen Ertrags bei vorgegebenem Aufwand („Maximumprinzip“).

Der „Ertrag“ bezeichnet dabei, unterschiedlich für die Anlagenaggregate, monetär quantifizierbare Nutzen bzw. qualitativ bewertbare Wirkungen.

Bild 5: Maßnahmekategorien der baulichen Erhaltung bei den Fahrbahnen [6]

Bild 6: Maßnahmekategorien der baulichen Erhaltung bei den Ingenieurbauwerken [22]

2 Vorhandene Teilsysteme

Für Überlegungen zur Einführung eines Asset-Management-Systems muss zunächst dargelegt werden, welche Teilsysteme für die Planung und Entscheidungsfindung im Rahmen der baulichen Erhaltung der Fahrbahnen, der Ingenieurbauwerke und der sonstigen Anlagenteile derzeit im Einsatz bzw. in der Entwicklung sind.

2.1 Pavement Management System für die Fahrbahnbefestigungen

Das Pavement Management System (PMS) für die Fahrbahnbefestigungen wurde, nach vorhergehenden regionalen Aktivitäten in Hessen [27], Mitte der 1990er-Jahre im Rahmen eines Forschungsprojekts [18] entwickelt und für die Bundesfernstraßen ersten Testanwendungen unterzogen. In den Jahren 1998 bis 2002 erfolgte, bei beobachtender Teilnahme der Stadtstaaten, eine Erstanwendung des PMS in allen Flächenländern der Bundesrepublik [20]. Seit 2003 wird das PMS in 11 Flächenländer und in Berlin für die Erstellung objektbezogener Erhaltungsprogramme von Bundesfernstraßen in Verbindung mit den „Richtlinien für die Planung von Erhaltungsmaßnahmen an Straßenbefestigungen“ (RPE-Stra 01) [8] eingesetzt. Dieser Einsatz erfolgt, teils im Eigenbetrieb, teils als Dienstleistung, in der Regel im ZEB-Turnus von 4 Jahren, teilweise aber auch schon in jährlichen Routineanwendungen. Bereits seit 2000 wird das PMS für netzbezogene Erhaltungsbedarfsermittlungen von Bundesfernstraßen und Landesstraßen angewendet. Seit 2008 liegt eine Auswertung von Forschungsarbeiten vor [17], die als Basis für die Erstellung eines Pflichtenhefts zur IT-Vergabe eines aktualisierten „PMS-D“ herangezogen wurde. Diese Vergabe durch eine „PG PMS“ soll noch im Jahre 2009 erfolgen.

Für kommunale Straßen ist ein PMS, das eine Nutzenermittlung und eine netzweite Optimierung beinhaltet, derzeit in Entwicklung [4].

Bild 7: Daten- und Modellgrundlagen des PMS

Das PMS analysiert den Erhaltungsbedarf für den Straßenoberbau der freien Strecken und Ortsdurchfahrten von Außerortsstraßen. Das Bild 7 zeigt symbolisch die dafür erforderlichen Daten- und Modellgrundlagen. Zu den benötigten Datengruppen gehören:

  • Netz-/Leitdaten (Netzknoten mit Stationierungen, Richtungskennzeichnungen, administrative Angaben),
  • Querschnittsdaten (Fahrbahnbreiten, Anzahl Fahrstreifen pro Richtung),
  • Aufbaudaten (Art, Dicke, Einbaujahr der Oberbauschichten),
  • Erhaltungsdaten (Art, Jahr der letzten Instandsetzung Erneuerung),
  • Verkehrsdaten (DTV, DTV-SV) und
  • Zustandsdaten als wichtigste Datengruppe.

Während die oben erwähnten Sachdaten für die einzelnen Abschnitte eines betrachteten Straßennetzes im Allgemeinen unterschiedlich sind, gelten die Modellparameter des PMS für Gruppen von Abschnitten oder sogar für alle Abschnitte. Zu den benötigten Modellparametern gehören:

  • Regeln für Zustandsbewertung, das heißt Funktionen der ZEB zur Umwandlung von Zustandsgrößen in Zustandswerte und Verknüpfungsregeln für den Gebrauchswert und Substanzwert.
  • Verhaltensfunktionen, das heißt Funktionstypen zur Beschreibung der zeitlichen Entwicklung der einzelnen Zustandsmerkmale und Standardfunktionen für „Merkmalsgruppen“ von Straßenabschnitten.
  • Erhaltungsmaßnahmearten, das heißt Instandsetzungs- und Erneuerungsmaßnahmearten mit deutlich unterschiedlichen Kosten und Wirkungen.
  • Maßnahmekosten, das heißt derzeit Einheitskosten (z. Euro/qm) der berücksichtigten Maßnahmearten.
  • Mängelklassen, das heißt kategorisierte Schadensursachen aus Zustandskonstellationen.
  • Maßnahmewirkungen, das heißt Rücksetzbereiche der Zustandswerte und Zustandsverläufe nach Maßnahmen (in Abhängigkeit der Mängelklassen).

Die Datengrundlagen und die Modellparameter werden für den Ablauf der PMS-Module benötigt, die im Bild 8 schematisch veranschaulicht sind und die bereits mehrfach ausführlich beschrieben wurden [19]. Diese hier nur stichpunktartig umrissenen Module erfüllen die folgenden Aufgaben:

  • Voraussetzung für einen sinnvollen PMS-Einsatz ist die Zusammenfassung der relativ kurzen ZEB-Auswerteabschnitte (100 m bzw. 20 m) zu homogenen Abschnitten (mittlere Länge: Bundesstraßen 1,1 km, Autobahnen 2 km) mit vergleichbarem Zustand, ähnlicher Verkehrsbelastung und einheitlicher Deckenart im Modul 1.
  • Die Prognose der voraussichtlichen Zustandsentwicklung für alle berücksichtigten Zustandsmerkmale (Längs- und Querebenheit, Griffigkeit, Risse und Oberflächenschäden) im Modul 2 bildet die Grundlage für alle weiteren Verfahrensschritte. Diese Prognose erfolgt durch eine Trendfortschreibung des beobachteten Zustands mit Hilfe von Verlaufsfunktionen, deren Typen durch Analysen zeitlich aufeinander folgender ZEB-Kampagnen ermittelt wurden [14, 24].
  • Nach Abschätzung der Zustandsentwicklung können im Modul 3 die zur Erhaltung anstehenden (homogenen) Abschnitte ermittelt werden. Dabei handelt es sich um die Abschnitte, die in den einzelnen Jahren eines vorgegebenen Prognosezeitraums einen definierten, z. B. zwischen dem Warn- und Schwellenwert liegenden Eingreifbereich des Zustands erreichen.

Bild 8: PMS-Module

  • Für die zur Erhaltung anstehenden Abschnitte werden im Modul 4 mit einer automatisierten Mängelanalyse (s. dazu [16]), die auch abschnittsspezifische Gegebenheiten einbezieht, die wahrscheinlichen Schadensursachen bestimmt.
  • In Abhängigkeit von den Schadensursachen werden im Modul 5 die bautechnisch möglichen Erhaltungsmaßnahmearten ausgewählt, die in aller Regel mehrere technische und zeitliche Alternativen pro Abschnitt beinhalten.
  • Die technologisch zulässigen Maßnahmealternativen werden im Modul 6 für jeden einzelnen Abschnitt nach ihrem Wirksamkeits-Kosten-Verhältnis bewertet und gereiht. Die Maßnahmekosten werden monetär auf der Basis von Einheitskosten (im Allgemeinen €/m²) berechnet, die aus einer aktualisierten Basiskalkulation stammen [23]. Die qualitativen Maßnahmewirkungen werden für alle Zustandsmerkmale mit Hilfe der Flächendifferenzen zwischen den Verlaufskurven ermittelt, die sich ohne Maßnahmen und, nach Rücksetzung des Zustands, mit Maßnahmen ergeben (s. dazu [19]).
  • Die Maßnahmen, die bei gleichzeitiger Betrachtung aller Abschnitte des Analysenetzes zur Realisierung vorgeschlagen werden, ergeben sich im Modul 7 aus einer netzweiten Optimierung unter Beachtung eventueller Restriktionen im Erhaltungsbudget bei Vorgabe der Zielfunktion „maximaler Nutzenzuwachs bei ansteigenden Kosten“.
  • Die Ergebnisaufbereitung im Modul 8 wird stark von der Einsatzart des PMS bestimmt:
    • Beim operativen Einsatz werden, meist auf der Basis eines vorgegebenen Budgets, die technisch möglichen Alternativen für Instandsetzungs-/Erneuerungsmaßnahmen auf Projektebene ermittelt und gereiht und nach der Optimierung zu einem Erhaltungsprogramm für das betrachtete Straßennetz zusammengeführt. Die operative Zielsetzung steht z. bei der Anwendung der RPE-Stra 01 [8] im Mittelpunkt. Ergebnisse werden in Form von Listen mit den vorgeschlagenen Maßnahmearten für die zur Erhaltung anstehenden Abschnitte der Prognosejahre sowie in Form von grafischen Netzdarstellungen ausgewiesen.
    • Beim erhaltungsstrategischen Einsatz lassen sich folgende Szenarientypen unterscheiden (s. dazu [21]:
      1. Finanzszenarien zur Ermittlung der netzweiten erhaltungstechnischen und auch erhaltungspolitischen Folgen eines für den Prognosezeitraum vorgegeben Finanzgebarens des Betreibers;

      2. Qualitätsszenarien zur Ermittlung des Erhaltungsbedarfs bei Vorgaben zur Angebotsqualität für den Nutzer und zu einem kontinuierlichen Handeln des Baulastträgers bzw. Betreibers.

        Auch bei erhaltungsstrategischen Zielsetzungen werden im PMS zunächst einzelne Abschnitte betrachtet. Bei der Ergebnisaufbereitung im Modul 8 werden statistische Auswertungen für das Gesamtnetz oder für Teilnetze erstellt.

Mit einer strategischen PMS-Anwendung, z. B. an zentraler Stelle in einem Land, können Finanz- und Qualitätsvorgaben für die Erstellung der Erhaltungsprogramme beim operativen PMS-Einsatz ermittelt werden.

Mit dem PMS sind die Bereiche „Planung“ und „Entscheidungsfindung“ für die Erhaltung von Außerortsstraßen (mit Ortsdurchfahrten) relativ gut abgedeckt. Das System ist durch die in etwa zeitgleich mit der PMS-Erstanwendung erstellten RPE-Stra 01 (s. Bild 9, [8]) in Ablauf dokumentiert. Für Innerortsstraßen gibt es mit den E EMI 2003 (Bild 10, [9]) eine, zwischenzeitlich auf den Entwurfsstand 2009 aktualisierte, Beschreibung, während das PMS noch in Entwicklung ist (s. o., [4]).

Bild 9: RPE-Stra 01
Bild 10: E EMI 2003

(Eingeführt mit ARS 31/2001, Anwendung gemeinsam mit ARS 26/2001 Koordinierte Erhaltungsplanung)

Die vorhandenen bzw. in Entwicklung befindlichen Systeme befassen sich schwerpunktmäßig mit der Erhaltung der Fahrbahnen, da für die Geh- und Radwege keine oder allenfalls visuell erfasste Zustandsdaten verfügbar sind. Wie das Bild 11 zeigt, gibt es zwischenzeitlich erste Befahrungen dieser Nebenflächen mit einem Messsystem. Als ein erster Ansatz für eine intensivere Einbeziehung liegt eine Projektbeschreibung „Definition von Anforderungen an Radverkehrsanlagen und Erarbeitung von Grundlagen für die Zustandserfassung und -bewertung von Radverkehrsanlagen“ vor.

Bild 11: Messsystem für Nebenflächen

2.2 Bauwerks-Management-System für die Ingenieurbauwerke

Das Bauwerk-Management-System BMS für die Ingenieurbauwerke soll wie das PMS Vorschläge zur Art und zum Zeitpunkt von Erhaltungsmaßnahmen auf der Grundlage einer Prognose der Zustandsentwicklung und einer Bewertung der Nutzen und Kosten liefern [11], [15]. Für den Betrieb des BMS werden, ähnlich wie beim PMS aber in anderen Ausprägungen, Netz-, Querschnitts-, Bauweise-, Verkehrs- und Zustandsdaten benötigt. Die erforderlichen Angaben sind zum einen in der Straßendatenbank (z. B. TTSIB, NWSIB), zum anderen und überwiegend in der speziellen Datenbank „SIB-Bauwerke“ (s. Bild 12) zu finden. In SIB-Bauwerke sollen auch die Modellparameter, das heißt die Funktionen zu Beschreibung der Zustandsentwicklung, die Erhaltungsmaßnahmearten sowie die Maßnahmekosten und -wirkungen hinterlegt werden. Dabei sind die Strukturen der Daten- und Modellparameter deutlich komplexer als bei den Fahrbahnen, da nicht nur die Bauwerke insgesamt, sondern in der Regel die Bauteile bzw. Bauteilgruppen betrachtet werden.

Bild 12: Datenbank SIB-Bauwerke                                            

Bild 13: Zustandsbereiche

Die Zustandsdaten sind auch den Bauwerken die entscheidende Datengruppe für die Erhaltungsplanung. Zu ihrer Ermittlung werden Schadensbewertungen der einzelnen, bei Brücken bis zu 13 Bauteilen bzw. Bauteilgruppen vorgenommen [12]. Aus diesen Schadensbewertungen werden Zustandsnoten abgeleitet, die zwischen 1,0 und 4,0 liegen. Das Bild 13 zeigt die auf der Basis der Zustandsnoten definierten Zustandsbereiche mit globalen Maßnahmeempfehlungen.

Für die Ingenieurbauwerke soll noch 2009 ein mit dem PMS vergleichbares Bauwerk-Management-System (BMS), ergänzt durch eine RPE-ING, in eine mit der PMS-Erstanwendung vergleichbare Testphase gehen. Wie im Bild 14 verdeutlicht, ist das BMS modular konzipiert [15]:

  • In BMS-MV erfolgt die Bereitstellungen von objektbezogenen Daten und Informationen als Grundlage für weitergehende Analysen mit den angebundenen Bewertungsverfahren BMS-MB und BMS-EP.
  • BMS-MB steuert die Bewertung von vorgeschlagenen Maßnahmevarianten auf Bauwerksebene unter Berücksichtigung von Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen gemäß EWS [5]. Neben den baulastträgerrelevanten Kosten (Maßnahmekosten inklusive Verkehrslenkung, Wertverlust) werden dabei Änderungen der Fahrzeit-. Betriebs-, Unfall- und Klimakosten als Folge von Staus an Baustellen und Verkehrsverlagerungen (z. durch Gewichtsbeschränkungen) berücksichtigt.
  • BMS-EP ermöglicht die Optimierung der Erhaltungsplanung auf Netzebene unter Berücksichtigung von Budgetrestriktionen und vorgegebenen Erhaltungszielen.
  • BMS-SB dient zur vereinfachten Analyse von Erhaltungsstrategien und Szenarienbildung auf der Grundlage von realen objektbezogenen Daten und Informationen, jedoch ohne Wirtschaftlichkeitsanalysen und Optimierungen.

Die Verknüpfung dieser Module ist im Bild 14 schematisch und vereinfacht dargestellt.

Bild 14: Schemadarstellung zur Verknüpfung der BMS-Module

2.3 Sonstige Anlagenteile

Die den sonstigen Anlagenteilen (s. Bild 1) zugerechneten Bestandteile von Straßen sind in ihrer Art so unterschiedlich, dass zwar eine Einbeziehung in Teilsysteme, schwerlich jedoch eine Betrachtung in einem gemeinsamen System möglich scheint. Wie im Bild 15 am Beispiel eines Landesstraßennetzes verdeutlicht, können die Mengenbestände so umfangreich sein, dass sie einen beachtlichen Kostenfaktor bei der Erhaltung darstellen. Wie im Bild 16 für einige Beispiele zeigt, erreichen die mittleren Anteile der jährlichen Erhaltungsaufwendungen für die sonstigen Anlagenteile vielfach Werte von gut 10 % (und maximal sogar 24 %).

Bild 15: Beispiel für Mengenbestände sonstiger Anlagenteile

Bei Prognoserechnungen zum Erhaltungsbedarf werden die sonstigen Anlagenteile derzeit im Allgemeinen nur pauschal in netzweiter Aggregierung einbezogen. Zur Verbesserung dieser insgesamt unbefriedigenden Situation wurde ein Projekt „Grundlagen für die Einbeziehung der sonstigen Anlagenteile von Straßen in die systematische Straßenerhaltung als Voraussetzung eines umfassenden Asset Managements“ konzipiert. Ziele dieses Projekts sind die

  • Benennung der für die Erhaltung relevanten sonstige Anlagenteile von Straßen,
  • Abgrenzung von betrieblichen Maßnahmen und Erhaltungsmaßnahmen,
  • Ermittlung von Kostenwerten für die Erhaltung den Ersatz der sonstigen Anlagenteile,
  • Analyse von Nutzungszeiten und Ausfallverteilungen der sonstigen

Bild 16: Anteile an Erhaltungsaufwendungen

3  Ansätze zur Verknüpfung von Teilsystemen

Im Sinne der im Abschnitt 1 gegebenen Definitionen sollte ein Asset-Management-System ein umfassendes System sein, das alle Aspekte und Aufgaben der Erhaltungsplanung bzw. des Erhaltungsmanagements ganzheitlich behandelt. Zu der dafür erforderlichen Verknüpfung von Teilsystemen gibt es in verschiedenen Bereichen und für verschiedene Aggregationsebenen bereits erste Ansätze.

3.1 Streckenband gemäß RPE-Stra 01

Ein erster noch weitgehend manueller und auf die Bundesautobahnen begrenzter Ansatz, im Sinne eines umfassenden Asset Managements alle Straßenverkehrsanlagen objektbezognen zu betrachten, besteht in einem vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) eingeforderten Streckenband gemäß den RPE-Stra 01 [8]. Für vier Planungsjahre werden darin Örtlichkeit, Art und Kosten von Erhaltungsmaßnahmen für alle Straßenverkehrsanlagen eingetragen und koordiniert.

Das Bild 17 zeigt eine Gesamtansicht des Streckenbands. Neben Angaben zur Lokalisierung und zur Querschnittsausprägung sind darin auch die Deckschicht- bzw. Deckenarten der Fahrbahn gekennzeichnet. In drei Blöcken, die im Bild 18 vergrößert dargestellt sind, können für vier Jahre die vorgesehenen Maßnahmen für die Fahrbahnen, die Ingenieurbauwerke und die sonstigen Anlagenteile objektbezogen, das heißt mit ihrer genauen Lokalisierung bzw., bei „punktuellen“ Ereignissen wie Brücken oder Ausstattungsobjekten, mit ihren Bauwerks- bzw. Ausstattungsnummern angegeben werden. Zusätzlich zur Lokalisierung werden die Maßnahmearten und -kosten eingetragen.

Das Streckenbad gemäß dem Bild 17 ist ein erster wichtiger Schritt in Richtung eines objektbezogenen Asset-Management-Systems zur Straßenerhaltung. An einer besseren IT-Unterstützung für die Erstellung des Bandes (und der zugehörigen Liste) wird laufend gearbeitet.

Bild 17: Streckenband gemäß den RPE-Stra 01

Bild 18: Vergrößerung der Blöcke für die Maßnahmekennzeichnung aus dem Bild 17

Eine Anwendung für andere Straßenkategorien, z. B. die Bundesstraßen, ist derzeit jedoch nicht vorgesehen.

3.2 Integrierte Betrachtung der Straßenverkehrsanlagen bei Finanzbedarfsprognosen

Im Rahmen von Finanzbedarfsprognosen zur Straßenerhaltung, z. B. der Standardprognose des Erhaltungsbedarfs der Fernstraßeninfrastruktur bis 2015 [13] für die Bundesverkehrswegeplanung 2003 (BVWP 2003), werden seit Mitte der 1980er Jahre in der Regel alle Straßenverkehrsanlagen und in einigen Fällen auch die Nebenanlagen berücksichtigt. Bei diesen Berechnungen, die seit Anfang der 1990er Jahre auch für Landesstraßennetze und kommunale Netze erfolgten (s. z. B. [7]), werden die Ergebnisse nicht für Einzelobjekte, sondern für Teil- oder Gesamtnetze („netzbezogen“) ausgewiesen. Neben den Maßnahmen der baulichen Erhaltung werden verschiedentlich auch Um-/Ausbaumaßnahmen berücksichtigt. Das Bild 19 zeigt ein Beispiel für eine derartige integrierte Betrachtung im Sinne des Asset Managements aus dem Landesstraßenbereich. Dargestellt sind die jährlichen Finanzbedarfswerte der verschiedenen Maßnahmekategorien und Anlagenteile des Prognosezeitraums für ein bestimmtes Prognoseszenario.

Bild 19: Beispiel für berücksichtigte Maßnahmearten und Anlagenteile im Rahmen einer Finanzbedarfsprognose

3.3  Anforderungen bei PPP-Projekten

Bei „Public-Private-Partnership-Projekten“ (PPP-Projekten), insbesondere den sogenannte A-Modellen, wird von Seiten des Auftraggebers eine ganzheitliche und koordinierte Betrachtung der Straßenverkehrsanlagen gefordert. Das Bild 20 zeigt ein Beispiel für Leistungsbereiche, die vom Anbieter bzw. vom Betreiber abzudecken sind.

Bild 20: Leistungsbereiche bei A-Modellen

Bei den A-Modellen wird ein objektbezogenes Asset Management gefordert, wobei allerdings keine kompletten Straßennetze, sondern Strecken in der Größenordnung bis zu 70 km zu berücksichtigen sind. Um Hilfestellung bei den bisher in der Systematik weitgehend vernachlässigten sonstigen Anlagenteilen (s. Abschnitt 2.3) zu geben, wurden in verschiedenen ZTV-Funktion-Entwürfen Verfahren für eine Erfassung und Bewertung des Zustands gegeben. Das Bild 20 (Erdbauwerke) und das Bild 21 (Entwässerungseinrichtungen) zeigen beispielhaft Schadensmerkmale für die Zustandserfassung. Das Bild 22 zeigt eine ordinale Bewertungsskala mit Warn- und Schwellenwert.

Bild 20: Schadensmerkmale für Erdbauwerke

Bild 21: Schadensmerkmale für Entwässerungseinrichtungen

Bild 22: Bewertungsskala für sonstige Anlagenteile

4 Arbeitsschritte zur Umsetzung eines Asset-Management-Systems

Die Themen „Asset Management“ und „Asset-Management-Systeme“ bestimmen seit einigen Jahren die Agenda internationaler Konferenzen und der zugehörigen Veröffentlichungen. In jüngerer Zeit sind zu nennen:

  • 7th International Conference on Managing Pavement Assets (ICMPA, June 24 – 28, 2008 Calgary, Canada),
  • 3rd European Pavement and Asset Management Conference (EPAM3, July 7 – 9, 2008, Coimbra, Portugal).

Bei diesen Konferenzen, die immerhin „Asset Management“ als Leitmotiv haben, befassten sich ca. 25 % der Beiträge tatsächlich mit dem Thema „Asset Management“. Dabei geht es vielfach um allgemeine Begründungen der Notwendigkeit eines Asset Managements. Beiträge mit konkreteren Ausführungen enthalten häufig unter der Überschrift „Asset“ Beschreibungen von Teilsystemen wie z. B. PMS oder BMS. Zur Vereinheitlichung bzw. Zusammenführung von Teilsystemen zu einem Asset-Management-System oder gar zu ersten praktischen Erfahrungen beim Einsatz eines Asset-Management-Systems finden sich so gut wie keine konkreten Ausführungen. Nach Maßgabe der zugänglichen internationalen Veröffentlichungen aus jüngster Zeit ist die praktische Umsetzung eines Asset Managements in der Bundesrepublik Deutschland vergleichsweise weit gediehen (s. dazu Abschnitt 3).

Um einen weiteren Schritt in Richtung eines Asset Managements einzuleiten, wurden in einem Forschungsprojekt [25] die Modelle und Verfahrensweisen des Pavement Management Systems PMS und des Bauwerks-Management-Systems BMS gegenübergestellt. Schwerpunkte dabei waren die

  • Analyse der Verfahren für die Zustandserfassung und -bewertung bei den Fahrbahnen und bei den Ingenieurbauwerken,
  • Darstellung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Verfahren,
  • Eignung der Verfahren für Zustandsprognosen im Zuge der Erhaltungsplanung,
  • Erarbeitung von Vorschlägen möglicher Anpassungen der Verfahrensweisen.

Die Diskussion der Ergebnisse dieses Projekts in den zuständigen Gremien steht noch an. Es lässt sich jedoch vorwegnehmen, dass aufgrund der unterschiedlichen Gegebenheiten auch künftig kein Gesamtsystem für die Erhaltungsplanung der Fahrbahnen und Ingenieurbauwerke, sondern eigenständige Teilsysteme eines PMS und eines BMS zum Einsatz kommen werden.

Da ein Asset-Management-System in Form eines Gesamtsystems für Fahrbahnen und Ingenieurbauwerke und sonstige Anlagenteile derzeit und auch mittelfristig außerhalb jeder Reichweite erscheint, sollte bei einer integrierten Betrachtung der Straßenverkehrsanlagen ein prozessorientiertes Vorgehen mit eigenständigen Teilsystemen im Vordergrund stehen. Anzustreben wäre ein umfassender „Asset-Management-Prozess“ mit der Einbindung von Kontrollsystemen (ZEB, Bauwerksprüfung), eines Systems zur Bewertung des Anlagevermögens und der Systeme für Planung/Entscheidungsfindung (PMS, BMS) im Bereich „Erhaltung“ mit Schnittstellen zu den Bereichen „Betrieb“, „Aus-/Umbau“ und „Kapazitätserweiterung“ (s. Bild 2). Wird von den Aktivitäten abgesehen, die zur Verbesserung der einzelnen Teilsysteme laufend erforderlich sind und erfolgen, können einige wesentliche Arbeitspakete zur Initialisierung und Konsolidierung eines „Asset-Management-Prozess“ wie folgt zusammengefasst werden:

  • Bessere Abstimmung und Ergebniszusammenführung der Teilsysteme für Fahrbahnen (PMS), Ingenieurbauwerke (BMS) und sonstige Anlagenteile durch weitestgehende Formalisierung mit (interaktiver) IT-Unterstützung,
  • Koordinierung von Erhaltungsprogrammen mit Programmen für Um-/Ausbau (Modernisierung) und Erweiterung durch Bestimmung des „maßgeblichen Planungsfalls“ Grundlage eines nachvollziehbaren Verfahrens,
  • Verbesserung der Nahtstellen im Zusammenwirken der Managementsektoren „Datenerfassung/Kontrolle“ – „Bewerten des Anlagevermögens“ – „Planung/Entscheidungsfindung“ – „Umsetzung/Finanzierung“.

Diese komprimiert in allgemeiner Form dargestellten Arbeitspakete enthalten eine Fülle von Teilproblemen, deren, zum geringen Teil schon angegangene oder angedachte, Auflösungen noch längere Zeit beanspruchen werden. So impliziert z. B. die Anforderung nach Abstimmung oder Koordinierung letztlich, dass auf lange Sicht auch die Bewertungsverfahren, z. B. zwischen Fahrbahnabschnitten und Brückenbauwerken oder zwischen Erhaltungsinvestitionen und Investitionen für Um-/Ausbau, so weit wie möglich angeglichen werden. Es wird somit erforderlich sein, bei der Umsetzung eines Asset-Management-Prozess über längere Phasen mit teilfertigen „Kompromisslösungen“ zu agieren.

Zur Umsetzung eines Asset-Management-Prozess ist, auch bei den zu erwartenden Zwischenstadien, vor allem die Implementierung eines Arbeitsablaufes („wer macht wann was“), die Festlegung von Verantwortlichkeiten, die Erzeugung eines Prozessbewusstseins und, last not least, eine umfassende Information und Schulung aller beteiligten Mitarbeiter erfolgskritisch.

Literaturverzeichnis

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