FGSV-Nr. FGSV M 12
Ort Aschaffenburg
Datum 22.11.2017
Titel Einfluss von Stahlwerksschlacken auf das Temperaturverhalten von Asphalt
Autoren M.Sc. Tommy Mielke, Prof. Dr. rer. nat Doru C. Lupascu
Kategorien Gesteine, Mineralstoffe
Einleitung

Das Temperaturverhalten eines Asphaltkörpers wird für die rechnerische Dimensionierung nach den RDO Asphalt 2009 durch einen allgemeinen Temperaturverlauf im Asphaltkörper in Abhängigkeit von verschiedenen Oberflächentemperaturen berücksichtigt. Es stellt sich jedoch die Frage, ob der Temperaturverlauf im Asphaltkörper für alle Asphaltvarianten verallgemeinert werden kann, da dieser abhängig von der Temperaturleitfähigkeit des Asphaltes ist und damit im Wesentlichen von der verwendeten Gesteinskörnung bestimmt wird, welche den volumetrisch größten Anteil im Asphalt ausmacht. Durch die labortechnische Messung der Temperaturleitfähigkeit an Asphaltprobekörpern und der anschließenden Berechnung von Temperaturverläufen konnte nachgewiesen werden, dass Stahlwerksschlacken einen positiven Einfluss auf das Temperaturverhalten von Asphalt haben können. Des Weiteren zeigen die Ergebnisse, dass die Rohdichte eines Asphaltes im direkten Zusammenhang mit der Temperaturleitfähigkeit steht und damit indirekt das Temperaturverhalten von Asphalt von der Rohdichte abgeleitet werden kann.

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1 Einleitung

Während Asphalt bei niedrigen Temperaturen einen hohen Verformungswiderstand aufweist, sinkt dieser bei steigenden Temperaturen stetig. Diese Temperaturabhängigkeit des Verformungswiderstandes hängt maßgeblich vom verwendeten Bitumen ab. Während Bitumen bei tiefen Temperaturen fest ist, wird es bei steigenden Temperaturen erst zähflüssig und bei hohen Temperaturen schließlich flüssig.

Bei der Dimensionierung eines Asphaltkörpers nach den RDO Asphalt 2009 wird das Temperaturverhalten aller Asphalte gleich bewertet und über einen allgemeinen Temperaturverlauf in Abhängigkeit von der Oberflächentemperatur beschrieben (FGSV 2009). Messungen von Temperaturen in Asphalten mit natürlichen Gesteinskörnungen und mit Elektroofenschlacken zeigen jedoch, dass sich der Verlauf der Temperatur in der Tiefe des Asphaltpaketes bei der Verwendung unterschiedlicher Gesteinsarten zum Teil deutlich voneinander unterscheidet (Merkel, Discher et al. 2000). Dieses veränderte Temperaturverhalten kann dazu führen, dass Asphalt mit gleicher Mischgutzusammensetzung und gleicher Tagesganglinie der Oberflächentemperatur bei der Erreichung hoher Tagestemperaturen einen höheren Verformungswiderstand bei der Verwendung von Stahlwerksschlacken aufweist, als bei der Verwendung von natürlichen Gesteinskörnungen.

Um eine Aussage über das Temperaturverhalten von unterschiedlichen Asphalten treffen zu können, müssen die Temperaturprofile und Tagesganglinien eines Asphaltkörpers bekannt sein. Diese können entweder mit aufwendigen Feldmessungen ermittelt oder mit dem expliziten Differenzenverfahren nach Krebs und Böllinger (1981) berechnet werden (Wistuba 2003; Kayser 2007; Jansen 2009). Um die Temperaturprofile mit dem Differenzenverfahren berechnen zu können, müssen die Temperaturkennwerte (Wärmeleitfähigkeit, Wärmekapazität, Rohdichte) bekannt sein.

Im Weiteren folgen Ergebnisse der Untersuchungen der Temperaturkennwerte an Asphaltprüfkörpern und die Auswertung des Temperaturverhaltens von Asphalt unter der Verwendung unterschiedlicher Gesteinsarten.

2 Temperaturkennwerte von Asphalt

2.1 Prüfkörper

Für die Untersuchungen wurden aufgrund seiner vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten Prüfkörper aus Asphaltbeton unter der Variation der Art der Gesteinskörnung hergestellt. Einbezogen in die Untersuchungen wurden drei unterschiedliche natürliche Gesteinskörnungen (Basalt, Diabas, Grauwacke), drei Elektroofenschlacken (EOS) und drei LD-Schlacken (LDS). Für alle Variationen wurde dabei als Bindemittel ein polymermodifiziertes Bitumen 25/55-55 verwendet. Der Füller bestand jeweils aus feingemahlenem Kalksteinmehl. Die Prüfkörper mit den Abmessungen 100 mm x 100 mm x 40 mm wurden aus Asphaltprobeplatten geschnitten, welche mit einem Walzsektor-Verdichtungsgerät hergestellt wurden. Anschließend wurden die Prüfkörper für die weiteren Messungen an Ober- und Unterseite plangeschliffen und poliert.

2.2 Ermittlung der Temperaturkennwerte

Die Temperaturleitfähigkeit und die Wärmeleitfähigkeit der Asphaltprobekörper wurden mit dem Transient Hot Bridge (THB)-Verfahren bestimmt. Bei diesem Verfahren wird ein Sensor mit vier parallelen Tandemstreifen (Bild 1) zwischen zwei festen Probenhälften eingespannt (Bild 2). Für einen guten thermischen Kontakt während der Messung müssen die Probenhälften eben und planparallel geschliffen sein. Außerdem muss der Prüfkörper den Sensor komplett bedecken. Mit dem Start der Messung gibt der Sensor einen konstanten Heizstrom ab, der den Prüfkörper sowie den Sensor selbst erwärmt. Anhand der eingebrachten Leistung und dem sich ergebenden Temperasturverlauf können anschließend die beiden Kennwerte berechnet werden.

Bild 1: THB-Sensor

Bild 2: Messung mit dem THB-Sensor

Um ein möglichst repräsentatives Ergebnis zu erhalten, wurden an jeder Probekörperserie fünf Messungen an 120 Messpunkten durchgeführt, was eine Gesamtzahl von 600 Messungen pro Mischgutsorte (insgesamt 5.400 Messungen für neun Mischgutvarianten) ergibt. Damit gewährleistet werden konnte, dass an keinem Messpunkt zweimal gemessen wird, wurde jede Serie von eins bis acht und die vier Seiten eines jeden Probekörpers mit A bis D beschriftet.

2.3 Ergebnis der Messung der Temperaturkennwerte

Die Messungen mit dem THB-Sensor zeigen, dass alle Mischgutvarianten mit industriell hergestellter Gesteinskörnung eine niedrigere mittlere Temperaturleitfähigkeit (Bild 3) und auch eine niedrigere mittlere Wärmeleitfähigkeit (Tabelle 1) aufweisen, als die Mischgutvarianten, die mit natürlichen Gesteinskörnungen hergestellt wurden.

Bild 3: Temperaturleitfähigkeiten von Asphaltplatten AC11DS

Der Mittelwert der Temperaturleitfähigkeit aller untersuchten Stahlwerksschlacken (SWS) liegt zwischen 0,658 mm2/s und 0,771 mm2/s, während die natürlichen Gesteinskörnungen eine Temperaturleitfähigkeit von 0,918 mm2/s bis 1,365 mm2/s aufweisen.

Tabelle 1: Temperaturkennwerte der Asphaltprüfkörper

Die Untersuchungen zeigen weiter, dass jede Probekörperserie eine erhebliche Streuung bei den Werten der Temperaturleitfähigkeit zeigt. Ein Beispiel hierfür zeigt Bild 4. Der niedrigste gemessene Wert der Temperaturleitfähigkeit der Elektroofenschlacke mit der Bezeichnung EOS I liegt bei 0,415 mm2/s, während der Höchstwert mit 1,131 mm2/s das ca. 2,7-fache beträgt. Zurückzuführen ist die Streuung auf die ungleichmäßige Verteilung von feiner und grober Gesteinskörnung im Asphaltkörper und wurde bei allen neun Gesteinsarten festgestellt.

Bild 4: Häufigkeits- und Normalverteilung der Temperaturleitfähigkeit von Asphaltprüfkörpern unter der Verwendung von Asphaltbeton AC11DS

3 Zusammenhang zwischen der Rohdichte und der Temperaturleitfähigkeit von Asphalt

Bereits Chakar (2009) und auch Demond (2016) haben in experimentellen Untersuchungen festgestellt, dass es zwischen dem Temperaturverhalten von Asphalt und den Rohdichten einen Zusammenhang gibt. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse wurden für unsere Proben die Rohdichten und die gemessenen Temperaturleitfähigkeiten miteinander verglichen (Bild 5). Nach Auswertung der Ergebnisse konnte der Zusammenhang bestätigt werden und es gilt:

Je höher die Rohdichte von Asphalt, desto geringer die Temperaturleitfähigkeit. Durch diesen Zusammenhang kann, bei unbekannter Temperaturleitfähigkeit, diese über die Rohdichte des Asphaltes abgeschätzt werden.

Bild 5: Zusammenhang zwischen der Rohdichte und der Temperaturleitfähigkeit von Asphalt

4 Einteilung der Temperaturleitfähigkeit von Asphalt in Temperaturleitklassen

Da die untersuchten Asphalte bei der Temperaturleitfähigkeit eine große Differenz aufweisen und der höchste Mittelwert der Temperaturleitfähigkeit (Grauwacke) den niedrigsten (EOS I) um 108 % übersteigt, werden zur weiteren Berechnung der Temperaturgradienten und zur Bewertung des Temperaturverhaltens die untersuchten Gesteinsarten in drei verschiedene Temperaturleitklassen T1, T2 und T3 eingeteilt. ­

- T1 günstiges Temperaturleitverhalten a < 0,8 mm2/s

­- T2 normales Temperaturleitverhalten a = 0,8 bis 1,2 mm2/s ­

- T3 ungünstiges Temperaturleitverhalten a > 1,2 mm2/s

Wie zuvor beschrieben, steht die Temperaturleitfähigkeit von Asphalt im Zusammenhang mit der Rohdichte. Daher können die Temperaturleitklassen T1, T2 und T3 auch anhand der Rohdichte nach Tabelle 2 und Bild 7 ermittelt werden.

Tabelle 2: Temperaturklassen von Asphalt

Bild 6: Temperaturleitklassen in Abhängigkeit von der Rohdichte von Asphalt

5 Berechnung von Temperaturverläufen

Zur Bewertung des Temperaturverhaltens von Asphalt wurden Temperaturverläufe mit dem Differenzenverfahren berechnet. Dieses beruht auf der Wärmeleitungsgleichung und beschreibt die Änderung der Temperatur in einem festen Körper und hat folgende Form:

Formel siehe PDF.

mit:

T(n,k) Temperatur in der Tiefenposition

n        zum Zeitpunkt k [K] n Tiefenposition [cm]

k        Zeitpunkt [h]

a       Temperaturleitzahl [cm2/h]

∆t      Zeitintervall [h]

∆x     Abstand der Tiefenpositionen [cm]

Bei bekanntem Temperaturverlauf zum Zeitpunkt k kann mit dem Differenzenverfahren der Temperaturverlauf zum Zeitpunkt k+1 berechnet werden. Die Bilder 7 und 8 zeigen beispielhaft den Temperaturverlauf der Gesteine EOS I (Temperaturklasse T1) und Grauwacke (Temperaturklasse T3). Die Berechnungen zeigen, dass die Temperatur der Grauwacke zu einem bestimmten Zeitpunkt in gleicher Tiefe um mehr als 4 °C höher sein kann, als bei der untersuchten Stahlwerksschlacke EOS I.

Bild 7: Temperaturverlauf eines Asphaltes der Temperaturleitklasse T1 (EOS 1)

Bild 8: Temperaturverlauf eines Asphaltes der Temperaturleitklasse T3 (Grauwacke)

6 Einfluss der Temperaturleitfähigkeit auf das Temperaturverhalten von Asphalt

Die Darstellung des Temperaturverhaltens der untersuchten Asphalte als Heat Map veranschaulicht den Unterschied zwischen der gebildeten Temperaturleitklassen T1, T2 und T3 (Bilder 9, 10, 11). Alle drei Klassen zeigen eine ausgeprägte Asphalttemperaturflamme, die an sehr heißen Sommertagen mit einem hohen Anstieg der Asphaltoberflächentemperatur entsteht. Während die Temperaturflamme bei den Stahlwerksschlacken der Temperaturleitklasse T1 mit geringer Temperaturleitfähigkeit und gutem Temperaturverhalten jedoch eher klein ausfällt, wird sie umso größer, je höher die Temperaturleitfähigkeit des Asphaltes steigt. Besonders die untersuchte Grauwacke der Temperaturleitklasse T3 zeigt einen schlechten Wiederstand gegen Erwärmung und die durch die Sonnenstrahlung an der Asphaltoberfläche entstehenden Temperaturen können tiefer in den Asphaltkörper eindringen. Weiter zeigt sich, dass durch eine hohe Temperaturleitfähigkeit die Asphalte nach Erreichen der Tageshöchsttemperatur schneller auskühlen können. Niedrigere Temperaturen, die durch das schnellere Abkühlen der Asphalte entstehen, treten jedoch erst zu späten Tageszeiten auf. Weiter fällt der Temperaturunterschied der verschiedenen Temperaturklassen bei tiefen Temperaturen geringer aus als bei hohen, womit der positive Effekt des schnelleren Auskühlens auch eher gering ausfällt.

Bild 9: Temperaturverhalten von EOS I (T1)

Bild 10: Temperaturverhalten von Diabas (T2)

Bild 11: Temperaturverhalten von Grauwacke (T3)

7 Zusammenfassung und Ausblick

Es wurde aufgezeigt, dass die Temperaturleitfähigkeit von Asphalt je nach eingesetzter Gesteinskörnung in großem Maße variieren kann. In welchem Maße dies einen Einfluss auf das Temperaturverhalten von Asphalt hat, wurde anschließend mit Temperaturverläufen, die mit dem Differenzenverfahren berechnet wurden, nachgewiesen. Die Berechnungen haben gezeigt, dass sich die Asphalttemperatur bei bestimmten Randbedingungen um über 4 °C unterscheiden kann und dass Stahlwerksschlacke einen positiven Einfluss auf das Temperaturverhalten von Asphalt hat. Des Weiteren wurde das Asphalttemperaturverhalten aufgrund der festgestellten Temperaturunterschiede in drei verschiedene Temperaturleitklassen T1, T2 und T3 unterteilt. Die neu gebildeten Temperaturleitklassen können beispielsweise für die Dimensionierung verwendet werden, um das Temperaturverhalten verschiedener Gesteinssorten zu berücksichtigen. Für die Dimensionierung könnten neben dem allgemeinen Temperaturverlauf, der momentan bei der Dimensionierung nach der RDO Asphalt verwendet wird, zwei weitere Temperaturverläufe eingeführt werden. Zum einen wäre dies ein günstiger Temperaturverlauf für Asphalte mit günstigem Temperaturleitverhalten (T1) und ein ungünstiger Temperaturverlauf für Asphalte mit ungünstigem Temperaturleitverhalten (T3). Der momentan nach den RDO Asphalt verwendete allgemeine Temperaturverlauf könnte dann für ein normales Temperaturleitverhalten (T2) dienen.

Literaturverzeichnis

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