FGSV-Nr. FGSV C 13
Ort Worms
Datum 08.03.2016
Titel Die Bedeutung der neuen ATV DIN 18300 – aus Sicht des Auftragnehmers
Autoren Dipl.-Geol. Thomas Leister
Kategorien Erd- und Grundbau
Einleitung
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1 Die alte DIN 18300 und der Bauvertrag

Die alte DIN 18300 hat bereits neben der Klasseneinstufung der auszuhebenden Böden und des auszuhebenden Felses zusätzlich die Beschreibung der Eigenschaften und Zustände nach den gültigen Normen gefordert. Erst nach der Boden- und Felsbeschreibung folgt die Einstufung in die bekannten 5 Boden- und 2 Felsklassen.

Der Vortrag zeigt auf, dass die Einstufung der Böden bzw. des Felses in Homogenbereiche keine elementare Änderung zur alten DIN 18300 bzw. zur DIN 4020 darstellt, sofern den Regelungen der alten DIN 18300 in der Ausschreibung vollumfänglich gefolgt wurde.

Um die Regelungen der alten DIN 18300 zu reflektieren, wird daher zunächst auf das alte Regelwerk Bezug genommen. So war es auch nach alter DIN 18300 nicht ausreichend, lediglich die Boden- und/oder Felsklassen im Bauvertrag in Form von Massenvordersätzen zu vereinbaren. DIN 18300 alt hat im Normtext genaue Angaben an das Aufstellen des Leistungsverzeichnisses formuliert. Hierzu gehörte auch die Beschreibung der Untergrundverhältnisse entsprechend den in der DIN 18300 alt aufgelisteten Normen. Zu Fels waren entsprechend DIN 18300 alt zusätzliche Angaben formuliert. Diese zusätzlichen Angaben waren in einem Baugrund- und Gründungsgutachten, oder in den LV ­ Vorbemerkungen zu machen.

Im Folgenden werden die entsprechenden Verweise in DIN 18300 alt nochmals aufgezeigt. Die entsprechenden Textpassagen der alten DIN 18300 werden daher an dieser Stelle nochmals eingeblendet und diskutiert. Die Textpassagen der DIN 18300 alt sind wörtlich (Kursivtext) der alten DIN 18300 entnommen.

0 Hinweise für das Aufstellen der Leistungsbeschreibung

In der Leistungsbeschreibung sind nach den Erfordernissen des Einzelfalls insbesondere anzugeben:

0.2 Angaben zur Ausführung
.......
0.2.8 Beschreibung von Boden und Fels hinsichtlich ihrer Eigenschaften und Zustände nach Abschnitt 2.2

– ­ ­ ­ ­ ­ ­ Mineralbestand

– petrographische Bezeichnung (Gesteinsart)

– mineralische Bindung

– Trennflächengefüge und räumliche Orientierung

– Verwitterungsgrad Druck- und Scherfestigkeit

0.2.9 Wesentliche Änderungen der Eigenschaften von Boden und Fels nach dem Lösen
.......
0.2.10 Einstufung von Boden und Fels in Klassen nach Abschnitt 2.3

0.2.18  Verwertung, Aufbereitung und Behandlung des Bodens sowie des Einbaus oder der sonstigen Verwertung

2.2 Beschreibung von Boden und Fels

Für das Untersuchen, Benennen und Beschreiben von Boden und Fels gelten:

DIN 4020 (Erkundung des Baugrundes)

DIN 4023 (Darstellung der Erkundungsergebnisse)

DIN 18197 (Bodenklassifikation in Bodengruppen)

DIN EN 1997-2 und DIN EN 1997/2NA (Eurocode 7; Erkundung und Untersuchung des Baugrundes nebst nationalem Anhang)

DIN EN ISO 14688-1 Benennung/Beschreibung/Klassifizierung von Boden

DIN EN 14689-1 Benennung/Beschreibung/Klassifizierung von Fels

2.3 Einstufung in Boden- und Felsklassen

Boden und Fels werden entsprechend ihrem Zustand beim Lösen in Klassen eingestuft. Oberboden wird unabhängig von seinem Zustand beim Lösen im Hinblick auf eine besondere Behandlung als eigene Klasse eingeführt.

Klasse 1: Oberboden

Oberste Schicht des Bodens, die neben anorganischen Stoffen, z. B. Kies- Sand-, Schluff- und Tongemischen, auch Humus und Bodenlebewesen enthält.

Klasse 2: Fließende Bodenarten

Bodenarten, die von flüssiger bis breiiger Konsistenz sind und die das Wasser schwer abgeben.

Klasse 3: Leicht lösbare Bodenarten

Sande, Kiese und Sand-Kies-Gemische mit höchstens 15 % Massenanteil an Schluff und Ton mit Korngrößen kleiner 0,063 mm und mit höchstens 30 % Massenanteil an Steinen mit Korngrößen über 63 mm bis 200 mm. Organische Bodenarten, die nicht von flüssiger bis breiiger Konsistenz sind und Torfe.

Klasse 4: Mittelschwer lösbare Bodenarten

Gemische aus Sand, Kies, Schluff und Ton mit über 15 % Massenanteil der Korngröße kleiner 0,063 mm. Bodenarten von leichter bis mittlerer Plastizität, die je nach Wassergehalt weich bis halbfest sind und höchstens 30 % Massenanteil an Steinen besitzen.

Klasse 5: Schwer lösbare Bodenarten

Bodenarten nach den Klassen 4 und 4, jedoch mit über 30 % Massenanteil an Steinen. Bodenarten mit höchstens 30 % Massenanteil an Blöcken der Korngröße über 200 mm bis 630 mm. Ausgeprägt plastische Tone, die je nach Wassergehalt weich bis halbfest sind.

Klasse 6: Leicht lösbarer Fels

Felsarten, die einen mineralisch gebundenen Zusammenhalt haben, jedoch stark klüftig, brüchig, bröckelig, schiefrig oder verwittert sind, sowie vergleichbare feste oder verfestigte Bodenarten, z. B. durch Austrocknung, Gefrieren, chemische Bindungen. Bodenarten mit über 30 % Massenanteil an Blöcken

Klasse 7: Schwer lösbarer Fels

Felsarten, die einen mineralisch gebundenen Zusammenhalt und eine hohe Festigkeit haben und nur wenig klüftig oder verwittert sind, auch unverwitterter Tonschiefer, Nagelfluhschichten, verfestigte Schlacken und dergleichen. Haufwerke aus großen Blöcken mit Korngrößen über 630 mm.

Entsprechend der Vorgaben der DIN 18300 alt hätte Boden und Fels nach den Normen DIN EN ISO 14688-1 (Boden) bzw. 14689-1 (Fels) in den LV ­ Vorbemerkungen oder einem als Vertragsbestandteil beigestellten Baugrund und Gründungsgutachten beschrieben werden müssen.

Bei Boden betrifft dies neben der Granulometrie die Konsistenz, die bezogene Lagerungsdichte, die undrainierte Scherfestigkeit und den Anteil organischer Inhaltsstoffe. Bei Fels sind entsprechend DIN EN ISO 14689 -1 neben der Gesteinsbezeichnung (Gesteinsart) folgende Angaben zu machen, auf die im Folgenden nochmals im Einzelnen eingegangen wird.

Nach Vorliegen und Nennen der oben genannten physikalischen Parameter war der Boden/ Fels für den Bauvertrag in die bekannten Klassen 1 bis 7 einzustufen. Im Bauvertrag war damit nicht nur die Boden-/Felsklasse verankert, sondern zusätzlich die zugrunde liegende Beschreibung der boden-/gesteinsphysikalischen Parameter.

Leider wurde dieser Vorgehensweise selten vollumfänglich in den Bauverträgen gefolgt. So gab es Bauverträge, in denen bauvertraglich keinerlei oder nur eine unzureichende Beschreibung der anzutreffenden Boden- und Felsverhältnisse vorlag.

2 Die DIN 18300 (2015-08)

Maßgebende Änderung der DIN 18300 (2015-08) ist die Einführung der Homogenbereiche für Boden und Fels/der Wegfall der alten Boden- und Felsklassen. Daneben wurde die DIN 18300 2015/08 textlich gestrafft. Regelungen, die DIN 18299 (allgemeine Regelungen für Bauarbeiten) beinhaltet, wurden in DIN 18300 gestrichen.

Durch die Einführung der Homogenbereiche wird der im Baufeld bautechnisch zu bearbeitende Boden/Fels mit wichtigen physikalischen Parametern beschrieben und zusammengefasst.

Der Homogenbereich definiert sich in DIN 18300 (2015-08) daher wie folgt:

Einteilung von Boden und Fels in Homogenbereiche

Boden und Fels sind entsprechend ihrem Zustand vor dem Lösen in Homogenbereiche einzuteilen. Der Homogenbereich ist ein begrenzter Bereich bestehend aus einzelnen oder mehreren Boden- oder Felsschichten, der für einsetzbare Erdbaugeräte vergleichbare Eigenschaften aufweist. Sind umweltrelevante Inhaltsstoffe zu beachten, so sind diese bei der Einteilung in Homogenbereiche zu berücksichtigen. Für Homogenbereiche sind folgende Eigenschaften und Kennwerte sowie deren ermittelte Bandbreite anzugeben. Nachfolgend sind die Normen oder Empfehlungen angegeben, mit denen die Kennwerte ggf. zu überprüfen sind. Wenn mehrere Verfahren zur Bestimmung möglich sind, ist die Norm oder Empfehlung festzulegen.

Für Boden: ­ ­ ­

– Ortsübliche Bezeichnung,

– Korngrößenverteilung mit Körnungsbändern nach DIN 18123,

– Massenanteil Steine, Blöcke und große Blöcke nach DIN EN ISO 14688-1; Bestimmung durch Aussortieren und Vermessen bzw. Sieben, anschließend Wiegen und dann auf die zugehörige Aushubmasse beziehen,

– Dichte nach DIN EN ISO 17892-2 oder DIN 18125-2,

– Undrainierte Scherfestigkeiten nach DIN 4094-4 oder DIN 18136 oder DIN 18137-2,

– Wassergehalt nach DIN EN ISO 17892-1,

– Plastizität nach DIN 18122-1,

– Konsistenzzahl nach DIN 18122-1

– Lagerungsdichte: Definition nach DIN EN ISO 14688-2 Bestimmung nach DIN 18126

– Organischer Anteil nach DIN 18128 sowie

– Bodengruppen nach DIN 18196

­ ­ ­ ­ ­ ­ ­ ­Für Fels:

­– ortsübliche Bezeichnung,

– Benennung von Fels nach DIN EN ISO 14689-1,

– Dichte nach DIN EN ISO 17892-2 oder DIN 18125-2,

– Verwitterung und Veränderungen, Veränderlichkeit nach DIN EN ISO 14689-1

– Einaxiale Druckfestigkeit des Gesteins nach DGGT ­ Empfehlung Nr.1 "Einaxiale Druckversuche an zylindrischen Gesteinskörpern" des AK 3.3 ,,Versuchstechnik Fels" sowie

– Trennflächenrichtung, Trennflächenabstand, Gesteinskörperform nach DIN EN ISO 14689-1

3 Angaben zu Homogenbereichen in der bestehenden Normung

Der Begriff der Homogenbereiche ist nicht neu. DIN 4020 fordert bereits Homogenbereiche zur Beschreibung und Einteilung des Baugrundes.

Definition nach DIN 4020:

Homogenbereich: begrenzter Bereich von Boden oder Fels, dessen Eigenschaften eine definierte Streuung aufweisen und sich von den Eigenschaften der abgegrenzten Bereiche abheben.

Forderung nach DIN 4020 für einen Geotechnischen Bericht:

DIN 4020: Es sind charakteristische Werte der Baugrundkenngrößen und Grundwasserstände für maßgebliche Berechnungsmodelle einschließlich Begründung für ihre Festlegung anzugeben.

Beiblatt 1: Homogenbereiche (Schichten), für die einheitliche Kenngrößen als Berechnungswerte für den Entwurf der baulichen Anlagen angegeben werden, sind in Form geometrischer Baugrundmodelle mit Ihren Randbedingungen zusammenzufassen.

Insofern ist die Einführung der Homogenbereiche in DIN 18300 2015/08 als auch weitere ATV-Normen die konsequente Umsetzung der Forderungen der DIN 4020.

4 Wertung der DIN 18300 (2015-08) aus Sicht der Bauindustrie

Die DIN 18300 (2015-08) konkretisiert die bereits bestehenden Forderungen der alten DIN 18300 als auch der DIN 4020. Boden und Fels wird nun entsprechend seiner Diversität nicht in enge vorgegebene Klassen gezwängt. Durch die ,,offene Klasseneinteilung" der Homogenbereiche muss der Planer/Bauherr nunmehr den Boden/Fels entsprechend der in DIN 18300 (2015-08) genannten Parameter untersuchen und entsprechend in den LV ­ Vorbemerkungen beschreiben. Der Verweis auf ein Baugrund- und Gründungsgutachten reicht nunmehr bauvertraglich nicht mehr aus.

Die Bauunternehmen haben auf Basis der möglichst dezidierten Boden- und Felsbeschreibungen nun die Möglichkeit die Löse-, Transport, Aufbereitungs-, und Einbautechnik der Erdstoffe genau festzulegen und preislich zu bewerten. Erstmalig ist es möglich, bei zu verbessernden Lockerböden den Bieter entscheiden zu lassen, welches Bindemittel nach Art und Menge am besten geeignet ist eine bestimmte Bodeneigenschaft (Einbaufähigkeit, Scherfestigkeit, Tragfähigkeit) zu erzielen. Darüber hinaus ist es nun möglich die Befahrbarkeit von Lockerböden im Baufeld zu bewerten. Hieraus kann abgeleitet werden, welche Fahrzeuge zum Bodentransport eingesetzt werden müssen, oder ob zusätzliche befestigte Zufahrtswege erforderlich werden. Bei Fels ist es möglich, die erforderlichen Lösekräfte zu erfassen, aus denen sich ein geeignetes Lösegerät (Bagger oder Sprengen) ableiten lässt. Weiter ist die Aufbereitung von Felsgestein besser kalkulierbar.

In den folgenden beiden Tabellen ist beispielhaft aufgezeigt, wie die geforderten Angaben zu Boden und Fels mit konkreten Zahlenwerten belegt sein können. Nach DIN 18300 2015/08 ist die Spannweite der genannten Kennwerte anzugeben. Ggf. ist auch die Angabe von Mittelwerten möglich.

Angaben bodenphysikalischer- und bodenmechanischer Parameter für Homogenbereiche im Lockerboden:

Bild: Erforderliche Kennwerte nach DIN 18300 neu zur Beschreibung von Homogenbereichen im Lockerboden

Angaben bodenphysikalischer- und bodenmechanischer Parameter für Homogenbereiche im Fels/im Gebirge:

Bild: Erforderliche Kennwerte nach DIN 18300 neu zur Beschreibung von Homogenbereichen im Fels/im Gebirge

5 Ausblick

Im Verkehrswegebau der Länder ist die DIN 18300 (2015-08) noch nicht eingeführt. Es wird auf die Überarbeitung der ZTV E-StB 09 gewartet.

Bis die DIN 18300 (2015-08) eingeführt wird, gilt DIN 18300 alt. Um hier einen vernünftigen Übergang zur neuen DIN 18300 (2015-08) bzw. den weiteren eingeführten ATV Normen mit Homogenbereichen zu schaffen, sollte in der Übergangszeit in den LV ­ Vorbemerkungen die bodenphysikalischen und felsphysikalischen Angaben zu den Böden entsprechend Passus 0.2.8 bis 0.2.18 der alten DIN 18300 enthalten sein. Auf Basis dieser physikalischen Angaben sind dann die Böden in Klassen einzustufen. Die Beschreibung nach Passus 0.2.8 bis 0.2.18 ist gleichrangig wie die Einteilung in Boden- und Felsklassen in den Bauvertrag aufzunehmen.