FGSV-Nr. FGSV C 14
Ort Potsdam
Datum 12.09.2019
Titel Umsetzung von Aspekten der Ressourceneffizienz im erdbautechnischen Regelwerk (ZTV E-StB 17)
Autoren Akad. Dir. Dr.-Ing. Dirk Heyer, M. Sc. Stefan Huber
Kategorien Erd- und Grundbau
Einleitung

In Anbetracht einer zukünftig weiter anwachsenden, nach Wohlstand strebenden Weltbevölkerung bei gleichzeitig schwindenden endlichen Ressourcen sind in den letzten Jahren die Diskussionen über ein nachhaltiges Wirtschaften und die Schonung wertvoller und begrenzter Ressourcen vermehrt in den Fokus der Öffentlichkeit getreten und inzwischen aufgrund ihrer berechtigten Dringlichkeit allgegenwärtig. Die Notwendigkeit, verantwortungsvoll mit den uns zur Verfügung stehenden Rohstoffen zu wirtschaften, wurde mittlerweile von den Vertretern nahezu aller Wirtschaftsbereiche erkannt. Dies gilt insbesondere auch für die Bauwirtschaft als einen der mitunter ressourcenintensivsten Wirtschaftszweige unserer Volkswirtschaft. Zeitgleich stellt die Bauwirtschaft den Wirtschaftssektor dar, in dem mit den mineralischen Restmassen der größte Abfallstrom anfällt. Die anfallenden mineralischen Restmassen möglichst hochwertig wiederzuverwerten, stellt eine der größten Aufgaben der Bauwirtschaft in der heutigen Zeit dar. Insbesondere im Erdbau, in dem kontinuierlich vergleichsweise große Massen an Baustoffen benötigt werden, bieten sich viele Möglichkeiten zur Wiederverwertung mineralischer Restmassen. Durch die erdbautechnische (Wieder-)Verwendung von lokal anstehenden Böden, Recycling-Baustoffen und industriellen Nebenprodukten unter dem Leitmotiv der „Ressourceneffizienz“ kann ein großer Beitrag zu einer nachhaltigen Materialverwendung geleistet werden.

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1 Nachhaltige Materialverwendung im Erdbau – Materialeffizienz und Ressourcenschonung

1.1 Ausgangssituation

Aufgrund sozio-ökonomischer und ökologischer Aspekte, gesellschaftspolitischer Notwendigkeiten und rechtlicher Vorgaben hat die hochwertige Wiederverwendung mineralischer Restmassen in den letzten Jahren kontinuierlich an Bedeutung gewonnen, die zukünftig sogar noch weiter steigen wird. Durch den Wiedereinsatz mineralischer Restmassen als Baustoffe möglichst am Ort ihres Anfalls können wertvolle Primärbaustoffe wie Kiese und Sande, die bereits heute in vielen Bereichen der Erde erschöpft sind, sowie Flächen, die zu ihrer Gewinnung benötigt werden, für zukünftige Generationen bewahrt werden. Zudem können Deponie- und Verfüllkapazitäten geschont werden, was im Hinblick auf bereits heute regional knappe Deponiekapazitäten und damit verbundenen hohen Deponierungskosten, den langen Zeiträumen von der Planung und Genehmigung bis hin zur Errichtung neuen Deponieraumes sowie der elementaren Funktion der Deponie als Schadstoffsenke am Ende der Entsorgungskette von besonders aktueller Bedeutung ist (vgl. z.B. Haemig, 2018).

Das wirtschaftliche Potenzial und die gesellschaftliche Relevanz der hochwertigen Wiederverwendung mineralischer Restmassen zeigt sich auch in den jährlich in Deutschland anfallenden Massen, die sich nach den Zahlen der Arbeitsgemeinschaft Kreislaufwirtschaft Bau 2017 allein in 2014 auf etwa 200 Mio. Tonnen beliefen. Der mit Abstand größte Anteil davon entfiel mit etwa 120 Mio. T. auf den Stoffstrom „Boden und Steine“, gefolgt von mineralischen Baurestmassen mit einem jährlichen Aufkommen von etwa 55 Mio. T. Weitere bedeutende Massen fallen zusätzlich als industrielle Nebenprodukte bei industriellen Prozessen an. Die möglichst hochwertige Verwertung dieser Massen erscheint nicht nur unter sozialen, ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten als geboten, sondern ist seit der Umsetzung der europäischen Abfallrahmenrichtlinie mit der Novellierung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes im Jahre 2012 zum Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) auch gesetzlich vorgeschrieben. So räumt das KrWG der Verwertung von (mineralischen) Abfällen in § 7 KrWG nicht nur den Vorrang vor der Beseitigung ein, sondern ordnet die Maßnahmen der Vermeidung und Abfallbewirtschaftung in § 6 KrWG auch hierarchisch nach ihrer Wertigkeit (Bild 1). Die Vermeidung des Anfalls von Abfall besitzt demnach die höchste Wertigkeit. Soweit die Abfallvermeidung nicht möglich ist, müssen die Reststoffe einer gemäß Abfallhierarchie möglichst hochwertigen Verwertungsmaßnahme zugeführt werden. Als Verwertungsmaßnahmen gelten dabei in absteigender Reihenfolge die Vorbereitung zur Wiederverwendung, das Recycling sowie die sonstige Verwertung, was für mineralische Reststoffe insbesondere deren Verfüllung bedeutet. Die Beseitigung, im Falle mineralischer Restmassen bedeutet dies meist Deponierung, befindet sich am Ende der Rangfolge und ist lediglich dann zu wählen, wenn eine Verwertung nicht möglich ist.

Bild 1: Abfallhierarchie gemäß § 5 KrWG

Betrachtet man die in Statistiken häufig angeführten Verwertungsquoten für mineralische Restmassen von durchschnittlich meist mehr als 90 M.-% (vgl. Bild 2), stellt sich die aktuelle Situation zur Bewirtschaftung mineralischer Restmassen auf den ersten Blick positiv dar. Berücksichtigt man allerdings, dass die Verwertung insbesondere der beiden größten Stofffraktionen „Boden und Steine“ sowie „Bauschutt“ durch ihre Verfüllung als gemäß Abfallhierarchie (vgl. § 5 KrWG) nachrangigste Form der Verwertung erfolgt, zeigt sich, dass die Ziele des KrWG nach wie vor nicht erreicht werden und in Deutschland bei weitem noch keine nachhaltige Materialverwendung praktiziert wird. Von den etwa 120 Mio. T. der größten Stofffraktion „Bodenaushub und Baggergut“ wurden beispielsweise zwar etwa 100 Mio. T. einer Verwertungsmaßnahme im rechtlichen Sinne zugeführt, doch wurden knapp 90 Mio. T. lediglich verfüllt, womit sich exklusive der Verfüllung als nachrangigste Verwertungsmaßnahme nur mehr eine Verwertungsquote von ca. 10 % ergibt. Die Ursachen, die zur Verfüllung mancher Stofffraktionen führen, sind vielfältig und müssen für die unterschiedlichen Materialien differenziert betrachtet werden.

Bild 2: Anfall und Bewirtschaftung mineralischer Restmassen in Deutschland 2014 (Bundesverband Baustoffe – Steine und Erden e.V. 2017)

Erklärtes Ziel ist es, zukünftig möglichst alle mineralischen Restmassen, die derzeit noch häufig als Abfälle behandelt werden, als Sekundärbaustoffe (Ersatzbaustoffe) in mehr- oder minder hochwertigen Anwendungen des Erdbaus anstatt von Primärbaustoffen einzusetzen. In Anbetracht der enormen Bandbreite der anfallenden Sekundär-/Ersatzbaustoffe und deren bautechnischen und umweltbezogenen Eigenschaften sind hierzu materialspezifische Strategien zu entwickeln, die den Anforderungen der bau- und umwelttechnischen Regelwerke, die bereits heute den Einsatz vieler Sekundär-/Ersatzbaustoffe ermöglichen, gerecht werden.

Allgemein bleibt festzustellen, dass es erklärtes Ziel sein muss, den Baustoffbegriff solange als möglich zu erhalten. Das gilt sowohl für natürliche Böden als auch für Ersatzbaustoffe. Es ist widersprüchlich, wenn es sich beispielsweise bei der Entnahme von Kies aus einer Kiesgrube um die Gewinnung von Baustoffen handelt, die Entnahme des gleichen Materials beim Auffahren eines Straßeneinschnitts oder eines Tunnels aber als Abfallerzeugung deklariert wird, obwohl dieses Material weiter als Baustoff verwendet wird. Grundsätzlich sollte der Abfallbegriff auch besonders im Sinne der Ressourcenschonung so spät als möglich greifen, und zwar erst dann, wenn der Boden oder der Baustoff bautechnisch nicht mehr verwendbar ist oder eine umweltbezogene Bewertung ihn als gefährlichen Stoff einstuft (Heyer; Baumgärtel, 2010).

1.2 Gründe für zögerlichen Einsatz von Sekundärbaustoffen

Bei der bautechnischen Verwendung von Baustoffen sind unabhängig davon, ob es sich um Primär- oder Sekundärbaustoffe handelt, prinzipiell Anforderungen sowohl an die bautechnischen als auch die umweltbezogenen Eigenschaften der verwendeten Baustoffe zu beachten. Die Ursachen, weshalb Bodenaushub und mineralische Ersatzbaustoffe nach wie vor häufig nicht in hochwertigen Anwendungen zum Einsatz kommen, sind für die unterschiedlichen Stofffraktionen differenziert zu betrachten und liegen zum Teil in begründeten Einschränkungen der bautechnischen und umweltbezogenen Eigenschaften, häufig aber auch in teils unbegründeten Vorurteilen gegenüber denselben.

So besitzt Bodenaushub, beispielsweise bei organikhaltigen Böden oder feinkörnigen Böden weicher Konsistenz, tatsächlich oftmals bautechnisch ungünstige Eigenschaften, weshalb eine bautechnische Wiederverwendung zunächst nicht als Mittel der ersten Wahl erscheint und diese Stoffe de facto schließlich entsorgt werden. In vielen Fällen wäre eine erdbau-technische Wiederverwendung bei geeigneter Wahl des Einsatzbereiches gegebenenfalls in Verbindung mit einer entsprechenden Behandlung (z. B. Entwässerung, Bindemittelzugabe) der Materialien durchaus möglich (vgl. Henzinger; Heyer, 2016 und Heyer; Henzinger, 2016). Bei mineralischen Ersatzbaustoffen aus aufbereiteten Baurestmassen hemmen hingegen primär Vorbehalte gegenüber der bautechnischen Gleichwertigkeit zu Primärbaustoffen sowie der umweltbezogenen Zulässigkeit ihre erdbautechnische Wiederverwendung (Huber; Heyer et al., 2017). Bei industriellen Nebenprodukten führen in erster Linie die Bedenken gegenüber ihrer umweltbezogenen Zulässigkeit häufig zu ihrer Nichtberücksichtigung als Erdbaustoff.

Bild 3: Deponierung von Bodenaushub und mineralischen Baurestmassen auf einer DK 0-Deponie

Daneben existieren noch weitere Gründe, die dazu führen, dass Böden und mineralische Ersatzbaustoffe trotz ihrer oftmals erdbautechnischen und umweltbezogenen Eignung verfüllt oder gar deponiert werden. So kann beispielsweise das nach wie vor deutschlandweit nicht einheitliche Regelwerk in Zusammenhang mit der umweltbezogenen Zulässigkeit von Sekundärrohstoffen oftmals zu Unsicherheiten im Hinblick auf einen rechtssicheren Einsatz und damit zu ihrer Ablehnung und zum Einsatz von nach wie vor günstigen Primärbaustoffen führen. Auch die weit verbreitete vertragliche Konstellation, wonach Überschussmassen bei Baumaßnahmen an den Auftragnehmer übergehen, führt häufig dazu, dass dieser die Überschussmassen trotz einer in vielen Fällen gegebenen bautechnischen und umweltbezogenen Weiterverwendbarkeit verfüllt oder auf Bauschuttdeponien (DK 0) entsorgt (vgl. Bild 2) und die Entsorgungskosten an den Auftraggeber weitergibt, anstatt selbst nach geeigneten Anwendungsbereichen zu suchen. Hier ist die Erstellung eines Verwertungskonzeptes (Bodenmanagement) bereits vor Beginn der eigentlichen Baumaßnahme im Zuge der Entwurfs- und Ausführungsplanung durch den Auftraggeber von essentieller Bedeutung.

1.3 Grundprinzipien und Ziele einer nachhaltigen Materialverwendung im Erdbau

Das übergeordnete Ziel einer nachhaltigen Materialverwendung im Erdbau beinhaltet als bautechnische Aspekte einerseits die effiziente Verwendung der vor Ort anfallenden und zur Verfügung stehenden Erdbaustoffe sowie der lokal verfügbaren Sekundärbaustoffe (rezyklierte Baurestmassen, industrielle Nebenprodukte) und andererseits die Schonung unserer endlichen Ressourcen.

Eine effiziente Materialverwendung im Erdbau besteht u. a. daraus, die natürlich vorkommenden Erdbaustoffe möglichst optimal und umfänglich einzusetzen. Insbesondere sollen diejenigen Erdbaustoffe verwendet werden, die lokal verfügbar sind oder vor Ort anfallen. Die Deponierung natürlicher Erdbaustoffe sollte weitestgehend vermieden werden. So können gleichzeitig Transporte zur Entsorgung der angefallenen Materialien sowie von benötigten Primärbaustoffen verringert werden und somit Emissionen (CO2, Feinstaub, Lärm) reduziert werden. Sekundärbaustoffen sollten zudem immer als Alternative zu natürlichen Primärbaustoffen in Betracht gezogen werden und diesen möglichst gleichgestellt werden. Insbesondere im erdbautechnischen Regelwerk wurden hierzu in den letzten Jahren große Anstrengungen unternommen (Abschnitt 2).

Im Hinblick auf eine effiziente Materialverwendung sollten zudem auch solche Erdbaustoffe bautechnisch berücksichtigt werden, die in gewissen Grenzen umweltrelevante Inhaltsstoffe beinhalten und für die kein uneingeschränkter offener mehr zulässig ist (Z0-Materialien nach LAGA M 20), für die aber ein eingeschränkt offener (Z1-Materialien nach LAGA M 20) Einbau oder ein Einbau mit definierten technischen Sicherungsmaßnahmen (Z2-Materialien nach LAGA M 20) möglich ist. In Zusammenhang mit technischen Sicherungsmaßnahmen sei auf das „Merkblatt über Bauweisen für Technische Sicherungsmaßnahmen beim Einsatz von Böden und Baustoffen mit umweltrelevanten Inhaltstoffen im Erdbau“ (M TS E 2017) verwiesen, welches bautechnische und konstruktive Maßnahmen beinhaltet, um den Schutz von Boden, Grundwasser und Oberflächengewässern beim Einsatz von Böden und Baustoffen mit umweltrelevanten Inhaltsstoffen sicherzustellen.

Ressourcenschonung im Kontext der nachhaltigen Materialverwendung im Erdbau bedeutet außerdem, den Flächenbedarf für Bautätigkeiten (Stichwort „Flächenversiegelung“) sowie Materialgewinnung und -entsorgung zu minimieren. Diejenigen Materialgewinnungsstätten, deren Betrieb unumgänglich ist, sind unter Beachtung des Wasser-, Boden-, Natur- und Immissionsschutzes zu betreiben und die daraus gewonnenen Erdbaustoffe möglichst hochwertig einzusetzen. Durch eine Optimierung von Bauweisen kann zudem möglicherweise die Dauerhaftigkeit von Bauwerken erhöht werden, was ebenfalls einen Beitrag zur Ressourcenschonung leistet.

Um eine nachhaltige Materialverwendung im Erdbau umzusetzen, sind die bautechnischen Aspekte der Materialeffizienz und der Ressourcenschonung in allen Phasen eines Projekts von allen Projektbeteiligten zu berücksichtigen und umzusetzen. Im Idealfall ist bereits zu Beginn der Planungsphase ein Bodenverwertungskonzept zu erstellen, das ein Stoffstrommanagement beinhaltet, in dem die zu transportierenden Erdbaustoffe unter Berücksichtigung ihrer erdbautechnischen Eigenschaften gezielt gesteuert werden.

Gerade bei Baustoffen mit umweltrelevanten Inhaltsstoffen behindern umweltbezogene Anforderungen nach wie vor häufig deren bautechnischen Einsatz. Es ist daher trotz enormer Anstrengungen in den letzten Jahren nach wie vor notwendig, bautechnische und umweltbezogene Belange auf fachtechnischer Basis weiter aufeinander abzustimmen.

Durch das Aufzeigen der bautechnischen Eignung der diversen potentiellen Erdbaustoffe anhand von wissenschaftlichen Grundsatzuntersuchungen und der Begleitung von Referenzprojekten soll der Einsatz aufbereiteter mineralischer Restmassen im Sinne einer nachhaltigen Materialverwendung im Erdbau in der Baupraxis weiter etabliert werden. In diesem Zusammenhang ist es notwendig, die materialspezifisch zu beachtenden bautechnischen und umweltbezogenen Besonderheiten der unterschiedlichen Erdbaustoffe aufzuzeigen. 

2 Erdbautechnische Regelwerke

Im erdbautechnischen Regelwerk wurde die Notwendigkeit der Verknüpfung bautechnischer und umweltbezogener Anforderungen erkannt und in den ZTV E-StB 09 und speziell mit den TL BuB E-StB 09 mit der Umsetzung begonnen. Im Zusammenhang mit dem Ersatz der Boden- und Felsklassen durch sogenannte Homogenbereiche in den ATV DIN 18300 sind die ZTV E-StB 2017 angepasst worden. Bei dieser Gelegenheit wurden einige neue nachfolgend genannte Begriffsbestimmungen vorgenommen, die zur Klarheit in den Bauverträgen im Umgang mit Böden und Baustoffen im Erdbau des Straßenbaus führen sollen.

Boden und Fels sind Primärbaustoffe, wenn keine Anhaltspunkte auf anthropogene Belastungen vorliegen oder der Verdacht auf umweltrelevante Inhaltsstoffe ausgeräumt wurde. In Primärbaustoffen dürfen keine mineralischen Fremdbestandteile oder Fremdstoffe (nichtmineralische Bestandteile) erkennbar sein.

Boden und Fels mit umweltrelevanten Inhaltsstoffen sind Baustoffe, soweit der Gehalt bzw. die Konzentration an Inhaltsstoffen nach umweltrechtlichen Vorgaben nicht überschritten wird und Fremdbestandteile oder Fremdstoffe nicht erkennbar sind.

Boden mit Fremdbestandteilen ist ein Baustoff mit sichtbaren Fremdbestandteilen, die mineralischen Ursprungs sind. Fremdbestandteile sind z. B. hydraulisch oder mit Bitumen gebundene Stoffe sowie Ziegelreste. Es überwiegt der Massenanteil des Bodens. Boden mit Fremdbestandteilen kann umweltrelevante Inhaltsstoffe enthalten. Der Gehalt bzw. die Konzentration an umweltrelevanten Inhaltsstoffen darf umweltrechtliche Vorgaben nicht überschreiten.

Ergänzend dazu sind Baustoffe nach den TL BuB E-StB 09, die in Kürze ebenfalls überarbeitet und an die ZTV E-StB 17 angepasst vorliegen werden, wie folgt beschrieben. Bodenmaterial und Baustoffe nach den TL BuB E-StB werden darin als Ersatzbaustoffe definiert.

Bodenmaterial (BM) gemäß den TL BuB E-StB ist von einem Verarbeitungsbetrieb gesammeltes und aufbereitetes Material aus Boden und/oder Fels gleicher oder unterschiedlicher Herkunft, das für die Errichtung von Erdbauwerken geliefert wird. Fremdbestandteile sind nicht erkennbar.

Bodenmaterial mit Fremdbestandteilen (BMF) gemäß den TL BuB E-StB ist von einem Verarbeitungsbetrieb gesammeltes und aufbereitetes Material aus Boden und/oder Fels gleicher oder unterschiedlicher Herkunft, das für die Errichtung von Erdbauwerken geliefert wird. Es enthält sichtbare Fremdbestandteile. Es überwiegt jedoch der Massenanteil des Bodens. Fremdbestandteile sind mineralischen Ursprungs, aber keine Bestandteile des Bodens. Fremdbestandteile können z. B. hydraulisch gebundene Stoffe, mit Bitumen gebundene Stoffe oder Produktionsrückstände z. B. aus thermischen Prozessen oder Bauprozessen sein. Fremdstoffe sind nichtmineralische Bestandteile.

Rezyklierte Baustoffe (RC) gemäß den TL BuB E-StB sind rezyklierte Gesteinskörnungen die anteilig Bodenmaterial enthalten können. Es überwiegt jedoch der Massenanteil der rezyklierten Gesteinskörnung. Wenn dieser Massenanteil nicht eindeutig überwiegt, ist das Gemisch als Bodenmaterial mit Fremdbestandteilen einzustufen.

Die genannten Böden und Baustoffe sind im Bild 4 zusammengefasst.

Bild 4: Abgrenzung zwischen Boden, Boden mit Fremdbestandteilen und rezyklierten Baustoffen nach den TL BuB E-StB 09

Im erdbautechnischen Regelwerk sind Böden, Böden mit Fremdbestandteilen und rezyklierte Baustoffe sowie industrielle Nebenprodukte zumindest in technischer Hinsicht gleichgestellt, d. h. wenn Böden und Baustoffe in Ausschreibungen mit ihren Bodengruppen nach DIN 18196, z. B. GW/GI, beschrieben werden, sind die Bieter frei in der Wahl der vorgenannten Böden, Böden mit Fremdbestandteilen und Recycling-Baustoffe. 

3 Anwendungsszenarien im Erdbau

Bezugnehmend auf die im Abschnitt 1 genannte fünfstufige Abfallhierarchie des Kreislaufwirtschaftsgesetzes von 2012 können erdbaubezogen folgende Anwendungsszenarien genannt werden.

Gelöste und ausgehobene, unbelastete Böden sind Primärbaustoffe, die weiterverwendet werden können. Dies ist gleichzeitig eine Abfallvermeidung, die kostbaren Deponieraum schont. Wenn sie nicht weiterverwendet werden, entsteht einerseits Abfall. Andererseits müssen dann für das Erdbauwerk Böden eingesetzt werden, die in Gruben oder Brüchen gewonnen werden. Dies bedeutet, dass die Weiterverwendung unmittelbar zur Schonung der Ressource „Boden“ führt.

Gelöste und ausgehobene, gering belastete Böden oder Böden mit Fremdbestandteilen sind Ersatzbaustoffe (Sekundärbaustoffe), die wiederverwendet werden. Für diese Wiederverwendung gilt das Gleiche wie im vorherigen Absatz. Sie ist eine aktive Abfallvermeidung und Ressourcenschonung.

Aufbereiteter Bauschutt allein und dessen Gemische mit Böden sind Recycling-Baustoffe, die im Erdbau als Baustoffe für die unterschiedlichsten Erdbauwerke eingesetzt werden können. Wenn der Bauschutt nicht aufbereitet wird, ist er Abfall. Weiterhin gilt das oben Genannte.

Sofern Böden ohne und mit Fremdbestandteilen oder Baustoffe erdbautechnisch ungeeignet sind, muss geprüft werden, ob sie nicht doch nach Aufbereitung und/oder Behandlung als Primär- oder Ersatzbaustoffe zum Einsatz kommen können.

Es sollte übergeordnet das Ziel verfolgt werden, dass aus Boden und sonstigen für den Erdbau geeigneten Baustoffen erst dann wirklich Abfall wird, wenn sie erdbautechnisch nicht geeignet sind und dann tatsächlich die Notwendigkeit einer Entledigung greift, indem diese dann in Verfüllungen oder je nach Belastung auf Deponien zu verbringen sind.

Dringend erforderlich ist eine Gleichstellung im Erdbau von im Erd-, Tief- und Tunnelbau gelösten/ausgehobenen Böden und Fels mit in Gruben und Brüchen abgebauten Boden und Fels. Alles sind Primärbaustoffe. Es kann dabei nicht sein, dass das eine Material chemisch analysiert wird und daraufhin besonders entsorgt werden muss, während das andere Material ohne weitere Analysen als Baustoff selbst oder als Bestandteil von Bauprodukten eingesetzt wird. Bei allen Betrachtungen ist letztendlich auch zu bedenken, dass die Primärbaustoffe von heute schließlich die Ersatzbaustoffe von morgen sein werden. 

4 Beispiele aus Forschung und Praxis

4.1 Allgemeines

In den vergangenen Jahren wurden ausgehend von zusammen mit Partnern aus der Baupraxis entwickelten Anwendungen und resultierend aus Neuerungen im erdbautechnischen Regelwerk im Rahmen von mehreren Forschungsprojekten Themen im Zusammenhang mit der nachhaltigen Materialverwendung im Erdbau bearbeitet. Nachfolgend wird eine Auswahl von kürzlich abgeschlossenen Forschungsprojekten vorgestellt, die die Möglichkeiten einer nachhaltigen Materialverwendung im Erdbau aufzeigen soll. 

4.2 Erdbautechnische Eignung von Böden mit Fremdbestandteilen, RC-Baustoffen und industriellen Nebenprodukten

Erste Untersuchungen zur erdbautechnischen Eignung von Böden mit Fremdbestandteilen, RC-Baustoffen und industriellen Nebenprodukten wurden bereits vor über zehn Jahren von (Baumgärtel; Heyer, 2009) im Rahmen des Forschungsvorhabens „Erdbautechnische Eignung und Klassifikation von Böden mit Fremdbestandteilen und von Bauschutt“ an entsprechenden Baustoffen durchgeführt. Neben Untersuchungen zur Beurteilung der Dauerhaftigkeit und Verwitterungsbeständigkeit von Böden mit Fremdbestandteilen und von Baurestmassen sowie zu ihrer Benennung und Klassifikation wurden auch bereits Versuche zu ihren erdbautechnischen Eigenschaften, insbesondere ihrer Verdichtbarkeit, durchgeführt.

Die Versuche zeigten, dass die überwiegende Anzahl der untersuchten mineralischen Fremdbestandteile keine für den Erdbau des Straßenbaus relevante veränderliche Festigkeit aufweisen. Lediglich bei einigen wenigen Fremdbestandteilen mit geringer mechanischer Festigkeit, beispielsweise Mörtel oder Putz, konnte eine veränderliche Festigkeit beobachtet werden. Weitere Erkenntnisse waren, dass eine Benennung von Böden mit Fremdbestandteilen sowie von mineralischen Ersatzbaustoffen nach DIN EN ISO 14688-1 sowie ihre Klassifikation nach DIN 18196 möglich und sinnvoll ist. Eine Eingruppierung in das bestehende straßenbautechnische Regelwerk konnte dadurch erfolgen. Die Versuche zur Verdichtbarkeit wurden insbesondere an Böden mit Fremdbestandteilen (Bodenanteil ≥ 50 M.-%) und einigen repräsentativen Fremdbestandteilen durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass vor allem bei grob- und gemischtkörnigen Baustoffen mit hohen Anteilen an mineralischen Fremdbestandteilen die im Verdichtungsversuch nach Proctor erreichbaren Trockendichten im Gegensatz zu den meisten natürlichen Böden aufgrund der porösen, wassersaugenden Fremdbestandteile meist keine Abhängigkeit vom Wassergehalt zeigen. Es ist dann keine Proctorkurve mit einem Optimum, der Proctordichte, ableitbar. In diesen Fällen ist dann als Bezugsdichte entsprechend der Proctordichte z. B. als Mittel aus den drei höchsten ermittelten Dichten abzuleiten.

Basierend auf den Ergebnissen von (Baumgärtel; Heyer, 2009) wurde im Rahmen des Forschungsvorhabens „Ressourcenschonung – Bedingungen für die Verwendung organogener und weicher Böden sowie von Sekundärbaustoffen als Massenbaustoffe im Erdbau“ (Henzinger; Heyer et al., 2015) der Bodenanteil der Böden mit Fremdbestandteilen weiter reduziert (Bodenanteil ≤ 30 M.-%). Die durchgeführten Laboruntersuchungen umfassten u. a. Versuche zu den Verdichtungs- und Tragfähigkeitseigenschaften, zum Einfluss nichtmineralischer Fremdstoffe (z. B. Polystyrolschaum, Holzspäne) auf die Verdichtungs- und Tragfähigkeitseigenschaften sowie zur Scherfestigkeit. Überdies wurden erste Felduntersuchungen zur Übertragbarkeit der in den zum damaligen Zeitpunkt gültigen ZTV E-StB 09 für natürliche Böden formulierten Kennwerte für indirekte Prüfverfahren (Ev2-, Evd-Werte) durchgeführt.

Die Versuchsergebnisse zur Verdichtung und Tragfähigkeit bestätigten die Ergebnisse von (Baumgärtel; Heyer, 2009), wonach die Trockendichten von Baustoffen mit einem hohen Anteil an mineralischer Fremdbestandteilen und von aufbereiteten Baurestmassen im Verdichtungsversuch keine eindeutige Abhängigkeit vom Wassergehalt zeigen und die Tragfähigkeit von den Eigenschaften und dem Anteil der Fremdbestandteile abhängt. Die Untersuchungen an Mischungen mit natürlichen Bodenanteilen zeigten, wie sich das Verdichtungsverhalten im Vergleich zu reinen Fremdbestandteilen verhält. Demnach führen grobkörnige Bodenanteile mit zunehmendem Massenanteil tendenziell zu höheren erreichbaren Trockendichten und Tragfähigkeiten, während ein zunehmender Feinkornanteil ebenfalls zu höheren Trockendichten und einer ausgeprägteren Abhängigkeit der Verdichtbarkeit und Tragfähigkeit vom Wassergehalt führt. In den Versuchen zur Scherfestigkeit (Triaxialversuche) konnten die Erkenntnisse aus der Literatur, wonach rezyklierte Baustoffe, bei denen es sich überwiegend um Brechkorn handelt, hohe Scherfestigkeiten besitzen, bestätigt werden. Die durchgeführten Felduntersuchungen zur Übertragbarkeit der Kennwerte für indirekte Prüfverfahren auf rezyklierte Baustoffe zeigten, dass mit dem statischen Plattendruckversuch bei ausreichender Verdichtung anforderungsgerechte und ausreichend hohe Ev2-Werte zum Nachweis des Verdichtungsgrades erreicht werden. Allerdings konnten mit dem dynamischen Plattendruckversuch die geforderten Evd-Werte trotz ausreichender Verdichtung vielfach nicht erreicht werden.

Die prinzipielle bautechnische Eignung von Böden mit Fremdbestandteilen sowie mineralischen Ersatzbaustoffen aus aufbereiteten Baurestmassen und industriellen Nebenprodukten konnte in den beiden vorgenannten Forschungsvorhaben labortechnisch bestätigt werden.

In der Erdbaupraxis existieren allerdings nach wie vor Unsicherheiten im Hinblick auf die erdbautechnischen Eigenschaften von mineralischen Ersatzbaustoffen nach ihrer großtechnischen Verdichtung im Feld sowie Unklarheiten bezüglich der Anwendbarkeit von indirekten Prüfverfahren zur Verdichtungskontrolle. Diese Punkte bilden daher den Kern der Untersuchungen des derzeit am Zentrum Geotechnik bearbeiteten Forschungsprojektes „Substitution von natürlichen mineralischen Baustoffen durch Ersatzbaustoffe im Erd- und Tiefbau“. Überdies wird der Einfluss materialcharakteristischer Besonderheiten auf das Scher- und Kompressionsverhalten weiter untersucht. Damit sollen nach Möglichkeit weitere Anwendungsgebiete für mineralische Ersatzbaustoffe eröffnet werden.

Zur Untersuchung der groß-technischen Verdichtbarkeit von mineralischen Ersatzbaustoffen, ihrer Eigenschaften im Feld sowie zur Anwendbarkeit indirekter Prüfverfahren wurden im Rahmen des aktuellen Forschungsvorhabens Probefelder aus RC-Baustoffen und industriellen Nebenprodukten mit konventionellen Erdbaugeräten erstellt und mit direkten (Volumenersatzverfahren, radiometrischer Sonde) und indirekten (statischer und dynamischer Plattendruckversuch, Flächendeckende Dynamische Verdichtungskontrolle) Prüfverfahren beprobt (Bild 5). Die Ergebnisse zeigten (vgl. Huber; Heyer, 2018a und Huber; Heyer, 2018b), dass mineralische Ersatzbaustoffe auch nach großtechnischer Verdichtung erdbautechnisch geeignet sind und dass sowohl direkte Prüfverfahren bei Beachtung verfahrensspezifischer Unsicherheiten als auch indirekte Prüfverfahren bei Beachtung materialcharakteristischer Besonderheiten bei mineralischen Ersatzbaustoffen anwendbar sind. So bestehen bei den Volumenersatzverfahren Schwierigkeiten bei der korrekten Ermittlung des ausgehobenen Volumens und bei der radiometrischen Sonde können enthaltene Metalle zu Fehlern in der Dichte- und Wassergehaltsbestimmung führen. Im statischen Plattendruckversuch werden bei Anwendung der Richtwerte zur Verdichtungskontrolle nach ZTV E-StB 17 zwar ausreichend hohe Ev2-Werte erreicht, doch führen niedrige Ev1-Werte zu Verhältniswerten Ev2/Ev1 oberhalb der angegebenen Richtwerte. Die mit dem dynamischen Plattendruckversuch bestimmten Evd-Werte liegen dagegen meist deutlich unterhalb der Richtwerte nach ZTV E-StB 17.

Bild 5: Im Rahmen des aktuellen Forschungsprojektes erstelltes Probefeld aus Elektroofenschlacke

Die Untersuchungen zum Einfluss materialcharakteristischer Besonderheiten auf das Scher- und Kompressionsverhalten zeigten, dass kantige mineralische Ersatzbaustoffe hohe Scherfestigkeiten besitzen. Zudem weisen sie im Kompressionsversuch bei der Erstbelastung eine vergleichsweise hohe Kompressibilität auf, während sie bei der Wiederbelastung vergleichsweise steif reagieren. Zudem wurde festgestellt, dass es bei signifikanten Anteilen an Beton in Anwesenheit von Wasser zu Verfestigungsprozessen kommen kann, die Einfluss auf der Scher- und Kompressionsverhalten besitzen. So können die Verfestigungsprozesse in einer vergleichsweise hohen Kohäsion resultieren und die Kompressibilität des Materials vermindern (vgl. Huber, 2018).

Allgemein bleibt festzustellen, dass mineralische Fremdbestandteile in einem Boden in den meisten Fällen eine mechanische Verbesserung des Bodens darstellen. 

4.3 Entwicklung von Materialien zur Herstellung dauerhaft standfester Bankette

Als „Bankett“ wird der unmittelbar neben der Fahrbahn oder dem Standstreifen liegende Teil der Straße bezeichnet. Er dient der seitlichen Unterstützung der Fahrbahn und der Ableitung von Straßenoberflächenwasser. Bei der Herstellung von Banketten und den dabei zu verwendenden Materialien sind grundsätzlich zwei wesentliche und gleichzeitig gegensätzliche Anforderungen zu erfüllen. Einerseits müssen Bankette eine dauerhafte, witterungsunempfindliche Tragfähigkeit aufweisen, damit abkommende Fahrzeuge, darunter schwere Lkw, nicht einsinken und verunfallen. Dies wird durch einen gewissen Kiesanteil der Baustoffe erreicht.

Andererseits müssen Bankette zum Schutz des Bodens und des Grundwassers eine gewisse Retentionswirkung der Schadstoffe gewährleisten, was durch mechanische Filtration und damit durch Sand-Feinanteile erreicht wird. Sind diese Anteile zu hoch, führt dies allerdings zu einer verringerten Standfestigkeit und Tragfähigkeit (Hillmann; Kocher, 2013). Die Entwicklung von konkreten Vorgaben für Baustoffe zur Herstellung standfester Bankette, die eine dauerhafte Tragfähigkeit bei gleichzeitiger Schadstoffretention gewährleisten, besitzt somit eine besondere Bedeutung. Durch die Einbeziehung von Sekundärbaustoffen kann überdies ein maßgeblicher Beitrag zur Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft geleistet werden.

Erste Untersuchungen zur Optimierung von Bankettmaterialien und Entwicklung konkreter Vorgaben wurden am Zentrum Geotechnik der TU München im Rahmen des Forschungsvorhabens „Baustoffe für standfeste Bankette“ (Koukoulidou; Heyer et al., 2017) durchgeführt.

Ziel des Forschungsvorhabens war es, ein geeignetes Kriterium für die Zusammensetzung der Bankette zu definieren, wobei der Schwerpunkt auf die Tragfähigkeit gelegt wurde. Hierzu wurden experimentelle Untersuchungen an Gemischen von natürlichen Böden (ungebrochene- und gebrochene Gesteinskörnungen) und Sekundärbaustoffen (RC-Betonbruch) mit unterschiedlichen Fein- und Oberbodenanteilen zur Ermittlung des optimalen Feinkorn- bzw. Oberbodenanteils durchgeführt. Die Untersuchungen umfassten Laborversuche zur Verdichtbarkeit, Tragfähigkeit (CBR) sowie Durchlässigkeit und wurden durch Versuche im Technikumsmaßstab ergänzt.

Die Ergebnisse deuteten darauf hin, dass bei einer Begrenzung des Feinkornanteils auf höchstens 15 M.-% und bei einem Verdichtungsgrad DPr ≥ 100 % statische Verformungsmoduln Ev2 ≥ 60 MN/m2 bzw. dynamische Verformungsmoduln Evd ≥ 30 MN/m2 erreicht werden können. Bei einer weiteren Begrenzung des Feinkornanteils auf maximal 13 M.-% sind gemäß den Ergebnissen den Forschungsvorhabens Tragfähigkeitswerte Ev2 ≥ 80 MN/m2 und Evd ≥ 40 MN/m2 erreichbar. Gleichzeitig zeigten die Versuche zur Durchlässigkeit, dass die geforderte schwache Durchlässigkeit (k < 10-6 m/s) bei Feinkornanteilen > 15 M.-% unabhängig von der Art den Feinkornanteils erreicht werden konnte, bei Mischungen mit Oberboden bereits ab 10 M.-%. Gleichzeitig wurden vom Institut für Ökologie der TU Berlin im Rahmen des Forschungsvorhabens „Untersuchungen zur Optimierung von Schadstoffrückhalt und Standfestigkeit von Banketten“ (vgl. Werkenthin; Kluge et al., 2018) Untersuchungen zum Schadstoffrückhalt von unterschiedlichen Bankettmaterialien durchgeführt. Dazu wurden u. a. Bankettlysimeter an der BAB A 115 errichtet. Die Ergebnisse der durchgeführten Labor- und Felduntersuchungen haben gezeigt, dass ein ausreichender Schadstoffrückhalt bereits bei einem vergleichsweise geringen Feinkornanteil von mindestens 5 % gewährleistet ist. Die Ergebnisse der beiden vorgenannten Forschungsvorgaben fanden Berücksichtigung in der Neufassung der ZTV E-StB 17. Zur Herstellung standfester Bankette werden in den ZTV E-StB 17 demnach schwach durchlässige, gemischtkörnige Böden und Baustoffe sowie Baustoffgemische der Bodengruppen GU und GT mit einem Größtkorn von 32 mm gefordert, deren Feinkornanteil im eingebauten Zustand zwischen 8 M.-% und 12 M.-% betragen soll. Der Einbau soll zudem gleichmäßig in Lagen von höchstens 30 cm dicke erfolgen und ein Verdichtungsgrad von DPr ≥ 100 % erreicht werden. Auf der Oberfläche der Bankette ist überdies ein Verformungsmodul Ev2 ≥ 80 MN/m2 bzw. Evd ≥ 40 MN/m2 nachzuweisen.

Die in den ZTV E-StB 17 enthaltenen Anforderungen an die Verformungsmoduln sind für den Zustand unmittelbar nach Einbau maßgebend. Im Rahmen des Forschungsvorhabens „Baustoffe für standfeste Bankette“ konnte jedoch nicht geklärt werden, wie sich die für Bankette in Frage kommenden Materialien mit einem Feinkornanteil zwischen 8 % und 12 % dauerhaft, das heißt nach mehreren Trocken-Nass-Zyklen und Frost-Tau-Wechseln, verhalten. Zudem wurden ausschließlich sandarme Mischungen betrachtet.

Diese Fragestellungen werden daher aufbauend auf dem Forschungsvorhaben „Baustoffe für standfeste Bankette“ derzeit in dem Forschungsvorhaben „Anforderungen an Baustoffe für schwach durchlässige, dauerhaft tragfähige, ungebundene Bankette“ beleuchtet. Neben der Berücksichtigung sandreicher Mischungen und der Bearbeitung der Fragestellung, wie sich die Tragfähigkeit der Bankettmaterialien mit oben genannter Zusammensetzung nach Witterungsbeanspruchung (Verhalten bei Frost-Tau- und Feucht-Trocken-Wechseln) verhält, soll auch geklärt werden, welchen Einfluss die Querneigung von Banketten (6 % bzw. 12 %) auf die Durchführung und die Ergebnisse von statischen und dynamischen Plattendruckversuchen besitzt.

Untersuchungen zur Eignung von aufbereiteten Baurestmassen als Bankettmaterialien fanden auch im Rahmen des derzeit am Zentrum Geotechnik bearbeiteten Forschungsvorhabens „Substitution von natürlichen mineralischen Baustoffen durch Ersatzbaustoffe im Erd- und Tiefbau“ statt. Dabei wurde zunächst ein RC-Mix 0/32 (Bauschuttgemisch) mm entsprechend den Vorgaben an den Baustoff zur Herstellung standfester Bankette der ZTV E-StB 17 aufbereitet und anschließend im Labor im Sinne einer Eignungsprüfung beprobt. Nach erfolgreicher Eignungsprüfung im Labor wurde im Rahmen eines Feldversuches überprüft, ob der geforderte Verdichtungsgrad (DPr ≥ 100 %) mittels konventioneller Verdichtungstechnik großtechnisch erreicht werden kann und ob mit dem RC-Mix 0/32 mm auch die Anforderungen an die Steifigkeit (Ev2 ≥ MN/m2 bzw. Evd ≥ 40 MN/m2) erfüllt werden können. Da auch in den Feldversuchen die Eignung des Materials zur Herstellung standfester Bankette bestätigt werden konnte, wurden im Rahmen des Neubaus der Staatsstraße St 2251 zwischen Hollerstetten und Velbug im Landkreis Neumarkt in der Oberpfalz schließlich die Bankette in einem mehrere hundert Meter langen Abschnitt aus RC-Mix 0/32 mm ausgeführt (Bild 6). Als Material für die restlichen Bankette wurde ein Kalksteinschotter verwendet. Die Prüfung der so ausgeführten Bankette ergab, dass die Anforderungen an die Steifigkeit der Bankette sowie an den Verdichtungsgrad sowohl in den Bereichen, die aus RC-Mix als auch aus Kalksteinschotter ausgeführt wurden, nicht erreicht werden konnte. Dies wurde jedoch bei beiden Materialien auf die nicht ausreichende Verdichtung der Bankette zurückgeführt.

Bild 6: Aus RC-Mix 0/32 mm ausgeführtes Bankett an der Staatsstraße St 2251 unmittelbar nach Einbau (links) und nach sechs Monaten Liegezeit (rechts) 

5 Zusammenfassung und Ausblick

Die Notwendigkeit eines nachhaltigen Umgangs mit den uns zur Verfügung stehenden natürlichen Ressourcen erfordert insbesondere auch im Erdbau als einen besonders ressourcenintensiven Wirtschaftsbereich eine effiziente Materialverwendung. Eine ressourcenschonende und nachhaltige Materialverwendung im Erdbau bedingt, die bei Baumaßnahmen anfallenden mineralischen Aushubmassen, die bei Rück- oder Umbaumaßnahmen von Infrastruktur und Gebäuden anfallenden Baurestmassen sowie die bei industriellen Prozessen anfallenden industriellen Nebenprodukten in erster Linie als Baustoffe zu betrachten und möglichst umfangreich, ortsnah und hochwertig wiederzuverwenden. Die Deponierung von Erdbaustoffen ist gleichzeitig weitgehend zu vermeiden.

Zwingende Voraussetzung dabei ist es, dass einerseits die bautechnischen Anforderungen an die Standsicherheit und Gebrauchstauglichkeit der erstellten Bauwerke gewährleistet werden. Andererseits müssen dabei natürlich auch die umweltbezogenen Anforderungen zum Schutz der Ressourcen Wasser und Boden berücksichtigt werden. Für eine möglichst umfangreiche Wiederverwendung der potenziellen Erdbaustoffe ist die Abstimmung der erdbautechnischen und umweltbezogenen Regelwerke die wesentliche Grundvoraussetzung.

In Anbetracht der Tatsache, dass auch weiterhin enorme Mengen mineralischer Massen anfallen werden, sind nach wie vor enorme Anstrengungen im Hinblick auf eine nachhaltige und ressourcenschonende Materialverwendung im Erdbau notwendig. Neben den im Rahmen dieses Beitrages genannten Erdbaustoffen stellen im Hinblick auf die Tendenz, Verkehrswege unterirdisch zu bauen, in deren Zuge vermehrt innerstädtischer Bodenaushub anfallen wird, zukünftig besondere Herausforderungen dar. Die Frage der Wiederverwendung mineralischer Restmassen ist häufig weniger eine Frage des Könnens und der technischen Machbarkeit als vielmehr eine Frage des Wollens und der Wirtschaftlichkeit ist. 

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