FGSV-Nr. FGSV B 33
Ort Berlin
Datum 19.06.2019
Titel Grinding – Die neue Technik für leise und ebene Fahrbahnen
Autoren Dipl.-Ing. Tim Alte-Teigeler
Kategorien Betonstraßen
Einleitung

In Deutschland wird Grinding hauptsächlich zur Verbesserung von Ebenheit und Griffigkeit auf Betonfahrbahnen eingesetzt. Das BMVI fördert Forschungsprojekte, die die Verbesserung der Lärmminderung von Betonfahrbahnen zum Ziel haben. In mehreren Projekten wurde das Lärmminderungsvermögen von Betonfahrbahnen mit Grindingtexturen untersucht. Diese beinhalten Simulationen, Laboruntersuchungen und Feldversuche. Basierend auf den Ergebnissen der Simulationen wurden im Labor Probekörper mit unterschiedlichen Grindingtexturen hergestellt. Sowohl die Betonzusammensetzung als auch die Breite und die Abstände der Diamantscheiben wurden variiert. Es stellte sich heraus, dass diese Parameter einen signifikanten Einfluss auf die Lärmemissionen haben. In der Praxis wurden die Lärmemissionen zahlreicher gegrindeter Autobahnabschnitte gemessen. Dies führte zu der Erkenntnis, dass Grindingtexturen gute und dauerhafte Lärmminderungseigenschaften aufweisen. Auf mehreren Neubaustrecken wurden Testfelder mit Grindingtexturen angelegt, bei denen die Breiten und die Abstände zwischen den Diamantscheiben basierend auf den Laborergebnissen variiert wurden. Ziel war es, die Textur für die Lärmminderung zu optimieren. Es wurde der Schluss gezogen, dass das Grindingverfahren eine gute Alternative zur derzeitigen Standardbauweise Waschbeton darstellt, wenn es um die Herstellung lärmarmer Fahrbahnoberflächen geht. Neueste Erkenntnisse weisen darauf hin, dass Grindingoberflächen auch den Rollwiderstand senken und somit der Spritverbrauch und die CO2-Emissionen reduziert werden können.

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1 Einleitung

Die Textur von Fahrbahnoberflächen beeinflusst das Reifen-Fahrbahn-Geräusch signifikant. Dies betrifft sowohl die mechanische Anregung der Reifen als auch den aerodynamischen Prozess zwischen Reifen und Fahrbahn, die maßgeblich zur Lärmentwicklung beitragen. In Deutschland wird Grinding seit vielen Jahren erfolgreich zur Verbesserung von Griffigkeit und Ebenheit auf Betonfahrbahndecken eingesetzt. Es wurde beobachtet, dass Grinding auch positive Auswirkungen auf die Lärmemissionen hat. Es ist jedoch noch nicht bekannt, welche Grindingtextur bezüglich Lärmreduzierung optimal ist. In verschiedenen Forschungsprojekten wurde der Einfluss unterschiedlicher Parameter auf die Oberflächeneigenschaften von Betonfahrbahndecken mit Grindingtextur untersucht (z. B. Villaret, 2013).

2 Grinding und Grooving

Beim Grinding handelt es sich um ein abtragendes Verfahren zur Texturierung von Festbeton. Zur Herstellung von Grindingtexturen wird eine rotierende Welle mit eng nebeneinander montierten Diamantscheiben über die Betonoberfläche geführt. Hierbei werden in der Regel etwa drei bis fünf Millimeter abgetragen. Die Breite der mit Diamanten besetzten Segmente, die am Rand der Diamantscheiben fixiert sind, kann variiert werden. Der Abstand zwischen den einzelnen Diamantscheiben auf der Welle wird durch Distanzscheiben definiert und ist ebenfalls variabel. Die Grindingtextur besteht aus Rillen und Stegen, dem Bereich, der zwischen zwei benachbarten Rillen liegt. Die Rillenbreite wird über die Segmentbreite der Diamantscheiben definiert. Aus der Wahl der Distanzscheiben folgt die Breite der Stege. Das Bild 2 zeigt eine Grindingwelle (a) und eine typische Oberflächentextur beim Grindingverfahren (b).

Bild 1: Anordnung von Diamantscheiben

Bild 2: Grindingwelle (links), typische Grindingtextur (rechts)

Beim Grooving wird ebenfalls eine rotierende Welle mit Diamantscheiben über die Betonoberfläche geführt. Im Gegensatz zum Grinding sind die Diamantscheiben jedoch weiter als zehn Millimeter voneinander entfernt. Die Tiefe der Rillen beträgt ca. drei bis sechs Millimeter. Grooving wird hauptsächlich zur Verbesserung der Drainagekapazität von Fahrbahnoberflächen eingesetzt.

Bild 3: Groovingtextur

3 Grinding in Deutschland

In der Vergangenheit kamen Maschinen mit einer Wellenbreite von 80 bis 100 cm zum Einsatz, um Grindingtexturen herzustellen. Moderne Geräte weisen eine Wellenbreite von bis zu 150 cm auf. Die größere Breite steigert die Tagesleistung und reduziert die Anzahl der Überlappungsbereiche zwischen den einzelnen Bahnen. Diese führen zu Inhomogenitäten in der Oberfläche und somit zu veränderten Oberflächeneigenschaften. Zur Gewährleistung der Ebenheit der Oberfläche wird die Höheneinstellung der Welle über mehrere Sensoren kontinuierlich überwacht. Um ein Aufschwimmen der Welle bei hohen Vorschubgeschwindigkeiten zu verhindern, muss die Maschine eine ausreichende Last auf die Welle übertragen. Der entstehende Schneidschlamm wird über Absaugvorrichtungen direkt an der Schneidwelle aufgenommen und über Unterdrucksaugwagen von der Baustelle entfernt. Hierdurch ist eine zusätzliche Reinigung der Fahrbahn nicht erforderlich und der Verkehr kann unmittelbar nach dem Grinding wieder freigegeben werden.

Bild 4: Grinding in Deutschland

4 Untersuchung der Oberflächeneigenschaften bestehender Grindingstrecken

In den Jahren 2010 und 2011 wurden mehrere Streckenabschnitte von Betonfahrbahndecken mit Grindingtexturen durch die BASt begutachtet. Im Rahmen von Erhaltungsmaßnahmen wurden diese Abschnitte aufgrund mangelnder Ebenheit oder Griffigkeit gegrindet. Zur Ermittlung des Potenzials zur Lärmminderung wurden die akustischen Eigenschaften mittels statisti-scher Vorbeifahrt (SPB) und Nahfeldmethode (CPX) bestimmt. Das Bild 5 zeigt die Ergebnisse der SPB-Messung bei einer Geschwindigkeit von 120 km/h. Verglichen mit dem Referenzwert von 85,2 dB(A) gemäß RLS-90 wiesen die gemessenen Autobahnabschnitte eine Lärmreduzierung von 2,4 bis 3,0 dB(A) auf.

Bild 5: SPB-Messung von Grindingstrecken (BASt)

Tabelle 1: Griffigkeitsmessungen auf Grindingoberflächen (BASt)

Grindingtexturen lagen zwischen einem und zehn Jahren. Für Neubaustrecken gilt bei der Griffigkeit der Anforderungswert von mindestens 0,46 μSKM (80 km/h). Zum Ende der Verjährungsfrist wird ein Wert von 0,40 μSKM (80 km/h) gefordert. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sämtliche Strecken hohe Griffigkeitswerte aufwiesen, die die Anforderungswerte deutlich übertreffen.

5 Laboruntersuchungen

Für die Versuche im Labormaßstab wurde eine spezielle Labor-Grindingmaschine entwickelt. Sie nutzt die üblichen Diamant- und Distanzscheiben, wie sie auch in der Praxis zum Einsatz kommen. Mit der Maschine können kleinere Betonprobekörper texturiert werden. Dies ermöglicht eine einfache Variation zahlreicher Parameter wie beispielsweise dem Scheibenabstand.

Die ersten Versuche wurden an Mörtelprobekörpern durchgeführt um ebene Oberflächen zu erhalten und den Einfluss von grober Gesteinskörnung auf die Textur auszuschließen. Es wurde die Dicke der Distanzscheiben variiert, um den Einfluss dieses Parameters auf die Texturgeometrie und somit auf die Geräuschentwicklung zu bestimmen. Die Distanzscheiben waren zwischen 1,0 mm und 20,0 mm breit. Die Segmentbreite wurde mit konstant 3,2 mm gewählt und die Schnitttiefe betrug drei Millimeter. Das Bild 6 zeigt die Textur der Mörtelprobekörper.

Zur Beurteilung der Lärmminderungseigenschaften der Oberflächen wurde die Textur mittels Laserprofilometer vermessen. Weiterhin wurde der durch die Oberflächentextur bedingte Strömungswiderstand nach DIN EN 29053 bestimmt.

Bild 6: Mörtelprobekörper mit variierter Breite der Distanzscheiben d

Diese Ergebnisse lieferten die Eingangsgrößen zur Abschätzung der zu erwartenden Lärmentwicklung mittels des SPERoN® Models. SPERoN (Statistical Physical Explanation of Rolling Noise) ist ein Simulationswerkzeug zur Vorhersage des Einflusses von Fahrbahneigenschaften auf das Reifen-Fahrbahn-Geräusch.

Der Schalldruckpegel LCPB,calc wird über die Texturtiefe und den texturbedingten Strömungswiderstand berechnet. Hierbei handelt es sich um den zu erwartenden Lärmpegel bei der Vorbeifahrt am Messort 7,5 m von der Achse des gemessenen Fahrstreifens in einer Höhe von 1,2 m. Der berechnete Wert ähnelt den Messergebnissen mittels SPB, wobei beachtet werden muss, dass im SPERoN-Modell der Einfluss der Motorengeräusche nicht enthalten ist. Weiterhin ist das Model für anisotrope Oberflächen (unterschiedliche Textur in Längs- und Querrichtung) nicht validiert. Das Bild 7 zeigt den texturbedingten Strömungswiderstand und den berechneten Schalldruckpegel LCPB,calc bei unterschiedlichen Distanzscheibenbreiten. Die Schalldruckpegel wurden für den Reifentyp Michelin Energy 3A mit einer Breite von 195 mm und eine Geschwindigkeit von 120 km/h berechnet.

Bild 7: Strömungswiderstand und berechneter Schalldruckpegel der Probekörper

6 Teststrecken

Im Rahmen eines Forschungsprojektes wurden Teststrecken mit unterschiedlichen Grindingtexturen ausgeführt. Die Texturen wurden auf Basis der Laborergebnisse gewählt. Eine Teststrecke lag auf der BAB A 13 bei Mittenwalde. Aufgrund schlechter Griffigkeitswerte wurde die zwölf Jahre alte Betondecke auf dem ersten Fahrstreifen gegrindet und gegrooved. Zur Ermittlung des Einflusses auf die Oberflächeneigenschaften wurde der Abstand der Groovingrillen variiert (Tabelle 2). Das Bild 8 (a) zeigt beispielhaft eine Oberfläche mit einer Grinding-Grooving-Kombination mit einem Abstand der Groovingrillen von 20 mm. Unabhängig vom Abstand der Groovingrillen wies die Strecke Griffigkeitswerte auf, die deutlich über dem Anforderungswert für Neubaustrecken (0.46 μSKM) lagen (Bild 8 (b)). Auf dem Abschnitt mit dem Groovingrillenabstand 10 mm wurden die besten Griffigkeitswerte ermittelt. Es darf angenommen werden, dass die Drainagekapazität hier am besten ist und somit auch die Griffigkeit verbessert wird.

Tabelle 2: Texturen auf der BAB A 13

Bild 8: (a) Grinding und Grooving, Groovingabstand 20 mm (Quelle: VKI) (b) Griffigkeit (SKM) bei unterschiedlichen Groovingabstand

Die Lärmeigenschaften wurden mittels der Methode der kontrollierten Vorbeifahrt (CPB) gemessen. Die Werte können nicht direkt mit denen aus SPB-Messungen gleichgesetzt werden. Sie geben aber einen Hinweis darauf, in welchem Bereich die SPB-Ergebnisse voraussichtlich liegen.

Bild 9: Einfluss des Groovingabstandes auf die Geräuschentwicklung (CPB)

Das Bild 9 zeigt, dass die Lärmemissionen mit wachsendem Abstand der Groovingrillen abnehmen. Dies ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass aufgrund des größeren Abstandes der Kanäle der Luft weniger Möglichkeit gegeben wird, durch diese zu strömen. Hierdurch wird der aerodynamische Anteil des Lärmes reduziert. Bei dem Groovingrillenabstand von 20 mm betrug der Lärmpegel 80,90 dB(A). Verglichen mit dem Referenzwert von 85,2 dB(A) (für SPB-Messung) bedeutet dies eine Lärmreduzierung von 4,3 dB(A). Da die CPB-Messung mit einem repräsentativen Reifen durchgeführt wurde, kann angenommen werden, dass die untersuchte Textur eine Lärmminderung von ca. 4 dB(A) liefern kann.

7 Zusammenfassung und Ausblick

Bisher wurde Grinding hauptsächlich zur Verbesserung von Griffigkeit und Ebenheit eingesetzt. Untersuchungen in der Praxis haben gezeigt, dass Grinding eine gute Alternative zum Waschbeton zur Herstellung dauerhafter, lärmreduzierender Fahrbahnoberflächen darstellt. In verschiedenen Forschungsprojekten wurde der Einfluss der Variation von Diamantscheiben und Abständen auf Lärmentwicklung und Griffigkeit von Oberflächen untersucht. Die Laboruntersuchungen zeigen, dass die Lärmminderung bei feinen Texturen mit geringeren Abständen besser ist. Andererseits ist eine ausreichende Rauheit erforderlich, um gute Griffigkeitswerte zu erreichen. Dies kann über ein zusätzliches Grooving realisiert werden. Auf Basis der Laborergebnisse wurden Teststrecken angelegt. Hier wurde gezeigt, dass Grindingoberflächen gute Griffigkeitswerte aufweisen und die Lärmminderung um -4dB(A) liegen kann. Voraussichtlich wird das Grindingverfahren in der neuen Fassung der ZTV Beton-StB als eine Möglichkeit zur Texturierung von Neubaustrecken aufgenommen.

Es gibt jedoch noch weiteren Forschungsbedarf. Zum einen steht immer noch nicht fest, welche Texturgeometrie bezüglich Lärm- und Griffigkeitseigenschaften die optimale darstellt. Zum anderen ist der Einfluss von Grindingtexturen auf den Rollwiederstand interessant, da anzunehmen ist, dass Treibstoffeinsparung und somit auch die Reduzierung der CO2-Emissionen ein weiterer positiver Aspekt von Grindingoberflächen sein kann.

Literaturverzeichnis

DIN EN 29053: Acoustics; materials for acoustical applications; determination of airflow resistance (ISO 9053:1991); German version EN 29053:1993

RLS-90: Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen. Ausgabe 1990. Bundesministerium für Verkehr, Bonn, Berichtigte Fassung 1992

SPERoN: http://www.speron.net/

Villaret, S.; Beckenbauer, Th.; Schmidt, J.; Pichottka, S.; Alte-Teigeler, R.; Frohböse, B.; Alber, S. (2011): Forschungsbericht zu FE 08.0210/2010/ORB: Untersuchung der lärmtechnischen Eigenschaften von Betonfahrbahndecken mit Grinding-Oberflächen. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, vertreten durch die Bundesanstalt für Straßenwesen, Hoppegarten, Deutschland, November 2011

Villaret, S.; Altreuther, B.; Beckenbauer, Th.; Frohböse, B.; Skarabis, J. (2013): Forschungsbericht zu FE 08.0211/2011/OGB Akustische Optimierung von Betonoberflächen durch Texturierung des Festbetons mit verbesserten Grinding-Verfahren. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, vertreten durch die Bundesanstalt für Straßenwesen, Hoppegarten, Deutschland, April 2013