FGSV-Nr. FGSV B 29
Ort Würzburg
Datum 17.09.2009
Titel Betonstraßenbau in Ungarn
Autoren Dr.-Ing. Jürgen Huber
Kategorien Betonstraßen
Einleitung

Das Fernstraßennetz der Republik Ungarn verläuft sternförmig zur bzw. von der Hauptstadt Budapest. Die einzelnen Autobahnen werden durch einen Autobahnring um die mit großem Abstand bevölkerungsreichste Stadt des Landes verknüpft. Dieser Ring mit der Bezeichnung M0 wurde bzw. wird aufgrund des hohen und stark steigenden Verkehrsaufkommens in dieser Region in Betonbauweise ausgeführt und stellt momentan die einzige Verkehrsfläche aus Beton für Kraftfahrzeuge in diesem Land. Geschuldet ist dies vor allem den schlechten Erfahrungen in den 1970er Jahren des letzten Jahrhunderts, als die Autobahn M7 betontechnologisch und konstruktiv mangelhaft ausgeführt wurde und damit Grund für kontinuierliche und teure Instandsetzungsmaßnahmen war und schließlich vor einigen Jahren komplett mit Asphalt überbaut wurde. Der Ringschluss der M0, sowie der komplette Ausbau des Fernstraßennetzes des Landes, sollen bis zum Jahr 2015 erfolgen.

 

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Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1     Geografische Lage und Bevölkerung

Die Republik Ungarn ist ein Binnenstaat in Mitteleuropa mit ca. 10 Mio. Einwohnern. Die mit Abstand größte Stadt des Landes ist die Hauptstadt Budapest, in der ca. 1,7 Mio. Menschen leben. Entsprechend der Größe kommt ihr politische, wirtschaftliche und infrastrukturelle Bedeutung zu. Unterzentren wie Debrecen, Györ, Pecs und Szeged haben eine Größe zwischen 130 000 und 220 000 Einwohnern. Seit 1918 ist Ungarn politisch eigenständig und seit 2004 Mitglied der EU. Ungarn grenzt im Westen an Österreich und Slowenien, im Norden an die Slowakei, im Osten an die Ukraine und Rumänien und im Süden an Serbien und Kroatien (Bild 1).

Bild 1: Geografische Lage der Republik Ungarn [5]

2     Infrastruktur

Im Gegensatz zum gut ausgebauten Fernstraßennetz in Westeuropa, befindet sich die Infrastruktur in den ehemaligen Staaten des Ostblocks noch im Aufbau. Gleichwohl kommt ihnen eine enorme Bedeutung bezüglich des steigenden Transitverkehrs zu.

Die Autobahnen des Landes verlaufen sternförmig auf Budapest zu und werden über einen Autobahnring verknüpft (Bild 2). Die Bezeichnung der Autobahnen erfolgt im Uhrzeigersinn mit M1 bis M7, der Autobahnring ist mit M0 gekennzeichnet.

Strategisch von Bedeutung und bereits weitgehend ausgebaut sind die Autobahnen M1 von Bratislava/Wien nach Budapest und weiter die M5 von Budapest in Richtung Szeged bzw. in Richtung Serbien, sowie die M7 von Budapest über den Plattensee (Balaton) nach Kroatien und auf der entgegengesetzten Seite im Nordosten in Richtung Ukraine bzw. den jeweiligen Unterzentren.

Bild 2: Lage Republik Ungarn und Fernstraßennetze [1]

Ungarn besitzt eine gute ÖPNV-Infrastruktur. Nahezu jede Gemeinde ist an ein gut ausgebautes Busnetz angeschlossen. In Budapest gibt es einen internationalen Flughafen (Ferihegy) und im Land vier weitere regionale. Das System des Schienennetzes entspricht dem Straßennetz mit einer sternförmigen Anordnung um Budapest.

3     Verkehrsaufkommen und Ausbau des Straßennetzes

Eine Verkehrsanalyse für das Jahr 2015 (Bild 3) ergab eine starke Verkehrsbelastung auf der M1 Wien/Budapest und der M0 um Budapest und den angeschlossenen Autobahn-stücken.

Bild 3: Verkehrsbelastung 2015 (rot: „R“ – sehr hoch; lila: „K“ – mittel; grün: „E“ – gering) [3]

Im Ausbau befinden sich zurzeit die M2 in Richtung Norden, die Weiterführung der M3 und M6 an die Landesgrenzen sowie die M4 in Richtung Rumänien. Neu hinzukommen sollen bis zum Jahr 2015 im Wesentlichen zwei Ost-West-Tangenten in Höhe des Plattensees (je eine nördlich, eine südlich) sowie der Ringschluss des Rings M0 (Bild 4).

Die Tangenten M8 bzw. M9 dienen der Entlastung der M1 bzw. des Autobahnrings M0.

Bild 4: Autobahnausbau, Stand 2008 (blau: fertig gestellt; rot: im Bau; gelb: geplant) [2]

4     Historie und Bauweisen

Bereits im Jahr 1911 wurde ein kurzes Stück (Länge: 150 m, Breite: 6 m) in Betonbauweise ausgeführt, im Jahr 1927 folgte dann eine mehrere km lange Teststrecke (15 bis 17 km) in unterschiedlichen Ausführungsvarianten (Bild 5).

Bild 5: Bauvarianten (oben) und Ausführung (unten) im Jahr 1927 [4]

In den Jahren 1934 bis 1944 wurden 700 km Betonstraßen mit einer Dicke von 13 cm gefertigt. Bis 1976 entstanden insgesamt 1 880 km in Betonbauweise. Im Jahr 1965 betrug der Anteil der Betonbauweise am Gesamtstraßennetz 5 %. Dieser erhöhte sich durch den Bau der M7 (siehe Abschnitt Betonfahrbahnen), betrug jedoch im Jahr 2004 nur noch 0,2 %, was dem Anteil der Autobahn M0 zu diesem Zeitpunkt entspricht (Bild 6).

Mit einem Anteil von über 60 % dominiert die Asphaltbauweise den Straßenbau in Ungarn.

Bild 6: Verteilung der Bauweisen (grün: Beton; rot, Asphalt) [3]

5     Betonfahrbahndecken

Autobahn M7

Bereits im Jahr 1964 wurde mit dem Bau der Autobahn M7 von Budapest in Richtung Südwesten in Betonbauweise begonnen (Bild 7, oben). Der Ausbau der Strecke bis zum Plattensee erfolgte bis 1975. Jedoch wurde größtenteils auf eine Verdübelung der Platten verzichtet, da man zu dieser Zeit davon ausging, dass die Rissverzahnung der Plattenflanken für eine ausreichende Querkraftübertragung ausreiche. Zudem wurde auf einer Strecke von 30 km kein LP-Bildner eingesetzt. Die Folge waren Schäden (Bild 7, unten) und daraus resultierend sehr viele und kostenintensive Instandsetzungsmaßnahmen.

Bild 7: Bau der M7 (links) und erste Schäden (rechts) [2]

So wurde die Decke wiederholt mit Kunstharzbeschichtungen saniert und später mit einer dünnen Asphaltschicht instandgesetzt, ehe man sich im Jahr 2002 entschloss, die Beton-decke vor Ort zu zertrümmern und komplett mit Asphalt zu überbauen.

Autobahn M0

Aufgrund des gestiegenen Verkehrsaufkommens in und um Budapest herum, bedingt durch das Wachstum der Stadt und den Fall des Eisernen Vorhangs, entschloss sich die ungarische Regierung zum Bau eines geschlossenen 108 km langen Stadtringes in Betonbauweise. Im Endausbau fasst der Querschnitt in den meisten Abschnitten 2 x 3 Fahrstreifen plus Standstreifen. Bis dato sind die letzten Arbeiten im Gange, die Erschließung des Viertels im Nordosten folgt erst in den nächsten Jahren bis 2015 (Bild 8). Das vorhandene bergige Gebiet im Stadtteil Buda erfordert hier einen großen Anteil an Tunnel.

Bild 8: Ausbau des Stadtringes M0 [2]

Die Normen für Beton und Straßenbau entsprechen im Wesentlichen den Anforderungen der in Deutschland bzw. Europa geltenden Vorschriften. Ein typischer Streckenquerschnitt ist im Bild 9 dargestellt. Die Dicke des Betons beträgt hier stets 26 cm.

Bild 9: Typischer Querschnitt der M0 [6]

Beispielhaft sei hier eine Betonrezeptur für den Abschnitt 42+200 bis 59+800 angegeben: Zement 380 kg/m³, w/z=0.42, Sand 0/4, Basaltsplitt 2/32, LP, FM. Der Einbau erfolgte hier einschichtig, aber in zwei Lagen (18 cm + 8 cm) mit zwei Fertigern. Die für eine ausreichende Griffigkeit erforderliche Texturierung wurde mittels eines Stahlbesens eingebracht.

6     Ausblick

Es bleibt interessant, den Ausbau des Autobahnrings M0 zu verfolgen, dessen Ausbau noch einige technische Herausforderungen mit sich bringen wird. Die Erfahrungen, die man mit diesem Projekt machen wird, werden dazu führen, dass die Bauweise Beton zukünftig wohl wieder zum Einsatz kommen wird. An einigen Stellen werden entsprechende Projekte geplant bzw. bereits begonnen.

Literaturverzeichnis

  1. Screenshot von Google Earth, abgerufen am 24. 8. 2009
  2. www.nif.hu, abgerufen am 24. 8. 2009
  3. Keleti, I.: Az M0 autópálya 29-42 km közötti szakaszának betonburkolata, Tapasztalatok és tanulságok, Vortrag bei Maut
  4. Toth, J.: A betonburkolat beepites technologiajanak fejlödese, o.A.
  5. www.wikipedia.de, abgerufen am 27. 8. 2009
  6. Höfer, H.: Use of concrete in motorway construction, M0 Budapest (KM 42+200–59+800); Opatija, 2008