FGSV-Nr. FGSV B 29
Ort Würzburg
Datum 17.09.2009
Titel Betonfahrbahnen – Eine Erfolgsgeschichte am Beispiel der BAB A 11 in Brandenburg
Autoren Prof. Dr.-Ing. Randolf Anger
Kategorien Betonstraßen
Einleitung

Berlinka heißt heute die Vorkriegsautobahn, die die Reichshauptstadt mit Königsberg verbinden sollte. Die Idee kam vom Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen Dr.-Ing. Fritz Todt. Sein Vorhaben wurde sofort in die Tat umgesetzt. Der Bau begann in den Abschnitten Berlin-Stettin und Elbing-Königsberg. Den ersten Spatenstich machte Gauleiter Erich Koch am 12. Dezember 1933 bei Pomehrendorf (Pomorska Wieś).

Die BAB A 11 wurde im Rahmen des Reichsautobahnbaus 1936 dem Verkehr übergeben. Ein Teil dieser Autobahn (9 km Richtungsfahrbahn) liegt noch heute unter Verkehr, was einmalig in Deutschland ist. In den Jahren 2010 bis 2011 erfolgt die Erneuerung, des mittlerweile arg strapazierten letzten Teils der Reichsautobahn. Mit der Erneuerung des BAB A 11 Teilstücks zwischen Autobahndreieck „Kreuz Uckermark“ und der Landesgrenze Brandenburg/Mecklenburg-Vorpommern (bei Anschlussstelle Schmölln) verschwindet damit der letzte noch in Deutschland existierende Original-Streckenabschnitt der ehemaligen „Reichsautobahn“. Mehr als 73 Jahre steht somit die 1936 gebaute Beton-Fahrbahn inzwischen unter Verkehr.

Die Baulast der BAB A 11 im Bereich von Brandenburg umfasst 90,7 km (181,4 km Richtungsfahrbahn). Sie verläuft nordöstlich vom Berliner Ring – beginnend am heutigen „Dreieck Schwanebeck“ (früher „Bernauer Schleife“ genannt) in Richtung Mecklenburg-Vorpommern weiter bis zur polnischen Grenze und streift das Naturschutzgebiet der Schorfheide.

Der folgende Beitrag befasst sich mit der Geschichte der BAB A 11, der Ausgangssituation zum Anfang der 1990er Jahre, mit der konstruktiven Ausbildung der Reichsautobahn und mit den Erfahrungen bei der Instandsetzung und der Erneuerung. Die Aufgabe des Landes Brandenburg zu Beginn der 1990er Jahre bestand in der Wiederherstellung der Befahrbarkeit und in der Erneuerung des Autobahnnetzes, des Bundes- und des Landesstraßennetzes. Am Beispiel der BAB A 11 werden die verschiedenen Bauweisen aufgezeigt, die zur Anwendung kamen. So wird auf die Zwischenausbauvarianten in Asphaltbauweise und die grundhaften Erneuerungen in Asphalt- und Betonbauweise eingegangen. Speziell wird die Versuchsstrecke in Kompositbauweise angesprochen.

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Volltext

Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1    Geschichte der Reichsautobahn

1.1  Beginn des Projektes der „Reichsautobahnen“ [1; 2]

Bei der Eröffnung der „Internationalen Automobil- und Motorrad-Ausstellung“ in Berlin am 11. Februar 1933 verkündete Hitler die „Inangriffnahme und Durchführung eines großzügigen Straßenbauplanes“. Damit sollte ein modernes Verkehrssystem geschaffen und die Arbeitslosigkeit wirkungsvoll bekämpft werden. Es sollte das bestehende Reichsstraßennetz ausgebaut werden.

Im April 1933 wurden durch die „HAFRABA“ Planungen unterbreitet. Daraufhin verkündete Hitler am 1. Mai 1933 offiziell den Bau eines Reichsautobahnnetzes. Das „Urnetz“ der Reichsautobahn mit dem Stand 1934 ist auf dem Bild 1 ersichtlich.

Am 27. Juni 1933 wurde das „Gesetz über die Errichtung eines Unternehmens „Reichsautobahnen““ verabschiedet. Dieses Gesetz sah vor, ein Tochterunternehmen der Reichsbahn zu gründen, und diesem den Bau und Betrieb der Autobahn zu übertragen. Der Generaldirektor der Reichsbahn Dorpmüller wurde Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft „Reichsautobahnen“ und war für eine rasche Umsetzung der Pläne verantwortlich.

Bild 1: Das „Urnetz“ der „Reichsautobahnen“ mit Stand Januar 1934

Die Gründung der Gesellschaft „Reichsautobahnen“ als Tochter der Deutschen Reichsbahn erfolgte am 25. August 1933, nachdem am 18. August 1933 der Hafraba-Verein in die „Gesellschaft zur Vorbereitung der Reichsautobahnen e.V.“ (GeZuVor) umgewandelt worden war.

Aufgabe der Gezuvor war es:

  • Festlegung der Linienführung der Reichsautobahnen,
  • alle Arbeiten technischer, wirtschaftlicher, verkehrspolitischer und propagandistischer Natur zu leisten,

die dazu dienten, den Bau der Reichsautobahnen vorzubereiten und zu fördern. Willy Hof wurde zum Vorsitzenden des Vorstandes der Gezuvor gewählt. Um mit Planung der Reichsautobahnen in allen Teilen des Reichsgebietes gleichzeitig beginnen zu können, unterteilte die Gezuvor Deutschland in 11 Sektionen.

Die Gesellschaft „Reichsautobahnen“ unterstand der Aufsicht der Reichsregierung. Die Aufgaben wurden auf 15 Geschäftsstellen, die sogenannten „Obersten Bauleitungen der Kraftfahrbahnen“ verteilt. Dr.-Ing. Fritz Todt wurde bereits am 28. Juni 1933 zum „Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen“ ernannt.

Am 23. September 1933 erfolgte mit dem ersten Spatenstich (Bild 2) der Teilstrecke Frankfurt-Darmstadt der Anfang des Projektes der „Reichsautobahnen“. In den letzten Monaten des Jahres 1933 war der Umfang der Bauaktivitäten noch zögerlich. Maximal 3 900 Arbeiter waren mit dem Bau beschäftigt. Die eigentliche Arbeit am Netz der Reichsautobahnen begann erst am 21. März 1934, nachdem Hitler durch einen weiteren feierlichen Spatenstich für die Strecke München-Salzburg in Unterhaching bei München die sogenannte „Arbeitsschlacht“ eingeleitet hatte. Am gleichen Tag fanden an 22 Stellen Spatenstichfeiern zum Baubeginn von Reichsautobahnstrecken statt. Somit standen ca. 1 100 km Autobahnen in Bau.

Bild 2: Anfang des Projektes der Reichsautobahnen mit dem ersten Spatenstich der Teilstrecke Frankfurt-Darmstadt am 23. September 1933

1.2 Planung – Linienführung

Bei der Festlegung der Linienführung fanden landschaftliche Besonderheiten und Kulturdenkmäler besondere Berücksichtigung. Menschen, die die Reichsautobahnen benutzen, sollten die Schönheiten und Bauwerke ihres wieder erstarkten Vaterlandes „erfahren“. Dieser Richtlinie entsprechend nahm man bei der Projektierung auch Umwege in Kauf. Ebenfalls fanden bei der Festlegung des Streckenverlaufs auch persönliche Interessen und Wünsche einflussreicher Persönlichkeiten durchaus Berücksichtigung. Beispielsweise teilte Todt am 1. März 1934 mit, dass den „...Wünschen der Frau von Bismarck, die Autobahnlinie näher an das Gut Wollig heranzurücken...“ entsprochen worden ist. Auch die Wünsche von Regierungsmitgliedern bezüglich der Linienführung wurden erfüllt. Im Falle von Rudolf Heß wurde auf dessen Wunsch nicht nur die Strecke um einige hundert Meter verlegt, es wurde sogar eine inoffizielle Auf- und Abfahrtsmöglichkeit geplant. Die Linienführung der ersten Autobahnstrecken war unharmonisch. Lange Geraden wurden als Idealelement angesehen und Klothoiden zur fahrdynamischen Kurvenbemessung waren noch nicht üblich. Vorwiegend setzte man auf den Landschaftsbezug und Identität – die Autobahn wurde ein Teil der Landschaft und förderte die Akzeptanz der Anwohner und Nutzer. Diese waren stolz auf „ihre“ Autobahn. Dies wurde auch gezielt für propagandistische Zwecke in „Szene“ gesetzt, wie das Bild 3 verdeutlicht.

Bild 3: Picknick an der neuen Autobahn

Neben den genannten Gründen spielten aber auch Raum erschließende und strategische Fragen eine Rolle, wenn es darum ging, den Streckenverlauf der Reichsautobahnen festzulegen, wobei dem militärischen Aspekt keine allzu große Bedeutung beigemessen werden sollte.

In Deutschland (1927) waren zuerst nur breite Fahrbahnen ohne Mittentrennung vorgesehen. Später wurde dieser Querschnitt für wenig frequentierte End- und Gebirgsstrecken der Reichsautobahnen vorgesehen. 1931 waren schon 2 getrennte Fahrbahnen mit je 2 Fahrstreifen geplant. Für die ersten verwirklichten Reichsautobahnen wurde die Fahrstreifen-breite auf 3,75 m vergrößert und schmale befestigte Seitenstreifen vorgesehen. 1939 wurden die befestigten Seitenstreifen an der Außenseite schon so breit geplant, dass darauf Fahrzeuge abgestellt werden konnten, ohne in die Fahrstreifen zu ragen. Die Entwicklung des Autobahnquerschnittes ist im Bild 4 ersichtlich.

Bild 4: Entwicklung des Autobahnquerschnittes (1927 bis 1939)

1.3 Streckenentwicklung der Reichsautobahn

Nach dem eigentlichen Beginn am 21. März 1934 gingen die Arbeiten am Reichsautobahnnetz zügig voran. Am 19. Mai 1935 wurde das erste Teilstück zwischen Frankfurt und Darm- stadt mit einer Länge von 22 km dem Verkehr übergeben. Im September 1936 konnte die Fertigstellung der ersten 1 000 km gefeiert werden. Die Verkehrsfreigaben (Auszug) sind in der Tabelle 1 aufgeführt. Pro Jahr sollte das „Autobahnnetz“ um ca. 1 000 km wachsen, was aber nur von 1936 bis 1938 gelang.

Durch das „Gesetz zur Neuregelung der Verhältnisse der Reichsautobahnen“ und die „Dritte Durchführungsverordnung“ im Juli 1938 wurde Todt zum Vorsitzenden des Vorstandes der „Reichsautobahnen“ ernannt. Die Dienststellen der Gesellschaft waren nun unmittelbare Reichsbehörden und Todt hatte als „Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen“ in dieser Organisation weitgehende Befugnisse. Aber dennoch konnte er nicht verhindern, dass 1939 infolge der Kriegsvorbereitungen wichtige Ressourcen vom Autobahnbau abgezogen wurden. Der Baubetrieb erfuhr dadurch einen raschen und nachhaltigen Rückgang. Bald nach Kriegsbeginn konnte selbst mit dem Einsatz von Fremdarbeitern und Kriegsgefangenen der geplante Umfang der Bauarbeiten nur mit Mühe erreicht werden. Weitaus mehr Arbeitskräfte wurden in der Rüstung benötigt und zunehmend vom Autobahnbau abkommandiert. Nach Kriegsausbruch 1939 verschärfte sich die Situation und brachte schließlich die Bauarbeiten zum Erliegen.

Als die Bauarbeiten infolge der Kriegsauswirkungen Ende 1941 bis auf wenige Ausnahmen eingestellt wurden, hatten die „Reichsautobahnen“ eine Gesamtlänge von 3 896 km erreicht. Die Bauleistung der Jahre 1934 bis 1943 sind in der Tabelle 2 aufgeführt. Das Bild 5 dokumentiert den Ausbauzustand 1941.

Tabelle 1: Verkehrsfreigaben (Auszug)

Bild 5: Das erweiterte Netz „Reichsautobahnen“ und der Ausbauzustand Ende 1941

Tabelle 2: Streckenentwicklung der „Reichsautobahnen“

Wie abrupt die Arbeiten beendet wurden soll im Bild 6 verdeutlicht werden. Hier ist der Ausbauzustand im Bereich des Berliner Rings im Jahr 1940 dargestellt. Der Ring (A 10) ist nur zu drei Viertel geschlossen und umfasst die Strecke vom Stettiner Abzweig (Dreieck Schwanebeck) – Ost-Abzweig (Dreieck Spreeau) – Lausitzer-Abzweig (Schönefelder Kreuz) – AVUS-Abzweig (Dreieck Nuthetal) – Leipziger-Abzweig (Dreieck Potsdam) – Brandenburger Dreieck (heute Dreieck Werder) – bis Marquardt (heute AS Potsdam Nord). Die geplanten Bauleistungen sind rot gestrichelt dargestellt und wurden erst 1972 bis 1979 ausgeführt.

Bild 6: Ausbauzustand im Bereich des Berliner Rings im Jahr 1940

2  Ausgangssituation in Brandenburg

Die Ausgangssituation hinsichtlich der Altersstruktur des Autobahnnetzes in Brandenburg ist im Bild 7 dargestellt. Von den im Jahr 1990 vorhandenen 1 464 km Richtungsfahrbahn wurden ca. 75 % im Zeitraum bis 1940 erbaut. Die zwischen 1972 bis 1979 erbauten ca. 300 km Richtungsfahrbahn unterliegen einem Strukturverfall (AKR-Beton) und alle Brückenbauwerke (mehr als 1 000) müssen instandgesetzt bzw. erneuert werden. [3]

Die A 11 betreffend ist diese Anfang der 1990er Jahre mit ihrer Verkehrsfreigabe vom Berliner Ring (Stettiner Abzweig) bis Joachimsthal am 4. April 1939 und von Joachimsthal bis Stettin am 27. September 1936 bereits 54 Jahre unter Verkehr. Die gesamte Strecke wurde mit damals modernster Technik (siehe Bild 8) in Betonbauweise hergestellt. Wie in [4] dargestellt, lassen sich die Bauperioden für Betonbauweisen und die zeitlich damit verbundenen Technischen Regelungen mit den typischen Verhaltensweisen für die bestimmten Zeiträumen zuordnen.

So sind die Betondecken der 1930er Jahre vorwiegend geprägt von:

  • fehlenden Frostschutzschichten,
  • zu großen Querfugenabständen,
  • umlagerungsempfindlichen Unterlagen,
  • Unterbemessung.

Bild 7: Ausgangssituation 1990

Bild 8: Herstellung von Betondecken durch Einsatz von Maschinen

Im Einzelnen kann die Bauperiode der 1920er bis 1940er Jahre folgendermaßen betrachtet werden:

  • Die Bauweise ist überwiegend Betondecke auf dem anstehenden Untergrund/Unterbau, lediglich mit einer 10 bis 15 cm dicken „Sauberkeitsschicht“ (siehe Bild 9).
  • An den in dieser Zeit entstandenen Fahrbahnen sind als dominierende Schäden Risse und an diesen wiederum Stufen (Versätze) aufgetreten (siehe Bild 10).

 Bild 9: Betondecke (1936) auf Sauberkeitsschicht direkt auf dem anstehenden Untergrund

Bild 10: Betondecken (1936) mit Rissen und Stufen

Die Ursachen sind:

  • fehlende Frostschutzschichten
    • Frosthebungen,
    • Tragfähigkeitsschäden in der Tauperiode,
    • Plattenbrüche, Stufen,
  • zu großer Querfugenabstand
    • Querrisse als Korrekturrisse,
    • da in den Rissen keine oder nur geringfügige Querkraftübertragung: Stufenbildung und „Pumpen“ unter Verkehr,
  • umlagerungsempfindliche Unterlage, z. B. aus enggestuftem Sand
    • Umlagerungen, Hohllagerungen unter dem Fugenbereich, vor allem an den Querrissen,
    • fortschreitende Querrissbildung, da „Kragarmbildung“,
    • Eckabbrüche im Dezimeter- bis Meterbereich,
  • Unterdimensionierung für den späteren Verkehr (obwohl Überbemessung für den damaligen bzw. prognostizierbaren Verkehr)
    • Risse, Stufen (Versätze).

Die temperaturbedingten Korrekturrisse begannen relativ frühzeitig, die übrigen Schäden erst mit dem in den 1950er Jahren zunehmenden Verkehr. Die Schäden sind schwerwiegend – trotzdem sehr differenziert im Umfang und Ausprägung. So liegen große Bereiche mit wenig ausgeprägten Schäden (siehe Bild 11).

Bild 11: BAB A 11 des Baujahres 1936 (Aufnahme 1995) wenig ausgeprägte Schäden

Der Beton als Baustoff hat an Festigkeit zugenommen und ist – bis auf einigen Oberflächenabrieb – in der Regel noch in gutem Zustand, was das Bild 12 eines Bohrkerns aus dem Jahre 2009 verdeutlicht.

Bild 12: Bohrkern aus der Betondecke der BAB A 11 des Baujahres 1936 – entnommen 09/2009

Durchgeführte Festigkeitsuntersuchungen an Bohrkernen aus 1995 zeigen die enorme Festigkeitszunahme (siehe Bild 13). Die Druckfestigkeiten liegen heute zwischen 65 bis 70 N/mm² und für die freie Dimensionierung ausschlaggebend, die Spaltzugfestigkeiten zwischen 4,5 bis 5,0 N/mm².

Unter den genannten ungünstigen Konstruktionseinflüssen wirken sich die Merkmale „hohe Betonfestigkeit“ und „Wasserdurchlässigkeit der Unterlage“ positiv auf die Konstruktion aus.

Bild 13: Festigkeitszunahme von Betondecken der 1930er Jahre

 

3     Erfahrung bei der Erneuerung der BAB A 11

Seit 1990 ist es gelungen, einen beträchtlichen Teil der BAB A 11 zu erneuern. Hauptaufgabe des Landes Brandenburg war es die Verkehrssicherheit zu gewährleisten und die Befahrbarkeit mit einem entsprechenden Fahrkomfort zu realisieren. Aufgrund der oftmals unerwartet schnellen Verschlechterung der Fahrbahnzustände mussten Zwischenlösungen akzeptiert werden.

Somit sah die Ausbaustrategie den Neu- und Ausbau sowie den Zwischenausbau vor. Dabei musste in Kauf genommen werden, dass einem zukünftigen grundhaften Ausbau im Bedarfsfall ein weiterer Zwischenausbau vorgeschaltet wird. Es war klar, dass aufgrund der noch vorhandenen Plattenwirkung, eine 12 cm-Überbauungen nach einigen Jahren zur Ausbildung von Reflexionsrissen über Fugen und Rissen führen würden.

Zur zeitlichen Staffelung und Schaffung eines Zeitpuffers wurden zwei unterschiedliche Zwischenausbauvarianten mit unterschiedlichen Nutzungsdauern ausgeführt. Diese Varianten sind im Bild 14 dargestellt.

Bild 14: Asphaltbauweise als Zwischenausbau der BAB A 11 (Mitte der 1990er Jahre)

Variante 1 als Zwischenausbau mit einer Nutzungsdauer von ca. 5 Jahren:

  • 12 cm Asphaltdecke, bestehend aus:
    • 4 cm Asphaltdeckschicht AC 11 DS
    • 8 cm Asphaltbinderschicht AC 22 BN oder BS auf
    • alter Betondecke der 1930er Jahre (entspannt)

Variante 2 als Zwischenausbau mit einer Nutzungsdauer von ca. 10 Jahren:

  • 12 cm Asphaltdecke, bestehend aus:
    • 4 cm Asphaltdeckschicht SMA 11 S
    • 8 cm Asphaltbinderschicht AC 22 BS oder AC 16 BS auf
    • 8 bis 14 cm Asphalttragschicht AC 22 TS und
    • alter Betondecke der 1930er (entspannt)

Als Erneuerung kamen sowohl die Asphalt-, als auch die Betonbauweise zu Einsatz.

Varianten als Erneuerung in Asphaltbauweise:

Variante 1 (Erneuerung im Tiefeinbau):

  • 12 cm Asphaltdecke, bestehend aus:
    • 4 cm Asphaltdeckschicht SMA 11 S,
    • 8 cm Asphaltbinderschicht AC 16 BS auf,
    • Asphalttragschicht AC 22 TS und
    • Frostschutzschicht bzw. Verfestigung und/oder Verbesserung bei anstehendem oder als Frostschutzschicht verwendetem enggestuftem Sand.

Variante 2 (Erneuerung im Hocheinbau):

  • 12 cm Asphaltdecke, bestehend aus:
    • 4 cm Asphaltdeckschicht SMA 11 S,
    • 8 cm Asphaltbinderschicht AC 16 BS auf,
    • 16 cm Asphalttragschicht AC 22 TS und
    • alter Betondecke der 1930er (entspannt).

Varianten als grundhafte Erneuerung in Betonbauweise (siehe Bild 15):

  • Variante 1:
    27 cm Betondecke auf 1 Lage Geotextil Vliesstoff und Verfestigung mit hydraulischem Bindemittel; (bei anstehendem oder als Frostschutzschicht verwendetem enggestuftem Sand und sehr hoher Belastung - zusätzlich vorherige mechanische Bodenverbesserung auf 30 cm Tiefe).
  • Variante 2:
    30 cm Betondecke auf 30 cm Schottertragschicht auf frostsicherem Untergrund/Unterbau bzw. frostsicherem Material.

Bild 15: Grundhafte Erneuerung in Betonbauweise – Vorzugsbauweisen

Die Gesamtstrecke von 90,7 km Autobahn (181,4 km Richtungsfahrbahn) wird seit den frühen 1990er Jahren erneuert. Der Ausbauzustand mit den zur Anwendung gekommenen Bauvarianten mit dem Stand von 12/2009 ist im Bild 16 ersichtlich. Es ist zu sehen, dass noch nicht alle Bereiche erneuert wurden. Nach wie vor sind Bereiche mit Zwischenausbauvarianten vorhanden, die als angedachte Zwischenlösung mit erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen auf die Erneuerung warten. Bei der 1990 vorhandenen Altersstruktur des Autobahnnetzes, welche im Bild 6 verdeutlicht wurde, wartete ca. 75 % des Netzes mit über 50 Jahre alten Betondecken auf eine Erneuerung. Eine große Aufgabe und zwei Drittel des Netzes wurden durch Baumaßnahmen bereits erneuert und damit qualitativ aufgewertet, aber manche
Zwischenlösungen müssen länger funktionieren, als angedacht.

Bild 16: Bauvarianten BAB A 11 in km Richtungsfahrbahn mit Stand 12/2009

Zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit erfolgte im Mittelstreifen und abschnittsweise an den Seiten die Montage von Schutzplanken. Dabei kam es zu manchen Widerständen, was das Bild 17 verdeutlichen soll. Dort haben Truppen einen Panzerdrehturm im Mittelstreifen „vergessen“, der beim Schlagen der Pfosten für die Schutzplanken Schwierigkeiten bereitete.

Bild 17: 1998 – Kurioser Fund auf der BAB A 11 bei der Montage von Schutzplanken im Mittelstreifen – Panzer-Drehturm aus dem 2. Weltkrieg

Da die Verkehrsbelastung und der Anteil an Schwerverkehr in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen ist, kommt oft die Betonbauweise als besonders dauerhafte, unterhaltungsarme Bauweise zum Einsatz. Der Verkehr wird nach deren Herstellung viele Jahre nur minimal durch Erhaltungsmaßnahmen eingeschränkt. Dies setzt voraus, dass die Oberflächeneigenschaften dauerhaft gewährleistet werden und keine strukturellen Störungen die Gebrauchseigenschaften beeinflussen. Eine Erneuerung eines Teils der Betondecke ist aufgrund baustoffimmanenter Eigenschaften nicht einfach auszuführen und ist mit längeren Bauzeiten verbunden. Das sieht bei der Erneuerung einer Asphaltdeckschicht anders aus, da diese mit kurzen Bauzeiten erneuert werden kann. Warum denn nicht die Vorteile beider Bauweisen miteinander kombinieren? Um neue Erkenntnisse in der Praxis zu erwerben, wurde durch die Bundesanstalt für Straßenwesen ein Konzept für eine Versuchsstrecke erstellt. Das Konzept sah vor, bereits beim Neubau die Betondecke mit einer 4 cm Asphaltdeckschicht aus SMA 11S zu überbauen. Im Fugenraster der Betondecke sollten die Längs- und Querscheinfugen auch in der Asphaltdeckschicht ausgebildet werden. Diese Versuchsstrecke wurde 1994 auf der BAB A 11 (km 0,5 bis km 4,0 – Richtungsfahrbahn Berlin), kurz vor dem Autobahndreieck Schwanebeck realisiert.

Mittlerweile liegt diese Erprobungsstrecke 15 Jahre unter Verkehr und die Kompositbau­weise aus Beton und Asphaltdeckschicht aus SMA hat sich bewährt. Es gibt keine Verformungen oder sonstige Oberflächenschäden. Das Bild 18 stellt den Zustand der Strecke, speziell des SMA nach der Liegedauer von 15 Jahren dar. Der SMA ist verständlicherweise versprödet und es beginnt das Herausbrechen einzelner Gesteinskörnungen. Mit einer Instandsetzungsbauweise, wie z. B. Dünne Schichten in Kaltbauweise oder Dünne Schichten in Heißbauweise kann die Funktionsfähigkeit dieses SMA zielsicher mindestens noch 5 Jahre erhalten werden.

Mit diesen Ergebnissen scheint es sinnvoll, das neue Konzept der Bundesanstalt für Straßenwesen „Neubau einer Durchgehend Bewehrten Betonfahrbahndecke (DBBD) mit einer dünnen Asphaltdeckschicht“ umzusetzen. Die Betondecke sorgt für ein ausreichendes und dauerhaftes Tragverhalten und die Asphaltdeckschicht aus SMA wird mit besonderen Eigenschaften hinsichtlich ausreichender Griffigkeit und erhöhter Lärmanforderungen realisiert.

Bild 18: 2009 – Zustand der Versuchsstrecke „Kompositbauweise“ auf der BAB A 11 nach 15 Jahren Liegedauer – ein Erfolg

 

4  Schlussbemerkungen

Mit der Sanierung des BAB A 11-Teilstücks zwischen Berlin und Landesgrenze Brandenburg zu Mecklenburg-Vorpommern verschwindet in Kürze der letzte noch existierende Original-Streckenabschnitt der ehemaligen „Reichsautobahn“. Mehr als 73 Jahre stand die 1936 gebaute Beton-Fahrbahn zwischen dem Autobahndreieck Kreuz Uckermark und Anschlussstelle Schmölln unter Verkehr – 2010 bis 2011 erfolgt die grundhafte Erneuerung der mittlerweile stark beeinträchtigten Fahrbahn.

Dass die damals eingesetzte Beton-Bauweise den heutigen Anforderungen hinsichtlich Beanspruchung durch den Verkehr nicht mehr standhalten konnte, liegt auf der Hand. Auch beim jetzt zur Erneuerung freigegebenen letzten Streckenabschnitt der BAB A 11 haben sich insbesondere in den vergangenen Jahren – durch den ständig ansteigenden Verkehr forciert – zahlreiche Schäden an der Fahrbahn herausgebildet. Die wesentlichen Ursachen liegen in fehlenden Frostschutzschichten, zu großen Querfugenabständen, fehlender frostsicherer Oberbau und Unterdimensionierung.

Das Befahrbarkeitsempfinden ist stark beeinträchtigt, aber dennoch kann man am Beispiel der BAB A 11 aufzeigt werden, dass sich die Betonbauweise bewährt hat. Auch zeigt der Baustoff Beton, dass er in der Lage ist, wenn die Randbedingungen stimmen, dauerhaft Beanspruchungen zu widerstehen. Besonders sind dabei die Festigkeiten und die funktionierende Konzeption eines zweischichtigen Aufbaus zu erwähnen.

Sicherlich konnten hier nicht alle Aspekte angesprochen werden, aber um einen besseren Eindruck zu bekommen wäre eine Fahrt über den „autobahnhistorischen Höhepunkt“ eindrucksvoll.

Vertiefende Informationen erhält man auch bei der „Arbeitsgemeinschaft für Autobahngeschichte (AGAB) e.V. unter www.autobahngeschichte.de, wo auch der verantwortliche Leiter der Autobahnmeisterei für diesen Streckenabschnitt, Herr Lars Kähler, aktiv mitwirkt.

Ein Stück Geschichte sollte nicht vergessen werden, das zeigt im Bild 19 eine zeitgenössische Ansichtskarte der BAB A 11 aus dem Jahre 1936 sowie ein Entwurf einer Ansichtskarte zum 73. Bestehen.

Bild 18: Zeitgenössische Ansichtskarte 1936 und Vorschlag einer Ansichtskarte 2009

Literaturverzeichnis

  1. Die Wahrnehmung von „Landschaft“ und der Bau von Autobahnen in Deutschland, Frankreich und Italien vor 1933 von Ingrid Strohkark, Zeitschrift „Der Straßenbau“, Jg. 1929 bis 1937
  2. HAFRABA e.V.: Deutsche Autobahn-Planung 1926 – 1934 von Prof. Martin Kornrumpf
  3. Anger, R.; Reuter, H.-R.: Erfahrungen beim Autobahnbau im Land Brandenburg, Asphalt Heft 2/2003
  4. Anger, R.; Villaret, S.: Verfahrensweise der rechtzeitigen Instandhaltung und Instandsetzung von Fahrbahnbefestigungen mit Betondecke als Prävention gegen vorzeitige Erneuerungen, Straße und Autobahn 09/2003