FGSV-Nr. FGSV A 45
Ort Leipzig
Datum 21.09.2021
Titel Möglichkeiten und Grenzen des Georadarverfahrens bei Asphalt
Autoren Dr.-Ing. Daniel Gogolin, Dipl.-Ing. Manuel Hülsbömer
Kategorien Asphaltstraßen
Einleitung

Im Sommer 2020 wurde das FE-Projekt „Möglichkeiten und Grenzen des Georadarverfahrens“ (FE 04.0284/2014/MRB) im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, vertreten durch die Bundesanstalt für Straßenwesen, durch den Forschungsnehmer FH Münster, in Kooperation mit der Ingenieurgesellschaft PTM Dortmund mbH und der Rudolf Hilgenroth GmbH & Co. KG, erfolgreich abgeschlossen.

Ziel des Projektes war die Eruierung der derzeitigen Einsatzmöglichkeiten des zerstörungsfrei agierenden Georadars bei der Untersuchung von Straßenbefestigungen aus Asphalt unter Anwendung objekt- und netzbezogener Messungen. Anhand umfassender Versuchsprogramme auf einer eigens konzipierten Versuchsstrecke im sauerländischen Sundern (Objektebene) sowie im Bundesfernstraßennetz in drei Bundesländern (Netzebene) wurden Untersuchungen in Bezug auf die Quantifizierung der elektromagnetischen Materialeigenschaften von Asphalt (insbesondere der relativen Permittivität εr), sowie Analysen und Interpretationen von Strukturen in den Straßenbefestigungen durchgeführt. Hierzu zählten insbesondere die Untersuchung der Detektierbarkeit und Erkennung von lokalen Strukturen, wie zum Beispiel Substanzschädigungen in Form von Rissen, sowie von flächigen Strukturen, wie zum Beispiel vollflächige Schichtablösungen durch mangelhaften Schichtenverbund. Hierbei stand ebenfalls die Untersuchung von potenziellen eindeutigen Identifikationsmerkmalen im Fokus, um eine Grundlage für standardisierte Auswertealgorithmen anhand spezifischer und wiederkehrender Muster in den Georadar-Daten zu schaffen, um zukünftige Auswertungen und Interpretationen zu systematisieren. Darüber hinaus wurden Vorschläge für die Abschätzung homogener Abschnitte anhand mehrerer Homogenitätskriterien, wie das Schichtenmodell oder flächige Strukturelemente (Schichtablösungen oder hohlraumreiche Asphaltschichten) entwickelt. Das Projekt diente zudem der Schaffung eines breiteren Erfahrungshintergrunds in Bezug auf die erzielbare Messgenauigkeit des Verfahrens unter Berücksichtigung der derzeit einsetzbaren Messtechnik bei der Wiedergabe von einzelnen Schichten in einer Asphaltbefestigung.

 

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1 Einleitung

Im Sommer 2020 wurde das FE-Projekt „Möglichkeiten und Grenzen des Georadarverfahrens“ (FE 04.0284/2014/MRB) im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, vertreten durch die Bundesanstalt für Straßenwesen, durch den Forschungsnehmer FH Münster, in Kooperation mit der Ingenieurgesellschaft PTM Dortmund mbH und der Rudolf Hilgenroth GmbH & Co. KG, erfolgreich abgeschlossen (Hülsbömer; Weßelborg et al., 2020).

Die wesentlichen Zielsetzungen des Projektes waren, anhand von objekt- und netzbezogenen Georadaruntersuchungen, Aussagen über die derzeitigen Einsatzmöglichkeiten und Einsatzgrenzen des Georadarmessverfahrens zu eruieren. Hierbei stand der Anwendungsfall „Oberflächenbefestigungen aus Asphalt für das außerörtliche Streckennetz“ im Vordergrund.

Das Georadarverfahren wird zur Untersuchung von Straßenbefestigungen derzeit zumeist als Impulsradar eingesetzt, wobei elektromagnetische Wellen in Form kurzer Impulse in die Straßenbefestigung abgestrahlt, deren Reflexionen wieder aufgenommen und schließlich zu Messdaten weiterverarbeitet werden. Diese Reflexionen entstehen an Grenzflächen, an denen ein Wechsel der elektromagnetischen Eigenschaften aus Permittivität ε, magnetischer Permeabilität μ und elektrischer Leitfähigkeit σ und ein Materialwechsel auftreten (FGSV, 2016). Daher kann dieses Messverfahren genutzt werden, um Strukturen, wie beispielsweise Schichtgrenzen oder Leitungen, zu detektieren. Durch die quasi kontinuierliche Abstrahlung der elektromagnetischen Wellen können entsprechende Strukturen hierbei in 2D- oder sogar 3D-Modellierungen visualisiert werden. Grundsätzlich stellt dies aufgrund der höheren Datendichte einen wesentlichen Mehrwert gegenüber der klassischen punktuellen Entnahme von Ausbauproben, insbesondere von Bohrkernen, dar.

Durch den zerstörungsfreien Charakter des Prüfverfahrens ist allerdings keine direkte Ansprache der Straßenbefestigung möglich. Die Messdaten sind über das elektromagnetische Eigenschaftsprofil definiert und daher ausschließlich abgeleitete Größen. Nach derzeitigem Stand der Technik wird zumeist eine Kombination aus Georadarmessung und ergänzender Beprobung durchgeführt, um eine möglichst gute Anpassung der Georadar-Daten an die örtlichen Verhältnisse zu ermöglichen. Hintergrund ist die derzeit noch weitestgehend manuell durchzuführende Datenauswertung. Die anhand einer ergänzenden Beprobung gewonnenen Erkenntnisse in Bezug auf das tatsächliche Schichtenmodell der Straßenbefestigung dienen als Interpretationshilfe und Orientierung für die Tiefenlage von Schichtgrenzen in den Georadar-Daten. Diese bestehen in erster Linie aus einem Radargramm (B-Bild) als Längsschnitt entlang gewählter Messlinien. Schichtgrenzen und weitere Strukturen werden dabei anhand der Messdaten grafisch ausgewertet und interpretiert.

Die Qualität und die Aussagekraft des Ergebnisses hängen hierbei fundamental von dem Erfahrungshintergrund und dem Knowhow des auswertenden Fachpersonals ab. Bei fehlendem straßenbautechnischem Verständnis besteht zunehmend das Risiko von Fehlinterpretationen, welche zu Unsicherheiten und Abweichungen in den Ausgabedaten führen können, wodurch die Qualität des Ergebnisses der Georadaruntersuchung gemindert wird. Da derzeit noch Unsicherheit in Bezug auf die tatsächlichen Detektionsmöglichkeiten des Georadarverfahrens bestehen, dient das genannte Forschungsprojekt gleichermaßen zur Schaffung eines breiteren Erfahrungshintergrunds sowie als Hilfe bei der Auswertung und Interpretation lokaler Strukturen und Objekte in Asphaltbefestigungen.

2 Versuchsprogramme

2.1 Objektbezogene Georadaruntersuchungen

Die objektbezogenen Georadaruntersuchungen wurden auf einer idealisierten Versuchsstrecke durchgeführt, welche einer Straße des Bundesfernstraßennetzes nachempfunden war und damit repräsentativ für den vorgenannten Anwendungsfall stand.

Mit der Versuchsstrecke wurde das Ziel verfolgt, die Einsatzmöglichkeiten und Einsatzgrenzen des Georadarverfahrens unter weitestgehend kontrollierten Umgebungsbedingungen, ohne elektrische Störquellen und unter Ausschluss des Straßenverkehrs, systematisch zu untersuchen. Neben der grundlegenden Erfassung der Asphaltbefestigung und der Feststellung des Schichtenmodells lag der Fokus auf der Erkennung von Substanzschädigungen und der Ableitung deren visueller Charakteristika für einen systematisierten Interpretationsansatz.

Die Versuchsstrecke wurde im Hocheinbau hergestellt und wies die Maße 180,00 m × 3,20 m × 0,65 m auf. Die Streckenlänge ergab sich aus mehreren aufeinanderfolgenden Probefeldern, welche mit einer Vielzahl an künstlich hergestellten Substanzschäden sowie zwei unterschiedlichen Dimensionierungen der Asphaltbauweise „Asphalttragschicht auf Frostschutzschicht“ (FGSV, 2012a) ausgestattet waren. Auf Grund der Länge der Versuchsstrecke musste mittig ein Kurvenbereich angeordnet werden, um die kontinuierliche Herstellung der Versuchsstrecke zu gewährleisten (Bild 1). Die Streckenbreite resultierte aus der gerätetechnisch möglichen Fertigerbahn und die Konstruktionshöhe aus den notwendigen frostsicheren Gesamtdicken der gewählten Belastungsklassen.

Bild 1: Versuchsstrecke mit weitestgehend idealisierten Umgebungsbedingungen

Insgesamt umfasste der Versuchsstrecke drei Probefelder mit Feldlängen zwischen 45,0 m und 50,0 m. In Anlehnung an die erwartbaren Dimensionierungen des genannten Anwendungsfalls wurden für die Probefelder 2 und 3 die Belastungsklasse Bk100 als höchste Belastungsklasse und für das Probefeld 1 die Belastungsklasse Bk3,2 als niedrigste Belastungsklasse gewählt. Mit der Wahl dieser Belastungsklassen wurde ferner ein breites Spektrum an Schichtgrenzen in unterschiedlichen Tiefen in der Asphaltbefestigung sowie unterschiedliche Schichtdicken zwischen 2,5 cm und 12,0 cm generiert (Bild 2).

Bild 2: Dimensionierungen und Schichtenprofil der Probefelder der Versuchsstrecke

Aufgrund der gewählten unterschiedlichen Belastungsklassen bestand die Asphaltbefestigung aus insgesamt vier verschiedenen Asphaltmischgütern mit folgenden stofflichen Zusammensetzungen:

  • Asphaltdeckschicht: SMA 5 S (Bk3,2) und SMA 11 S (Bk100) jeweils mit Polymermodifiziertem Bitumen 25/55-55 A
  • Asphaltbinderschicht: AC 16 B S mit Straßenbaubitumen 30/45
  • Asphalttragschicht: AC 22 T S mit Straßenbaubitumen 50/70

Jedes Probefeld wies spezifische Konstruktionsdetails auf, welche mit dem Georadarverfahren untersucht wurden. So diente das Probefeld 2 der Detektion von lokalen Substanzschädigungen und Strukturen in der Befestigung. Hierzu zählen Einzelrisse (schichtspezifisch und durchschlagend), Hohlraumstrukturen geringen Durchmessers zum Nachempfinden von Leitungen sowie lokale Einschlüsse an Fremdmaterial und lokale Ausbrüche an Schichtgrenzen. Die Probefelder 1 und 3 dienten jeweils der Untersuchung von nicht vorhandenem Schichtenverbund zwischen einzelnen Asphaltschichten in unterschiedlichen Tiefenlagen. Hierzu wurden verschiedene Schichtgrenzen unter Aufbringen von geschlossenen Sand- und Wasserfilmen sowie Bitumenemulsion mit erhöhter Anspritzmenge von ca. 2.000 g/m² erzeugt.

Die Georadaruntersuchungen wurden auf der Versuchsstrecke mit fahrzeugmontierten Hornantennen durchgeführt, um eine Verknüpfung zum realen Praxisfall und den netzbezogenen Georadaruntersuchungen herzustellen. Die Messdaten lagen somit entlang einzelner Messlinien vor. Zur Minimierung von Schwankungen im Fahrweg wurden ein Randabstandsmesser sowie ein lokaler Wegaufnehmer zur Verortung der Messdaten am Messfahrzeug installiert (Bild 3).

Bild 3: Messkonfiguration der objektbezogenen Georadaruntersuchungen

Zur vollständigen Erfassung der Versuchsstrecke und zur Schaffung einer ausreichenden Datengrundlage wurden mehrere parallele Messlinien angeordnet. Auf diese Weise wurde gleichermaßen die Detektion der lokalen Substanzschädigungen sichergestellt. Aufgrund der Breite der Versuchsstrecke von 3,20 m wurden insgesamt drei gleichmäßig verteilte Messlinien definiert. Jede Messlinie beinhaltete eine Doppelmessung aus zwei Hornantennen mit den Messfrequenzen 1.000 MHz und 2.000 MHz (Bild 4).

Der Randabstand betrug sowohl in Stationierungsrichtung (rechter Rand) als auch entgegen der Stationierungsrichtung (linker Rand) 0,50 m. Der Montageabstand der eingesetzten Hornantennen betrug 1,10 m, wodurch die Messungen ein Rastermaß von 0,55 m aufwiesen. Ausgehend von dem rechten Rand der Versuchsstrecke beinhaltete jeder Messdurchlauf des Versuchsprogramms somit sechs Messungen (Doppelbestimmung der Mittelachse durch die Messlinien 1 und 3), wobei die Messlinien 1 und 2 in Stationierungsrichtung und die Messlinie 3 entgegen der Stationierungsrichtung verliefen.

Zur Feststellung einer möglichen Reproduzierbarkeit der Messergebnisse wurde jede Messung durch zwei Wiederholungsmessungen validiert. Dies zielte vordringlich auf die Feststellung von potenziellen Einflussgrößen im Rahmen einer Überprüfung der Genauigkeit und der Qualität des Messergebnisses ab. So lag der Fokus auf der Untersuchung von zufälligen Messabweichungen, welche aus der Messtechnik und aus der Auswertung der Messdaten erwartet wurden.

Bild 4: Verteilung der Messlinien der Georadarmessungen über den Querschnitt der Versuchsstrecke

Darüber hinaus wurden zur Festlegung von zweckmäßigen messtechnischen Eingangsgrößen, um beispielsweise Substanzschädigungen adäquat zu detektieren und in den Georadar-Daten zu visualisieren, verschiedene messtechnischen Größen im Zuge der Georadarmessungen variiert. Dazu zählten insbesondere die Nutzung unterschiedlicher Messfrequenzen und die Scanraten, um unterschiedliche Datendichten zu erzeugen. Neben den vorgenannten Messfrequenzen der Hornantennen wurden weitere Messungen mit handgeführten Radarsystemen mit den Messfrequenzen 300 MHz, 800 MHz und 1.600 MHz durchgeführt. Jede Messfrequenz beinhaltete darüber hinaus eine Variation der Scanrate von 10 Scans/m, 20 Scans/m, 50 Scans/m und 100 Scans/m.

Zu Kontroll- und Kalibrierungszwecken wurde die Versuchsstrecke zusätzlich entlang der Messlinien beprobt. Grundsätzlich ist die Beprobung im Anschluss an eine Georadarmessung von der Zielsetzung und Fragestellung abhängig. Besteht diese ausschließlich in der Feststellung der Gesamtdicke der Asphaltbefestigung, um beispielsweise die Dimensionierung abzuschätzen und daraus einen homogenen Straßenabschnitt abzuleiten, muss nicht notwendigerweise eine Beprobung vorgenommen werden (Golkowski, 2003). Die Abschätzung kann in einem ersten Schritt auf unkalibrierten Näherungsdaten beruhen, da zumeist eine erste Einteilung des Straßennetzes in einem übergeordneten Kontext im Fokus steht. Sobald allerdings Aussagen hinsichtlich des tatsächlichen Schichtenmodells und der direkten Ansprache der vorhandenen Schichten gefordert sind, welche in der Regel über die alleinige Feststellung der Schichtenfolge hinausgehen, gilt es die tatsächlichen Schichtdicken und Baustoffe der Straßenbefestigung in situ festzustellen (Golkowski, 2003). In diesem Zusammenhang gilt es anhand der entnommenen Proben eine Kalibrierung der Georadar-Daten, durch die Anpassung der relativen Permittivität εr für jede vorhandene Schicht durchzuführen, um die Georadar-Daten an die örtlichen Verhältnisse anzupassen (Förster; Hothan, 2001).

Auf der Versuchsstrecke wurden die entnommenen Proben ferner als direkte Korrelationsgröße zwischen dem Georadar und dem Schichtenmodell der Asphaltbefestigung herangezogen, um sowohl Anhaltswerte für die potenzielle Genauigkeit des Messverfahrens als auch zur Ableitung von unzureichendem Schichtenverbund und dessen Charakteristik in den Georadar-Daten abzuleiten. Aus jeder Messlinie wurden dazu 145 Bohrkerne im 1m-Raster entnommen. Insgesamt konnten auf diese Weise vergleichende Betrachtungen anhand von 435 Bohrkernen durchgeführt werden, was eine nicht unerhebliche Datengrundlage darstellte (Bild 5). Hierbei konnte ermittelt werden, dass die Schichtgrenzen respektive Schichtdicken der Asphaltbefestigung mit einer Messungenauigkeit von ±5,0 - 7,0 % wiedergegeben werden konnten. Die Auswertung unkalibrierter Georadar-Daten unter Verwendung von Näherungsdaten ergab in diesem Zusammenhang eine Ungenauigkeit von ±10,0 %.

Bild 5: Beprobung der Versuchsstrecke

2.2 Netzbezogene Georadaruntersuchungen

Die Netzebene wurde als Ebene definiert, auf welcher Untersuchungen mit dem Georadarverfahren unter realen Praxisbedingungen durchgeführt werden konnten. Vordergründiges Ziel war die Untersuchung der Übertragbarkeit der Ergebnisse der objektbezogenen Georadaruntersuchungen, welche unter weitestgehend idealisierten Bedingungen gewonnen wurden. Gleichwohl die die Versuchsstrecke derart konzipiert worden waren, dass eine Übertragbarkeit grundsätzlich möglich war, implizierte diese Vorgehensweise die Fragestellung, inwieweit die Rahmenbedingungen der Netzebene die Einsatzmöglichkeiten des Georadars beeinflussen. Dies galt insbesondere in Bezug auf die Messumgebung durch das Mitschwimmen im fließenden Straßenverkehr sowie für den Umstand, dass die Asphaltbefestigungen der Untersuchungsstrecken unbekannte Größen dargestellt haben und durch das Georadar zu detektieren waren.

Durch die differenten Rahmenbedingungen war es ferner notwendig, die messtechnischen Eingangsgrößen zu modifizieren. Vordergründig war dies der wesentlich höheren Messgeschwindigkeit mit näherungsweise 80 km/h geschuldet, welche direkten Einfluss auf die maximal mögliche Scanrate und die Datendichte des Georadars hat. Während auf der Objektebene baubedingt mit einer geringen Fahrgeschwindigkeit gemessen und dadurch verschiedene Scanraten in das Versuchsprogramm aufgenommen werden konnten, mussten die Messungen auf den Bundesfernstraßen zur Aufrechterhaltung des Verkehrsflusses mit einer entsprechend höheren Messgeschwindigkeit durchgeführt werden. Diese betrug in Abhängigkeit des Verkehrsaufkommens zwischen 50 km/h und 80 km/h auf den untersuchten Bundesstraßen und ca. 80 km/h auf den Bundesautobahnen. Die korrespondierenden Scanraten lagen daher zwischen 10 Scans/m und 25 Scans/m.

Das Versuchsprogramm basierte auf fünf Bundesautobahnen und fünf Bundesstraßen, deren Untersuchungsabschnitte in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt angesiedelt waren. Die Gesamtlänge der Untersuchungsabschnitte betrug ca. 80 Kilometer, wobei die zur Auswertung genutzten Daten jeweils einen kleineren Teilbereich abdeckten, welcher jeweils ein breites Spektrum an Strukturen und Substanzschädigungen in der Asphaltbefestigung aufwies. Im Einzelnen wurden folgende Abschnitte betrachtet:

  • A 2 zwischen AS Bielefeld-Ost und AS Gütersloh
  • A 14 zwischen AS Könnern und AS Löbejün
  • A 38 zwischen AS Merseburg-Süd und Autobahnkreuz Rippachtal
  • A 45 zwischen AS Meinerzhagen und AS Drolshagen
  • A 61 zwischen AS Boppard und AS Rheinböllen
  • B 1 zwischen Bundesstraßenkreuz B1/B236 und Autobahnkreuz Dortmund/Unna
  • B 10 zwischen AS Wilgartswiesen und AS Hauenstein
  • B 54 zwischen B51 und Rinkerode (Durchfahrt Münster-Hiltrup)
  • B 79 zwischen Aue-Fallstein (L89) und L91 (Landesgrenze Niedersachsen)
  • B 236 zwischen B54 und Dortmund-Wambel (AS Hannöversche Straße)

3 Analytische Betrachtung der Asphaltbefestigung

3.1 Schichtenmodell der Asphaltbefestigung

Der Aufbau und das Schichtenmodell der Asphaltbefestigung eines Untersuchungsabschnitts wird beim Georadarverfahren durch die Interpretation der vorhandenen Schichtgrenzen ermittelt. Diese stellen Grenzflächen dar, an denen die ausgesandten elektromagnetischen Impulse gebrochen, gedämpft und reflektiert werden. Je größer der Unterschied der elektromagnetischen Eigenschaften der durchstrahlten Schichten ist, zwischen denen die Schichtgrenze verläuft, desto größer ist im Allgemeinen auch der Anteil des Signals, welcher reflektiert wird und desto stärker ist die Ausprägung der Schichtgrenze.

Als maßgebende Kenngrößen zur Definition und Interpretation der Schichtgrenzen sind die Ausbreitungsgeschwindigkeit v der elektromagnetischen Impulse sowie der Permittivität ε der durchstrahlten Schichten zu nennen. Zur Bestimmung der Tiefe einer Schichtgrenze ist darüber hinaus die Signallaufzeit t als Zeitintervall zwischen dem Senden und Empfangen der elektromagnetischen Impulse zu berücksichtigen. Wesentliches Ziel ist in diesem Zusammenhang die korrekte Verortung der Schichtgrenzen im Radargramm. Dies bezieht sich in erster Linie auf die vertikale Richtung und somit auf die Tiefe der Schichtgrenze, ausgehend von der Straßenoberfläche als Bezugshorizont. Die Signallaufzeit t wird im Zuge der Interpretation der Schichtgrenze als direkter Datensatz zumeist in der Zeiteinheit Nanosekunden oder Sekunden ausgegeben. Die Permittivität ε wird materialspezifisch als relative Permittivität εr, durch das Verhältnis der Permittivität des durchstrahlten Materials ε und der elektrischen Feldkonstante ε0, angegeben.

Die adäquate Wiedergabe der Tiefe einer Schichtgrenze hängt in diesem Zusammenhang maßgeblich von der relativen Permittivität ab, da diese die wesentliche Eingangsgröße der Berechnungsmethodik ist. Als problematisch ist in diesem Zusammenhang die Quantifizierung der relativen Permittivität einzuschätzen, da die Definition von einheitlichen Vorgaben auf Grund vielfältiger Einflussgrößen, wie zum Beispiel der stofflichen Zusammensetzung, nur bedingt möglich ist. Für Asphalt werden aus diesem Grund in der einschlägigen Literatur in erster Linie Wertespannen von 5,00 bis 9,00 (DGZfP, 2008) angegeben.

Da Asphalt ein Verbundbaustoff aus den Komponenten Gesteinskörnungsgemisch, Bitumen als Bindemittel mit etwaigen Zusätzen sowie Hohl- bzw. Porenraum ist, führt jede unterschiedliche Konzeptionierung mit unterschiedlichen Volumenanteilen zu einem eigenen neuen elektromagnetischen Eigenschaftsprofil. Vor dem Hintergrund der Vielzahl an möglichen Asphaltzusammensetzungen am Markt und im Technischen Regelwerk (FGSV 2007/2013), ist daher eine pauschale Abschätzung der relativen Permittivität nur bedingt möglich. In vielen Fällen wird allerdings aus Gründen der Vereinfachung die Asphaltbefestigung nicht schichtspezifisch betrachtet, sondern vielmehr als monolithisch homogener und isotroper Körper mit einem konstanten elektromagnetischen Eigenschaftsprofil angenommen. Dies ist vor allem dann zielführend, wenn sich die Fragestellungen ausschließlich auf die Feststellung der Gesamtdicke der Asphaltbefestigung in Bezug auf die Angabe der Dimensionierung und Belastungsklasse beschränkt. Im Zuge dieser Fragestellungen kann eine überschlägige Angabe der Asphaltgrenze ausreichend sein, um anhand dessen zum Beispiel einen homogenen Abschnitt zu definieren.

Die Angaben der relativen Permittivität aus der einschlägigen Literatur konnten anhand der Untersuchungsergebnisse der Versuchsstrecke grundsätzlich bestätigt werden. Eine konkretere Festlegung der relativen Permittivität ist jedoch nicht möglich, da die stoffliche Zusammensetzung der Asphaltschichten, zum Beispiel durch Veränderungen im Hohlraumgehalt, kontinuierlich variiert. Eine näherungsweise Abschätzung der relativen Permittivität ist vor diesem Hintergrund für jede Schicht oder für die Asphaltbefestigung insgesamt am praktikabelsten, wobei eine Einschränkung in Bezug auf die Homogenität vorzunehmen ist. So ist jeder als homogen definierte Bereich eines Untersuchungsabschnittes in der Auswertung separat zu betrachten und datenseitig mit spezifischen Angaben zur relativen Permittivität auszuwerten.

Neben der grundlegenden Feststellung von Schichtgrenzen zählen insbesondere Aufbau- und Abschnittswechsel zu den wesentlichen Ergebnissen einer Georadaruntersuchung. In der Regel treten diese Abschnittswechsel zwischen homogenen Abschnitten auf und sind durch ein geändertes Schichtenmodell oder durch erhebliche Veränderungen von einzelnen Schichtdicken gekennzeichnet. Im vorliegenden Anwendungsfall wurde auf der Versuchsstrecke ein entsprechender Aufbau- und Abschnittswechsel zwischen den gewählten Belastungsklassen Bk3,2 und Bk100 integriert (Bild 6).

Bild 6: Radargramm einer Messlinie der Versuchsstrecke mit visuell feststellbarem Aufbauwechsel

Aufbauwechsel sind als Messergebnis insofern von Bedeutung, da sie als erste Information für die Definition von homogenen Abschnitten genutzt werden können und damit unter anderem für planerische Aspekte in der Straßenerhaltung brauchbar sind.

3.2 Mustererkennung Substanzschädigungen und Strukturen

Bei der Mustererkennung ist grundsätzlich zwischen längs und quer zur Messrichtung bzw. Messlinie verlaufenden Substanzschädigungen oder Strukturen zu unterscheiden, da diese durch unterschiedliche Charakteristika im Radargramm und in den Georadar-Daten gekennzeichnet sind. So stellen sich in Messrichtung verlaufende Strukturen als fortlaufende horizontale Reflexionen und dementsprechend als Linien dar, welche mit einer bestimmten Farbcodierung belegt sind. Da das Radargramm im Regelfall im Graustufenformat visualisiert wird, werden hierbei höhere Weiß- oder Schwarzwerte in Abhängigkeit von der Ausprägung der Reflexion an der entsprechenden Schichtgrenze erzeugt.

Sofern sich die Substanzschädigung oder Struktur direkt auf eine Schichtgrenze bezieht, ist eine Abgrenzung nur möglich, wenn Veränderungen im elektromagnetischen Eigenschaftsprofil eine visuelle Abgrenzung der Reflexionen zulassen. Dies impliziert in erster Linie eine Veränderung der Phasenfolge oder Ausprägung der Amplituden in der Grenzfläche, wodurch eine visuelle Abgrenzung im Radargramm ermöglicht wird (Bild 7).

Bild 7: Abweichende Reflexion von Bereichen mit geschlossenem Sand- oder Wasserfilm in einer Schichtgrenze in der Asphaltbefestigung der Versuchsstrecke

Substanzschädigungen und Strukturen, welche quer zur Messrichtung verlaufen, werden im Radargramm in Form von Diffraktionshyperbeln dargestellt. Die hyperbelförmige Darstellung ist der sphärischen Ausbreitung der elektromagnetischen Wellen in der Asphaltbefestigung geschuldet, sodass Reflexionen von Objekten bereits registriert werden, wenn diese sich noch nicht unterhalb der Radarantenne befinden. Daraus resultieren, bezogen auf die Antennenpositionen, verlängerte Laufzeiten der elektromagnetischen Impulse, welche durch das lotrechte Auftragen im Radargramm eine größere Tiefe der Reflexion suggerieren. Bei lotrechter Antennenposition erreicht die Signallaufzeit ihr Minimum und bildet dabei den Scheitelpunkt der Diffraktionshyperbel ab, welches zugleich die näherungsweise tatsächliche Lage der Substanzschädigung oder Struktur in der Straßenbefestigung entspricht (Bild 8).

Bild 8: Diffraktionshyperbel verschiedener Substanzschädigungen im Radargramm

Im Rahmen der Datenauswertung konnte festgestellt werden, dass zur Interpretation von Substanzschädigungen und lokalen Strukturen die Verwendung von Scanraten zwischen 20 Scans/m und 50 Scans/m sachdienlich ist, um eine gute Auflösung zu erzielen (Bild 9).

Eine konkrete Benennung einer Struktur oder der Substanzschädigung ist an Hand einer festgestellten Diffraktionshyperbel nicht eindeutig möglich. Es ist empfehlenswert, in den entsprechenden Bereichen des Radargramms eine gezielte Beprobung und direkte Ansprache der Asphaltbefestigung vorzunehmen.

Bild 9: Unterschiedlicher Scanraten zur Darstellung von Diffraktionshyperbeln

4 Einbindung des Georadars in Planungsprozesse

4.1 Homogene Abschnittsbildung

Das Georadarverfahren kann aufgrund des Messergebnisses in Planungsprozesse, zum Beispiel in der Straßenerhaltung, integriert werden. So können beispielsweise homogene Abschnitte definiert werden. In den „Richtlinien für die Planung von Erhaltungsmaßnahmen an Straßenbefestigungen“ (RPE-Stra) (FGSV, 2001) werden diesbezüglich homogene Abschnitte als Vorstufe zur Bildung von Baulosen definiert, welche Homogenität in bestimmten Kriterien aufweisen. Zu diesen Kriterien zählen unter anderem die Deckenbauweise, eine vergleichbare Entwicklung der Zustandsmerkmale der Zustandserfassung und -bewertung (ZEB) oder der Konstruktionsaufbau und das Schichtenmodell. Die Bildung von homogenen Abschnitten kann dabei mittels eines oder mehrerer Kriterien vorgenommen werden. Dabei ist Homogenität als gleichartiger Zustand eines Streckenabschnittes unter gleichartigen Rahmenbedingungen zu verstehen. Innerhalb des vorliegenden Anwendungsfalls wurden dazu drei Homogenitätskriterien entwickelt:

  • Verlauf der dimensionierungsrelevanten Asphaltgrenze innerhalb einer definierten Wertespanne,
  • Schichtenmodell der Asphaltbefestigung sowie des ungebundenen Oberbaus und gegebenenfalls Unterbaus Untergrunds,
  • Gleichartiger qualitativer Zustand vor dem Hintergrund flächiger Strukturen oder Substanzschädigungen.

Auf Basis jedes Homogenitätskriteriums erfolgte für alle Untersuchungsabschnitte der Netzebene eine Einteilung in homogene Abschnitte, wobei ein Abschnittswechsel auf die Verletzung von mindestens einem Kriterium zurückzuführen war.

4.2 Verlauf der dimensionierungsrelevanten Asphaltgrenze

Bei dem Homogenitätskriterien handelt es sich um eine quantitative Analyse der Messdaten des Georadars, wobei aus dimensionierungsrelevanten Gründen ausschließlich die Asphaltgrenze als maßgebliche Größe angesehen wird. Diese stellt als Übergang vom gebundenen zum ungebundenen Oberbau die maßgebende Schichtgrenze in Bezug auf die Dimensionierung der Asphaltbefestigung gemäß den RStO (FGSV, 2012a) dar. Das Messergebnis der Georadaruntersuchung umfasst als Datensatz die Tiefe der Asphaltgrenze in einem definierten Stationierungsraster. Dieses wurde auf ein Maß von einem Meter festgelegt. Im Zuge der Einordnung der Asphaltgrenze in eine Dimensionierung wurde jedem exportieren Datenwert eine entsprechende Belastungsklasse zugeordnet, wobei die Zuordnung allgemein von der gewählten Oberflächenbefestigung und Bauweise gemäß den RStO 12 abhängt.

Vor dem Hintergrund der Festlegung von homogenen Abschnitten unter Berücksichtigung baupraktischer und ökonomischer Aspekte, wie zum Beispiel Mindestabschnittslängen, ist es sinnvoll, eine Zusammenfassung der Messwerte zu einem gröberen Stationierungsraster vorzunehmen (FGSV, 2009). Dabei ist eine Abwägung zwischen der Genauigkeit der Daten und einer praktikablen Datenmenge zu treffen. Im vorliegenden Anwendungsfall wurde dieses Raster mit einer Stationierungslänge von 20 Metern festgelegt und auf diese Weise Auswerteabschnitte generiert. Diese Vorgehensweise reduzierte die Datenmenge auf ein übersichtlicheres Maß und gewährleistete gleichzeitig eine als ausreichend empfundene Genauigkeit in der Wiedergabe des Verlaufs der Asphaltgrenze. Darüber hinaus wird die Option der datenseitigen Verschneidung mit weiteren zerstörungsfreien Messmethoden aufrechterhalten. Es besteht die Möglichkeit der Verschneidung zum einen mit der messtechnischen Zustandserfassung und -bewertung (ZEB) und Abschnittslängen von 100 Metern (FGSV, 2006) und zum anderen mit der Abschnittslänge der Griffigkeitsmessung mit dem Seitenkraftmessverfahren (SKM) bei Geschwindigkeiten > 50,0 km/h (FGSV, 2012b).

Das Homogenitätskriterium wurde hinsichtlich des Verlaufs der dimensionierungsrelevanten Asphaltgrenze derartig definiert, dass eine Veränderung innerhalb einer herstellungsbedingten vertretbaren Wertespanne erlaubt war, ohne dass ein Abschnittswechsel ermittelt wurde. Dazu wurden zwei Berechnungsalgorithmen als Unterkriterien entwickelt:

  • Je Auswerteabschnitt wird der arithmetische Mittelwert aus 20 Einzelwerten berechnet. Dieser darf maximal ± 20,0 % vom arithmetischen Mittelwert des vorherigen Auswerteabschnitts abweichen.
  • Die relative Veränderung der Asphaltgrenze des nächsten Auswerteabschnitts beträgt kumulativ mit den Abweichungen aller vorherigen als homogen definierten Auswerteabschnitten weniger als ± 20,0 %.

Aufeinanderfolgende Auswertabschnitte werden sodann zu einem homogenen Abschnitt (HA) zusammengefasst. Dieser endet, wenn mindestens eins der beiden vorgenannten Unterkriterien verletzt wurde (Bild 10). Diese Festlegung basiert auf dem straßenbautechnischen Aspekt des Wechsels der Belastungsklasse bei Verletzung dieses Homogenitätskriteriums. Die Unterkriterien schließen somit den verpflichtenden Wechsel der Belastungsklasse am Ende eines homogenen Abschnitts ein. Als Definitionsgrundlage wurde in diesem Zusammenhang der Asphaltbauweisen der Versuchsstrecke „Asphalttragschicht auf Frostschutzschicht“. Die Änderung der Asphaltgrenze betrug daher mindestens ± 4,0 cm.

Bild 10: Bildung homogener Abschnitte auf Basis der Änderung der Asphaltgrenze

Das Homogenitätskriterium beinhaltete darüber hinaus die Ausnahme, dass eine 20-prozentige Veränderung der Asphaltgrenze bei der Gesamtdicke der Asphaltbefestigung von mindestens 42,5 cm, kein Wechsel der Belastungsklasse Bk100 ausgegeben wird. Die dazugehörige absolute Veränderung der Asphaltgrenze beträgt in diesem Fall mindestens 8,5 cm, was bautechnisch eine zusätzliche Schicht in der Asphaltbefestigung bedeutet. Dadurch ist ein Aufbauwechsel respektive Ende des homogenen Abschnittes im Vorhinein durch eine Änderung der Schichtenfolge und des Schichtenmodells definiert. Dieser Fall ist über das zweite Homogenitätskriterium abgedeckt, welches die qualitative Analyse der Asphaltbefestigung umfasst.

4.3 Schichtenmodell der Asphaltbefestigung

Die qualitative Analyse der homogenen Abschnittsbildung beruht auf einer visuellen Vorauswertung des Radargramms, wobei eine Abgrenzung anhand der Gleichartigkeit des Schichtenmodells durch die Anzahl und Lage der vorhandenen Schichten vorgenommen wird. Die Eingrenzung der entsprechenden Bereiche innerhalb eines Untersuchungsabschnitts ist mithilfe der optischen Unterschiede der Farbcodierungen der Schichtgrenzen im Radargramm ableitbar (Bild 11).

Bild 11: Bildung homogener Abschnitte auf Basis des Schichtenmodells

4.4 Zustandsbeschreibung und Strukturen

Als drittes Homogenitätskriterium werden Bereiche mit augenscheinlich flächenhaften Substanzschädigungen abgegrenzt, wobei dies in erster Linie den nicht vorhandenen Schichtenverbund oder offenporige Schichten betriff. Diese lassen sich aufgrund des möglichen flächigen Charakters in den Georadar-Daten visuell abgrenzen und gezielt interpretieren (Bild 12).

Bild 12: Bildung homogener Abschnitte auf Basis von flächenhaften Substanzschäden

Da häufig keine Deckungsgleichheit bei der Ausweisung von homogenen Abschnitten in Bezug auf die drei verschiedenen Homogenitätskriterien zu erwarten ist, empfiehlt sich eine Verschneidung und parallele Betrachtung aller drei Kriterien. Ferner erscheint es zweckmäßig, eine Plausibilitätsprüfung jedes auf diese Weise ermittelten homogenen Abschnittes durchzuführen, um die bautechnische und ökonomische Zweckmäßigkeit, zum Beispiel in der Erhaltungsplanung, zu prüfen. Gegebenenfalls sind mehrere homogene Abschnitte zusammenzuführen, um beispielsweise bautechnisch sinnvolle Mindestabschnittslängen zu erzielen.

5 Zukünftige Nutzbarkeit des Georadars

5.1 Datenverschneidung mit der messtechnischen Zustandserfassung und -bewertung (ZEB)

Nach derzeitigem Stand werden Substanzschädigungen von Straßen bei einer messtechnischen ZEB durch die Merkmalsgruppe Substanzmerkmale (Oberfläche) gemäß den Arbeitspapieren Nr. 9 Reihe M (FGSV, 2019) erfasst. Dabei wird durch die an der Straßenoberfläche sichtbaren Merkmale auf Störungen in der Straßenbefestigung geschlossen. Da keine direkte Erfassung vorliegt, handelt es sich ausschließlich um abgeleitete und nicht direkt bestimmte Größen. Die sichtbaren Merkmale werden durch eine parallele Videoaufzeichnung der Straßenoberfläche erfasst und anschließend ausgewertet. Dabei werden Zustandsindikatoren als quantitative Bewertungsgröße herangezogen, welche sich auf die prozentual betroffenen Flächenanteile an der Straßenoberfläche orientieren. Als problematisch ist dabei die potenziell nicht mögliche Ableitung von Substanzschädigungen anhand der Straßenoberfläche anzusehen, sofern Schädigungen ausschließlich substanziell vorliegen und keinen Einfluss auf die Straßenoberfläche zum Zeitpunkt der Erfassung ausüben.

Das Georadarverfahren stellt hierbei eine potenzielle Ergänzung dar, da nicht nur die Straßenoberfläche, sondern auch die direkte Detektion der Straßenbefestigung möglich ist. Auf diese Weise können beispielsweise Substanzschädigungen, welche nicht aus der Straßenoberfläche ableitbar sind, detektiert werden und eine gezieltere Ursachenforschung zu aufgetretenen Schäden betrieben werden. Darüber hinaus steht ein ergänzendes Messverfahren zur Verfügung, um die Qualität und das Schichtenmodell der Straßenbefestigung gezielter zu analysieren. Der wesentliche Vorteil in der Kombination beider Messverfahren besteht somit in der parallelen Betrachtung der wesentlichen Komponenten Oberfläche und Substanz des Anlagesystems Straße. Im Zuge der Verschneidung beider Messverfahren bietet sich dazu eine kombinierte Visualisierung in Streckenbändern an. In Kooperation mit der Heller Ingenieurgesellschaft mbH wurde eine mögliche Verschneidung entwickelt (Bild 13). Hierbei sind als Datensätze beispielhaft die Georadar-Daten, die Betriebskilometrierung, der Streckenquerschnitte sowie Aufbaudaten inklusive Aufbauschlüssel aufgeführt.

Bild 13: Beispielhaftes Streckenband einer Georadarmessung mit Schichtenmodell

Ein Beispiel für die Verschneidung von Georadar-Daten und Zustandsdaten der messtechnischen ZEB ist im Bild 14 dargestellt.

Bild 14: Beispielhafte Verschneidung von Georadar-Daten und den Zustandsdaten der messtechnischen ZEB

5.2 Zukünftiger Forschungsbedarf

Der zukünftige Forschungsbedarf betrifft insbesondere die Ausweitung der systematisierten Auswertung und Interpretation von Georadar-Daten. Hierbei sind einerseits Anstrengungen zur Erarbeitung eindeutiger Charakteristika für Strukturen in der Asphaltbefestigung zu erarbeiten und andererseits insgesamt ein höherer Digitalisierungsgrad bei der Auswertung von Georadar-Daten anzustreben. Hierdurch ließe sich die Auswertung an sich beschleunigen, da nicht mehr ausschließlich manuell ausgewertet werden müsste und zusätzlich eine Arbeits- und Entscheidungshilfe für das auswertende Personal generieren, sodass durchaus mangelnder Erfahrungshintergrund kompensiert werden könnte.

Im Zuge der Schaffung eines höheren Digitalisierungsgrads ist ebenfalls eine Untersuchung zur Anwendung von neuronalen Netzen und künstlicher Intelligenz (KI) denkbar, um Strukturen in der Asphaltbefestigung systematischer in den Georadar-Daten zu erkennen. Dies kann anhand der genannten Definition eindeutiger visueller Charakteristika in den Georadar-Daten erfolgen. Dabei ist eine ausreichende Datenbasis von fundamentaler Bedeutung, um zukünftige adäquate Bildanalysen von Georadar-Daten zu ermöglichen.

Literaturverzeichnis

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