FGSV-Nr. FGSV A 38
Ort Stuttgart
Datum 08.05.2007
Titel Die ZTV BEA-StB für die Bauliche Erhaltung
Autoren BDir. Dipl.-Ing. Werner Bleßmann
Kategorien Asphaltstraßen
Einleitung

„Das neue Regelwerk – Was erwartet uns?“ – Eine Fragestellung, die hier für den Teil „Bauliche Erhaltung von Asphaltstraßen“ in 20 Minuten behandelt werden soll. Jeder der die Komplexität der Straßenerhaltung – in welcher Position auch immer – begleitet hat, wird für sich feststellen, dass es nur um einen kurzen Überblick, einen kurzen Einblick in das „Erwartungsfenster“ gehen kann.

Es geht in diesem Vortrag darum, auf dem Vorhandenen aufbauend die Integration des Neuen an einzelnen Schnittstellen aufzuzeigen. Das wirklich Neue sollte dann auch mit dem  Blick voraus verbunden werden.

PDF
Volltext

Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1  Einleitung

Deutschland kann sich auch im europäischen Vergleich auf ein leistungsfähiges Straßennetz als integraler Teil des gesamten Verkehrssystems stützen. Die weitere Modernisierung dieses Netzes – verbunden mit dem Ausbau an erkennbaren Schwachstellen – soll die Mobilität auf hohem Niveau auch weiterhin gewährleisten.

Genau um dieses hohe Niveau geht es, wenn man die Anstrengungen um den Erhalt der unabdingbaren und notwendigen Verkehrsflächen in den letzten Jahren verstärkt (siehe Bild 1).

Bild 1: Finanzausstattung Bundesfernstraßen 2007

Nicht umsonst werden seit 2005 mehr als 50 % des Gesamtinvestvolumens „Straße“ für Erhaltungsmaßnahmen bereitgestellt.

Die Grundsätze für die systematische Erhaltungsplanung bekamen mit Einführung der „Richtlinien für die Planung von Erhaltungsmaßnahmen an Straßenbefestigungen“ (RPE-Stra 01) die ihnen zustehende praktische Bedeutung. Zustandsbezogene, das heißt konkret objektbezogene Erhaltungsmaßnahmen spielen im täglichen Geschäft der Baulastträger eine immer größere Rolle. Auch wenn in diesem Zusammenhang ganz brutal deutlicher wird, dass der Bedarf und die vorhandenen finanziellen Möglichkeiten noch auf Jahre hinaus auseinanderklaffen werden.

Deshalb ist es aus meiner Sicht umso wichtiger, mit noch größerem Ehrgeiz daran zu arbeiten,

  1. den Ursachen für den hohen Erhaltungsbedarf, d. h. an deren Wurzeln zu begegnen und die Ausführungsqualität auf hohem Niveau zu stabilisieren sowie
  2. die im Rahmen der Erhaltung anzuwendenden Verfahren weiter zu vervollkommnen und in der Ausführung keine Qualitätsabstriche zuzulassen.

Zu a) Die Ausführungsqualität im Bau kann an der einen oder anderen Stelle entscheidend verbessert werden.

Dabei denke ich im Asphaltstraßenbau insbesondere an die bekannten Dauerhaftigkeitsprobleme.

Bild 2: Lebensdauer von Asphaltdeckschichten

Es muss Standard werden, dass alle Asphaltbefestigungen mindestens 20 Jahre ohne größere Erhaltungsmaßnahmen genutzt werden können. Dafür gibt es Beispiele.

2  Bleibendes und Neues

Die Erhaltungsverfahren selbst sind in den vergangenen Jahren an entscheidenden Stellen bautechnisch wesentlich verbessert worden. Ausdruck dieser guten Entwicklung ist unter anderem die weitestgehende Standardisierung der Verfahren zunächst mit Hilfe von FGSV-Merkblättern, dann in der bekannten Art und Weise einer ZTV und tangierender Technischer Lieferbedingungen für Asphalt, Teil Güteüberwachung DSK und OB (siehe Bild 3).

Bild 3 : Vom Merkblatt zur ZTV

Die ZTV BEA-StB 98/03 ermöglichte es erstmals in Deutschland Maßnahmen der Instandhaltung, der Instandsetzung und Erneuerung nicht nur technisch zu beschreiben, sondern auch vertragsrechtlich korrekt zu formulieren.

Letztendlich bedeutete das 1998 nichts anderes als der Schritt von der vielen Zufällen unterliegenden vagen Beschreibung von Zustandsmerkmalen und zu erbringenden Leistungen hin zu eindeutigen Definitionen/Anwendungskriterien/Anforderungen in Form von Technischen Vertragsbedingungen.

Insofern können wir heute auf ein fast 10jähriges Jubiläum der ZTV BEA zurückblicken. Den

„Kinderschuhen“ entwachsen geht es nunmehr darum, das europäische Regelwerk nicht nur für den Neubau, sondern auch für die Erhaltung nutzbar zu machen.

Auch auf dem Gebiet der Erhaltung werden die für Europa geltenden Standards in Deutschland in den nächsten Jahren eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielen. Spätestens jetzt sollte der eingefleischte Neubaufanatiker erkennen, dass es bei der Erhaltung insbesondere von Verkehrsflächen aus Asphalt nicht um „Schmuddelbauweisen“ geht.

Inzwischen sind die Erhaltungsbauweisen immer im Zusammenhang mit zustandsbezogenen hoch technisierten Verfahren, die nicht einfach so nebenbei vorbereitet, ausgeschrieben und ausgeführt werden können, zu sehen.

Das neue, auch vom Nutzer unserer Straßen – aber auch inzwischen unter anderen von Lärm-Betroffenen in der Nachbarschaft – geforderte Ausführungsniveau spiegelt sich vorrangig in dem neuen Erhaltungsregelwerk wider. Hier spielen neben den hinlänglich bekannten Oberflächeneigenschaften auch die Reflexionseigenschaften und eben die Lärmemission eine Rolle.

Was vollzieht sich ab 2008 unter den europäischen Sternen tatsächlich?

Bild 4: Begriffssystematik „Erhaltung“

Es wird nichts verändert an der Definition der Begriffssystematik Erhaltung – Merkmalsgruppen/Zustandsmerkmale/Erscheinungsbilder – und den daraus resultierenden baulichen Erhaltungsmaßnahmen im Rahmen der

  • Instandhaltung
  • Instandsetzung und
  • Erneuerung (siehe Bild 5).

Bild 5: Merkmalsgruppen von Asphaltbefestigungen

3   Zur neuen Struktur des Regelwerkes

Bild 6: Struktur des Technischen Regelwerkes 2008

Die ZTV BEA behandelt vorrangig die Ausführung (ohne detailliertere Darstellung der Baustoffe/Baustoffgemische), das heißt die Bauvertragssicht nach bisherigem Verständnis wird weitgehend beibehalten.

Die TL BEA behandelt vorrangig die Anforderung an Baustoffe/Baustoffgemische. Das heißt so weit wie möglich werden die Baustoffspezifikationen, die für die Erhaltungsbauweisen eine prägende Bedeutung haben, aus der ZTV herausgelöst und wiederum – so weit wie möglich – in die TL integriert. In diesem Zusammenhang wird das Komplizierte im Abgrenzungsprozess besonders deutlich.

Ein erster Blick in die Regelwerke verrät Bleibendes:

Bild 7: Bleibendes

Die Gliederung wurde dem Trennungsgrundsatz (Ausführung → ZTV Baustoffe/Baustoffgemische → TL) angepasst.

Das Fräsen der Unterlage wurde als vorbereitende Arbeit (für alle Erhaltungsbauweisen) in die ZTV aufgenommen.

Folgende neue Bezeichnungen müssen beachtet werden:

Bild 8: Neue Bezeichnungen

Die Bezeichnung „Dünne Schicht im Kalteinbau“ wurde modifiziert und genauer formuliert

„Dünne Asphaltdeckschicht in Kaltbauweise“ (DSK) – entsprechend „Dünne Schicht im Heißeinbau“ in „Dünne Asphaltdeckschicht in Heißbauweise“ (DSH).

Einbau einer dünnen Asphaltdeckschicht in Heißbauweise auf Versiegelung

Bild 9: DSH-V - Ausführung

Neu aufgenommen wurde das Instandsetzungsverfahren „Dünne Asphaltdeckschicht im Heißeinbau auf Versiegelung“ (DSH-V – siehe Bilder 9 und Bild 10).

Bild 10: Einbaumengen für DSH und DSH-V

Bild 11: Einbau einer DSK

Es wird darauf hingewiesen, dass „Dünne Asphaltdeckschichten in Kaltbauweise“ in der Regel zweischichtig eingebaut werden. Umfangreiche Erfahrungen aus den vergangenen 12 Jahren Praxisanwendung ließen diesen Schritt zu (siehe Bilder 11 und 12).

Die Bezeichnung der Asphaltmischgutsorten wurde in Anlehnung an die TL Asphalt modifiziert.

Bild 12: Asphaltmischgutsorten und Einbaumengen für DSK

z. B.:
DSK 0/5 in AC 5 DSK
SMA 0/5 in SMA 5 S

bzw. neu aufgenommen wie z. B.:
AC 5 DSH-V.

Grenzwerte und Toleranzen werden gegenüber der ZTV Asphalt (Neufassung 2007) in Verbindung mit dem Einbau von Asphaltmischgut (auch für die Kaltbauweise) nicht verändert.

Das gilt auch für Unebenheiten der Oberfläche der DSK und DSH, die bis zum Ablauf der Verjährungsfrist für die Gewährleistung innerhalb einer 4 m langen Messstrecke in Querrichtung den Beurteilungswert von 7,0 mm nicht überschreiten dürfen.

Bei „Dünnen Asphaltdeckschichten in Heißbauweise“ darf der Verdichtungsgrad 96 % nicht unterschreiten und der Hohlraumgehalt 9,0 Vol.-% nicht überschreiten.

Zum im Moment noch sehr umfänglich angewandten Instandhaltungsverfahren „Anspritzen und Abstreuen“ ein wichtiger Hinweis (siehe Bild 13):

Anspritzen und Abstreuen

Das Instandhaltungsverfahren „Anspritzen und Abstreuen“ (Reparaturzug; Patch-Verfahren u. Ä.) sollte nur auf < 10% der Gesamtfahrbahnfläche angewendet werden.

Bild 13: Anspritzen und Abstreuen

Bereits in der Fassung 2003 der ZTV BEA wurde empfohlen: „Der zu bearbeitende Flächenanteil sollte nicht mehr als 10 % der Gesamtfahrbahnfläche betragen.“ Bei größerem Flächenanteil sind Instandsetzungsverfahren mindestens in Fahrstreifenbreite anzuwenden.

Bild 14: Regelinstandsetzungsverfahren

Werfen wir noch einen Blick in die künftige TL BEA-StB und damit auf das wirklich Neue:

Bild 15: Konformitätsnachweis nach TL BEA

Für Oberflächenbehandlungen, DSK und DSH-V sind nach TL BEA so genannte „Probestrecken für den Leistungsnachweis“ (PLN) anzulegen. Da in Deutschland diesbezüglich bisher keine Erfahrungen vorliegen, kommt es in den nächsten Monaten darauf an, auf der Grundlage der in Tabellen vorgegebenen Kategorien den Anforderungen entsprechende Referenzeigenschaften nachzuweisen.

Die Probestrecke muss in Übereinstimmung mit dem dokumentierten System der werkseigenen Produktionskontrolle (WPK) geplant und durchgeführt werden. Die Sichtprüfung erfolgt nach 11 bis 13 Monaten Nutzungszeit (siehe Bilder 16 und 17).

Bild 16 und Bild 17: Eigenschaften Probestrecke DSK

Der Leistungsfähigkeitsnachweis gilt immer für eine bestimmte Bauklasse (→ PLN-Klasse) und schließt automatisch die nachgeordneten Bauklassen ein.

Der Leistungsfähigkeitsnachweis gilt dann für eine Dauer von 5 Jahren.

Die erfolgreiche Erstprüfung (PLN) im Zusammenhang mit der werkseigenen Produktionskontrolle und der Prüfung der Proben führt zur Zertifizierung durch eine notifizierte Stelle.

Nach Erfüllung dieser Voraussetzungen kann das CE-Kennzeichen (siehe Bild 18) geführt werden.

Beispiel für die Angaben der CE-Kennzeichnung DSK

Bild 18: CE-Kennzeichnung Beispiel DSK

Jetzt könnte die Frage bei dem einen oder anderen Fachmann aufkommen, wann in welchen Zeiträumen und in welchen Schritten können wir in Deutschland diese wirkliche „Neuigkeit“ auch praktisch umsetzen?

Im AA „Erhaltungstechnologie“ gehen wir davon aus, dass durch Einbeziehung der relevanten Verbände in die Bearbeitung des Entwurfs insbesondere der TL BEA bereits 2007 die ersten Probestrecken angelegt werden.

Auf diese Weise wird es möglich, den zeitlichen Vorlauf für die Zertifizierungsvorgänge im Jahr 2008 zu schaffen.

Auch wenn es uns sicher ab 2008 weitgehend gelingen sollte, die Grundregeln der TL BEA in unserem Arbeitsalltag umzusetzen, sollten wir nicht vergessen, dass eigentlich jedes Instandsetzungsvorhaben naturgemäß ein Unikat ist. Die Zertifizierung für einen Zeitraum von 5 Jahren schafft „nur“ den Rahmen für die täglich neu zu meisternden Aufgabenstellungen bei der Straßenerhaltung. Im Hinblick auf sich abzeichnende Preisgestaltung und Qualitätssicherung muss dies immer wieder betont werden.

Ständig wechselnde Randbedingungen – vorrangig witterungs- und verkehrsbedingt – erfordern eine außerordentlich hohe Flexibilität und Fachkunde in der Ausführung. Umso mehr muss bei der Planung und Ausschreibung auf größte Sorgfalt Wert gelegt werden.

Der Nachweis der Leistungsfähigkeit nach TL BEA ist deshalb ein sinnvoller Schritt im Hinblick auf die weitere Verbesserung der Gebrauchstauglichkeit unserer Instandsetzungsverfahren. Er schließt aber die kompetente Vorbereitung und Auswahl der Maßnahmen durch den Bauherrn und die sorgfältige Ausführung durch den Unternehmer ein.

Dieser Voraussetzung sollten wir uns ohne „Wenn“ und „Aber“ stellen.